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24.09.2003 · IWW-Abrufnummer 032112

Finanzgericht München: Urteil vom 31.07.2003 – 14 K 4876/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Az.: 14 K 4876/02

Finanzgericht München

URTEIL

In der Streitsache XXX

wegen Umsatzsteuer 2000
hat der 14. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ...., des Richters am Finanzgericht ···· und des Richters am Finanzgericht ···· sowie der ehrenamtlichen Richter ···· und ···· auf Grund mündlicher Verhandlung vom 31. Juli 2003 für Recht erkannt:

1. Unter Änderung des Steueränderungsbescheides vom 3. September 2002 und der Einspruchsentscheidung wird die Umsatzsteuer 2000 auf ./. 206.424,90 ? festgesetzt.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 2/5 und der Beklagte zu 3/5.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Bei der Einlegung und Begründung der Revision sowie in dem weiteren Verfahren vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089 / 92 31-201.

G r ü n d e :
I.
Streitig ist, ob Lieferungen von Gebrauchtwagen als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei sind.

Der Kläger betreibt unter der Bezeichnung PW-Automobile einen Kfz-Handel mit Gebrauchtwagen. In seiner Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2000 gab er neben hier nicht streitigen steuerpflichtigen Umsätzen und steuerfreien Ausfuhrlieferungen auch Umsätze aus innergemeinschaftlichen Lieferungen in Höhe von 2.354.641 DM an.

Nach den Feststellungen einer Umsatzsteuersonderprüfung beim Kläger (siehe geänderter Bericht vom 12. August 2002) erfolgten Lieferungen im Umfang von 525.150 DM an die spanische Autohandelsfirma L..L. aus M. ···· (L & L), die nach Auskunft der spanischen Steuerbehörde als Scheinfirma betrachtet werde. Für sämtliche Verkäufe an diese Firma lägen daher die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nicht vor.

Unter Bezugnahme auf den Prüfungsbericht vom 12. August 2002 verminderte der Beklagte (das Finanzamt) den Umfang der innergemeinschaftlichen Lieferungen um 525.150 DM auf 1.829.491 DM und erhöhte die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze nach Herausrechnung der Umsatzsteuer um 452.715,51 DM auf 7.667.243,51 DM und setzte mit Steueränderungsbescheid vom 03. September 2002 die Umsatzsteuer auf./. 184.992,96 ? (= ./. 361.814 DM) fest.

Den Einspruch dagegen wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 08. Oktober 2002 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für die Umsatzsteuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung lägen nicht vor, da die spanische L & L als Scheinfirma kein Unternehmer im Sinne von § 6 a Abs. 1 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sei. Vertrauensschutz nach § 6 a Abs. 4 UStG könne nicht gewährt werden, da die Klägerin den bei innergemeinschaftlichen Lieferungen erforderlichen Buchnachweis nicht vollständig erbracht habe. So habe der jeweilige Beauftragte des Abnehmers im Sinne von § 17 c Abs. 2 Nr. 2 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) aufgrund der vorgelegten Aufzeichnungen nicht identifiziert werden können. Die Inanspruchnahme des Abnehmers gem. § 6 a Abs. 4 UStG sei deshalb nicht möglich. Zudem habe die Klägerin nicht gem. § 17 c Abs. 2 Nr. 9 UStDV den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet bezeichnet. Die vorgelegten Bestätigungen belegten nur, dass das jeweilige Kfz in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbracht worden sei, nicht aber an welchen Ort. Die Klägerin habe deshalb die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns nicht im erforderlichen Umfang beachtet.

Der Kläger hat dagegen Klage erhoben und führt zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die Ansicht des Finanzamts die L & L sei eine Scheinfirma mit der Folge, dass Umsatzsteuerpflicht eintrete, nicht geteilt werde. Zudem habe der Kläger die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns erfüllt und könne Vertrauensschutz beanspruchen. Die letzte Ausgangsrechnung an die L & L sei am 20. Juli 2000 gestellt worden, wo hingegen die Umsatzsteuer-Identifiaktionsnummer (USt-IdNr.) der L & L erst am 28. Juli 2000 gelöscht worden sei. Von den 11 Rechnungen an die L & L über einen Betrag von insgesamt 525.125 DM erfüllten 6 Rechnungen (siehe Anlage I der Klagebegründung) die Anforderung des § 17 c Abs. 2 Nr. 2 UStDV. Diese Rechnungen ließen deutlich die Unterschrift des Geschäftsführers im Original mit Firmenstempel erkennen. Die Verbringungsnachweise der übrigen 5 Rechnungen (siehe Anlage II zur Klagebegründung) sei vom Geschäftsführer mit Stempel mit einem Kurzzeichen (Paraphe) unterschrieben worden. Hinsichtlich des beanstandeten Bestimmungsortes werde angemerkt, dass sämtliche Rechnungen und Bestätigungen mit der Anschrift des Madrider Abnehmers versehen seien. Im Übrigen handle es sich bei § 17 c UStDV um eine Sollvorschrift.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Änderung des Umsatzsteueränderungsbescheids vom 03. September 2002 und der Einspruchsentscheidung die Umsatzsteuer 2000 auf./. 222.027,61 ? (= ./. 434.248, 27 DM) festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Klageerwidernd führt es noch aus, dass nach Ansicht der spanischen Steuerbehörde die L & L eine Scheinfirma sei. Dies könne nicht erfolgreich mit den vorgelegten Unterlagen (Bestätigung des spanischen Finanzamts über die Anmeldung der L & L mit Vergabe der USt-IdNr., Steueridentifizierungskarte, notarielle Eintragung der Firma mit Benennung des Geschäftsführers) bestritten werden. Zudem werde auf sämtlichen Verbringungsnachweisen der Verbringungsort nicht genannt. Weiter werde auf die unterschiedlichen Schriftbilder der im Original vorliegenden Verbringungsnachweise (?Bestätigungen?) einerseits und den angeblich am selben Tage, aber mit einem gänzlich anderen Schriftbild unterschriebenen und nur als Kopie vorliegenden Fahrzeugübergabebescheinigungen und den Unterschriften auf den ebenfalls nur in Kopie vorliegenden Kaufverträgen und Rechnungen hingewiesen. Da weder eine Ausweiskopie des Abholers noch sonstige Unterlagen vorlägen, die die betreffende Person eindeutig kennzeichneten, sei buchmäßig nicht nachzuvollziehen, wem die Fahrzeuge tatsächlich übergeben worden seien. Dem Erfordernis des eindeutigen und leicht nachprüfbaren buchmäßigen Nachweises über die Person des Abholers und den Ort der Fahrzeugverbringung sei der Kläger deshalb nicht nachgekommen. Die Frage des Vertrauensschutzes gem. § 6 a Abs. 4 UStG sei nicht mehr relevant.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Anlage zum Schriftsatz des Finanzamts vom 04. März 2003 verwiesen.

Auf die gem. § 79 b der Finanzgerichtsordnung (FGO) ergangene Aufklärungsanordnung vom 23. Juni 2003 wird ebenso Bezug genommen wie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung.

I.

Die Klage ist nur zum Teil begründet.
Das Finanzamt hat sechs der hier streitigen elf Lieferungen von Kraftfahrzeugen zu Unrecht nicht als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt.

Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist gem. § 4 Nr. 1 Buchst. b und § 6 a Abs. 1 UstG steuerfrei, wenn der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (§ 6 a Abs. 1 Nr. 1 UStG), wenn der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat (§ 6 a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG) und wenn der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung bei dem Abnehmer in einem anderen Mitgliedsstaat den Vorschriften der Umsatzsteuer unterliegt (§ 6 a Abs. 1 Nr. 3 UStG). Diese Voraussetzungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein (§ 6 a Abs. 3 Satz 1 UStG) .

Die Einzelheiten der Nachweispflicht ergeben sich aus § 6 a Abs. 3 Satz 2 UStG i.V.m. § 17 a ff der UStDV. Danach hat der Lieferer den Nachweis durch Belege (§ 17 a UStDV) Verhandlung. und durch Bücher (§ 17 c UStDV) zu führen. Dieser miteinander verzahnte Beleg- und Buchnachweis ist, wie beim Nachweis der Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen, materiellrechtliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung (BFH-Beschluss vom 02. April 1997 V B 159/96, BFH/NV 1997, 629).

a) Nach § 17 a Abs. 1 UStDV muss der Unternehmer durch Belege nachweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert hat. Dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (§ 17 a Abs. 1 Satz 2 UStDV).

In Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, soll der Unternehmer den Nachweis unter anderem durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt (insbesondere Lieferschein), durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten und in den Fällen der Beförderung des Gegenstandes durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern, führen (§ 17 a Abs. 2 Nr. 2, 3 und 4 UStDV).

b) Nach § 17 c Abs. 1 Satz 1 UStDV muss der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen im Geltungsbereich der UStDV die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich der USt-IdNr. des Abnehmers buchmäßig nachweisen. Die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (§ 17 c Abs. 1 Satz 2 UStDV). Nach Abs. 2 dieser Regelung soll der Unternehmer unter anderem regelmäßig folgendes aufzeichnen: Name und Anschrift des Abnehmers und des Beauftragten des Abnehmers, die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet, den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet (s. § 17c Abs. 2 Nr. 1, 2, 8, 9 UstDV).

In Ausnahmefällen kann der buchmäßige Nachweis in diesem Sinne auch dann erbracht sein, wenn eine der in § 17 c Abs. 2 UStDV genannten Angaben nicht aufgezeichnet worden ist. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn sich die Aufzeichnung als reine Formsache darstellt, etwa weil sich die Angabe durch die Bezugnahme auf einen korrespondierenden und der Buchführung beigehefteten Beleg leicht und eindeutig ermitteln lässt. Der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 17 c Abs. 1 UStDV ist aber nur dann als geführt anzusehen, wenn sich aus der Gesamtheit der Buchführungsvorgänge die jeweilige innergemeinschaftliche Lieferung eindeutig und leicht nachprüfbar ergibt.

2. Diese Voraussetzungen steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen sind in Bezug auf sechs der hier streitigen Fahrzeuglieferungen im Umfang von 303.900 DM erfüllt. Nur insoweit hat der Kläger den erforderlichen Buch- und Belegnachweis ordnungsgemäß erbracht.

a) Anhand der mit Fahrzeugrechnungen vom 15., 20. und 29. März, 04. April sowie 03. und 18. (wegen Audi S 8 Tip.) Mai 2000 und weiteren Belegen (siehe Anlage I zur Klageschrift) dargestellten Kfz-Lieferungen läßt sich erkennen, dass der Geschäftsführer R. ···· (R) der Fahrzeugkäuferin L & L jeweils selbst das Fahrzeug bei dem Kläger abgeholt hat. Dies ist gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 3 UStDV schlüssig dadurch dokumentiert, dass ? entsprechend auch der Darstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung - bei jeder Fahrzeugübergabe der Ausweis des Geschäftsführers erneut kopiert und die Kopie mit dem Firmenstempel und dem Vermerk ?Abholer? oder einem ähnlichen Vermerk versehen worden ist. Ferner hat der Geschäftsführer R für jedes Fahrzeug erkennbar mit seiner Unterschrift gemäß § 17 a Abs. 2 Nr. 4 UStDV versichert, dass das Fahrzeug von der Firma L & L aus Deutschland, in ein Land des übrigen Gemeinschaftsgebiets verbracht wird und dort der Ewerbsbesteuerung unterliegt?.

b) Zwar fehlt hinsichtlich dieser Lieferungen die ausdrückliche Angabe über den Bestimmungsort (s. § 17a Abs. 2 Nr. 2 und § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV). Denn aus den vorgelegten Bestätigungen ergibt sich nur, dass das jeweilige Fahrzeug aus Deutschland in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbracht werden soll. Jedoch erachtet es der Senat für den Nachweis des Bestimmungsortes im Streitfall für ausreichend, dass sich u.a. aufgrund der in den vorgelegten Rechnungen genannten Anschrift der Firma L & L leicht und zumindest mit hinreichender Sicherheit erschließen läßt, dass die Lieferungen nach M. ···· in Spanien gehen sollten.

c) Die nachgewiesenen Voraussetzungen der Steuerfreiheit der genannten sechs Fahrzeuglieferungen sind ? entgegen der Auffassung des FA ? nicht deshalb unbeachtlich, weil die Firma L & L nach den Ermittlungen der spanischen Finanzbehörden als Scheinfirma (missing trader) betrachtet wird, weil das Unternehmen im Jahr 2000 seine innergemeinschaftlichen Erwerbe aus Deutschland nicht angemeldet habe (s. Schreiben des Bundesamt für Finanzen an die Oberfinanzdirektion vom 15. Oktober 2001, Bl. 61 FG-Akte). Denn abgesehen davon, dass die hier streitigen Lieferungen bereits vor Löschung der Firma L & L im Unternehmerverzeichnis und damit Löschung der USt-IdNr. zum 28 Juli 2000 (vgl. Schreiben der Agencia Tributaria/C.L.O. an das Bundesamt für Finanzen vom 10. September 2001, Bl. 62 FG-Akte) erfolgt sind, ergibt sich aus unterlassenen Steuererklärungen nicht, dass der fragliche spanische Abnehmer kein Unternehmer i.S. von § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a UStG gewesen ist. Vielmehr sprechen sogar die in den behördlichen Schreiben genannten Umsatzzahlen der Firma L & L gegen die Annahme eines wie auch immer begründeten Scheinunternehmens zum Zeitpunkt der hier streitigen Lieferungen. Die Frage eines eventuellen Vertrauensschutzes gemäß § 6a Abs. 4 UStG, etwa wegen unrichtiger Angaben der L & L über ihre unternehmerische Betätigung, kann deshalb unerörtert bleiben.

3. Diese Voraussetzungen steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen sind jedoch in Bezug auf die übrigen fünf der hier streitigen Kfz-Lieferungen im Umfang von 221.500 DM nicht erfüllt. Insoweit hat der Kläger den erforderlichen Buch- und Belegnachweis nicht ordnungsgemäß erbracht.

a)Für alle Liefervorgänge im Zusammenhang mit den Fahrzeugrechnungen vom 18. Mai (wegen Audi A 8 4.2. Tip), 31. Mai, 15. Juni, 07. und 20. Juli 2000 (siehe Anlage II zur Klageschrift) fehlt bereits die schriftliche, also mit Unterschrift oder zumindest mit einem beglaubigten Namenszeichen (Paraphe) unterzeichnete Versicherung gem. § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV. Zwar wird ebenfalls in formularmäßigen Bestätigungen versichert, dass die Firma L& L das jeweilige Gebrauchtfahrzeug aus Deutschland in ein Land des übrigen Gemeinschaftsgebiets verbringen wird. Indes weisen diese Bestätigungen weder eine Unterschrift noch ein gültiges Namenszeichen etwa des Geschäftsführers R oder eines benannten Beauftragten der als Käuferin angegebenen L & L auf.

Um aber ? wie hier ? in Abholfällen sicherzustellen, dass die gelieferten Gegenstände tatsächlich in einem anderen Mitgliedsstaat der Erwerbsbesteuerung unterworfen werden, kann insbesondere nicht darauf verzichtet werden, dass der Steuerpflichtige neben der hier nicht streitigen USt-IdNr. (s. dazu BFH in BFH/NV 1997, 629) vor allem die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet buch- und belegmäßig nachweist. Nur auf diesen Weg lässt sich nach dem Wegfall der Grenzkontrollen prüfen, ob der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung ein steuerbarer innergemeinschaftlicher Erwerb des Abnehmers (siehe § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG) in einem anderen Mitgliedsstaat folgt.

Aufgrund der vom Kläger vorgelegten Unterlagen kann deshalb nicht eindeutig und leicht nachprüfbar (siehe § 17a Abs. 1 Satz 2 und § 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV) festgestellt werden, ob die gelieferten fünf Fahrzeuge vom Abnehmer in ein Land des übrigen Gemeinschaftsgebiets verbracht werden sollten und dort den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegen. Das gilt insbesondere auch für die vom Kläger in Bezug genommenen, vorgelegten, aber gesetzlich nicht geforderten Unterlagen wie der Bestätigung der spanischen Finanzverwaltung über die Existenz der Firma. L & L, der Steueridentifizierungskarte und dem notariellen Eintrag der L & L mit Benennung des Geschäftsführers; denn aus all diesen in spanischer Sprache vorgelegten Belegen ergibt sich kein Hinweis für die hier streitigen fünf Fahrzeuglieferungen.

Die Aufzeichnungen des Klägers sind damit nicht so ausführlich, dass sie die Anwendung der Mehrwertsteuer und die Überprüfung durch die Steuerverwaltung ermöglichen (siehe Art. 22 Abs. 2 Buchst. a der 6. Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG)).

b) Der vom Gesetz verlangte ordnungsgemäße Buch- und Belegnachweis verletzt ? entgegen der allerdings nicht substantiiert dargelegten Auffassung des Klägers ? auch nicht den verfassungsmäßigen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Vielmehr kann eine innergemeinschaftliche Lieferung von den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft nur unter den Bedingungen von der Umsatzsteuer befreit werden, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der Befreiung sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Mißbrauch festlegen (s. Art. 28c Teil A Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG). Demzufolge sind die in § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff UStDV genannten Belege und Angaben erkennbar erforderlich für die korrekte und einfache Durchführung der Umsatzbesteuerung von innergemeinschaftlichen Lieferungen und dürfen deshalb auch von der Finanzverwaltung verlangt werden.

c) Die wegen Fehlens eines ordnungsgemäßen Beleg- und Buchnachweises steuerpflichtigen Kfz-Lieferungen des Klägers sind aber auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG als steuerfrei zu behandeln.

Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6 a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiungen auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht erkennen konnte (§ 6a Abs. 4 Satz 1 UStG).

Die Frage dieses Vertrauensschutzes stellt sich für den Kläger indes schon deshalb nicht, weil seine Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für die fünf Fahrzeuglieferungen (s. Anlage II der Klageschrift) nicht auf erkennbar unrichtigen Angaben der L & L über die Voraussetzungen der Steuerfreiheit beruht. So bestehen insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Firma L & L zum jeweiligen Erwerbszeitpunkt nicht als gewerblicher Autohändler tätig gewesen ist und die genannten fünf Fahrzeuge nicht nach Spanien verbracht hat.

Der Kläger kann jedoch keinen Vertrauensschutz dafür beanspruchen, dass die von ihm beigebrachten und ohne weiteres erkennbar nicht wirksam unterschriebenen Versicherungen nach § 17 a Abs. 2 Nr. 4 UStDV nicht den Anforderungen an den Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiung (§ 6a Abs. 3 UStG) genügen.

Im übrigen entspricht es aber auch nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, die Steuerbefreiung ? wie vorliegend - in Anspruch zu nehmen, ohne eine schriftliche Versicherung nach § 17 a Abs. 2 Nr. 4 UStDV zu besitzen (s. BFH-Urteil vom 18. Juli 2002 V R 3/02, BFH/NV 2002, 1405).

4. Soweit sich der Kläger zur Klagebegründung auch auf die Vertrauensschutzregelung und die erhöhte Bestandskraft von Steuerbescheiden gem. § 173 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) nach durchgeführten Außenprüfungen beruft, steht dies der hier streitigen geänderten Umsatzsteuerfestsetzung nicht entgegen. Denn die im April 2001 ohne Beanstandung der erklärten innergemeinschaftlichen Lieferungen durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung für das Streitjahr (siehe Bericht vom 09. April 2001) betrifft lediglich die Umsatzsteuer-Voranmeldungen des Klägers für das Jahr 2000. Abgesehen davon, dass die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO auf Vorbehaltsfestsetzungen, zu denen auch die Umsatzsteuer-Voranmeldungen gehören, keine Anwendung finden kann (siehe Tipke/Kruse, AO, FGO, § 173 AO RdNr. 90), ist aufgrund der genannten Außenprüfungen vom April 2001 kein Umsatzsteuerbescheid ergangen, der durch den hier angefochtenen Umsatzsteuerbescheid vom 03. September 2002 geändert worden wäre. Vielmehr ist der Umsatzsteuerbescheid vom 03. September 2002 selbst erst nach einer im Mai 2002 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung (siehe Bericht vom 12. August 2002) ergangen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

6. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

RechtsgebietUmsatzsteuerVorschriften§ 6a UStG

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