28.10.2014 · IWW-Abrufnummer 172452
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 25.06.2014 – 4 Sa 413/13
In dem Rechtsstreit
A., A-Straße, A-Stadt
- Kläger und Berufungskläger
Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwalt B., B-Straße, B-Stadt
gegen
C., C-Straße, Mainz
- Beklagte und Berufungsbeklagte
Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwälte D., D-Straße, D-Stadt
hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juni 2014 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Bernardi als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter Orben und die ehrenamtliche Richterin Bös als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.06.2013, AZ: 1 Ca 2286/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe einer von der beklagten Pensionskasse an den Kläger zu zahlenden Betriebsrente.
Die beklagte Pensionskasse ist gemäß § 2 Abs. 1 ihrer Satzung eine betriebliche Versorgungseinrichtung einer Fernsehanstalt. Sie hat u. a. den Zweck (ehemaligen) Arbeitnehmern dieser Fernsehanstalt die Zahlung einer Betriebsrente zu gewährleisten.
Der am 06.11.1941 geborene Kläger war vom 01.03.1963 bis 30.11.2004 bei der betreffenden Fernsehanstalt beschäftigt. Aufgrund einer ihm im Rahmen dieser Beschäftigung erteilten Versorgungszusage bezieht er von der Beklagten eine monatliche Betriebsrente. Grundlage hierfür ist u. a. ein Versorgungstarifvertrag, der für den Fall eines infolge Ehescheidung durchzuführenden Versorgungsausgleich es u. a. folgende Bestimmung enthält:
Die Ehe des Klägers wurde durch Urteil des Amtsgerichts Mainz vom 24.01.1991 geschieden. Ein (erster) Versorgungsausgleich zwischen den geschiedenen Eheleuten wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom 24.02.1992 durchgeführt.
Im April 2011 beantragt die geschiedene Ehefrau des Klägers nach § 51 VersAusglG die Abänderung der Versorgungsausgleichsentscheidung vom 24.02.1992. Mit Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom 28.11.2011 (Bl. 154 bis 159 d. A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, wurde die Entscheidung über den Versorgungsausgleich vom 24.02.1992 abgeändert und dabei u. a. im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Klägers bei der Beklagten zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau ein Anrecht in Höhe von monatlich 522,61 EUR übertragen. Mit dieser Entscheidung folgte das Amtsgericht einem Vorschlag der am Verfahren beteiligten Beklagten gemäß § 5 Abs. 3 VersAusglG vom 09.09.2011. Der betreffende, mit einem Berechnungsbogen versehene Vorschlag der Beklagten (Bl. 161 bis 167 d. A.), auf den Bezug genommen wird, beinhaltete eine Aufteilung des ehezeitanteiligen Deckungskapitals dergestalt, dass für beide Ehegatten eine gleich hohe ehezeitanteilige Rente in Höhe von 522,61 EUR monatlich generiert wurde. Dabei hat die Beklagte vom ehezeitanteiligen Deckungskapital des ausgleichspflichtigen Klägers unter Berücksichtigung versicherungsmathematischer Grundsätze, d. h. auch unter Berücksichtigung der biometrischen Risiken (Alter, Geschlecht) beider Ehegatten eine Rente ermittelt, die bei beiden Ehegatten gleich hoch ausfällt. Der Vorschlag der Beklagten enthält den ausdrücklichen Hinweis, dass die Begründung eines Anrechts der Ehegattin auf Zahlung einer monatlichen Rente in Höhe von 522,61 EUR im Gegenzug zu einer Verminderung des Anrechts des Klägers um monatlich 695,87 EUR führt. Diesbezüglich heißt es auch in einem weiteren, im Rahmen des betreffenden Verfahrens an das Amtsgericht Mainz gerichteten Schreiben der Beklagten:
Das Amtsgericht Mainz ist in seinem Beschluss vom 28.11.2011 dem Teilungsvorschlag der Beklagten gefolgt und hat auf diesen in seiner Entscheidungsbegründung (dort Seite 5 = Bl. 158 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 23.12.2011 gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Mainz vom 28.11.2011 Beschwerde eingelegt, diese jedoch mit Schriftsatz vom 29.02.2012 zurückgenommen.
Mit Schreiben vom 16.07.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich seine Betriebsrente nach Vornahme einer Kürzung um 695,87 EUR auf monatlich 522,61 EUR belaufe. Der Kl äger hat der Kürzung über den über 522,61 EUR hinausgehenden Betrag (173,26 EUR) mit Schreiben vom 30.06.2012 widersprochen.
Der Kläger hat erstinstanzlich u. a. geltend gemacht, die Beklagte könne sich zur Rechtfertigung einer über den Betrag von 522,61 EUR hinausgehenden Kürzung seiner Betriebsrente nicht auf die rechtskräftige Entscheidung des Amtsgerichts Mainz vom 28.11.2011 berufen. Aus dem betreffenden Beschluss gehe gerade nicht hervor, dass seine Versorgungsbezüge um 695,78 EUR zu kürzen seien. In Höhe von 173,26 EUR beruhe die von der Beklagten vorgenommene Kürzung u. a. auf geschlechtsspezifischen Gründen, insbesondere darauf, dass eine Frau wegen ihrer höheren Lebenserwartung länger Versorgungsbezüge beziehe als ein Mann. Diese Vorgehensweise verstoße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und Europäisches Recht.
Der Kläger hat (zuletzt) beantragt:
Die Beklagte hat beantragt,
Die Beklagte hat u. a. geltend gemacht, der Begründetheit der Klage stehe bereits der rechtskräftige Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom 28.11.2011 entgegen, den sie - die Beklagte - lediglich umsetze. Im Übrigen verstoße die Kürzung auch nicht gegen das Diskriminierungsverbot.
Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.06.2013 (Bl. 287 bis 300 d. A.).
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.06.2013 abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 16 bis 25 dieses Urteils (= Bl. 301 bis 310 d. A.) verwiesen.
Gegen das ihm am 03.09.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.10.2013 Berufung eingelegt und diese am 03.11.2013 begründet.
Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, die Auffassung des Arbeitsgerichts, wonach der Begründetheit seiner Klage bereits die rechtskräftige Entscheidung des Amtsgerichts Mainz vom 28.11.2011 entgegenstehe, überzeuge bereits deshalb nicht, weil sie voraussetze, dass die Frage der Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen der Beklagten nach Versorgungsausgleich Bestandteil des familienrechtlichen Verfahrens sei. Der Umstand, dass ihm - dem Kläger - bereits im Versorgungsausgleichsverfahren sämtliche Informationen betreffend die Kürzung seiner Betriebsrente zur Verfügung gestanden hätten, ändere nichts daran, dass ihm gegen die Auskunft der Beklagten im Versorgungsverfahren kein Rechtsbehelf zur Verfügung gestanden habe, sondern erst gegen die nunmehrige Entscheidung der Beklagten. Seine ehemalige Ehefrau habe nichts mit dem für ihn festgestellten Anrecht zu tun, sodass ein Rechtsbehelf gegen die angegriffene Kürzung gesondert zu führen sei. Andernfalls wäre das Versorgungsausgleichsverfahren mit einer Inzidenter-Prüfung der Kürzung anhand des Diskriminierungsverbots belastet gewesen, was dem Gebot effektiven Rechtsschutzes zuwiderliefe. Er - der Kläger - wende sich nicht gegen die versicherungsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Beklagten und deren Kalkulation, sondern dagegen, dass die Beklagte den weiteren Prüfungsschritt verweigere, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nach Gestaltung durch Versorgungsausgleich gleichzustellen. Aus der Entscheidung des EuGH vom 01.03.2011, Az: C-236/09, ergebe sich eindeutig, dass zur Gewährleistung der Gleichbehandlung von Männern und Frauen versicherungsmathematische Faktoren nicht zu Unterschieden bei Leistungen führen dürften. Weder aus dem familienrechtlichen Versorgungsausgleich noch aus versicherungsmathematischen Gründen ergebe sich die vom Arbeitsgericht angenommene Kausalität für die Behandlung von Versorgungsleistungen nach Scheidung und Abschluss eines Versorgungsausgleichsverfahrens. Entgegen der Ansicht der Beklagten bestehe auch kein sachlicher Grund, Ansprüche auf Versorgungsleistungen geschlechtsspezifisch zu kürzen, wenn die Arbeitgeberbeiträge geschlechtsneutral, nämlich auf Grundlage der Vergütung, erhoben worden seien.
Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf dessen Berufungsbegründungsschrift vom 03.11.2013 (Bl. 338 bis 345 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
Die Beklagte beantragt,
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwidersschrift vom 09.01.2014 (Bl. 361 bis 377 d. A.), auf die Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe
I.
Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr zu Recht abgewiesen.
II.
Die zulässige Feststellungsklage ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Betriebsrente, die den Betrag von 522,61 EUR brutto übersteigt. Der vom Kläger begehrten Feststellung steht - wovon das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen ist - bereits der rechtskräftige Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom 28.11.2011 entgegen. Die betreffende Entscheidung über den Versorgungsausgleich zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau ist für die Frage, in welcher Höhe dem Kläger gegen die Beklagte ein Betriebsrentenanspruch zusteht, präjudiziell.
Ein Fall der Präjudizialität liegt vor, wenn eine rechtskräftig erkannte Rechtsfolge für einen zweiten Rechtsstreit vorgreiflich ist. Das nachentscheidende Gericht ist dann an einer vom Ergebnis des Vorprozesses abweichenden Entscheidung gehindert. Hat das Gericht im Zweitprozess den Streitgegenstand des rechtskräftigen entschiedenen Erstprozesses als Vorfrage erneut zu prüfen, so hat es den Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung seinem Urteil zugrunde zu legen (BGH NJW 1993, 3205; BGH NJW 2008, 1227 [BGH 16.01.2008 - XII ZR 216/05]).
Das Amtsgericht Mainz hat in seinem Beschluss vom 28.11.2011 den vom Kläger während der Ehezeit erworbenen Betriebsrentenanspruch dergestalt zwischen ihm und seiner geschiedenen Ehefrau geteilt, dass jedem der beiden Ehegatten hieraus ein Rentenanspruch in Höhe von jeweils 522,61 EUR brutto monatlich erwachsen ist. Dies ergibt sich unmittelbar aus der Entscheidung selbst, da das Familiengericht ausweislich der auf Seite 4 unten getroffenen Feststellung von einem Ehezeitanteil der Versorgung von monatlich 1.045,23 EUR ausgegangen ist und im Beschlusstenor das Anrecht des Klägers in Höhe der Hälfte dieses Betrages (522,61 EUR) auf seine geschiedene Ehefrau übertragen hat. Dabei ist das Familiengericht, wie sich aus den Ausführungen auf Seite 5 oben der Entscheidung ergibt, ausdrücklich und auf diesen bezugnehmend dem von der Beklagten gemäß § 5 Abs. 3 VersAusglG als Versorgungsträger unterbreiteten Vorschlag gefolgt. Aus diesem, vom Familiengericht in Bezug genommenen Vorschlag ergibt sich zugleich, dass das zugunsten der Ehefrau begründete Anrecht der Höhe nach (522,61 EUR) nicht der zu Lasten des Klägers vorgenommenen Kürzung (695,87 EUR) entspricht. Der betreffende Vorschlag beinhaltet - insbesondere auch in Verbindung mit dem ihm beigefügten Berechnungsbogen - eine Aufteilung der ehezeitanteiligen Versorgung des Klägers (1.218,48 EUR brutto monatlich) vor Teilung dergestalt, dass das vorhandene ehezeitanteilige Deckungskapital so aufgeteilt wird, dass beide Ehegatten nach Teilung jeweils gleich hohe Renten von monatlich 522,61 EUR bzw. zusammen nach Teilung insgesamt 1.045,22 EUR brutto monatlich haben. Darüber hinaus hat die Beklagte in ihrem Vorschlag auch ausdrücklich ausgeführt und dies auch begründet, dass sich die zu Lasten des Klägers hieraus ergebende Kürzung auf 695,87 EUR brutto monatlich beläuft. Der Umstand, dass sich dieser Kürzungsbetrag nicht im Tenor des Beschlusses des Familiengerichts und in den Entscheidungsgründen wiederfindet, ist ohne Belang. Ein gesonderter Ausspruch der Kürzung des Versorgungsguthabens der ausgleichspflichtigen Person im Beschlusstenor ist nämlich nicht erforderlich. Die Kürzung des Versorgungsguthabens ergibt sich bereits aus der Systematik der internen Teilung (OLG Karlsruhe v. 27.12.2010 - 2 UF 147/10 - FamRZ 2011, 894). Das Familiengericht hat somit in seiner Entscheidung nicht nur über die Höhe des auf die ehemalige Ehefrau des Klägers zu übertragenden Anrechts (522,61 EUR), sondern damit zugleich auch über die Höhe des dem Kläger verbleibenden Betriebsrentenanspruchs in selbiger Höhe und die damit zu seinen Lasten vorzunehmende Kürzung (695,87 EUR) rechtsgestaltend befunden.
Der Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom 28.11.2011 ist rechtskräftig geworden, nachdem der Kläger seine hiergegen zunächst eingelegte Beschwerde zurückgenommen hat. Die Entscheidung entfaltet in subjektiver Hinsicht nicht nur gegenüber dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau, sondern auch gegenüber der am Versorgungsausgleichsverfahren beteiligten Beklagten Rechtskraft.
Die im Verfahren nach § 51 VersAuglG ergangene Entscheidung entfaltet im vorliegenden Rechtsstreit Bindungswirkung insoweit, als sie dem vom Kläger im Wege der Feststellungsklage geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer den Betrag von 522,61 EUR brutto monatlich übersteigenden Betriebsrente entgegensteht. Bereits eine nur teilweise Stattgabe der Klage stünde im Widerspruch zur Entscheidung des Familiengerichts bzw. würde die dort vorgenommene Teilung der Betriebsrente in zwei gleiche Hälften zu je 522,61 EUR verändern.
Der Kläger wäre daher gehalten gewesen, seinen Einwand, der von der Beklagten seinerzeit dem Familiengericht unterbreitete Teilungsvorschlag beinhalte eine geschlechtsbezogene Diskriminierung, bereits im familiengerichtlichen Verfahren bzw. im Rahmen eines diesbezüglichen Rechtsmittelverfahrens geltend zu machen. Entgegen der Ansicht des Klägers unterlag auch die Frage, ob die durch die Beklagte vorgeschlagenen Kapitalwerte zutreffend berechnet waren oder ob andere - etwa geschlechtsneutrale - Bewertungsfaktoren anzusetzen gewesen wären, dem Familiengericht.
III.
Die Berufung des Klägers war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.
Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.
Bös
Orben