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13.05.2013 · IWW-Abrufnummer 131456

Oberlandesgericht Brandenburg: Beschluss vom 05.03.2013 – (2 B) 53 Ss Owi 74/13 (41/13)

Werden mit derselben Entscheidung zwei sachlich zusammentreffenden Verkehrsordnungswidrigkeiten geahndet, von denen jede für sich allein die Anordnung eines Regelfahrverbotes rechtfertigen würde, ist für die Höhe eines einheitlich festzusetzenden Fahrverbotes an das höchste angedrohte Regelfahrverbot anzuknüpfen.


In dem Bußgeldverfahren
g e g e n
Verteidiger:
w e g e n fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit
hat der 2. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts als Senat für Bußgeldsachen durch
den Richter am Oberlandesgericht Thies
als Einzelrichter
am 5. März 2013
b e s c h l o s s e n :
Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft C. wird der Beschluss des Amtsgerichts B. vom 18. Oktober 2012 im Rechtsfolgenausspruch mit den dazu gehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht B. zurückverwiesen.
Gründe

I.

Das Amtsgericht B. hat gegen den Betroffenen mit Beschluss vom 18. Oktober 2012 wegen zweier fahrlässiger Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit Geldbußen von 160,- EUR und 480,- Euro festgesetzt sowie ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat angeordnet.

Nach den Feststellungen hatte der Betroffene am 4. Mai 2011 in H. und Ho. die dort jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 38 km/h bzw. 63 km/h überschritten.

Gegen das Urteil hat die Staatsanwaltschaft C. Rechtsbeschwerde eingelegt und diese rechtzeitig begründet. Sie wendet sich gegen die Anordnung des Fahrverbotes von nur einem Monat.

Die Generalstaatsanwaltschaft tritt der Rechtsbeschwerde bei und beantragt zu entscheiden, wie geschehen.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist mit der Sachrüge zulässig und begründet. Diese ist ersichtlich auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Die Staatsanwaltschaft begehrt allein die Festsetzung eines höheren Fahrverbotes und legt dabei die von dem Amtsgericht getroffenen Feststellungen unbeanstandet zu Grunde.

Das angefochtene Urteil kann im Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben. Die Verhängung eines Fahrverbotes von nur einem Monat wird von den Urteilsgründen nicht getragen.

Die Staatsanwaltschaft C. hat dazu in ihrer Rechtsbeschwerdebegründung vom 5. November 2012 das Folgende ausgeführt:

"Zutreffend ist durch das Amtsgericht B. für jede verwirklichte Tat eine gesonderte Geldbuße festgesetzt worden. In Übereinstimmung mit den im Bußgeldkatalog vorgesehenen Rechtsfolgen hat das Gericht zu Recht für die erste Geschwindigkeitsüberschreitung auf die Regelgeldbuße in Höhe von 160,00 Euro sowie für die zweite auf die Regelgeldbuße in Höhe von 480,00 Euro erkannt.

Der Bußgeldkatalog sieht für eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 38 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften zudem ein Fahrverbot von einem Monat und für die Geschwindigkeitsüberschreitung von 63 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften ein Fahrverbot von drei Monaten vor. Das Gericht ist richtigerweise davon ausgegangen, dass in der zu treffenden Entscheidung nur einmal auf ein einheitliches Fahrverbot erkannt werden darf, auch wenn jede der sachlich zusammentreffenden Verkehrsordnungswidrigkeiten bereits für sich genommen eine solche Anordnung rechtfertigen würde (Bbg. OLG, Beschluss vom 08.04.1997 - 1 Ss (OWi) 6B-97; OLG Düsseldorf, NZV 1998, 512). Das Fahrverbot soll den Betroffenen warnen und ihm nachhaltig seine Pflichten als Kraftfahrzeugführer bewusst machen. Diese spezialpräventive Wirkung kann nur eine Gesamtbetrachtung aller abzuurteilenden Taten entfalten. Der Anordnung eines Fahrverbots von nur 1 Monat stehen im konkreten Fall allerdings durchgreifende rechtliche Bedenken entgegen.

...

Das Gericht stützt sich zur Begründung auf die Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichtes (2 B) 53 Ss-OWi 545/12 (262/12)), der zu entnehmen sein soll, dass bei solchen Konstellationen in der Regel nur ein Fahrverbot von nur einem Monat zu verhängen ist.

Nach dem Verständnis des Bußgeldrichters soll die Anordnung eines längeren Fahrverbotes nach dieser obergerichtlichen Rechtsprechung voraussetzen, dass sich aus den Gesamtumständen gewichtige Gründe für die Prognose ergeben, dass ein Fahrverbot von einem Monat zur verkehrserzieherischen Einwirkung auf den Betroffenen nicht ausreicht. Solche besonderen Umstände lägen hier nicht vor.

Der Bußgeldrichter verkennt in diesem Zusammenhang, dass den von ihm zitierten Entscheidungen ausnahmslos Fälle zu Grunde liegen, in welchen für tatmehrheitlich verübte Ordnungswidrigkeiten jeweils nur Mindestregelfahrverbote von einem Monat nach der BKatV in Betracht kamen (Bbg.OLG, Beschluss vom 27. September 2012 - (2B) 53 Ss-OWi 545/12-; Beschluss vom 8. April 1907 90 - 1 Ss (OWi) 6 B/97 -; Beschluss vom 5. März 2012 - (2B) 53 Ss-OWi 354/11 (162/11) -; OLG Düsseldorf NZV 1998 512; 298; OLG Stuttgart NZV 1996, 159mwN).

Im gegebenen Fall liegt der Sachverhalt jedoch anders. Nach der BKatV hat der Betroffene vorliegend für die Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts um 63 km/h nach Nr. 11.3.9 der Tab. 1c) des Anhanges zur Nr. 11 der Anlage zum BKatV ein Regelfahrverbot von 3 Monaten verwirkt.

Von diesem Regelfahrverbot von 3 Monaten ist im Rahmen des für die tatmehrheitlich verübten Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu bildenden Fahrverbots als Untergrenze auszugehen, da ein solches schon für diese einzelne Tat regelmäßig zu verhängen ist.

Geht man demgegenüber, wie vom Bußgeldrichter bei dem Amtsgericht B. vertreten, auch bei der vorliegend gegebenen Konstellation von einem Regelfahrverbot von nur einem Monat als Untergrenze des hier insgesamt veranlassten Fahrverbotes und damit als die ohne das Hinzutreten weiterer erschwerender Umstände auf Seiten des Betroffenen zugleich üblicherweise anzusetzende Fahrverbotsdauer für alle tatmehrheitlich verwirklichten Ordnungswidrigkeiten aus, würde man denjenigen, der sich in weit höherem Maße über die Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hinwegsetzt, ohne sachlichen Grund besser stellen, als denjenigen, der sie nur geringfügiger überschreitet. Dies würde Sinn und Zweck des dem Bußgeldkatalog insoweit zu Grunde liegenden Gedankens widersprechen, dass gegen denjenigen, welcher die höchst zulässige Geschwindigkeit in höherem Maße überschreitet, auf ein höheres Bußgeld und ein längeres Fahrverbot zu erkennen ist, als gegenüber dem, der geringfügiger zu schnell fährt.

Nach diesem Kriterium ist bei der Bemessung des für tatmehrheitlich verwirklichte Ordnungswidrigkeiten insgesamt zu verhängenden Fahrverbots grundsätzlich an das höchste verwirklichte Einzelregelfahrverbot anzuknüpfen, zumal dieses im Regelfall der unteren Grenze des Gewichts und der Beharrlichkeit der Geschwindigkeitsüberschreitungen entspricht.

Eine Erhöhung des höchsten in Betracht kommenden Einzelfahrverbotes kommt schon nach der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung nur dann in Betracht, wenn gewichtige Umstände vorliegen, die erkennen lassen, dass ein Fahrverbot entsprechend der Regelanordnung nicht ausreicht, um den Betroffenen nachhaltig zu beeindrucken, was im Einzelfall in den Urteilsgründen näher darzulegen ist (Bbg. OLG aaO).

Umgekehrt kommt die Anordnung eines, die Dauer des höchsten verwirkten Einzelregelfahrverbots sich auf unterschreitenden Fahrverbotes für tatmehrheitlich verwirklichte Ordnungswidrigkeiten nur in Betracht, wenn dies durch außergewöhnliche Umstände, die die Tat in einem milderen Licht erscheinen lassen, oder dadurch gerechtfertigt ist, dass der Betroffene durch die Dauer des Fahrverbotes besondere Nachteile unterhalb der Existenzgefährdung zu erleiden hat."

Diesen zutreffenden Erwägungen tritt der Senat bei.

Da zwischen der Festsetzung der Geldbuße und der Anordnung eines Fahrverbotes ein innerer Zusammenhang besteht, war der Rechtsfolgenausspruch insgesamt aufzuheben.

Der Senat sieht von einer Sachentscheidung ab, weil eine Herabsetzung des höchsten Regelfahrverbotes nicht von vorn herein ausgeschlossen erscheint. Dies bedarf erneuter Würdigung durch das Amtsgericht.

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