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14.06.2016 · IWW-Abrufnummer 186469

Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 09.12.2015 – 11 Sa 359/15

1. Eine Rahmenvereinbarung, welche nur die Bedingungen der erst noch abzuschließenden Arbeitsverträge wiedergibt, selbst aber noch keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung begründet, ist kein Arbeitsvertrag.

2. Der Online-Auftritt einer öffentlich-rechtlichen Auslandsrundfunkanstalt unterliegt dem Schutzbereich der Rundfunkfreiheit ( Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ).

3. Zum arbeitsrechtlichen Status programmgestaltender Mitarbeiter.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 04.02.2015 - 4 Ca 2372/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses.



Der Kläger hat im Jahre 1991 bei der Beklagten, einer öffentlich-rechtlichen Auslandsrundfunkanstalt, ein Praktikum absolviert und wurde sodann zunächst sporadisch als freier Mitarbeiter beschäftigt. Ab dem Jahr 1998 erfolgte sein Einsatz regelmäßig. In dem Zeitraum Februar 2001 bis Mai 2004 stand er in einem Anstellungsverhältnis als Redakteur der Abteilung Kultur. Seit dem Juni 2004 schlossen die Parteien wiederholt Honorar-Rahmenverträge, der Kläger wurde hiernach als freier Mitarbeiter beschäftigt. Zuletzt schlossen die Parteien unter dem 26.02.2013 einen Honorar-Rahmenvertrag ab dem 01.07.2013 auf unbestimmte Dauer. Nach dem Vertragstext erfolgt seine Mitarbeit auf freier Basis als Programmmitarbeiter nach § 16 Satz 2 des Tarifvertrags für arbeitnehmerähnliche Personen der D Welle (TVaP DW), überwiegend als Redaktionell Tätiger. Für jeden Einsatz bzw. jeden Auftrag wurde eine gesonderte Einzelvereinbarung im Sinne des § 20 Abs. 3 TVaP DW geschlossen. Nach § 2 des Honorar-Rahmenvertrags hängt der Umfang der Tätigkeit des Klägers davon ab, ob und inwieweit die Parteien zusammenarbeiten wollen bzw. sich von Fall zu Fall über den jeweiligen Auftrag einigen. Die Beklagte garantiert dem Kläger ein tarifliches Mindesteinkommen. Das Honorar für einen angebotenen, aber vom Kläger abgelehnten, Auftrag wird auf den Mindestbetrag angerechnet. Nach § 5 des Honorar-Rahmenvertrags gilt für das gesamte Beschäftigungsverhältnis und für jede zu treffende Einzelvereinbarung der TVaP DW vom 06.02.2002 in seiner jeweils gültigen Fassung. Wegen der weiteren Einzelheiten der Honorar-Rahmenvereinbarung vom 26.02.2013 wird auf Bl. 6-8 d. A. verwiesen.



Der Kläger war bis zur Einstellung des d sprachigen Radioprogramms im Oktober 2011 für die Beklagte als Moderator und Redakteur in der Kultur- und Nachrichtenredaktion tätig. Seitdem erfolgt sein Einsatz hauptsächlich in der Aktuell-Online-Redaktion am Desk als Tagesplaner und Autor, seit dem Jahre 2014 aufgrund einer internen Umorganisation in der Abteilung Planung. Zudem wird er seit dem Jahr 2013 auch als Redakteur in der Redaktion Ethik/Kultur eingesetzt.



Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 18.09.2014 (Bl. 9 d. A.) den Honorar-Rahmenvertrag zum 30.09.2015, hilfsweise zum nächst zulässigen Zeitpunkt.



Der letzte Einsatz des Klägers auf der Grundlage des Honorar-Rahmenvertrags erfolgte im November 2014.



Mit seiner am 11.11.2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger ursprünglich die Feststellung begehrt, dass seit dem 01.11.2011 ein Arbeitsverhältnis besteht, welches durch die Kündigung vom 18.09.2014 nicht zum 30.09.2015 aufgelöst worden ist.



Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 04.02.2015 (Bl. 68 ff. d. A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei kein Arbeitnehmer der Beklagten. Als programmgestaltender Mitarbeiter habe der Kläger bei der Erbringung seiner Dienste keinem inhaltlichen Weisungsrecht der Beklagten unterstanden, welches seine Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und Selbständigkeit derart weitgehend eingeschränkt habe, dass die Annahme eines Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen und unstreitigen Vorbingens sowie der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.



Gegen das ihm am 24.02.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.03.2015 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 26.05.2015 begründet.



Unter Bezugnahme und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags hält der Kläger dem Arbeitsgericht vor, es sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass sich die Beklagte auf den verfassungsrechtlichen Schutz der Rundfunkfreiheit berufen könne. Die Tätigkeit in der Online-Redaktion unterfalle nicht dem grundrechtlichen Schutz der Rundfunkfreiheit. Es fehle an der besonderen, für den Rundfunk typischen, Suggestivkraft, welche sich ihrerseits aus der Kombination von Text, Ton und/oder bewegten Bildern ergebe. Die Filme und Audiodateien des Online-Auftritts der Beklagten seien im Hinblick auf Quantität und Qualität von untergeordneter Bedeutung. Die Beklagte erkundige sich sowohl bei den festangestellten Mitarbeitern als auch bei den freien Mitarbeitern nach Einsatzzeiten, zu denen sie außerhalb von Dienstreisen, Urlauben und Fortbildungen zur Verfügung stünden. Der Kläger habe seine Mitteilungen zur Dienstplanerstellung sowohl im Koordinationsinteresse der Beklagten als auch im eigenen Interesse abgegeben. Er bestreite seinen Lebensunterhalt aus den Honoraren der Beklagten, die Arbeit am Desk sei mit den anderen Mitarbeitern derart verzahnt, dass eine im Wesentlichen freie Tätigkeit und freie Bestimmung der Arbeitszeit nicht vorliege. Schließlich sei auch der Personalrat zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht angehört worden.



Der Kläger beantragt zuletzt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Bonn vom 04.02.2015 (4 Ca 2372/14) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 18.09.2014 nicht zum 30.09.2015 aufgelöst worden ist.



Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Die Beklagte sieht den Internetdienst als bloßen Verbreitungsweg und Annexfunktion ihrer grundgesetzlich geschützten Rundfunkfreiheit. Das Angebot von Telemedien zähle zu ihrem gesetzlichen Auftrag. Der Kläger verkenne, dass hinsichtlich der Verfügbarkeiten bei den freien Mitarbeitern im Generellen nachgefragt werde, während sich dies bei den festangestellten Mitarbeitern im Wesentlichen auf Dienstreisen und Projekte beziehe. Die Einbindung in ein festes Programmschema sei nicht statusbegründend.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 26.05.2015 und 25.06.2015, die Sitzungsniederschrift vom 09.12.2015 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, denn sie ist gemäß § 64 Abs. 2 c) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG ordnungsgemäß eingelegt und begründet.



II. Die Berufung ist unbegründet, denn zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis.



1. Durch den Honorar-Rahmenvertrag vom 26.02.2013 ist kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien begründet worden.



a) Rahmenverträge, die bestimmte Einzelheiten künftig abzuschließender Einzelverträge festlegen, sind außerhalb arbeitsvertraglicher Vertragsbeziehungen grundsätzlich anerkannt. Sie sind auch bei arbeitsvertraglichen Beziehungen nicht ausgeschlossen (BAG, Urteil vom 15.02.2012 - 10 AZR 111/11 - m.w.N.). Eine Rahmenvereinbarung, welche nur die Bedingungen der erst noch abzuschließenden Arbeitsverträge wiedergibt, selbst aber noch keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung begründet, ist kein Arbeitsvertrag. Ob die Parteien bereits einen unbefristeten Arbeitsvertrag oder eine Rahmenvereinbarung sowie in deren Anwendung einzelne, jeweils befristete Arbeitsverträge geschlossen haben, richtet sich allein nach dem Parteiwillen. Dieser kann sich aus den ausdrücklichen Erklärungen der Vertragsparteien, aber auch aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen ergeben, soweit sie Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien zulässt (BAG, Urteil vom 31.07.2002 - 7 AZR 181/01 - m.w.N.).



b) Der Kläger hat in der Honorar-Rahmenvereinbarung vom 26.02.2013 keine Dienste zugesagt und sich nicht zur Erbringung von Diensten verpflichtet. Der Beklagten wurde auch nicht das Recht eingeräumt, durch Ausübung eines Leistungsbestimmungsrechts die konkrete Leistungspflicht des Klägers herbeizuführen. Vielmehr regelt § 2 Abs. 1 Satz 1 des Honorar-Rahmenvertrags, dass in Erfüllung dieses Vertrags die Parteien für jeden Einsatz bzw. jeden Auftrag eine gesonderte Einzelvereinbarung im Sinne des§ 20 Abs. 3 TVaP DW schließen. Ausdrücklich haben die Parteien in § 2 Abs. 1 Satz 3 des Honorar-Rahmenvertrags geregelt, dass weder der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten über die Dauer eines vereinbarten Einzelauftrags hinaus zur Verfügung zu stehen, noch die Beklagte die Pflicht trifft, den Kläger zu beschäftigen. Das Arbeitsverhältnis wurde auch im vereinbarten Sinne praktiziert. Die Dienstpläne wurden erst erstellt, nachdem der Kläger auf Anfrage der Beklagten seine Verfügbarkeit mitgeteilt hatte. Sein Einsatz bzw. die Übernahme eines Auftrags erfolgte mithin im Konsens. Dies zeigt sich exemplarisch an den erstinstanzlich vorgelegten Anfragen der Beklagten aus den Monaten Mai 2013, März 2014, Juli und August 2014 (Bl. 44 ff. d. A.). Zudem hat der Kläger auch einzelne Dienste mit anderen freien Mitarbeitern im Verhinderungsfall nach Absprache untereinander getauscht. Selbst wenn der Kläger sich aus wirtschaftlichen Gründen gehindert sah, einen angebotenen Einsatz oder einen Auftrag abzulehnen, so führt dies nicht zur Annahme einer rechtlichen Verpflichtung (vgl.: BAG, Urt. v. 15.02.2012 - 10 AZR 111/11 - m.w.N.).



2. Zwischen den Parteien ist auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt ein unbefristeter Arbeitsvertrag zustande gekommen, insbesondere nicht durch seinen letzten, zeitlich befristeten Einsatz im November 2014.



a) Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage der von den Parteien nicht näher dargelegten Einzelvereinbarung über den Einsatz im November 2014 unterstellt, gilt die vereinbarte Befristung des Einzeleinsatzes als rechtswirksam, denn der Kläger hat die Klagefrist nach den §§ 17 Satz 1 und Satz 2 TzBfG, 7 Halbsatz 1 KSchG versäumt. Der Kläger hat in seiner Klage vom 09.10.2014 nicht die Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisse geltend gemacht, sondern ausschließlich eine Kündigungsschutzklage nebst einer vergangenheitsbezogenen Statusfeststellung erhoben. Auch in der Folgezeit hat der Kläger bis zum Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens keine inhaltlichen Ausführungen getätigt, die den Rückschluss darauf zulassen, er greife die letzte Befristung im Wege einer Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG an.



b) Die dreiwöchige Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG läuft auch dann an, wenn der Arbeitnehmerstatus während eines befristeten Rechtsverhältnisses nicht abschließend geklärt ist (BAG, Urteil vom 15.02.2012 - 10 AZR 111/11 - m.w.N.), wobei zwar eine entsprechende Anwendung des § 6 Satz 1 KSchG in Betracht kommt. Jedoch setzt auch dieses voraus, dass der Arbeitnehmer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz einen Befristungskontrollantrag stellt und er innerhalb der Dreiwochenfrist auf anderem Weg gerichtlich geltend gemacht hat, dass die nach diesem Antrag streitgegenständliche Befristung rechtsunwirksam ist (BAG, Urteil vom 24.06.2015 - 7 AZR 541/13 - m.w.N.).



3. Darüber hinaus teilt die Berufungskammer die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass es sich bei dem Beschäftigungsverhältnis des Klägers nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat. Auf die überzeugenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird Bezug genommen. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.



a) Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend, weil sich aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragspartner ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben (BAG, Urteil vom 11.08.2015 - 9 AZR 98/14 - m.w.N.).



Diese Rechtsgrundsätze sind auch im Bereich Funk und Fernsehen anzuwenden, wobei der verfassungsrechtliche Schutz der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu beachten ist. Die Rundfunkfreiheit erstreckt sich auf das Recht der Rundfunkanstalten, dem Gebot der Vielfalt der zu vermittelnden Programminhalte auch bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung derjenigen Mitarbeiter Rechnung zu tragen, die bei der Gestaltung der Programme mitwirken sollen. Eine Beeinträchtigung kommt in Betracht, wenn die arbeitsrechtlich verfügbaren Vertragsgestaltungen zur Sicherung der Aktualität und Flexibilität der Berichterstattung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht in gleicher Weise geeignet sind wie die Beschäftigung in freier Mitarbeit. Zu den programmgestaltenden Mitarbeitern gehören diejenigen, die typischerweise ihre eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen oder anderen Sachfragen, ihre Fachkenntnisse und Informationen, ihre individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die Sendung einbringen, wie dies bei Regisseuren, Moderatoren, Kommentatoren, Wissenschaftlern und Künstlern der Fall ist. Nicht zu den programmgestaltenden Mitarbeitern gehören das betriebstechnische und das Verwaltungspersonal sowie diejenigen, die zwar bei der Verwirklichung des Programms mitwirken, aber keinen inhaltlichen Einfluss darauf haben. Zu den nicht programmgestaltenden Tätigkeiten können auch, je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, reine Sprecherleistungen zählen. Bei programmgestaltenden Mitarbeitern kann entgegen der ausdrücklich getroffenen Vereinbarung ein Arbeitsverhältnis vorliegen, wenn sie weitgehenden inhaltlichen Weisungen unterliegen, ihnen also nur ein geringes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und Selbständigkeit verbleibt, und der Sender innerhalb eines zeitlichen Rahmens über ihre Arbeitsleistung verfügen kann. Letzteres ist dann der Fall, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder wenn der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung herangezogen wird, ihm also die Arbeiten letztlich zugewiesen werden. Bei programmgestaltenden Mitarbeitern ist die Einbindung in ein festes Programmschema und die Vorgaben eines Programmverlaufs nicht statusbegründend. Dies gilt auch für die verbindliche Bestimmung von Themen durch einen Redakteur vom Dienst (BAG, Urteil vom 20.05.2009 - 5 AZR 31/08 - m.w.N.).



b) Die Beklagte kann sich als öffentlich-rechtliche Auslandsrundfunkanstalt auf die Rundfunkfreiheit berufen, denn sie betreibt Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.



aa) Die Bestimmung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG schützt die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk. Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff stellt auf die Herstellungs- und Verbreitungsmethode ab. Er ist gekennzeichnet durch das sendetechnische Element elektromagnetischer Schwingungen und durch das inhaltliche Kriterium der Ausrichtung auf einen offenen Empfängerkreis. Geschützt sind alle Tätigkeiten, die mit der Veranstaltung von Rundfunk zusammenhängen und nicht rein fernmeldetechnischen Charakter tragen. Der Inhalt der Sendungen ist für den Rundfunkbegriff unerheblich. Träger des Grundrechts sind alle natürlichen und juristischen Personen, die Rundfunk veranstalten Das gilt nicht nur für private Veranstalter, sondern auch für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG schützt vor allem die Programmfreiheit. Sie gewährleistet, dass Auswahl, Inhalt und Gestaltung des Programms Sache des Rundfunks bleiben und sich an publizistischen Kriterien ausrichten können. Das Grundrecht verlangt eine positive Ordnung, die sicherstellt, dass der Rundfunk die Vielfalt der Themen und Meinungen aufnimmt und wiedergibt, die in der Gesellschaft eine Rolle spielen (BAG, Urteil vom 04.12.2013 - 7 AZR 457/12 - m.w.N.)



Der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verwendete Rundfunkbegriff lässt sich nicht in einer ein für allemal gültigen Definition erfassen. Inhalt und Tragweite verfassungsrechtlicher Begriffe und Bestimmungen hängen (auch) von ihrem Normbereich ab; ihre Bedeutung kann sich bei Veränderungen in diesem Bereich wandeln, so dass auch rundfunkähnliche Kommunikationsdienste erfasst werden (BVerfG, Beschluss vom 24.03.1987 - 1 BvR 147/86, 1 BvR 478/86 -m.w.N.). Die Garantie kann sich daher nicht auf die herkömmliche Technik der terrestrischen Übertragung beschränken. Wenn neben diese andere Übertragungsformen treten oder sie verdrängen, wird auch die Nutzung der neuen Übertragungsformen (Rundfunkdienste mittels neuer Techniken) von der Gewährleistung der Grundversorgung umfasst. Dasselbe gilt für das Programmangebot der öffentlich-rechtlichen Anstalten, das für neue Publikumsinteressen oder neue Formen und Inhalte offen bleiben muss. Auch die Veröffentlichung vorwiegend programmbezogener Druckwerke durch eine Rundfunkanstalt findet ihre verfassungsrechtliche Grundlage in der Rundfunkfreiheit (BVerfG, Urteil vom 05.02.1991 - 1 BvF 1/85, 1 BvF 1/88 - m.w.N.).



bb) Die Beklagte erfüllt auch durch ihren Online-Auftritt, der zu den Telemedien zählt, ihren gesetzlichen Auftrag als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, § 3 Abs. 1 DWG. Die Programmgrundsätze des § 5 DWG gelten uneingeschränkt für die Tätigkeit der Beklagten als Rundfunkanstalt, unabhängig von der Verbreitungsform. Die Pluralität von Themen und Meinungen ist zu gewährleisten. Dies zeigt sich an den §§ 5 Abs. 2, Abs. 3 DWG, wonach zwecks unabhängiger, nicht einseitiger Meinungsbildung eine umfassende, wahrheitsgetreue und sachliche Berichterstattung zu erfolgen hat.



c) Die Tätigkeit des Klägers hatte programmgestaltenden Charakter. Der Kläger brachte seine Kenntnisse und Informationen, seine Auffassungen zu Sachfragen und seine individuelle journalistische Befähigung und Bewertung in den jeweiligen Beitrag ein. Er war Verfasser der Texte. Zwar entscheidet über die Frage, welche Beiträge veröffentlicht werden, teilweise die Redaktionskonferenz. Jedoch ist der Kläger als Schlussredakteur verantwortlich für die schlussredigierende Freigabe der Beiträge. Indiziell wird diese Wertung bestätigt durch die Anlage 1 zu § 16 TVaP DW, der Redaktionelle Tätige - auch für den Bereich Online - als programmgestaltend benennt. Eine ständige Dienstbereitschaft wurde vom Kläger weder vertraglich noch tatsächlich abverlangt.



III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.



IV. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.

Vorschriften§ 64 Abs. 2 c) ArbGG, § 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 17 Satz 1, Satz 2 TzBfG, 7 Halbsatz 1 KSchG, § 17 Satz 1 TzBfG, § 6 Satz 1 KSchG, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, § 3 Abs. 1 DWG, § 5 DWG, §§ 5 Abs. 2, Abs. 3 DWG, § 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG

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