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15.07.2013 · IWW-Abrufnummer 132185

Landgericht Köln: Urteil vom 12.09.2012 – 23 O 438/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.



Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.237,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 13.09.2009 zu zahlen und den Kläger von vorgerichtlichen Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte F und Hochgräber in Höhe von 961,28 € freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 82 % und der Kläger zu 18 %.

Das Urteil ist für den Kläger hinsichtlich eines Betrages von 2.099,97 € ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Im Übrigen ist das Urteil für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Für den Beklagten ist das Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Krankheitskostenversicherung. Dem Versicherungsverhältnis liegen die aus der Akte ersichtlichen Versicherungs- und Tarifbedingungen zugrunde.

Bei dem Kläger und seiner Ehefrau besteht ein unerfüllter Kinderwunsch. Der Kläger leidet an einem OAT-Syndrom III. Der Kläger bat daher die Beklagte um Kostenübernahme für eine IVF/ICSI Behandlung. Die Beklagte erteilte mit Schreiben vom 13.12.2006 eine Zusage für maximal drei Behandlungsversuche. Die Versuche wurden im Dezember 2006, Februar 2007 und im Mai 2007 erfolglos durchgeführt. Im März und Dezember 2008 erfolgten daher zwei weitere Versuche. Bei jedem der fünf Versuche wurde eine Polkörperdiagnostik durchgeführt. Die Beklagte übernahm die Kosten des 1. und 3. Versuchs nur zum Teil. Zur Begründung führte sie an, dass die vorgenommenen Regelhöchstsatzüberschreitungen nicht gerechtfertigt seien und eine Abrechnung von mehr als 6 Eizellen nicht erfolgen könne. An letztgenannter Ansicht hält sie mittlerweile nicht mehr fest. Hinsichtlich des 1. Versuches ist eine Rechnung vom 29.12.2006 (Nr. 06/8072) in Höhe von 2.553,08 € streitgegenständlich. Die Beklagte erstattete zunächst nur 2.082,35 € und lehnte weitere Zahlungen wegen Regelhöchstsatzüberschreitungen ab. Mit Leistungsabrechnung vom 24.08.2007 erstattete sie dann aber freiwillig weitere 235,42 €. Hinsichtlich des 3. Versuch ist die Rechnung vom 12.06.2007 (Nr. 07/1003031) in Höhe von 10.524,30 € streitgegenständlich. Die Beklagte verweigerte zunächst wegen Regelhöchstsatzüberschreitung die Erstattung in Höhe von 449,91 €, zahlte dann aber mit Leistungsabrechnung vom 24.08.2007 freiwillig 224,96 €. Von einer weiteren Rechnung vom 12.06.2007 (Nr. 07/1003032) nahm die Beklagte wegen der Abrechnung von mehr als 6 Eizellen zunächst 629,99 € von der Erstattung aus, zahlte dann aber mit der Leistungsabrechnung vom 24.08.2007 freiwillig 210 €. Die Erstattung der Kosten des 4. und 5. Versuchs lehnte die Beklagte insgesamt ab. Auf ein anwaltliches Schreiben vom 15.03.2007 begründete sie dies damit, dass eine Zusage nur für drei Versuche erfolgt sei und eine erneute Prüfung nur nach Vorlage weiterer Unterlagen möglich sei. Für den 4. und 5. Versuch sind insgesamt 19.883,63 € an Kosten entstanden. Die von der Beklagten angeforderten Unterlagen hat der Kläger während des Rechtsstreits vorgelegt.

Der Kläger behauptet, dass alle abgerechneten ärztlichen Leistungen für die Kinderwunschbehandlung notwendig gewesen seien. Die Steigerungssätze seien angemessen und zulässig berücksichtigt worden. Auch beim 4. und 5. Versuch habe noch eine ausreichende Erfolgswahrscheinlichkeit bestanden. Er ist hierbei der Ansicht, dass die Ergebnisse der durchgeführten Polkörperdiagnostik nicht berücksichtigt werden dürften. Denn es handele sich um einen nicht obligatorischen Bestandteil der Behandlung und die Polkörperdiagnostik sei auch nicht Gegenstand der bisherigen Erfolgsaussichtsbewertung des Deutschen IVF-Registers oder des BGH. Der Kläger, der rechtsschutzversichert ist, behauptet ferner, dass er von seiner Rechtsschutzversicherung zur Einziehung aller auf diese nach § 86 Abs. 1 VVG übergegangenen Ansprüche ermächtigt worden sei.

Er beantragt,

1. Die Beklagte zu verurteilen, 18.315,57 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung an ihn zu zahlen,

2. Die Beklagte zu verurteilen, ihn von Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte F und Hochgräber in Höhe von 1.023,16 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

Die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die medizinische Notwendigkeit des 4. und des 5. Versuchs. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Polkörperdiagnostik habe keine ausreichende Erfolgsaussicht bestanden. Sie ist der Ansicht, dass die Ergebnisse der Polkörpderdiagnostik zur Beurteilung herangezogen werden dürfen. Denn alle vorliegenden Ergebnisse müssten Berücksichtigung finden. Insofern sei es unerheblich, dass die Diagnostik nicht von allen Patienten gewünscht und auch nicht von der Versicherung bezahlt werde. Des Weiteren erhebt die Beklagte gebührenrechtliche Einwendungen und behauptet, der Kläger habe bei der Höhe seiner Klageforderung die freiwilligen Leistungen nicht berücksichtigt. Im Übrigen bestreitet sie den Grund der geltend gemachten Anwaltskosten sowie die Aktivlegitimation des Klägers.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen.

Der Kläger hat mit seiner am 22.12.2008 bei Gericht eingereichten und am 13.02.2009 zugestellten Klage zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 21.434,36 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an ihn zu bezahlen. Am 24.02.2012 hat er die Klage dann in Höhe von 3.118,79 Euro zurückgenommen (eingeklagte Kosten der Polkörperdiagnostik, 4. und 5. Versuch). Die Beklagte hat die Klageforderung am 14.08.2012 in Höhe von 2.099,97 € anerkannt und insoweit auch Kostenanerkenntnis erklärt. Das Anerkenntnis bezieht sich auf die Kosten hinsichtlich der Abrechnung von mehr als 6 Eizellen. Die Beklagte hat dabei ausdrücklich auch die insofern beim 4. und 5. Versuch entstandenen Kosten anerkannt.

Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 06.04.2011 in Verbindung mit dem Beschluss vom 11.07.2011 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. T vom 18.01.2012 und die ergänzende Stellungnahme vom 08.04.2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Beklagte war in Höhe von 2.099,97 € gemäß § 307 ZPO durch Teilanerkenntnisurteil zu verurteilen, da sie den klägerischen Anspruch in dieser Höhe anerkannt hat.

Soweit über die zulässige Klage nach dem Teilanerkenntnis sowie der teilweisen Klagerücknahme noch zu entscheiden war, ist sie überwiegend begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten der IVF/ICSI Behandlungen in Höhe von 16.447,07 € aus dem zwischen den Parteien bestehenden Krankheitskostenversicherungsvertrag in Verbindung mit §§ 192 VVG, 1 Abs. 1, 2 AVB.

Gemäß § 1 Abs. 1 a) der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden AVB der Beklagten gewährt der Versicherer im Versicherungsfall den Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlungen. Versicherungsfall ist gemäß § 1 Abs. 2 der AVB die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit. Darunter ist nach ständiger Rechtsprechung zu verstehen, dass es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar ist, die Maßnahme des behandelnden Arztes als medizinisch notwendig anzusehen. Vertretbar ist eine Heilbehandlung dann, wenn sie in fundierter und nachvollziehbarer Weise das zugrunde liegende Leiden diagnostisch hinreichend erfasst und eine ihm adäquate geeignete Therapie anwendet (vgl. BGH VersR 1979, 221; BGH VersR 1987, 287; BGH VersR 1991, 987; OLG Köln r+s 1995, 431; OLG Köln r+s 1998, 34; OLG Koblenz r+s 2002, 173). Maßnahmen der künstlichen Befruchtung sind dann medizinisch notwendig, wenn die versicherte Person an einer organisch bedingten Sterilität leidet, die Maßnahme weiterhin das einzig mögliche Mittel zur Herbeiführung einer Schwangerschaft ist und eine deutliche Erfolgsaussicht der Maßnahme besteht, die dann zu bejahen ist, wenn die Erfolgswahrscheinlichkeit mindestens 15 % beträgt (BGH VersR 1987, 278; BGH VersR 1987, 280; BGH VersR 1987, 1107; BGH VersR 1998, 87; BGH VersR 2004, 588; BGH VersR 2005, 1673).

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die streitgegenständlichen IVF/ICSI Behandlungen nach Maßgabe dieser Grundsätze medizinisch notwendig waren.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob bei dem 4. sowie dem 5. Versuch eine hinreichende Erfolgsaussicht bestand und ob bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht die Ergebnisse der durchgeführten Polkörperdiagnostik berücksichtigt werden mussten. Die Polkörperdiagnostik ermöglicht – wie die Sachverständige in ihrem Gutachten erläutert hat – die indirekte Untersuchung der chromosomalen Zusammensetzung der Eizelle bzw. einiger Chromosomen, die häufig zu Trisomien beim Kind und damit häufig auch zu Fehlgeburten führen.

Hinsichtlich des 4. Versuchs kann offenbleiben, welche Bedeutung den Ergebnissen der Polkörperdiagnostik zuzuschreiben ist, da eine ausreichende Erfolgsaussicht in jedem Fall zu bejahen war. Dies ergibt sich sowohl aus dem Sachverständigengutachten als auch aus dem von der Beklagten vorgelegten Privatgutachten. Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten überzeugend und umfassend dargelegt, dass eine Erfolgswahrscheinlichkeit von mindestens 15 % gegeben war. Der Privatgutachter der Beklagten hält – unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Polkörperdiagnostik – die Annahme der Sachverständigen für zu optimistisch. Der 4. Versuch könne allenfalls als medizinisch notwendig im „Grenzbereich“ angesehen werden. Zu der Einschätzung „Grenzbereich“ gelangt der Privatgutachter allerdings nur, weil er mit Hilfe des IVF-Registers einen Mittelwert aus Erfolgswahrscheinlichkeit bezüglich des Eintritts einer klinischen Schwangerschaft und Abortrate ermittelt. Er ist der Ansicht, der Eintritt der Schwangerschaft selbst könne nicht als Erfolg gewertet werden, Erfolg sei nur die andauernde Schwangerschaft, die zur Geburt eines Kindes führe. Dies trifft nicht zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss lediglich eine deutliche Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Embryonentransfer zum Eintritt der klinischen Schwangerschaft führt (BGH VersR 2005, 1673).

Unabhängig hiervon übersieht der Privatguter bei seinen Berechnungen auch, dass die Abortzahlen aus dem IVF-Register nicht ungeprüft herangezogenen werden können, wenn eine Polkörperdiagnostik durchgeführt wurde. Denn durch die nicht standardmäßig durchgeführte Polkörperdiagnostik sinkt die Abortrate gegenüber den statistischen Durchschnittswerten des IVF-Registers.

Auch bei dem 5. Versuch war nach Überzeugung der Kammer noch eine ausreichende Erfolgswahrscheinlichkeit gegeben. Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten überzeugend dargelegt, dass unter Heranziehung der Daten des IVF-Registers eine Erfolgsaussicht von deutlich über 15% gegeben war.

Die hiergegen mit Hilfe des Privatgutachtens erhobenen Einwände können Zweifel an dem Gutachten nicht begründen. Soweit der Privatgutachter eine ausreichende Erfolgswahrscheinlichkeit unabhängig von den Ergebnissen der Polkörperdiagnostik verneint hat, liegt dies darin begründet, dass er – wie oben bereits ausgeführt – von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist. Soweit der Privatgutachter in seiner Stellungnahme darüber hinaus angeführt hat, dass jedenfalls unter Berücksichtigung der Polkörperdiagnostik bei dem 5. Versuch eindeutig keine ausreichende Erfolgsaussicht mehr bestanden habe, führt dies nach Überzeugung der Kammer nicht dazu, dass aus rechtlicher Sicht die medizinische Notwendigkeit des Versuchs zu verneinen ist.

Die Sachverständige hat in ihrer ergänzenden Stellungnahme hinsichtlich des 5. Versuch dargelegt, dass sie in ihrem Gutachten die Ergebnisse der Polkörperdiagnostik bewusst nicht berücksichtigt hatte, da es sich dabei um eine nicht standardmäßige durchgeführte und von der Versicherung auch nicht zu erstattende Leistung handele. Wenn sie die Polkörperdiagnostik berücksichtige, müsse sie den 5. Versuch neu bewerten. Allerdings sehe sie dies problematisch, da genetische Untersuchungen bislang nicht Grundlage bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten gemäß dem IVF-Register seien.

Nach Überzeugung der Kammer dürfen die Ergebnisse der Polkörperdiagnostik nicht bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten berücksichtigt werden. Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Erfolgsaussicht zunächst anhand des Lebensalters der Frau entsprechend den Daten des IVF-Registers zu ermitteln. In einem zweiten Schritt ist dann zu fragen, ob individuelle Faktoren ihre Einordnung in die ihrem Lebensalter entsprechende Altersgruppe rechtfertigen oder ob nicht von einer höheren oder niedrigeren Erfolgsaussicht auszugehen ist (BGH VersR 2005, 1673). Bei den durch die Polkörperdiagnostik gewonnen Erkenntnissen handelt es sich grundsätzlich nicht um solche individuellen Faktoren. Die Tabelle des IVF-Registers geht von durchschnittlichen Werten aus. Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten erläutert, dass sich die geringere Schwangerschaftsrate bei steigendem Alter unmittelbar aus der erhöhten Aneuploidrate ergibt. Die erhöhte Aneuploidrate spiegelt sich also bereits in der sinkenden Erfolgswahrscheinlichkeit im Rahmen der Statistik des IVF-Registers wider. Der altersgemäße Anstieg der Aneuploidrate kann dann aber nicht noch einmal herangezogen werden, um die Erfolgsquote des IVF-Registers weiter abzusenken.

Soweit der Privatgutachter den Verdacht geäußert hat, dass vorliegend nicht nur eine altersentsprechende Erhöhung, sondern eine persönliche Veranlagung vorliegen könne, wirkt sich auch dies im Ergebnis nicht aus. Die Sachverständige hat in ihrem umfassenden Gutachten eine solche Veranlagung nicht feststellen können. Unabhängig hiervon wären aber selbst bei Annahme einer persönlichen Veranlagung die Ergebnisse der Polkörperdiagnostik nach Auffassung der Kammer nicht zu berücksichtigen. Denn Paare, denen zur Durchführung einer Polkörperdiagnostik beziehungsweise nach Neuregelung des Embryonenschutzgesetzes unter Umstände auch zu einer Präimplantationsdiagnostik geraten wird, müssen die Möglichkeit haben hierüber frei entscheiden zu können. Dies entspricht den Überlegungen des Gesetzgebers bei der Neuregelung des Embryonenschutzgesetzes (vgl. BT-Drs. 17/5452, 17/6400). Eine Frau, bei welcher nach den Daten des IVF-Registers grundsätzlich eine ausreichende Erfolgswahrscheinlichkeit gegeben ist, könnte sich aber nicht mehr frei für die Durchführung einer ihr ärztlich angeratenen Präfertilisations- oder Präimplantationsdiagnostik entscheiden, wenn die Gefahr bestünde, dass weitere Versuche dann nicht mehr erstattet werden. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die bei einem Versuch festgestellten fehlgebildeten Eizellen sich nicht automatisch negativ auf die Erfolgsaussicht künftiger Versuche im Sinne der BGH-Rechtsprechung auswirken. Denn die Ergebnisse der Polkörperdiagnostik geben keinen Aufschluss darüber, ob bei Nutzung der fehlgebildeten Eizellen nicht eine klinische Schwangerschaft eintreten oder sogar ein (behindertes) Kind geboren werden würde. Eine Frau könnte daher sogar gezwungen sein, sich zwischen zwei Versuchen neu – also für die Nutzung aller Eizellen im nächsten Versuch – zu entscheiden, um die Erfolgsaussicht des nächsten Versuches im Sinne der BGH Rechtsprechung wieder zu erhöhen. Vor dem Hintergrund, dass die Polkörperdiagnostik gerade auch darauf gerichtet ist das Abortrisiko und die damit verbundenen psychischen und physischen Belastungen zu senken, ist dies nicht hinnehmbar.

Ob in einem Fall, in welchem nach den Ergebnissen der Polkörperdiagnostik feststeht, dass der Eintritt einer Schwangerschaft unmöglich ist, anders zu entscheiden wäre, kann dahinstehen. Denn dies ist hier selbst nach den Ausführungen des Privatgutachters nicht der Fall.

Der Kläger kann die Erstattung der Kosten allerdings nicht in voller Höhe verlangen.

Wie die Sachverständige in ihrem Gutachten umfassend und überzeugend erläutert hat, liegen keine Befunde oder Unterlagen vor, die einen besonderen Aufwand nachweisen, der die Überschreitung der Regelhöchstsätze bei der Ziffer 315 mit dem 3,5-fachen Satz, der Ziffer A 4852 mit dem 2,5-fachen Satz, der Ziffer A 4873 mit dem 2,5-fachen Satz und bei den Ziffern 1114 bzw. A 1114 mit dem 3,5-fachen Satz rechtfertigten könnte. Die vom Kläger hiergegen mit Verweis auf ein in einem anderen Verfahren (12 O 15350/10 LG München I) gefertigtes Sachverständigengutachten erhobenen Einwände, greifen nicht durch. Der Kläger hat insofern schon nicht substantiiert vorgetragen, dass der Sachverhalt des anderen Verfahrens mit dem vorliegenden überhaupt vergleichbar ist.

Die Höhe der Abzüge gemäß des Gutachtens ist zwischen den Parteien unstreitig. Von der Rechnung vom 29.12.2006 (Nr. 06/8072) sind 435,89 €, von der Rechnung vom 12.06.2007 (Nr. 07/1003031) 450,08 €, von der Rechnung vom 12.12.2007 (Nr.07/1007004) 485,67 € und von der Rechnung vom 17.04.2008 (Nr. 081/1970) 496,86 € in Abzug zu bringen, insgesamt also 1.868,50 €.

Des Weiteren sind 210 € von der Klageforderung abzuziehen, da der Kläger ausweislich einer von ihm mit der Klageschrift vorgelegten Aufstellung den von der Beklagten mit Leistungsabrechnung vom 24.08.2008 in dieser Höhe freiwillig geleisteten Betrag nicht berücksichtigt hat. Soweit er die übrigen freiwilligen Leistungen nicht berücksichtigt hat, wirkt sich dies nicht aus, da die Leistungen auf Rechnungsbeträge entfallen, die ohnehin bereits in voller Höhe in Abzug zu bringen waren (s.o., Rechnung Nr. 06/8072; Nr. 07/1003031; Nr.07/1007004; Nr. 081/1970).

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

Der Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist gemäß § 286 Abs. 3 Nr. 2 BGB begründet, allerdings lediglich bezogen auf einen Streitwert in Höhe von 16.202,03 €. Hinsichtlich des 3. Versuchs hat die Beklagte die Leistung mit Bezug auf die Abrechnung von mehr als 6 Eizellen mit Schreiben vom 10.07.2007 verweigert. Hinsichtlich des 4. und 5. Versuchs hat die Beklagte bereits mit der Leistungszusage vom 13.12.2006 ihre Leistungspflicht grundsätzlich abgelehnt. Soweit der Anspruch gemäß § 86 Abs. 1 VVG auf die Rechtsschutzversicherung des Klägers übergegangen ist, hat diese den Kläger dazu ermächtigt den Anspruch im eigenen Namen geltend zu machen und Zahlung an sich zu verlangen. Zwar ergibt sich aus dem Wortlaut des Schreibens der Rechtsschutzversicherung nicht eindeutig, ob der Kläger nur zur Geltendmachung im eigenen Namen oder auch zur Einziehung im eigenen Namen ermächtigt werden sollte, die Versicherung bezieht sich allerdings hinsichtlich der Zulässigkeit der Ermächtigung ausdrücklich auf ein Verfahren vor dem Landgericht Bremen, in welchem der dortige Kläger sowohl zur Prozessführung als auch zur Einziehung ermächtigt worden war (LG Bremen, RVGreport 2005, 359) .

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 93, 296 Abs. 3 S. 2 ZPO. Bei der Entscheidung waren die Verfahrenskosten in Höhe der Streitwertdifferenz vor und nach Klagerücknahme dem Kläger aufzuerlegen (vgl. MüKo-ZPO 3. Aufl., § 263, Rn. 105). Bis zur Klagerücknahme sind Kosten in Höhe von 2.149,70 € (Gerichtskosten und Verfahrensgebühren) entstanden. Hieran ist der Kläger gemessen an seinem Unterliegen in Höhe von 23 % (494,43 €) zu beteiligen. Nach Klagerücknahme sind weitere Kosten in Höhe von 1.454,40 € entstanden (Terminsgebühren). Hieran war der Kläger in Höhe von 11 % (169,99 €) zu beteiligen. Daraus ergibt sich eine Gesamtquote von 18 % (664,42/3.604,1).

Die Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.1, Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

Bis zum 24.02.2012: 21.434,36 €

Danach: 18.315,57 €

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