23.01.2014 · IWW-Abrufnummer 140250
Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 10.12.2013 – 3 U 725/13
1. Für die Statthaftigkeit des Urkundsprozesses genügt jede Urkunde, die geeignet ist, dem Gericht gegenüber den Beweis für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs unmittelbar oder mittelbar zu erbringen Es ist nicht erforderlich, dass die anspruchsbegründende Tatsache unmittelbar aus der Urkunde ergibt. Es reicht aus, dass mit der Urkunde eine Indiztatsache bewiesen wird, die den Schluss auf die anspruchsbegründende Haupttatsache zulässt (in Anknüpfung an BGH, Urteil vom 27.10.1982 - V ZR 31/82 - WM 1983, 22 f.; Urteil vom 27.10.1982 - V ZR 31/82 - WM 1983, 22 ff.; OLG Dresden, Urteil vom 24.10.1996 - 7 W 1003/96 - ZIP 1997, 730 f.). (BGH, Urteil vom 12.07.1985 - V ZR 15/84 - NJW 1985, 2953).
2. Gemäß § 595 Abs. 2 ZPO ist der Beweis bezüglich anderer als der anspruchsbegründenden materiellen Tatsachen, z.B. rechtsvernichtende Einwendungen der Beklagten, nur durch Urkunden oder Antrag auf Parteivernehmung zu führen. Ob die beklagte Partei als Verbraucherin den Gelddarlehens- und Getränkelieferungsvertrages vom 30.04.2012 (Anlage 1, GA 5 ff.) abgeschlossen hat, kann im Wege des Urkundsbeweises nicht geführt werden.
3. Der beklagten Partei bleibt es vorbehalten, im Nachverfahren ihre Einwendungen und Rechte geltend zu machen, indem die Frage der Verbrauchereigenschaft zu prüfen ist (in Anknüpfung an BGH, Urteil vom 24.7.2007 - XI ZR 208/06 - BB 2007, 2141 ff.; Urteil vom 10.7.1996- VIII ZR 213/95 - BB 1996, 2006 f., Urteil vom 30.7.1997 - VIII ZR 244/96 - BB 1997, 2022 f., Urteil vom 27.4.2004 - XI ZR 49/03 - NJW-RR 2004, 1683 ff. = WM 2004, 1381 ff. = MDR 2004, 820 ff. = ZIP 2004, 1303 ff; Urteil vom 24.7.2007 - XI ZR 208/06 - BB 2007, 2141 ff.; Urteil vom 6.12.2005 - XI ZR 139/05 - BGHZ 165, 213 ff. = WM 2006, 217 ff. = ZIP 2006, 224 ff. = VersR 2006, 559 ff. = MDR 2006, 700 ff.; Urteil vom 10.7.1996 - VIII ZR 213/95 - BGHZ 133, 220 ff. = WM 1996, 1781 ff. = ZIP 1996, 1657 ff. = MDR 1996, 1106; Urteil vom 25.10.2011 - XI ZR 331/10 - WM 2011, 2355 ff. = ZIP 2012, 18 ff. = MDR 2012, 110 f. = NJW-RR 2012, 166 ff.).
Oberlandesgericht Koblenz
Urt. v. 10.12.2013
Az.: 3 U 725/13
in dem Rechtsstreit
Getränke M.GmbH, gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer ...
Klägerin und Berufungsklägerin,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...-
g e g e n
1. Marcus J., ...
Beklagter und Berufungsbeklagter,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... -
2. Annlie J....
Beklagte und Berufungsbeklagte,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... -
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert, die Richterin am Oberlandgericht Haberkamp sowie den Richter am Oberlandesgericht Schneider
auf die mündliche Verhandlung
vom 19. November 2013
für R e c h t erkannt:
Tenor:
1.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Teil-, Vorbehalts- und Endurteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Koblenz vom 14. Mai 2013 dahingehend abgeändert, dass die Beklagten durch Vorbehaltsurteil gesamtschuldnerisch verurteilt werden, an die Klägerin 48.551,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, jedoch nicht mehr als 11,75% ab dem 16.11.2012 zu zahlen. Den Beklagten bleibt vorbehalten, ihre Rechte im Nachverfahren geltend zu machen.
2.
Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten beider Rechtszüge.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Klägerin betreibt einen Getränkehandel. Der Beklagte zu 1) betreibt ebenfalls einen Getränkehandel, die Beklagte zu 2) hat ebenfalls unstreitig bis zum 31.12.2010 einen Getränkemarkt betrieben.
Der Beklagte zu 1) hatte im Oktober 2010 eine Kooperationsvereinbarung mit der Klägerin abgeschlossen. In der Folgezeit vereinbarten die Klägerin und der Beklagte zu 1), dass einige Forderungen aus dem Franchisevertrag in ein Darlehen umgewandelt werden sollten. Die Beklagte zu 2) sollte dabei der Schuld des Beklagten zu 1) beitreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diesen Vertrag Bezug genommen (vgl. dazu Anlage B 2, GA 48). Dem Vertrag war eine Widerrufsbelehrung mit nachfolgendem Inhalt beigefügt:
"Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs."
Mit Vertrag vom 30.04.2012 gewährte die Klägerin den Beklagten wiederum ein Darlehen in Höhe von 50.107,61 EUR, welches mit 3,75% ab dem 01.05.2012 verzinst werden sollte. Die monatliche Rate sollte 778,25 EUR bei einer Laufzeit von 6 Jahren betragen. Unter § 1 des Vertrages heißt es u.a.:
"Die Darlehensnehmer bestätigen mit ihrer Unterschrift unter diesen Darlehensvertrag den Erhalt des Darlehensbetrages. Der Darlehensbetrag wurde ausgezahlt durch Verrechnung mit offenstehenden Rechnungen, Mieten & Darlehnsraten (Warenerstausstattung) des Darlehensnehmers zu 1 & zu 2 bei dem Darlehensgeber, die dieser hiermit ausdrücklich anerkennt. In der Anlage 1 sind die entsprechenden Rechnungen, Mieten & Darlehn betreffend diese Summe beigefügt.
Die Darlehensnehmerin zu 2 tritt dieser Schuld ausdrücklich bei, sodass beide Darlehensnehmer jeder für sich alleine für die Rückzahlung dieser Schuld dem Darlehensgeber insgesamt haften."
Dem Vertrag war eine Belehrung über das Widerrufsrecht beigefügt, welche identisch ist mit der Widerrufsbelehrung zum Vertrag vom 16.11.2010.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf diesen nebst der Anlagen, insbesondere die Anlage 1 Bezug genommen (vgl. dazu GA 5 ff.).
Nachdem die Beklagten mehr als zwei Raten nicht gezahlt hatten, kündigte die Klägerin das Darlehen mit Schreiben vom 06.09.2012. Mit der Klageerwiderung hat die Beklagte zu 2) die Darlehensverträge vom 16.11.2010 und 30.04.2012 widerrufen.
Die Klägerin hat vorgetragen,
erst aufgrund der Geltendmachung einer Forderung beim Amtsgericht N. sei ihr bekannt geworden, dass die Beklagte zu 2) ihren Getränkehandel nicht mehr betreibe. Dies sei ihr zuvor nicht mitgeteilt worden.
Die Klägerin hat im Urkundsprozess beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 48.551,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von 11,75% ab dem 17.09.2012 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
1.
die Klage abzuweisen,
2.
ihnen die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.
Die Beklagten haben vorgetragen,
der Vertrag vom 30.04.2012 sei hinsichtlich der Beklagten zu 2) nichtig. Sie habe den Vertrag als Verbraucherin abgeschlossen, so dass die Vorschriften über den Verbraucherdarlehensvertrag zur Anwendung kämen. Gegen sie hätten keine unmittelbaren Forderungen der Klägerin bestanden, sie sei der Schuld des Beklagten zu 1) lediglich aus persönlicher Verbundenheit beigetreten. Der Vertrag sei daher unwirksam, weil sich im Vertrag weder Angaben zum effektiven Jahreszins noch zur Möglichkeit, das Darlehen vorzeitig abzulösen, befänden. Ebenso sei kein Hinweis auf den Anspruch auf einen Tilgungsplan vorhanden. Zudem sei die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß, da ihr nicht zu entnehmen sei, wann der Lauf der Frist konkret beginne. Aufgrund des erklärten Widerrufs sei auch der Vertrag mit dem Beklagten zu 1) unwirksam.
Das Landgericht hat den Beklagten zu 1) durch Teil-; Vorbehalts- und Endurteil verurteilt, an die Klägerin 22.063,27 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz - jedoch nicht mehr als 11,75% - ab dem 16.11.2012 zu zahlen. Die weitergehende Klage ist abgewiesen worden. Das Landgericht hat dem Beklagten zu 1) die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
Das Landgericht hat zur Begründung seines Urteils ausgeführt,
der Klägerin stünden gegen den Beklagten zu 1) lediglich Ansprüche in Höhe von 22.063,27 EUR zu. Zahlungsansprüche gegen die Beklagte zu 2) bestünden hingegen nicht. Der Klägerin stehe gegen die Beklagte zu 2) kein Anspruch auf Zahlung eines Betrags in Höhe der Klageforderung aus dem Darlehensvertrag vom 30.04.2012 zu. Denn die Beklagte zu 2) habe diesen Vertrag wirksam widerrufen. Der Beklagten zu 2) habe grundsätzlich ein Widerrufsrecht gemäß § 495 Abs. 1 BGB zugestanden. Denn sie habe den Vertrag als Verbraucherin abgeschlossen.
Über die Zuordnung zum privaten oder unternehmerischen Bereich entscheide nicht der innere Wille des Handelnden, sondern der durch Auslegung zu ermittelnde Inhalt des Rechtsgeschäftes, in die erforderlichenfalls die Begleitumstände einzubeziehen seien. Privat sei alles, was nicht dem Zwecke einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit diene. Daraus folge, dass eine natürliche Person, die Unternehmer sei, in den privaten Geschäften als Verbraucher handele. Bei Mischfällen und Unteilbarkeit sei auf den überwiegenden Zweck abzustellen.
Nach diesen Grundsätzen habe die Beklagte zu 2) als Verbraucherin gehandelt. Es komme dabei nicht darauf an, ob sie bei Abschluss des Darlehensvertrages selbst einen Getränkehandel betrieben habe, oder ob die Klägerin mangels Kenntnis einer etwaigen Aufgabe des Geschäftsbetriebes habe davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte zu 2) ihren Getränkemarkt noch betreibe. Denn entscheidend sei, dass ihr Schuldbeitritt und die damit verbundene Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten ersichtlich nicht in Zusammenhang mit dem von ihr betriebenen Getränkehandel stünde. Zwar heiße es im Vertrag, dass die Auszahlung des Darlehens durch Verrechnung mit offenstehenden Rechnungen, Mieten und Darlehensraten beider Beklagter erfolgt sei. Tatsächlich könne sich dies hinsichtlich der Beklagten zu 2) aber nur auf etwaige Ansprüche aus dem am 16.11.2010 abgeschlossenen Darlehensvertrag beziehen. Denn einen Mietvertrag habe nur der Beklagte zu 1) mit der Klägerin abgeschlossen. Ebenso hätten die Beklagten unstreitig vorgetragen, dass auch die in der Anlage aufgeführten Rechnungen nur den Beklagten zu 1) betroffen hätten. Dafür spreche auch, dass die Beklagte zu 2) ausdrücklich der Schuld beigetreten sei, was nicht erforderlich gewesen wäre, wenn sie selbst Schuldnerin der Mieten und Rechnungen gewesen wäre. Bezögen sich aber die offenstehenden Verbindlichkeiten aus Mieten und Rechnungen allein auf den Beklagten zu 1), so stehe die Umwandlung dieser Verbindlichkeiten in ein Darlehen und der von der Beklagten zu 2) erklärte Schuldbeitritt in keinem Zusammenhang mit dem von ihr ausgeübten Gewerbebetrieb.
Dies gelte auch, soweit die Auszahlung des Darlehens durch Verrechnung mit Forderungen aus dem zuvor gewährten Darlehen erfolgt sei. Denn die Auszahlung dieses Darlehens sei ebenfalls durch Verrechnung mit offenstehenden Rechnungen des Beklagten zu 1) erfolgt. Die Beklagte zu 2) sei auch hier der Schuld beigetreten, ohne dass der Vertrag die Umwandlung von Verbindlichkeiten der Beklagten zu 2) in ein Darlehen zum Inhalt gehabt habe. Mithin betreffe auch dieses Darlehen nicht den von der Beklagten zu 2) ausgeübten Gewerbebetrieb. Abgesehen davon habe die Klägerin auch nicht in Abrede gestellt, dass der Schuldbeitritt der Beklagten zu 2) lediglich erfolgt sei, weil ihr der Beklagte zu 1) als nicht hinreichend vermögend erschienen sei.
Der Anwendung der Vorschriften über das Verbraucherdarlehen stehe auch der erklärte Schuldbeitritt nicht entgegen. Abgesehen davon, dass die Parteien ausdrücklich einen Darlehensvertrag gewollt hätten, sei ein Schuldbeitritt bei wertender Betrachtung einem Kreditvertrag gleichzustellen. Die Frist zur Erklärung des Widerrufs sei auch hinsichtlich beider Darlehensverträge noch nicht abgelaufen. Diese betrage zwar gemäß § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 Abs. 2 BGB zwei Wochen. Allerdings habe die Widerrufsfrist noch nicht begonnen zu laufen, da es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung fehle. Gemäß § 495 Abs. 2 Nr. 2 BGB beginne die Widerrufsfrist u.a. nicht vor Vertragsschluss. Dazu enthalte die Belehrung über das Widerrufsrecht keine Angaben. Dort heiße es nämlich lediglich, dass die Frist frühestens mit Erhalt der Belehrung beginne. Mit dieser Fassung werde der Verbraucher aber nicht hinreichend darüber aufgeklärt, wann konkret die Frist zu laufen beginne.
Demnach sei die Frist zur Erklärung des Widerrufs noch nicht abgelaufen. Die zeitliche Beschränkung des § 355 Abs. 4 BGB gelte gemäß § 495 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht für einen Verbraucherdarlehensvertrag. Rechtsfolge sei, dass die Beklagte nicht mehr an die Verträge gebunden sei und der Klägerin gegen sie keine Ansprüche aus einem gewährten Darlehen zustünden.
Die Klage gegen den Beklagten zu 1) sei lediglich in Höhe eines Betrages von 22.063,27 EUR begründet.
Die Klägerin habe zunächst keinen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe der Klageforderung aus § 488 Abs. 1 BGB gegen den Beklagten zu 1). Denn der Widerruf der Beklagten zu 2) habe zur Folge, dass der Vertrag auch hinsichtlich des Beklagten zu 1) unwirksam sei. Unter § 10 des Vertrages hätten die Parteien vereinbart, dass der Widerruf der Willenserklärung eines Widerrufsberechtigten zur Unwirksamkeit der Willenserklärung aller Widerrufsberechtigten führe. Damit führe der Widerruf der Beklagten zu 2) aufgrund dieser Regelung dazu, dass auch die auf Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung des Beklagten zu 1) unwirksam sei. Aus dem Darlehensvertrag könne die Klägerin daher keine Ansprüche gegen den Beklagten zu 2) herleiten.
Zu berücksichtigen sei allerdings, dass die Parteien mit der Vereinbarung verschiedene Verbindlichkeiten des Beklagten zu 1) in ein Darlehen umgewandelt hätten. Sei der Darlehensvertrag unwirksam, führe das dazu, dass dann diese ursprünglichen Verbindlichkeiten gemäß der Anlage 1 zum Darlehensvertrag noch bestünden. Insoweit seien die dort im Einzelnen aus der Urkunde hinreichend individualisierbar hervorgehenden Verbindlichkeiten aus diversen Rechnungen und die ausstehenden Mieten zwischen den Parteien unstreitig. Demgemäß ergebe sich ein Anspruch der Klägerin jedenfalls auf Zahlung dieser Rechnungsbeträge nebst den ausstehenden Mieten für die Monate Mai und Juni 2011. Auch wenn die Klägerin ihren Anspruch in erster Linie mit dem Darlehensvertrag vom 30.4.2012 begründet habe, so habe sie doch in ihrem Schriftsatz vom 11.03.2013 sich ausdrücklich darauf berufen, dass die Zahlungen für die Lieferungen weiter ausstünden. Dies werte das Gericht dahingehend, dass sie sich zumindest hilfsweise auch auf diese Forderungen berufe, so dass hier jedenfalls in Höhe der ausstehenden Verbindlichkeiten für Lieferungen und Mieten ein Anspruch zuerkannt werden könnten.
Soweit allerdings mit dem Darlehensvertrag vom 21.04.2012 auch eine ausstehende Darlehensschuld in Höhe von 25.714,26 EUR sowie eine ausstehende Darlehensrate mit einbezogen worden sei, stehe der Klägerin kein Anspruch zu. Ersichtlich leite sie diese Ansprüche aus dem zunächst abgeschlossenen Darlehensvertrag vom 16.11.2010 ab. Aus diesem Vertrag stünden ihr allerdings keine Ansprüche zu. Denn auch dieser Vertrag sei aufgrund des Widerrufs der Beklagten zu 2) unwirksam. Zwar hätten die Parteien in diesem Vertrag keine Regelungen zu der Frage getroffen, welche Folgen der Widerruf einer der Beklagten für den Bestand des Vertrages im Übrigen haben sollte. Allerdings folge die Unwirksamkeit aus § 139 BGB. Die Klägerin habe auch nicht dargetan, dass der Vertrag auch im Falle des Widerrufs durch die Beklagte zu 2) in jedem Fall aufrechterhalten bleiben sollte. Dagegen spreche im Übrigen der erklärte Schuldbeitritt der Beklagten zu 2), der nahe lege, dass die Klägerin den Vertrag nur unter der Voraussetzung abgeschlossen habe, dass zur Absicherung der Rückzahlung eine weitere Person mit in der Haftung sei.
Zwar diene auch der erste Darlehensvertrag der Umwandlung von Verbindlichkeiten des Beklagten zu 1). Allerdings sei insoweit nicht hinreichend dargelegt, um welche konkreten Verbindlichkeiten es sich dabei gehandelt haben soll. Mangels Individualisierung könne der Klägerin insoweit kein weitergehender Zahlungsanspruch zugesprochen werden. Von der Forderung sei noch ein Betrag in Höhe von 1.556,50 EUR in Abzug zu bringen. Aus dem Vergleich zwischen dem Darlehensvertrag und dem begehrten Restzahlungsbetrag ergebe sich, dass seitens der Beklagten zumindest zwei Raten geleistet worden seien, die von der Forderung in Abzug zu bringen seien. Mithin verbleibe ein Betrag in Höhe von 22.063,27 EUR.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form - und fristgerecht eingelegten Berufung, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.
Die Klägerin trägt nunmehr vor,
das Verfahren werde weiterhin im Urkundsverfahren betrieben. Sollte das Berufungsgericht der Auffassung sein, das Urkundsverfahren sei unzulässig, werde um einen rechtlichen Hinweis gebeten, um von diesem Verfahren Abstand zu nehmen. Beide Unternehmen der Beklagten seien von ihr, der Klägerin, beliefert worden. Der Beklagte zu 1) sei unstreitig Unternehmer, die Beklagte zu 2) unstreitig zumindest bis zum 20.01.2011. Dass die Beklagte zu 2) ihr Gewerbe abgemeldet habe, habe sie, die Klägerin, erst durch einen anderen vor dem Amtsgericht N. (42 C 1648/12) geführten Verfahren erfahren. Eine Umfirmierung des Unternehmens der Beklagten zu 2) sei nicht erfolgt, sondern dieses kommentarlos auf ihren Sohn, den Beklagten zu 1) übergegangen. Die offene Darlehensschuld ergebe sich aus der Anlage 1 des Darlehensvertrages vom 30.04.2012 (GA 57). Der Darlehensvertrag sei sowohl von dem Beklagten zu 1) als auch von der Beklagten zu 2) geschlossen worden. Sie habe davon ausgehen dürfen, dass beide Unternehmer seien. Beide Beklagte hätten sich verpflichtet, den Betrag, sei es als Darlehen oder als Schuldbeitritt oder Anerkenntnis, auszugleichen. Den Beklagten seien ihre Einwendungen im Nachverfahren vorzubehalten. Das Landgericht habe sich nur mit Fragen befasst, die das Nachverfahren beträfen. Es habe keine Hinweise gegeben, die sie, die Klägerin, hätten veranlassen können, von dem Urkundsverfahren Abstand zu nehmen und ins ordentliche Verfahren überzugehen. Der fehlende Hinweis werde ausdrücklich gerügt. Dies habe zur Folge, dass der Prozess in die erste Instanz zurückzuverweisen sei.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
unter Abänderung des angefochtenen Teil-, Vorbehalts- und Endurteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 48.551,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszins - jedoch nicht mehr als 11,75% ab dem 16. November 2012 zu zahlen.
Die Beklagten tragen vor,
das Landgericht habe zu Recht die Klage gegenüber der Beklagten zu 2) vollumfänglich und gegenüber dem Beklagten zu 1) überwiegend als unbegründet abgewiesen. Es sei unerheblich, ob die Beklagte zu 2) noch Inhaberin des Getränkemarktes in N.-F. gewesen sei. Die Beklagte zu 2) habe jedenfalls den Vertrag nicht in ihrer Eigenschaft als Unternehmerin abgeschlossen. Die abgelösten Mieten, Forderungen aus Warenlieferungen und Darlehensforderungen bezögen sich auf den Betrieb des Beklagten zu 1) in N., Im Hofgründchen und hätten keinen Bezug zu dem Getränkemarkt in N.-F.. Deshalb sei es unerheblich, ob die Beklagte zu 2) Unternehmerin des Getränkemarktes in N.-F. gewesen sei.
Die Beklagten beantragten nunmehr,
die Berufung gegen das angefochtene Teil-, Vorbehalts- und Endurteil zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
II.
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Landgericht hat durch Teil- Vorbehalts- und Endurteil die Klage gegenüber der Beklagten zu 2) vollumfänglich abgewiesen und gegen den Beklagten nur in Höhe von 22.063,27 EUR nebst Zinsen entsprochen. Diese Ausführungen werden von der Berufung der Klägerin zu Recht angegriffen. Die Klägerin verfolgt ihre Klage gemäß § 592 ZPO im Urkundsverfahren. Ein Anspruch kann im Urkundsverfahren geltend gemacht werden, wenn die sämtlichen zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können.
Für die Statthaftigkeit des Urkundsprozesses genügt jede Urkunde, die geeignet ist, dem Gericht gegenüber den Beweis für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs unmittelbar oder mittelbar zu erbringen (BGH, Urteil vom 27.10.1982 - V ZR 31/82 - WM 1983, 22 f.). Es ist nicht erforderlich, dass die anspruchsbegründende Tatsache unmittelbar aus der Urkunde ergibt (BGH, Urteil vom 27.10.1982 - V ZR 31/82 - WM 1983, 22 ff.; OLG Dresden, Urteil vom 24.10.1996 - 7 W 1003/96 - ZIP 1997, 730 f.). Es reicht aus, dass mit der Urkunde eine Indiztatsache bewiesen wird, die den Schluss auf die anspruchsbegründende Haupttatsache zulässt (BGH, Urteil vom 12.07.1985 - V ZR 15/84 - NJW 1985, 2953; Urteil vom 27.10.1982, a.a.O.).
Die Klage enthält deutlich den Hinweis, dass gemäß § 593 ZPO im Urkundsverfahren geklagt wird. Diese Erklärung hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.04.2013 (GA 102 f.) wiederholt. Die Klägerin hat das Original des Gelddarlehens- und Getränkelieferungsvertrages vom 30.04.2012 (Anlage 1, GA 5 ff.) vorgelegt. Die Darlehenssumme beläuft sich danach gemäß § 1 des Vertrages auf 50.107,61 EUR, die monatlichen Raten auf 778,25 EUR. Die Beklagten sind mit mehr als 2 Monatsraten in Verzug, so dass die unter dem 06.12.2012 ausgesprochenen Kündigungen des Gelddarlehens- und Getränkelieferungsvertrages vom 30.04.2012 (Anlage 1, GA 5 ff.) berechtigt sind. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 19.11.2013 (GA 200 ff.) unwidersprochen vorgetragen, dass die Beklagte bisher auf vorstehenden Vertrag überhaupt keine Zahlungen erbracht hätten (§ 138 Abs. 3 ZPO). Die Klägerin hat von der Darlehenssumme 2 Raten à 778,25 EUR in Abzug gebracht, so dass sich die Restforderung auf 48.551,11 EUR beläuft.
Das Landgericht hat die Klage bezüglich der Beklagten zu 2) mit der Begründung abgewiesen, der Vertrag sei wirksam gemäß § 495 Abs. 1 BGB widerrufen worden. Denn die Beklagte zu 2) habe den Vertrag als Verbraucherin abgeschlossen. Ob die Beklagte zu 2) den Vertrag als Verbraucherin oder Unternehmerin abgeschlossen hat, ist allerdings zwischen den Parteien streitig. Gemäß § 595 Abs. 2 ZPO ist der Beweis bezüglich anderer als der anspruchsbegründenden materiellen Tatsachen, z.B. rechtsvernichtende Einwendungen der Beklagten, nur durch Urkunden oder Antrag auf Parteivernehmung zu führen (vgl. Thomas/Putz-Reichhold, ZPO, 33, Auflage 2012, § 595 Rn. 3; Zöller-Greger, ZPO, 30. Auflage 2014, § 595 Rn. 6). Ob die Beklagte zu 2) als Verbraucherin den Gelddarlehens- und Getränkelieferungsvertrages vom 30.04.2012 (Anlage 1, GA 5 ff.) abgeschlossen hat, kann im Wege des Urkundsbeweises nicht geführt werden. Ein Antrag auf Parteivernehmung ist nicht festgestellt worden.
Soweit das Landgericht den Beklagten zu 1) lediglich verurteilt hat, an die Klägerin 22.063,27 EUR nebst Zinsen zu zahlen, erschließt sich dies aus den Entscheidungsgründen nicht. Aufgrund der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2013 (Sitzungsprotokoll Seite 2, GA 200/201) geht der Senat unter Bezugnahme auf Anlage 1 zum Gelddarlehen und Getränkebelieferungsvertrag vom 30.04.2012 (GA 5-10) davon aus, dass sich dieser Betrag wie folgt zusammensetzt: Zwischenposition von 22.095,00 EUR zzgl. die fehlenden Mietzahlungen für Mai und Juni 2011 in Höhe von 2 x 762,34 EUR.
Auf Antrag der Klägerin war das angefochtenen Teil-, Vorbehalts- und Endurteil dahingehend abzuändern, dass die Beklagten durch Vorbehaltsurteil zu verurteilen sind, an die Klägerin 48.551,11 EUR nebst Zinsen zu zahlen.
Den Beklagten bleibt vorbehalten, ihre Einwendungen und Rechte im Nachverfahren vor dem Landgericht gemäß § 600 ZPO geltend zu machen. In diesem Nachverfahren wird das Landgericht dann prüfen müssen, ob die Beklagte zu 2) Verbraucherin ist und ob die Regelungen über den Verbraucherkreditvertrag gemäß §§ 312 a BGB i.V.m. §§ 355 ff. BGB Anwendung finden (vgl. zur Anwendbarkeit des Verbraucherkreditgesetzes auf Mithaftungsübernahme des geschäftsführenden Gesellschafters BGH, Urteil vom 24.7.2007 - XI ZR 208/06 - BB 2007, 2141 ff., zitiert nach [...]; zum Schuldbeitritt des Gesellschafter-Geschäftsführers bei gewerblicher Kreditnahme BGH, Urteil vom 10.7.1996- VIII ZR 213/95 - BB 1996, 2006 f., zitiert nach [...]; zur Formbedürftigkeit des Schuldbeitritts eines Verbrauchers zu einem Finanzierungsleasingvertrag BGH, Urteil vom 30.7.1997 - VIII ZR 244/96 - BB 1997, 2022 f., zitiert nach [...]; zum Schuldbeitritt zum Kreditvertrag BGH, Urteil vom 27.4.2004 - XI ZR 49/03 - NJW-RR 2004, 1683 ff. = WM 2004, 1381 ff. = MDR 2004, 820 ff. = ZIP 2004, 1303 ff. zitiert nach [...]; zur Anwendbarkeit des Verbraucherkreditgesetzes auf die Mithaftungsübernahme des geschäftsführenden Gesellschafters BGH, Urteil vom 24.7.2007 - XI ZR 208/06 - BB 2007, 2141 ff., zitiert nach [...]; zu den Anforderungen an das Schrifterfordernis beim Schuldbeitritt eines Verbrauchers BGH, Urteil vom 27.6.2000 - XI ZR 322/98 - ZIP 2000, 1523 ff. = WM 2000, 1799 ff. = NJW-RR 2000, 3496 ff. = MDR 2000, 1259; zum Schuldbeitritt zum Kreditvertrag BGH, Urteil vom 27.4.2004 - XI ZR 49/03 - ZIP 2004, 1303 ff. = WM 2004, 1381 ff. = MDR 2004, 1127 f., zitiert nach [...]; zu den Folgen des Fehlens einer formgültigen Annahmeerklärung des Kreditgebers BGH, Urteil vom 6.12.2005 - XI ZR 139/05 - BGHZ 165, 213 ff. = WM 2006, 217 ff. = ZIP 2006, 224 ff. = VersR 2006, 559 ff. = MDR 2006, 700 ff., zitiert nach [...]; zu Beginn der Widerrufsfrist für den Schuldbeitritt eines Verbrauchers zu künftig abzuschließenden Kreditverträgen BGH, Urteil vom 10.7.1996 - VIII ZR 213/95 - BGHZ 133, 220 ff. = WM 1996, 1781 ff. = ZIP 1996, 1657 ff. = MDR 1996, 1106, zitiert nach [...]; zu den Anforderungen an eine formwirksame Mithaftungsübernahme BGH, Urteil vom 25.10.2011 - XI ZR 331/10 - WM 2011, 2355 ff. = ZIP 2012, 18 ff. = MDR 2012, 110 f. = NJW-RR 2012, 166 ff.).
Das Vorbringen der Beklagten zu 1. in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19.11.2013 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 48.551,11 EUR festgesetzt.