13.03.2013 · IWW-Abrufnummer 130838
Oberlandesgericht Jena: Beschluss vom 26.09.2012 – 1 WF 345/12
Das Verfahren ist hinsichtlich der Folgesache Zugewinn durch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Antragstellers nicht unterbrochen.
Auch wenn der (künftige) Zugewinnausgleichsanspruch vor seiner Entstehung rechthängig gemacht worden ist, ist er nicht pfändbar, da die Pfändung von der Übertragbarkeit der Forderung abhängig ist.
Erst von der Güterstandsbeendigung an ist die Ausgleichsforderung übertragbar.
OLG Jena
26.09.2012
1 WF 345/12
Tenor:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdewert wird auf 1000,- € festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller hat am 13.12.2010 einen Scheidungsantrag beim Amtsgericht eingereicht, der der Antragsgegnerin am 22.12.2010 zugestellt wurde.
Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin im Scheidungsverbund in Wege des Stufenantrages mit Schriftsatz vom 13.04.2011 auf Auskunftserteilung und Zahlung des sich daraus ergebenden Zugewinnausgleiches in Anspruch genommen.
Über das Vermögen des Antragstellers wurde mit Beschluss des Amtsgerichts G. vom 13.04.2012, Az. das Insolvenzverfahren eröffnet.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 14.05.2012 den Antrag der Antragsgegnerin vom 28.03.2012, das Zugewinnausgleichsverfahren zu unterbrechen, abgewiesen.
Das Amtsgericht hat zur Begründung ausgeführt, es liege kein Fall der Unterbrechung des Verfahrens von Gesetzes wegen gemäß § 240 ZPO vor.
Von der Unterbrechung gemäß § 240 ZPO seien nur die Verfahren umfasst, die die Insolvenzmasse betreffen. Die Insolvenzmasse stelle wiederum das Vermögen, Aktiva und Passiva zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung dar. Aktiva und Passiva, die zeitlich danach entstehen, fallen nicht in die Insolvenzmasse. Ansprüche im Rahmen des Zugewinnausgleichs entstehen mit der rechtskräftigen Ehescheidung.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, die anführt, ohne Zweifel unterliege grundsätzlich der Zugewinnausgleich (wenn er denn der Höhe nach bestehen würde, dem Insolvenzbeschlag. Mit der Stufenklage würde er auch rechtshängig gemacht werden.
Da auch Klagen auf Rechnungslegung, sofern diese der Vorbereitung eines die Masse betreffenden Hauptanspruches dienen, zur Insolvenzmasse gehören, gelte dies auch für den hier geltend gemachten Anspruch.
Der Beschluss sei daher aufzuheben. Die Unterbrechung sei kraft Gesetzes eingetreten und von Amts wegen zu berücksichtigen.
Der Antragsteller beantragt, die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Er trägt vor, für die Frage, ob ein Zugewinnausgleichsanspruch zur Insolvenzmasse gehöre oder nicht, sei entscheidend, ob der Zugewinnausgleichsanspruch während des Insolvenzverfahrens bereits entstanden und pfändbar sei. Dies sei gemäß § 1378 Abs. 3 S. 1 BGB erst mit der Beendigung des Güterstandes (z. B. durch rechtskräftige Ehescheidung) der Fall.
Im Weiteren werde darauf hingewiesen, dass § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO regele, dass der Schuldner während der Treuhandzeit Vermögen, dass er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwerbe, zur Hälfte des Wertes an den Treuhänder herausgeben werde.
Jeder andere Vermögenserwerb, der davon nicht erfasst werde, bleibe zugriffsfrei. § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO enthalte insoweit ein abschließendes, normatives Haftungskonzept, dass der Haftungsverwirklichung der Gläubiger aus dem Vermögen des Schuldners klare Grenzen setze. Ebenso wie der Schuldner während der Treuhandzeit über Schenkungen und einen etwaigen Lottogewinn frei verfügen könne, werde auch der Zugewinnausgleich gemäß den §§ 1371 ff. BGB während der Treuhandzeit von der Regelung nicht erfasst, da dieser mit einem erbrechtlichen Erwerb gleichzusetzen sei.
II. Die gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 252, 567 ff. ZPO entsprechend zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Ablehnung der Unterbrechung der Folgesache Zugewinn durch Insolvenz hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Verfahren ist hinsichtlich der Folgesache Zugewinn wegen der Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen des Antragstellers nicht unterbrochen.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Ehegatten beendet die Zugewinngemeinschaft nicht und lässt das Vermögen des anderen Ehegatten unberührt. Im Insolvenzfall gehört deshalb zur Insolvenzmasse gemäß §§ 35, 36 InsO auch nur das Vermögen des insolventen Ehegatten (Jaeger/Henckel, Insolvenzordnung, § 37, Rn. 6).
Der Anspruch eines Ehegatten auf Zugewinnausgleich (§§ 1363 Abs. 2 S. 2, 1371 ff. BGB) fällt in die Insolvenzmasse, sofern die Ausgleichsforderung mit der Beendigung des Güterstandes entstanden ist (§§ 1378 Abs. 3 S. 1 BGB; vgl. Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 13. Auflage, § 37, Rn. 26). Er unterliegt dem Insolvenzbeschlag, sobald er rechtshängig gemacht worden und damit pfändbar ist (Uhlenbruck, aaO., § 35, Rn. 203; vgl. OLG Naumburg, FuR 2005, 469, das entschieden hat, dass der Zugewinn als Folgesache für den Fall der Insolvenzeröffnung nach Abtrennung auszusetzen ist).
Der Zugewinnausgleichsanspruch des Antragstellers ist von diesem in Form einer Stufenklage uneingeschränkt rechtshängig gemacht worden. Die - uneingeschränkte - Geltendmachung eines güterrechtlichen Anspruches in Form der Stufenklage hat die Rechtshängigkeit des - zunächst noch unbezifferten - Zahlungsantrages insgesamt zur Folge (OLG Celle, FamRZ 2011, 1968 m w N).
Im Ehescheidungsverfahren ist es dem potentiell ausgleichsberechtigten Ehegatten erlaubt, den - materiell-rechtlich noch nicht entstandenen - Zugewinnausgleichsanspruch geltend zu machen und gerichtlich klären zu lassen (§ 137 Abs. 1 und 2 Nr. 4 FamFG). § 148 FamFG sieht vor, dass die Entscheidungen in Folgesachen vor Rechtskraft des Scheidungsausspruches nicht rechtskräftig werden.
Obwohl der (künftige) Zugewinnausgleichsanspruch schon vor seiner Entstehung rechtshängig gemacht werden kann, ist er ab diesem Zeitpunkt entgegen § 852 Abs. 1 ZPO noch nicht pfändbar. Es ist nicht Sinn des Verbundprinzips, die Pfändbarkeit eher zu ermöglichen. Es verbleibt vielmehr bei der vorrangigen Vorschrift des § 851 Abs. 1 ZPO, dass die Pfändbarkeit von der Übertragbarkeit der Forderung abhängt; es müssen somit die Voraussetzungen des § 1378 Abs. 3 S. 1 BGB sowie § 852 Abs. 1 ZPO erfüllt sein (vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 5. Auflage, § 1378 BGB, Rn. 9).
Da es somit an einer Pfändbarkeit des Zugewinnausgleichsanspruches des Antragstellers fehlt, unterfällt er auch nicht dem Insolvenzbeschlag.
Eine Kostenentscheidung kann nicht ergehen, weil die Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts über die Aussetzung des Verfahrens als Teil der Hauptsache keine Kostenentscheidung enthalten durfte und das Beschwerdeverfahren daher nur einen Bestandteil des Hauptverfahrens darstellt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens bilden einen Teil der Kosten des Verfahrens (BGH, MDR 2006, 704).
Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus §§ 40, 53 FamGKG. Der Verfahrenswert für die Beschwerde gegen eine Aussetzungsentscheidung ist nach dem Interesse der Beteiligten zu schätzen. Dieser beträgt einen Bruchteil - regelmäßig 1/5 - der Hauptsache (BGHZ 22, 283). Der Senat hat mangels weiterer Anhaltspunkte den Beschwerdewert auf 1000,- € festgesetzt.
Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Diese richtet sich nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, 2 ZPO und ist von dem Beschwerdegericht zuzulassen. Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist sie zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.