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21.05.2015 · IWW-Abrufnummer 144541

Oberlandesgericht Celle: Beschluss vom 04.10.2013 – 2 W 217/13

Dem beigeordneten Rechtsanwalt steht im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach §§ 45 ff. RVG kein Anspruch gegen die Landeskasse auf Erstattung der Umsatzsteuer zu, sofern die von ihm vertretene Partei zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.


Oberlandesgericht Celle

Beschl. v. 04.10.2013

Az.: 2 W 217/13

Gründe

I.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 4. September 2013 gegen den ihr am 4. September 2013 zugestellten Beschluss vom 2. September 2013 ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden.

Zwar ist der Beschwerdewert von 200,00 € gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG nicht erreicht. Das Landgericht hat aber in dem angefochtenen Beschluss die Beschwerde gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 2 RVG zugelassen. An diese Beschwerdezulassung ist der Senat gemäß § 33 Abs. 4 Satz 4 RVG gebunden.

II.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Mit Erfolg macht die Antragsgegnerin mit der Beschwerde geltend, dass das Landgericht vorliegend zu Unrecht die Umsatzsteuer in Höhe von 82,46 € zu Gunsten der Antragsteller als beigeordnete Prozessbevollmächtigte nach § 55 RVG festgesetzt hat.

Die Umsatzsteuer war bei der Festsetzung der Vergütung der Antragsteller als beigeordnete Rechtsanwälte nicht zu berücksichtigen. Die Antragsteller sind zum Vorsteuerabzug berechtigt. Der Hinweis der Antragsteller auf die ihre abweichende Rechtsauffassung unterstützende Rechtsprechung (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 19. Juni 2013, 4 W 60/13, = RVGreport 2013, 348) geht fehl. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2006, II ZB 21/05, = NJW-RR 2007, 285) steht der Geltendmachung der Umsatzsteuer durch den nach § 13 a Abs. 1 Nr. 1 UStG zur Abführung der auf die gesamte Honorarforderung entfallenen Umsatzsteuer verpflichteten Rechtsanwalt die Vorsteuerabzugsberechtigung seines bedürftigen Mandanten entgegen.

Der BGH hat in dieser Entscheidung unter Abgrenzung von der anders lautenden früheren obergerichtlichen Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass die bedürftige Partei zwar nicht mit Kosten belastet werden solle, zu deren Aufbringung sie nicht in der Lage sei. Diese Gefahr bestehe bei einem bedürftigen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer hinsichtlich der ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer jedoch nicht, weil eine solche Partei vom Finanzamt die Erstattung der an den Rechtsanwalt zu zahlenden Umsatzsteuer verlangen könne, so dass der Betrag als durchlaufender Posten wirtschaftlich nicht von der bedürftigen Partei getragen werden müsse und sie deshalb nicht belaste und an der Prozessführung hindere. Der Rechtsanwalt der bedürftigen Partei sei schon aus steuerrechtlichen Gründen verpflichtet, auch der bedürftigen Partei eine Rechnung zu stellen (vgl. BGH a. a. O. Rn. 9 [...]). Auch gebiete der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung, dass die Geltendmachung der Umsatzsteuer gegenüber der bedürftigen vorsteuerabzugsberechtigten Partei von der Sperrwirkung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (bei Festsetzung gegenüber dem Gegner) nicht erfasst werde. Auftraggeber des zugrundeliegenden Schuldverhältnisses sei weiterhin der Leistungsempfänger - nämlich die von dem beigeordneten Rechtsanwalt vertretene bedürftige Partei - nicht aber der Gegner oder die Staatskasse (vgl. BGH a.a.O. Rn. 10).

Die Antragsteller haben zwar zutreffend dargelegt, dass es nicht auf die Vorsteuerabzugsberechtigung der Prozesspartei ankommt und dass von der unterlegenen gegnerischen Prozesspartei im Falle bestehender Vorsteuerabzugsberechtigung keine Umsatzsteuer geltend gemacht werden kann.

Indessen ist aus Sicht des Senats kein Grund dafür ersichtlich, dem beigeordneten Rechtsanwalt für die Vertretung der bedürftigen Partei gegen die Landeskasse gemäß § 55 RVG eine höhere Vergütung zuzubilligen als er ohne eine Beiordnung für die Vertretung einer nicht bedürftigen Partei im Rahmen der Vergütungsfestsetzung von der Gegenseite oder aber im Rahmen der Festsetzung nach § 126 Abs. 1 ZPO beanspruchen könnte. Insoweit überzeugt auch die Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts nicht, da es insoweit an einer Begründung fehlt, warum der unterlegene Gegner nicht zur Erstattung der Umsatzsteuer verpflichtet sein soll, während die Staatskasse, bei der es sich nicht um eine Partei des Prozesses handelt, eine höhere Vergütung zahlen soll. Vielmehr erachtet es der Senat für allein sachgerecht, sowohl den unterlegenen Gegner als auch die Staatskasse hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Umsatzsteuer gleich zu behandeln.

Mit Recht hat die Antragsgegnerin die Antragsteller bereits mit Verfügung vom 7. August 2013 (Bl. 126 f d.A.) darauf hingewiesen, dass gerade die in § 55 Abs. 5 Satz 1 RVG bestimmte entsprechende Anwendung von § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO in dem Vergütungsfestsetzungsverfahren für eine Gleichbehandlung der Vergütungsberechnung hinsichtlich der Umsatzsteuer im Kostenfestsetzungsverfahren gegen den Prozessgegner einerseits und bei der Festsetzung der Kosten des beigeordneten Rechtsanwalts aus der Staatskasse andererseits spricht.

Der Senat teilt nicht die Auffassung, dass die Bestimmung des § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO entgegen dem zu weit gefassten Wortlaut des § 55 Abs. 5 Satz 1 RVG bei der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse keine Anwendung finde (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht a.a.O.; LAG Rheinland-Pfalz JurBüro 1997, 29 f.; Schneider/Wolf-Schnapp/Volpert, RVG, 6. Aufl., § 55 Rn. 18; Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., § 55 Rn. 30; a.A. Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., § 55 RVG Rn. 14). Gegen diese vom Hanseatischen Oberlandesgericht vertretene Auffassung spricht auch, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 55 RVG bei Erlass des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23. Juli 2013 in Kenntnis dieser Rechtsprechung und der Kommentarliteratur dennoch unverändert gelassen hat.

Zwar hat der BGH ausdrücklich offen gelassen, wie zu verfahren ist, wenn die grundsätzlich vorsteuerabzugsberechtigte Partei für die ihr seitens des Anwalts in Rechnung gestellte Umsatzsteuer ausnahmsweise keine Vorsteuererstattung erhält. Die Antragsteller haben jedoch einen derartigen Ausnahmetatbestand im vorliegenden Fall nicht dargelegt und glaubhaft gemacht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO.

Für eine Übertragung der Sache an den Senat bestand keine Veranlassung, da die vorliegende Entscheidung im Einklang mit dem Beschluss des Senats vom 22. September 2008 (2 W 189/08) steht.

RechtsgebieteRVG, UStG, ZPOVorschriften§ 55 RVG; § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG; § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO

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