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17.10.2003 · IWW-Abrufnummer 032284

Amtsgericht Seligenstadt: Urteil vom 05.08.2003 – 1 C 518/02 (3)

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Seligenstadt

Verkündet am: 05.08.2003
Geschäfts-Nr.: 1 C 518/02 (3)

Urteil
Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit XXX

hat das Amtsgericht Seligenstadt durch den Richter Behncken aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.07.2003 für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 858,41 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 15.02.2002 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 10 % und der Beklagte zu 90 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Für die Klägerin in Höhe von 110 % des von ihr zu vollstreckenden Betrages.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vom Beklagten zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheitsleistung in gleicher Höhe erbringt.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht auf Zahlung des ärztlichen Honorars Ihres Zedenten ... in Anspruch.

Die Klägerin ist die ärztliche Verrechnungsstelle Bündigen GmbH. Als solche erstellt sie Honorarabrechnungen für Ärzte und entfaltet damit im Zusammenhang stehende Tätigkeiten, insbesondere die Einziehungen dieser Forderungen.

Der Beklagte unterzog sich im November 1999 einer Hüftoperation in der BG-Unfallklinik, Frankfurt am Main. Hierzu wurde er am 01.11.1999 stationär im Krankenhaus aufgenommen.

Zur Vorbereitung der Hüftoperation erfolgt eine sogenannte ?Eigenblutentnahme?.

Diese erfolgte in drei Terminen am 22.09., 07.10. und 15.10.1999.

Vor der Behandlung wurde zwischen den Parteien am 22.09.1999 ein ?Wahlarztvertrag? abgeschlossen, in dem unter anderem festgehalten wurde, ?dass auch die eventuell erforderlich werdenden präoperativen Eigenblutspenden Teil des stationären Aufenthaltes sind.?

Ferner wurde dort festgehalten,
?dass der Patient damit einverstanden ist, dass im Einzelfall die ärztlichen Leistungen, wie auch die präoperative Eigenblutspende- durch einen der ständigen ärztlichen Vertreter ... erbracht werden können, der damit vom verantwortlichen liquidationsberechtigten Arzt beauftragt worden ist und unter seiner Aufsicht und fachlichen Weisung handelt.?

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf Bl. 12 d. A. verwiesen.

Die Eigenblutentnahme erfolgte sodann in den genannten drei Terminen, wobei diese nicht durch den liquidationsberechtigten Vertragspartner des Beklagten, ... sondern von einem anderen Arzt und dessen Assistentin vorgenommen wurde.

Die streitgegenständliche Forderung wurde sodann seitens des ... an die Klägerin abgetreten.

Von dieser wurden gegenüber dem Beklagten die ärztliche Leistung mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 4.214,73 DM in Rechnung gestellt. Hinsichtlich der Einzelheiten der in Rechnung gestellten Tätigkeiten wird auf Bl. 13 ff und Bl. 100 d. A. verwiesen.

Der Beklagte erbrachte hierauf Teilleistungen. Den streitgegenständlichen Restbetrag in Höhe von 968,34 EUR beglich er jedoch nicht.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Eigenblutspende Teil des stationären Aufenthaltes und als solcher abzurechnen sei.

Ferner ist sie der Auffassung, die im Wahlarztvertrag enthaltene Delegationsbefugnis ihres Zedenten auf dessen ständige ärztliche Vertreter sei wirksam.

Sie behauptet, die von ihr in Rechnung gestellten ärztlichen Leistungen seien tatsächlich in dem von ihr veranschlagten Umfang vorgenommen worden.

So habe am 22.09. ein Visite stattgefunden (Pos. 45), wurde eine Infusion gelegt (Pos. 272), wurden zwei Verträglichkeitsproben genommen (Pos. 4001) und der Vorgang insgesamt 5 Stunden überwacht (10 mal Pos. 62).

Am 7.10. sei eine Infusion gelegt worden (Pos. 272), ein Katheter gelegt worden (Pos. 261) und der Vorgang 3,5 Stunden überwacht worden (7 mal Pos. 62).

Am 15.10. sei eine Infusion gelegt worden (Pos. 272), eine Beratung erfolgt (Pos. 3) und der Vorgang insgesamt 2 Stunden überwacht worden (4 mal Pos. 61).

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 968,34 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Eigenblutentnahme sei nicht Teil des stationären Aufenthalts.

Weiter ist er der Auffassung, die Delegationsregelung im Wahlarztvertrag verstoße gegen das AGBG.

Schließlich behauptet sie, ein Teil der in Rechnung gestellten Leistungen seien tatsächlich nicht erbracht worden. Hinsichtlich der diesbezüglichen Einzelheiten wird verwiesen auf den Schriftsatz des Beklagten-Vertreters vom 05.08.2002.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 07.01.2003 durch Vernehmung des Zeugen ... sowie durch Vernehmung des Zeugen .... Hinsichtlich der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 26.11.2002, sowie auf die schriftliche Zeugenaussage des Zeugen ... vom 30.04.2003 (Bl. 90 d. A.).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zum weitaus überwiegenden Teil begründet.

Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten ein entsprechender Anspruch aus abgetretenem Recht ihres Zedenten ... gem. § 611, 612 BGB in Verbindung mit dem Wahlarztvertrag der Parteien vom 22.09.1999 zu.

Die der Abrechnung zugrunde liegenden Eigenblutspende des Beklagten war Teil des stationären Aufenthalten des Beklagten im Sinne des Wahlarztvertrages vom 22.09.1999 und als solche neben der mit dem allgemeinen Pflegesatz abgegoltenen Krankenhausleistungen gesondert vergütungspflichtig.

Der Umstand, dass diese Eigenblutspende ambulant und vor der eigentlichen stationären Aufnahme des Beklagten in das Krankenhaus vorgenommen wurde, diese dadurch in den ambulanten Bereich ausgelagert wurde, vermag an der rechtlichen Zuordnung der Eigenblutspende als stationäre Krankenhausbehandlung nichts zu ändern.

Die präoperative Eigenblutgewinnung erfolgt nämlich gerade im Hinblick auf eine bevorstehende stationäre Behandlung. Sie wird ausschließlich aus Anlass und zur Vorbereitung einer Operation durchgeführt und steht mit dieser in engen zeitlichen Zusammenhang. Das Eigenblut dient hierbei als Ersatz für Fremdblutkonserven. Es tritt an die Stelle des Fremdblutes, dass dem Patienten während einer stationären Behandlung zugeführt wird. Bei einer Transfusion mit Fremdblut während eines stationären Krankenhausaufenthaltes handelt es sich eindeutig um eine der stationären Versorgung zuzurechnende Leistung, § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V, § 2 Abs. 2 BPFLV (vergleiche BSG, Urteil vom 22. Juni 1994. Az.: 6 RKA 34/93, dem sich das Gericht inhaltlich voll anschließt und hinsichtlich der näheren Einzelheiten verweist).

Weiterhin steht dem Honararanspruch nicht entgegen, dass die ärztlichen Leistungen im Rahmen der Blutspende nicht durch den liquidationsberechtigten Vertragspartner des Beklagten persönlich erbracht wurden.
Nach Auffassung des Gerichts ist die in dem Wahlarztvertrag vereinbarte Delegationsbefugnis wirksam.

Bei der Inanspruchnahme einer ärztlichen Wahlleistung wird die allgemeine Krankenhausleistung durch eine besondere ärztliche Versorgung ersetzt. Der Patient erhält damit zwar keinen Anspruch auf qualitativ bessere ärztliche Behandlung, erlangt aber einen Anspruch auf persönliche Behandlung durch den Arzt seines Vertrauens.

Dieser Anspruch auf persönliche Behandlung bedeutet jedoch nicht, dass der Vertragspartner (hier der verantwortliche liquidationsberechtigte Arzt (...) jeden einzelnen Handgriff selbst ausführen muss. Vielmehr ist er lediglich verpflichtet, die grundlegenden Entscheidungen über die Therapie selbst zu treffen und die Behandlung insgesamt entweder selbst durchzuführen oder zu überwachen. Hierbei ist er berechtigt, einzelne Maßnahmen auf angeleitetes und überwachtes qualifizierte Personal zu delegieren.

In der Rechtsprechung ist insoweit allgemein anerkannt, dass die Vertretung eines Chefarztes während seiner Verhinderung durch einen Vertreter üblich und der Verkehrssitte entsprechend ist und nicht zu einem Verlust des Vergütungsanspruches des Chefarztes führt. (Vgl. LG Bonn, Urteil vom 15.02.1995, Az.: 5 S 210/94).

Aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme folgt, dass hier die Grenzen einer zulässigen Delegation eingehalten wurden.

So führte der nach dem persönlichen Eindruck des Gerichts vollkommen glaubwürdige Zeuge ... in der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2002 klar, eindeutig, detailliert und nachvollziehbar aus, dass die Eigenblutspende des Beklagten unter seiner fachlichen Weisung durchgeführt wurde. So besteht in seiner Abteilung eine interne schriftliche Anweisung, welche die diesbezüglichen Arbeitsabläufe im Detail beschreibt. Hierbei beauftragt der Zeuge sodann einen Kollegen konkret damit, bei einem Privatpatienten die Eigenblutentnahme vorzunehmen. Während dieses Vorganges findet jeweils eine Rückkopplung des behandelnden Kollegen mit dem Zeugen statt und zwar über mobile Telefone, so dass der Zeuge ... jeweils über den Stand der Eigenblutentnahme informiert ist. Diese Rückkopplung erfolgt unmittelbar und zeitnah direkt nach Beendigung der Infusion beziehungsweise der Blutentnahme. Während dieses Vorgangs richtet der Zeuge ... seine Arbeitsabläufe so ein, dass er während der Eigenblutspende in den Geschehensablauf eingreifen kann, wobei dies auch tatsächlich vorkommt.

Auf Nachfragen des Gerichts erklärte der Zeuge hierbei glaubhaft, dass die Eigenblutentnahme ausschließlich durch seine Vertreter in seiner Abteilung vorgenommen werden dürfen und keinesfalls durch andere Ärzte.

Dies wird im übrigen bestätigt durch die schriftliche Aussage des Zeugen ... welcher ausführte, dass bei Privatpatienten zur Eigenblutspende der Chefarzt oder einer der Oberärzte hinzugerufen wurde.

Sofern der Beklagte dies bestreitet, kann er damit nicht durchdringen. Zum einen ist dieses Bestreiten angesichts des detaillierten Vortrags der Klägerseite zu pauschal, zum anderen ist dem Gericht nicht verständlich, woraus der Beklagte ersehen haben will, dass es sich bei den behandelnden Ärzte nicht um Vertreter des ..., sondern um andere Ärzte gehandelt hat.

Hinsichtlich des Umfangs der erbrachten ärztlichen Leistungen hat die Beweisaufnahme den klägerischen Vortrag nahezu vollständig bestätigt:

Bereits zuvor hat jedoch der Beklagte in der Sitzung vom 26.11.2002 die zunächst bestrittenen Positionen 272 und 261 unstreitig gestellt.

Hinsichtlich der Positionen 4001 vom 22.09. hat der Zeuge ... deren Vornahme glaubhaft bestätigt. Hierzu erklärte er, dass es sich um eine Kreuzprobe, also eine Identitätsnachweis handelt. Im einzelnen wurde dabei entsprechend seiner Arbeitsanweisung das Blut des Patienten entnommen und auf die Blutgruppe kontrolliert, auch um Verwechslungen zu vermeiden. Sodann sei das Blut in das Labor zu den TA`s gelangt und vom behandelten Arzt gegengelesen.

Hinsichtlich der vor allem im streitstehenden Positionen 62 ergibt sich folgendes:

Die Überwachung der Eigenblutentnahme am 15.10. erfolgte mindestens über den in Rechnung gestellten Zeitraum von 2 Stunden, sodass die Position zulässigerweise 4 mal (à eine halbe Stunde) in Rechnung gestellt wurde. Der Beklagte erklärte hierzu in der Sitzung vom 26.11.2002, dass diese von etwa 11.00 Uhr bis 14.45 Uhr somit über einen Zeitraum von deutlich länger als 2 Stunden erfolgte.

Gleiches gilt für die Überwachung der Blutentnahme am 07.10. Hier wurde die Überwachung ebenfalls zulässigerweise für einen Zeitraum über 3,5 Stunden (8.00 Uhr bis 11.30 Uhr) in Rechnung gestellt. Auch dies hatte der Beklagte in der Sitzung vom 26.11.2002 eingeräumt und in der Sitzung vom 22.07.2003 ebenso bestätigt, wie die Überwachung am 15.10.

Hinsichtlich der Überwachung (Pos. 62) am 22.09. kann die Klägerin nur einen Zeitraum von 3 Stunden für die Zeit von 8.00 Uhr bis 11.00 Uhr und somit die Pos. 62 lediglich 6 mal in Rechnung stellen. Der Klägerin ist es hierbei nicht gelungen nachzuweisen, dass diese Position 10 mal und somit die Überwachung über einen Zeitraum von 5 Stunden stattfand.

Insoweit konnte der Zeuge ... zwar bestätigen, dass sich aufgrund der Behandlungsunterlagen ein Zeitraum von 5 Stunden ergibt, jedoch musste er einräumen, dass er die Überwachung nicht selbst vorgenommen habe, sondern diese durch den Zeugen ... erfolgt sei. Dieser konnte sich jedoch an den streitgegenständlichen Vorfall nicht mehr erinnern.

Insoweit vermochte die Klägerin nicht die Behauptung des Beklagten zu widerlegen, dass sich die Behandlung lediglich über 3 Stunden vollzog.

Insgesamt wird der von der Klägerin veranschlagte Zeitraum hinsichtlich der Überwachung (Pos. 62) im übrigen auch durch die schriftliche Aussage des Zeugen ... bestätigt, wonach die einzelnen Behandlungen jeweils etwa 2 ½ bis 3 ½ Stunden dauerten.

Schließlich vermochte die Klägerin die Berechtigung der Pos. 45 vom 22.09. und die Pos. 3 vom 15.10. nicht zu beweisen. Insoweit hat der Zeuge ... in der mündlichen Verhandlung vom 26.11.2002 erklärt, dass er dies hinsichtlich der Pos. 3 nicht mehr genau rekonstruieren könne und diese Beratung entweder vom Zeugen ... oder Herrn ... vorgenommen worden sei. Der Zeuge ... konnten sich jedoch an die Vornahme einer solchen Beratung nicht erinnern. Gleiches gilt für die Pos. 45.

Insgesamt ist die Klägerin somit lediglich mit den Pos. 45 in Höhe von 18,35 DM, der Pos. 3 in Höhe von 39,33 DM und mit 4 mal der Pos. 62 in Höhe von insgesamt 157,32 DM unterlegen und somit einen Gesamtbetrag in Höhe von 109,93 EUR, welcher von der ansonsten der Höhe nach unstreitigen Abrechnungen der Klägerin in Abzug zu bringen war.

Die Entscheidung über die Nebenforderung beruht auf § 284 Abs. 1, 286, 288 BGB. Der Mahnbescheid wurde dem Beklagten am 14.02.02 zugestellt.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.

RechtsgebieteArztrecht, Abrechnung, WahlarztvertragVorschriften§§ 611,612 BGB

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