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10.04.2013 · IWW-Abrufnummer 131171

Landgericht Saarbrücken: Beschluss vom 08.11.2012 – 13 T 11/12

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


13 T 11/12
Amtsgericht Merzig
3 C 1043/11 (09)
LANDGERICHT SAARBRÜCKEN
Beschluss
In Sachen
...
Kläger, Berufungskläger und Beschwerdeführer,
- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
gegen
1. ...
2. ...
Beklagte, Berufungsbeklagte und Beschwerdegegner,
- Verfahrensbevollmächtigte zu 1) und 2): Rechtsanwälte ...
hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken
am 8. November 2012
zu 1) durch den Richter am Landgericht ... als Einzelrichter,
im Übrigen durch den Präsidenten des Landgerichts ..., den Richter am Landgericht ... und den Richter am Landgericht ...
beschlossen:
1. Das Verfahren wird dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung übertragen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
2. Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Amtsgerichts Merzig vom 11. September 2012 – 3 C 1043/11 (09)/13 S 66/12 g– teilweise abgeändert, und die von dem Beschwerdeführer an die Beschwerdegegner zu erstattenden Kosten werden auf 215,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. August 2012 festgesetzt.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdegegner.
4. Der Beschwerdewert wird auf 252,88 € festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Kostenfestsetzung einer Einigungs- und einer Terminsgebühr.
Mit Beschluss vom 20. Juni 2012 wies die Berufungskammer des Landgerichts den Beschwerdeführer darauf hin, dass seine Klage und Berufung ganz überwiegend keine Aussicht auf Erfolg haben und regte an, dass der Kläger die Berufung nach Ausgleichung eines Gesamtbetrages von 100,00 € zurücknimmt.
Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2012 haben die Beschwerdegegner erklärt, im Erledigungsinteresse bereit zu sein, den gerichtlichen Vorschlag aufzugreifen. Weiter haben sie angekündigt, die Beschwerdegegnerin zu 1) werde umgehend 100,00 € zahlen, sollte auch der Beschwerdeführer diesem Vorschlag zustimmen. Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2012 hat der Beschwerdeführer die Rücknahme der Berufung erklärt, „nachdem die Parteien sich mit dem gerichtlichen Vorschlag einverstanden erklärt hatten und zwischenzeitlich auch die Zahlung des Betrages in Höhe von 100,-- € erfolgt ist“. In der Folge hat die Berufungskammer des Landgerichts die Kosten des Berufungsverfahrens dem Beschwerdeführer auferlegt.
Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat das Erstgericht die auf Grund des vollstreckbaren Beschlusses der Berufungskammer von dem Beschwerdeführer an die Beschwerdegegner zu erstattenden Kosten auf 468,86 € nebst Zinsen festgesetzt.
Mit seiner „Erinnerung“, der das Erstgericht nicht abgeholfen hat, wendet sich der Beschwerdeführer gegen diese Festsetzung, soweit sie 215,99 € nebst Zinsen übersteigt. Er meint, eine Einigungs- und eine Terminsgebühr seien im vorliegenden Fall nicht angefallen.
II.
Die als sofortige Beschwerde auszulegende „Erinnerung“ des Beschwerdeführers ist gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG zulässig und begründet.
1. Entgegen der angefochtenen Entscheidung war zugunsten der Beschwerdegegner vorliegend keine Einigungsgebühr nach Nr. 1004, 1000 VV RVG festzusetzen.
a) Allerdings ist vorliegend zwischen den Parteien eine Einigung im Sinne der Nr. 1004, 1000 VV RVG zustande gekommen. Nach diesen Vorschriften kommt es nicht mehr auf den Abschluss eines Vergleichs im Sinne des § 779 BGB an; erforderlich ist vielmehr nur noch eine Einigung, durch die ein Streit oder eine Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht NJW-RR 2012, 522 mwN.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Mit Schreiben vom 27. Juni 2012 machten sich die Beschwerdegegner den Vorschlag des Gerichts zu Eigen und schlugen dem Beschwerdeführer eine Streitbeilegung auf dieser Grundlage vor. Diesen Vorschlag hat der Beschwerdeführer auch angenommen. Dabei kann hier dahinstehen, ob eine Einigung über eine Streitbeilegung allein schon in einer reinen Prozesshandlung gegenüber dem Gericht – hier: in der Erklärung einer Berufungsrücknahme – liegen kann (vgl. hierzu etwa OLG Düsseldorf, JurBüro 2009, 25 f.; OLG Koblenz, MDR 2007, 244 f.; OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 799). Jedenfalls wäre das Angebot der Beschwerdegegner unter den hier gegebenen Umständen dadurch angenommen worden, dass der Beschwerdeführer hat erklären lassen, dass sich die Parteien „mit dem gerichtlichen Vorschlag einverstanden erklärt hatten“.
b) Die Beschwerdegegner können die Einigungsgebühr jedoch nicht nach § 91 Abs. 1 ZPO erstattet verlangen, weil sie auf die Erstattung verzichtet haben.
aa) Die Parteien eines Rechtsstreits können sich darüber verständigen, dass einzelne ihnen angefallenen Kosten nicht erstattet werden sollen, wobei eine solche Einigung grundsätzlich auch stillschweigend möglich ist. Dies ist etwa angenommen worden, wenn eine Partei Klage oder Rechtsmittel zurücknimmt oder anerkennt und die Gegenseite auf Kostenerstattung verzichtet (vgl. OLG Stuttgart NJW 2005, 2161; OLG Hamm JurBüro 2002, 364) oder wenn der Kläger die Klage teilweise zurücknimmt und der Beklagte die Klage im Übrigen anerkennt (OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 799). Für die Annahme eines entsprechenden Verzichtswillens wird in diesen Fällen angeführt, dass die Parteien bewusst keinen förmlichen Prozessvergleich abschließen, sondern die Prozesserledigung durch die Vornahme von Prozesshandlungen herbeiführen, bei denen angenommen wird, dass sie geringere Kosten auslösen. Ein solcher Verzicht ist im Kostenfestsetzungsverfahren auch dann berücksichtigungsfähig, wenn er nicht ausdrücklich protokolliert worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2007 – III ZB 79/06, NJW 2007, 2493).
bb) Ein solcher Verzicht ist auch im vorliegenden Fall anzunehmen. Nach dem Hinweis der Kammer zu den Erfolgsaussichten der Berufung musste der Beschwerdeführer davon ausgehen, dass er selbst im Falle einer streitigen Entscheidung die Kosten des Berufungsverfahrens in vollem Umfang zu tragen haben würde. Der zu erwartende Teilerfolg der Berufung wäre unter den hier gegebenen Umständen sowohl im Falle einer streitigen Entscheidung als auch im Falle eines förmlichen Prozessvergleichs auf der Grundlage des gerichtlichen Vorschlags mehr als aufgezehrt worden. Auch für die Beschwerdegegner wären diese Vorgehensweisen mit keinem substantiellen Mehrwert verbunden gewesen. Unter diesen Umständen kann die von dem Gericht angeregte und von den Parteien aufgegriffene Verfahrensweise der Parteien nur so verstanden werden, dass die Parteien bewusst von der Protokollierung eines förmlichen Vergleichs im Rahmen einer mündlichen Verhandlung abgesehen haben, um keine zusätzlichen Kosten entstehen zu lassen und von der Geltendmachung etwaiger gleichwohl anfallender Gebühren gegenüber dem Prozessgegner abzusehen. Damit haben sie stillschweigend auf die Geltendmachung der Einigungsgebühr verzichtet.
2. Entgegen der angefochtenen Entscheidung war zugunsten der Beschwerdegegner auch keine Terminsgebühr festzusetzen.
a) Eine Terminsgebühr ist hier nach Maßgabe der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG schon deshalb nicht entstanden, weil es an einer Besprechung im Sinne der letzten Tatbestandsvariante fehlt. Eine Besprechung erfordert eine mündliche oder fernmündliche Äußerung (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2009 – IV ZB 27/09, zfs 2009, 705). Die bloß schriftsätzlichen Äußerungen der Parteien gegenüber dem Gericht zu dem Vorschlag der Kammer waren damit nicht ausreichend, um eine Terminsgebühr auszulösen. Wie die Beschwerdegegner auf Nachfrage der Kammer klargestellt haben, hat auch außergerichtlich keine mündliche oder fernmündliche Besprechung des Vorschlags der Kammer unter Beteiligung der Prozessbevollmächtigten der Beschwerdegegner stattgefunden.
b) Ob eine Terminsgebühr hier nach Maßgabe der Nr. 3202 Abs. 1, 3104 Abs. 1 Nr. 1, letzte Alt. VV RVG angefallen sein kann, ohne dass die Parteien einen förmlichen Prozessvergleich abgeschlossen haben (vgl. hierzu einerseits LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Mai 2011 – L 19 AS 726/11 B, zitiert nach juris, mwN.; andererseits Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., Nr. 3104 VV RVG, Rdn. 61, mwN.; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 278 Rdn. 35), kann dahinstehen.
Jedenfalls wäre auch eine Terminsgebühr hier nicht erstattungsfähig, weil sich die Parteien über einen Verzicht auf die Erstattung der Terminsgebühr geeinigt haben. Unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes kann vernünftigerweise nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer hier bereit war, an einer wie auch immer gearteten Streitbeilegung mitzuwirken, die die Erstattung einer Terminsgebühr zur Folge haben würde. Denn bei Anfall einer Terminsgebühr (auf beiden Seiten) wären zusätzliche, von dem Beschwerdeführer zu tragende Kosten entstanden, die mehr als doppelt so hoch gewesen wären wie der von den Beschwerdegegnern ausgeglichene Betrag von 100,00 €. Die Einigung der Parteien kann deshalb bei vernünftiger, die Interessen beider Parteien gleichermaßen berücksichtigender Betrachtungsweise nur als stillschweigender Verzicht auch auf die Geltendmachung einer Terminsgebühr ausgelegt werden.
3. Danach sind von den festgesetzten Kosten in Höhe von 468,86 € die Terminsgebühr von 102,00 € und die Einigungsgebühr von 110,50 € sowie 40,38 € MwSt. in Abzug zu bringen, so dass insgesamt 215,99 € verbleiben.
II.
Der Ausspruch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 574 Abs. 2, 3 ZPO).

RechtsgebietEinigungVorschriftenNr. 1004, 1000 VV RVG

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