Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

02.11.2012 · IWW-Abrufnummer 123298

Amtsgericht Köln: Urteil vom 31.05.2012 – 130 C 25/12

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Köln

130 C 25/12

Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.350,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.03.2012 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d

Der Kläger ist seit 18.10.2011 Insolvenzverwalter über das Vermögen von Frau E. P-B., die bei der Beklagten am 20.10.2004 eine fondsgebundene Rentenversicherung mit der Versicherungsnummer XXX abgeschlossen hatte.

Mit Schreiben vom 10.08.2011 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er im Insolvenzantragsverfahren der Versicherungsnehmerin zum Gutachter bestellt wurde. Er bat um Auskünfte, die unter dem 14.09.2011 nicht erteilt wurden, da er lediglich in einem vorläufigen Insolvenzverfahren zum Gutachter bestellt worden sei.

Die Versicherungsnehmerin beantragte bei der Beklagten unter dem 20.09.2011 eine Umwandlung der Versicherung in eine pfändungsgeschützte Versicherung. Diesem Antrag kam die Beklagte am 22.09.2011 nach.

Am 31.10.2011 teilte der Kläger die Insolvenzeröffnung mit und bat u.a. um Mitteilung der Kündigungsfrist bzgl. der Versicherung. Er wurde mit Schreiben vom 04.11.2011 von der Umwandlung unterrichtet.

Daraufhin erklärte er mit Schreiben vom 30.11.2011 die Insolvenzanfechtung, kündigte die Versicherung und begehrte Auszahlung des Rückkaufwertes von 2.350,70 Euro, die von der Beklagten abgelehnt wurde.

Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.

Er hält die Umwandlung des Versicherungsvertrages für anfechtbar.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, hilfsweise Zug-um-Zug gegen Übergabe der Versicherungspolice zum Versicherungsvertrag bei der Beklagten Nr. XXX, an den Kläger einen Betrag i. H. v. 2.350,70 Euro nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes aus § 169 VVG.

Die Beklagte kann sich nicht erfolgreich auf den durch Umwandlung der Versicherung nach § 167 VVG beruhenden Kündigungsausschluss im Sinne des § 168 Abs. 3 Satz 2 VVG berufen.

Der Rückkaufswert der Versicherung gehört zur Insolvenzmasse.

Dabei kann offen bleiben, ob der Pfändungsschutz mit der Antragstellung (20.09.2011), der Annahme (22.09.2011) oder mit dem Schluss der laufenden Versicherungsperiode (01.11.2011) eintritt.

Jedenfalls ist die vorgenommene Umwandlung wirksam gemäß § 132 Abs. 1 Nr. 2, 143 InsO angefochten worden. Eine Anfechtung der Umwandlungserklärung nach § 129 ff. InsO ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. OLG Naumburg, Urteil v. 08.12.2010, 5 U 96/10; Kammergericht Urteil vom 15.11.2011 6 U 7/11 jeweils mwN.).

Dagegen wird zwar teilweise ohne weitergehende Begründung ein Widerspruch gegenüber dem gesetzgeberisch intendierten Vollstreckungsschutz bei § 851 c ZPO gesehen (vgl. etwa Hasse Versicherungsrecht 2007, 870, 890; Henning, VIA 2009, 17, 19). Diese Auffassung überzeugt nicht. Der Gesetzesbegründung lässt sich diese Zielrichtung nicht entnehmen (so auch OLG Naumburg aaO). So sind die im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehenen Anfechtungsbeschränkungen, die insbesondere die §§ 131, 133 betrafen (siehe Bundestagsdrucksache 16/886 v. 09.03.2006 Seite 5, 9) letztlich nach erheblichem Widerstand in der Literatur gerade nicht Gesetz geworden (vgl. Stöber, NJW 2007, 1242, 1246 mwM). Auch für die Fälle des § 851 c ZPO und erst recht im Hinblick auf die vom Gesetzesvorhaben nicht ins Auge gefassten Anfechtungstatbestände der InsO ist zu schließen, dass der Gesetzgeber es mit Blick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger bei der allgemeinen Regelung der Insolvenzanfechtung belassen wollte (so im Ergebnis ebenfalls OLG Naumburg aaO, Smid, FPR 2007, 443, 446). Gerade die Anfechtung der Umwandlungserklärung nach § 132 InsO wird deshalb überwiegend für möglich erachtet (Smid aaO unter IV.2 am Ende; Ahrens in Prütting-Gehrlein ZPO, 4. Auflage 2012, Randnummer 47 zu § 851 c ZPO. Dies umso mehr als es der Systematik der Insolvenzordnung entspricht, dass Handlungen, die das Zivilrecht zulässt, nicht zugleich insolvenzfest sind (vgl. KG aaO Ziffer 19). Vorbehaltlich konkreter Tatbestandserfüllung hat sich auch die Rechtsprechung dem angeschlossen (vgl. BGH, Beschluss v. 13.10.2011 IX ZR 80/11; OLG Stuttgart v. 15.12.2011 7 U 184/11).

Aus dem Gesetzeszweck des § 851 c ZPO kann sich nichts anderes ergeben. Das Schicksal einer in der Krise umgewandelten Versicherung ist ungewiss, weil der Schutz des § 851 c ZPO die noch zu leistenden Einlagen nicht umfasst und deren Erfüllung in der Insolvenz zweifelhaft erscheint, sodass auch die Erreichung des Schutzzweckes des § 851 c ZPO, eine sichere Altersrente, nicht zwangsläufig gegeben sein wird.

Während die Anfechtungstatbestände der §§ 130 f, 134 InsO bei einer Umwandlung nach § 167 VVG nicht in Betracht kommen (vgl. BGH-Beschluss vom 13.10.2011, IX ZR 80/11, OLG Stuttgart, Urteil v. 15.12.2011, 7 U 184/11 unter II A 3; Kammergericht Urteil vom 15.11.2011 6 U 7/11) liegen hier die Voraussetzungen des § 132 Abs. 1 Nr. 2 InsO vor.

Bei der Umwandlung nach § 167 VVG handelt es sich um ein Rechtsgeschäft im Sinne dieser Vorschrift, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Umwandlung ein Gestaltungsrecht aus dem bestehenden Versicherungsverhältnis oder die Abgabe einer auf eine Vertragsänderung gerichtete Willenserklärung darstellt (vgl. OLG Stuttgart Urteil vom 15.12.2011 7 U 184/11 unter II A 1 c).

Die Umwandlung stellt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung dar, weil der zunächst massezugehörige Rückkaufswert der Versicherung der Masse durch die Umwandlung entzogen wird (vgl. BGH-Beschluss vom 13.10.2011, XI ZR 80/11 Randziffer 3 und OLG Stuttgart aaO., unter II A 3 c). Dagegen spricht nicht, dass Altersrenten schon zeitlich vor dem Vollstreckungsschutz des § 851 c ZPO eine „potentielle Unpfändbarkeit“ anhaftet (so aber Henning, VIA 2009, 17, 19). Ein derartiger Schutz besteht – wie oben dargelegt – nicht, weil die Altersrente vor der Umwandlung uneingeschränkt pfändbar ist (siehe OLG Naumburg, Urteil vom 03.12.2010) 5 U 96/10 Randziffer 35 f).

Die Umwandlung ist auch nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden, was sich aus dem Schreiben des Klägers vom 10.08.2011 und der Antwort der Beklagten vom 04.11.2011 ergibt. Die Beklagte kannte den Eröffnungsantrag vor der Umwandlung der Versicherung, was ihr Schreiben vom 14.09.2011 belegt.

Die Zahlung des Rückkaufswertes durch die Beklagte an den Kläger ist durch die Rechtsfolgennorm des § 143 InsO gedeckt.

Danach ist grundsätzlich dasjenige, was durch eine anfechtbare Handlung den Zugriff der Insolvenzgläubiger entzogen wurde, nicht dagegen dasjenige, was in das Vermögen des Anfechtungsgegners gelangt ist, zurück zu gewähren (vgl. Kirchhoff in Münchner Kommentar zur InsO, 2. Auflage 2008, Randnummer 21 zu § 143 InsO nwN.). Aus dem Vermögen des Schuldners weggegeben ist der Rückkaufswert der Rentenversicherung, weil die Versicherung gemäß § 851 c ZPO unpfändbar geworden ist und dadurch gemäß § 36 InsO der Insolvenzmasse nach § 35 InsO nicht mehr angehört.

Der Schuldner des Rückgewähranspruchs nach § 143 InsO ist die Beklagte, die bei Pfändbarkeit der Versicherung die Zahlung des Rückkaufwertes schuldet. Darauf, dass der Rückkaufswert nicht dem Vermögen der Beklagten zugeflossen ist, kommt es nicht an. Nach Sinn und Zweck des § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO soll infolge der Anfechtung die Insolvenzmasse in die Lage zurück versetzt werden, in der sie sich befinden würde, wenn die anfechtbare Rechtshandlung unterblieben wäre (vgl. Braun/Riggert, InsO, 5. Auflage 2012, Randnummer 1 zu § 143 InsO). Dieser Zweck des Gläubigerschutzes lässt sich in den Konstellationen der Anfechtung einer Umwandlungserklärung nach § 167 VVG nicht erreichen, wenn der Versicherungsträger kein tauglicher Anfechtungsgegner im Sinne dieser Vorschrift wäre. Auch der BGH hat mit seinem Ausspruch, dass der Insolvenzschuldner mit Blick auf § 143 Abs. 1 InsO nicht tauglicher Gegner einer Anfechtung sein kann (vgl. BGH-Beschluss vom 13.10.2011 IX ZR 80/11 Teilziffer 3), lediglich den Insolvenzschuldner als Rückgewährschuldner ausgeschlossen, nicht jedoch den Versicherungsträger, der bei Pfändbarkeit der Altersrente unzweifelhaft aus § 169 VVG zur Zahlung des Rückkaufswertes verpflichtet wäre.

Nach alledem muss die Beklagte den Rückkaufswert der Versicherung an den Kläger zur Insolvenzmasse zurück zahlen.

Zinsanspruch: §§ 291, 288 BGB.

Nebenentscheidungen: §§ 91, 708 Nr. 11, 709 ZPO.

Streitwert: 2.350,70 Euro.

RechtsgebietInsolvenzVorschriften§ 132 InsO

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr