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11.08.2004 · IWW-Abrufnummer 042051

Bundesfinanzhof: Urteil vom 26.01.1995 – V R 9/ 93

1. Eine steuerfreie Vermittlung von Krediten i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980 führt nur aus, wer gegenüber den künftigen Vertragsparteien des Kreditvertrages als selbständiger Vermittler auftritt.

2. Schaltet ein Kreditvermittler zur Erledigung seiner Vermittlungsaufträge einen Dritten ein, der lediglich im Namen des Kreditvermittlers auftritt, sind die Leistungen des Dritten dem Kreditvermittler als steuerfreie Kreditvermittlungsleistungen zuzurechnen. Die Leistungen des Dritten an den Kreditvermittler sind steuerpflichtige sonstige Leistungen.


Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Gesellschaft für Unternehmensberatung. Sie schloß am 15. Mai 1984 mit einer Immobilien- und Versicherungsvermittlerin einen Kooperationsvertrag über eine Finanzierungsvorbereitung und -vermittlung für 31 Bauherren einer Bauherrengemeinschaft ab. Nach diesem Vertrag sollten die Kooperationspartner je nach zur Verfügung stehender Zeit jeweils alle zur Kreditvermittlung gehörenden Aufgaben für einen einzelnen Kredit durchführen. Da die Bauherren, vertreten durch einen Treuhänder, den Vermittlungsauftrag nur der Immobilien- und Versicherungsvertreterin erteilen wollten, sollte im Außenverhältnis nur sie als Vermittlerin auftreten. Das erzielte Honorar sollte im Innenverhältnis den Kooperationspartnern je zur Hälfte zustehen.

Nach Abschluß der Finanzierungsvermittlungen erteilte die Klägerin ihrer Kooperationspartnerin unter dem 31. Dezember 1984 eine Rechnung für "im Rahmen der Finanzierungsvorbereitung, Finanzierungsvermittlung. ... geleistete Mitarbeit bei den Bonitätsprüfungen der Kreditnehmer sowie bei der Beschaffung der erforderlichen Unterlagen hierzu". In der Rechnung war keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen.

In ihrer Umsatzsteuererklärung 1984 beurteilte die Klägerin ihre Leistungen als steuerfreie Kreditvermittlungsleistungen.

Davon abweichend behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die von der Klägerin im Rahmen des Kooperationsvertrages ausgeführten Umsätze als steuerpflichtig.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung im wesentlichen aus, die Klägerin habe nach der vertraglichen Gestaltung nicht als Kreditvermittlerin auftreten können, weil der Vermittlungsauftrag ausschließlich der Kooperationspartnerin der Klägerin erteilt worden sei. Die Klägerin habe aufgrund des Kooperationsvertrages eine sonstige Leistung an die Kooperationspartnerin erbracht, die der Umsatzsteuer unterliege. Dieses gelte selbst dann, wenn die Klägerin die Hälfte der Kreditfälle abschließend bearbeitet habe und die Kooperationspartnerin diese Kreditfälle als "Paket" übernommen und lediglich weitergegeben habe.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Sie ist der Auffassung, eine Kreditvermittlungsleistung i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 könne nicht nur gegenüber einem der späteren Vertragspartner des zu vermittelnden Kreditvertrages (Kreditnehmer bzw. Kreditgeber) erbracht werden. Auch die auf den Abschluß des Kreditvertrages hinwirkenden Leistungen eines vom beauftragten Kreditvermittler im Innenverhältnis als Subunternehmer eingeschalteten Unter-Vermittlers fielen unter diese Steuerbefreiung. Die von ihr erbrachten Leistungen seien zudem als für die Kooperationspartnerin besorgte Leistungen nach § 3 Abs. 11 UStG 1980 steuerfrei.

Die Klägerin beantragt, die USt 1984 unter Aufhebung der Vorentscheidung um ... DM herabzusetzen.

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

II.

Die Revision ist unbegründet. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß die von der Klägerin im Rahmen des Kooperationsvertrages erbrachten Leistungen steuerpflichtig sind.

1. Nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980 ist die Gewährung, die Vermittlung und die Verwaltung von Krediten sowie die Verwaltung von Kreditsicherheiten steuerfrei.

a) Der Begriff der "Vermittlung" ist im UStG 1980 nicht definiert. Seine Auslegung deckt sich mit der Verwendung des Begriffs im bürgerlichen Recht (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 1989 V R 43/ 84, BFHE 156, 278, BStBl II 1989, 339). Vermitteln i. S. des § 652 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verlangt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - BGH - (vgl. Urteile vom 6. Dezember 1967 VIII ZR 289/ 64, Betriebs-Berater 1968, 148, und vom 2. Juni 1976 IV ZR 101/ 75, Neue Juristische Wochenschrift 1976, 1844) ein Verhandeln mit beiden Vertragsparteien, also mit dem Auftraggeber und dem Dritten, mit dem Ziel, einen Vertrag zustande zu bringen. Als "Vermitteln" kann also nicht angesehen werden, wenn jemand nur irgendeine Bedingung für den Abschluß des Vertrags setzt. Erforderlich ist vielmehr, daß der "Vermittler" Verbindungen zum Dritten aufnimmt und auf diesen einwirkt, einen Vertrag mit dem Auftraggeber zu schließen (vgl. Senatsurteil in BFHE 156, 278, BStBl II 1989, 339).

b) Eine steuerfreie Vermittlungstätigkeit i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980 setzt die Vermittlung eines Kredits voraus.

Sie kann daher nur gegenüber den künftigen Vertragspartnern des Kreditverhältnisses, also dem Kreditgeber oder dem Kreditnehmer erbracht werden. Nur wer gegenüber diesen Personen als selbständiger Vermittler auftritt, übt eine Kreditvermittlungstätigkeit im Sinne der Befreiungsvorschrift aus. Wer hingegen lediglich unterstützende Dienstleistungen für den eigentlichen Kreditvermittler erbringt oder diesem bei dessen Kreditvermittlung hilft, ohne selbst als Vermittler aufzutreten (z. B. als Beauftragter des Vermittlers oder als von diesem beauftragter Untervermittler), erbringt gegenüber seinem Leistungsempfänger (dem Vermittler) keine steuerfreie Kreditvermittlungsleistung, sondern eine andere sonstige Leistung, die mangels Eingreifens anderer Befreiungsvorschriften steuerpflichtig ist.

Kredite vermittelt in diesem Fall nur der an die künftigen Vertragspartner leistende Vermittler. Die von seinem Beauftragten oder Untervermittler erbrachten Leistungen im Zusammenhang mit der Vermittlung der Kredite sind als Kreditvermittlungsleistungen allein ihm zuzurechnen.

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 84 Abs. 3 des Handelsgesetzbuches (HGB). Nach dieser Vorschrift werden auf die Leistungen eines Untervertreters, der nicht für das Handelsgewerbe des Hauptvertreters Geschäfte abschließt oder vermittelt, sondern für diesen lediglich in der Weise tätig wird, daß er als sein Untervertreter eine diesem obliegende Abschluß- oder Vermittlungstätigkeit für das Handelsgewerbe des Auftraggebers des Hauptvertreters erbringt, dennoch die Vorschriften des Handelsvertreterrechts angewendet. Der Grund hierfür ist, daß die - an sich dienstvertragliche - Tätigkeit des Untervertreters mit der geschäftsabschließenden oder vermittelnden Handelsvertretertätigkeit i. S. des § 84 Abs. 1 HGB tatsächlich und wirtschaftlich und hinsichtlich ihrer Zielsetzung eng verknüpft ist (vgl. BGH-Urteil vom 20. Juni 1984 I ZR 62/ 82, BGHZ 91, 370, unter 2. b mit Nachweisen).

Diese gesetzlich angeordnete Gleichbehandlung von Rechtsverhältnissen, die auf Besonderheiten des Handelsrechts beruht, ist auf das Umsatzsteuerrecht nicht übertragbar. Zum einen fehlt eine derartige gesetzliche Regelung im Umsatzsteuerrecht. Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980 ist, anders als z. B. Nr. 11 dieser Vorschrift, die die Umsätze "aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter. ..." von der Umsatzsteuer befreit, erfolgsbezogen ausgestaltet. Zum anderen fehlt es an der vom BGH für die Tätigkeiten von Handelsvertreter und Untervertreter festgestellten Ähnlichkeit der Tätigkeiten des Kreditvermittlers und der von ihm eingeschalteten, nach außen nicht selbständig auftretenden Personen im umsatzsteuerrechtlichen Sinn.

d) Die Klägerin hat demnach keine steuerfreie Kreditvermittlung ausgeführt. Selbst wenn sie nicht nur - wie in der Rechnung ausgeführt - bei den Bonitätsprüfungen sowie bei der Beschaffung der hierzu erforderlichen Unterlagen mitgewirkt hat, sondern - wie im Kooperationsvertrag vorgesehen - alle zu der kreditvermittelnden Tätigkeit gehörenden Aufgaben durchgeführt hat, ist sie nicht in Rechtsbeziehungen zu den Parteien der Kreditverträge getreten, sondern lediglich in Rechtsbeziehungen zu ihrer Kooperationspartnerin. Allein die Kooperationspartnerin war Auftraggeberin der Klägerin. Nur an diese hat die Klägerin Leistungen ausgeführt. Diese Leistungen dienten nicht dazu, der Auftraggeberin den Abschluß eines Kreditvertrages zu ermöglichen, sondern nur der Ausführung der von der Kooperationspartnerin zu erbringenden Kreditvermittlungsleistungen. Soweit die Klägerin wirtschaftlich gesehen Kreditvermittlungsleistungen dadurch ausgeführt hat, daß sie auf die Kreditinstitute eingewirkt hat, mit den Bauherren Kreditverträge abzuschließen, hat sie diese Leistungen auch nicht im eigenen Namen, sondern im Namen ihrer Kooperationspartnerin bewirkt. Sie ist gegenüber den späteren Vertragsparteien nicht als selbständige Vermittlerin aufgetreten. Ihre Tätigkeit beschränkte sich auf unterstützende Dienstleistungen für ihre Kooperationspartnerin. Dieser sind die Leistungen der Klägerin als Kreditvermittlungsleistungen zuzurechnen. Das FG hat daher insoweit zu Recht von einer Aufklärung des Sachverhalts abgesehen.

e) Eine ausdehnende Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Vermittlung" oder eine analoge Anwendung des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980 auf die Leistungen der Klägerin ist nicht zulässig. Sie würde zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Steuerbefreiung führen. Der Gesetzgeber hat im UStG 1980 ebenso wie im UStG 1967 (vgl. hierzu Senatsurteil vom 16. Juli 1970 V R 138/ 69, BFHE 99, 437, BStBl II 1970, 709) in der Regel die einem steuerbefreiten Umsatz vorhergehenden und diesen vorbereitenden Umsätze nicht von der Umsatzsteuer befreit und damit grundsätzlich die nachteiligen Wirkungen einer Umsatzbesteuerung für die beteiligten Unternehmer oder deren Abnehmer in Kauf genommen.

f) Die Vorschriften der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/ 388/ EWG (Richtlinie 77/ 388/ EWG) führen zu keinem anderen Ergebnis.

Anhaltspunkte dafür, daß das Tatbestandsmerkmal "Vermittlung von Krediten" in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der Richtlinie 77/ 388/ EWG anders auszulegen ist als in dem insoweit wortgleichen § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980, sind nicht erkennbar.

Hierzu bietet - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch die Regelung in Art. 13 Teil B der Richtlinie 77/ 388/ EWG keinen Anlaß, wonach die Mitgliedstaaten die dort genannten Steuerbefreiungen unter den Bedingungen gewähren, die sie u. a. zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der aufgeführten Befreiungen festsetzen. Hierdurch wird der innerstaatliche Gesetzgeber lediglich ermächtigt, die in der Richtlinie genannten Steuerbefreiungen unter näher bezeichneten Bedingungen zu gewähren. Grundsätze für die Art und Weise der Auslegung von Tatbestandsmerkmalen der Befreiungsvorschriften enthält diese Regelung nicht.

2. Das FG ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß die von der Klägerin ausgeführten Leistungen nicht als Besorgungsleistungen i. S. von § 3 Abs. 11 UStG 1980 steuerbefreit sind.

Nach dieser Vorschrift werden Besorgungsleistungen umsatzsteuerrechtlich den besorgten Leistungen gleichgestellt.

Die Klägerin hat gegenüber ihrer Auftraggeberin aber keine Besorgungsleistungen ausgeführt. Sie hat ausschließlich selbst Leistungen an die Kooperationspartnerin ausgeführt und ihr nicht Leistungen Dritter besorgt.

RechtsgebieteUStG 1980, HGBVorschriftenUStG 1980 § 3 Abs. 11 UStG 1980 § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980 § 4 Nr. 11 HGB § 84 Abs. 3

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