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27.09.2013 · IWW-Abrufnummer 133058

Finanzgericht Münster: Beschluss vom 30.07.2013 – 3 V 1562/13 F

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Münster

3 V 1562/13 F

Tenor:

Die Vollziehung des Bescheides über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 26.03.2008 für Zwecke der Schenkungsteuer vom 02.11.2012 wird bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung in der Hauptsache (3 K 1556/13 F) ausgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Gründe

I.

Streitig ist, ob Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist.

Der Antragsgegner stellte mit Bescheid vom 05.01.2012 zunächst den Grundbesitzwert für die wirtschaftliche Einheit A-Straße 1, Wohnung Nr. 1 und Garage Nr. 1 in A auf 184.250 Euro fest.

Die Antragstellerin legte Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides. Mit Bescheid vom 28.08.2012 setzte der Antragsgegner den angefochtenen Bescheid in Höhe von 116.750 Euro aus.

Mit Bescheid vom 02.11.2012 setzte der Antragsgegner den Grundbesitzwert auf 61.500 Euro herab. Die Antragstellerin legte Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 07.01.2013 ab. Den Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 16.04.2013 als unbegründet zurück.

Mit der am 08.05.2013 eingegangenen Klage, die unter dem Aktenzeichen 3 K 1556/13 F anhängig ist, verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Gleichzeitig hat sie beim Gericht Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.

Der Feststellung des Grundbesitzwertes liegt zugrunde eine Anfrage der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamtes A vom 13.12.2011, mit der auf dem dafür vorgesehenen Formular für den Grundbesitz eine Anfrage nach Grundbesitzwerten für Erb-/Schenkungssteuerzwecke erfolgte. Es heißt weiter: „Ich bitte, für den o. a. Grundbesitz den Grundbesitzwert zum Tag der Schenkung festzustellen und mir mitzuteilen.“

Auf Nachfrage des Gerichts teilte der Antragsgegner mit, die Anfrage sei gemacht worden, nachdem die Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle des Finanzamtes R mit Schreiben vom 10.11.2011 dem Antragsgegner einen Prüfungsauftrag für die Antragstellerin erteilt habe, wobei sich die Beauftragung auf Schenkungsteuer und Übertragung von Grundbesitz gemäß notariellem Vertrag vom 12.03.2008 zum Besteuerungszeitpunkt 26.03.2008 vom 10.11.2011 erstrecke. Im Prüfungsauftrag heißt es, dass die Beauftragung die Befugnis zur Erteilung der Prüfungsanordnung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 BpO einschließe. Die Beauftragung erscheine erforderlich, weil die für die Besteuerung maßgeblichen Verhältnisse der Aufklärung bedürften und eine Prüfung durch das für die Erb- und Schenkungsteuer zuständige Finanzamt R nach Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts nicht zweckmäßig sei bzw. die Einbeziehung der Prüfung der Schenkungssteuer in die laufende Betriebsprüfung der Firma L GmbH, für die das Finanzamt R ebenfalls einen Prüfungsauftrag erteilt hatte, aus organisatorischen Gründen zweckmäßig erscheine.

Der Antragsgegner vertritt danach die Auffassung, dass die Betriebsprüfungsstelle aufgrund der vorliegenden Auftragsprüfung berechtigt sei, eine Anfrage zur Feststellung von Grundbesitzwerten an die Bewertungsstelle des Antragsgegners zu richten.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung des Bescheides vom 02.11.2012 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Der Antrag sei nach § 69 Abs. 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) unzulässig, da nach Erlass der Einspruchsentscheidung kein erneuter Aussetzungsantrag beim Finanzamt gestellt worden sei. Da auch bisher kein Schenkungsteuerbescheid ergangen sei, drohe auch keine Vollstreckung. Im Übrigen bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 02.11.2012.

II.

Der Antrag ist zulässig.

Die Zugangsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 FGO sind im Streitfall erfüllt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der der erkennende Senat folgt, genügt eine einmalige Ablehnung durch die Finanzbehörde, auch wenn sie in einem vorangegangenen (schon abgeschlossenen) Verfahrensabschnitt erfolgt ist (vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 25.10.1994 VII B 155/94, BStBl II 1995, 131).

Der Antrag ist auch begründet.

Nach § 69 Abs. 3 i. V. m. § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Aussetzung der Vollziehung anzuordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheides bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (vgl. BFH-Beschluss vom 31.01.2007 VIII B 219/06, BFH/NV 2007, 914 mit weiteren Nachweisen). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. BFH-Beschluss vom 30.11.2004 IX B 120/04, BStBl II 2005, 287 mit weiteren Nachweisen). Zweifel tatsächlicher oder rechtlicher Art können deshalb in diesem Verfahren nicht abschließend geklärt werden.

Nach der im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung gebotenen summarischen Prüfung bestehen nach Auffassung des Senats ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.

Nach § 151 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Bewertungsgesetz (BewG) in der im Streitfall geltenden Fassung sind nach § 179 Abgabenordnung (AO) gesondert festzustellen die Grundbesitzwerte nach §§ 138, 157 BewG, wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Dies entspricht der vorherigen Regelung des § 138 Abs. 5 Satz 1 BewG a. F., wonach Grundbesitzwerte gesondert festzustellen waren, wenn sie für die Erbschaftsteuer oder Grunderwerbsteuer erforderlich sind (Bedarfsbewertung).

Nach der Rechtsprechung des BFH, der der erkennende Senat folgt, ist die Wertfeststellung für das Feststellungsfinanzamt im Sinne des BewG dann „erforderlich“, wenn ein Finanzamt um die Feststellung eines solchen Wertes zum Zwecke einer beabsichtigten Steuerfestsetzung nachsucht. Das bedeutet, dass die Entscheidung, ob ein Feststellungsbescheid zu erlassen ist, nicht beim Lagefinanzamt liegt, sondern bei dem dafür zuständigen Finanzamt, das ist bei Schenkungen das Erbschaftsteuerfinanzamt. Auf die Rechtsprechung des BFH wird hingewiesen, vgl. BFH-Urteile vom 24.05.2005 II R 57/03, BFH/NV 2005, 1982; vom 26.01.2006 II B 61/05, BFH/NV 2006, 921; vom 29.11.2006 II R 42/05, BStBl II 2007, 319; BFH-Beschluss vom 10.02.2011 II S 39/10 (PKH), BStBl II 2011, 657, alle zu § 138 Abs. 5 BewG a. F.).

Im Streitfall liegt lediglich eine Anfrage nach Grundbesitzwerten für Erbschaft- und Schenkungssteuerzwecke der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamtes A vor mit der Bitte, den Grundbesitzwert für den Grundbesitz zum Tage der Schenkung festzustellen und der Betriebsprüfungsstelle mitzuteilen. Aufgrund dieser Anfrage war der Antragsgegner nicht berechtigt, einen entsprechenden Feststellungsbescheid zu erlassen, da die Anfrage nicht vom zuständigen (Erbschaftsteuer-)Finanzamt stammt.

Es reicht auch nicht aus, wie der Antragsgegner meint, dass das zuständige Finanzamt, nämlich das Finanzamt R, dem Antragsgegner einen Prüfungsauftrag, der sich auf Schenkungsteuer und Übertragung von Grundbesitz zum Besteuerungszeitpunkt 26.03.2008 erstreckt, erteilt hat. Damit ist keine Entscheidung darüber getroffen, ob ein Grundbesitzwert festzustellen ist, denn das Finanzamt R hat lediglich einen Prüfungsauftrag erteilt, weil die für die Besteuerung maßgeblichen Verhältnisse aufgeklärt werden sollten. Es hat aber nicht um die Feststellung eines Grundbesitzwertes nachgesucht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebietFinanz- und Abgaberecht

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