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02.08.2012 · IWW-Abrufnummer 122369

Oberlandesgericht Oldenburg: Beschluss vom 04.04.2012 – 5 U 32/12

Die Vereinbarung unterjähriger Ratenzahlung bei Versicherungsverträgen stellt keine Kreditgewährung im Sinne des Verbraucherkreditrechts dar.


5 U 32/12

Gründe
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung unter Kostengesichtspunkten binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses.

II. Der Senat lässt sich bei seiner Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Der Senat schließt sich der Auffassung des Landgerichts an, wonach mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag ein Rechtsgrund für die von der Klägerin geleisteten Zahlungen gegeben war und Erstattungsansprüche gemäß § 812 Abs. 1 BGB nicht bestehen.

Der Vertrag erweist sich weder als nichtig gemäß §§ 6, 1 Abs. 2 VerbrKrG a.F., noch ergibt sich für die Klägerin ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB in Verbindung mit § 499 Abs. 1 BGB a.F. bzw. § 506 Abs. 1 BGB n.F. In der Einräumung der Möglichkeit unterjähriger Prämienzahlungen mit einem Ratenzahlungszuschlag liegt keine Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs im Sinne dieser Vorschriften.

Ein Zahlungsaufschub setzt nach einhelliger Auffassung das Hinausschieben der Fälligkeit der vom Verbraucher zu erbringenden Zahlung über den sich aus dem dispositiven Recht ergebenden Leistungszeitpunkt voraus (BGH NJW-RR 1996, 1266; OLG Hamm, VersR 2012, 215, 216). Mit der Vereinbarung einer monatlichen Zahlungsweise der Versicherungsprämien haben die Parteien keine derartige vom dispositiven Recht abweichende Bestimmung der Fälligkeit vorgenommen (vgl. OLG Stuttgart, VersR 2011, 786, 787; OLG Köln, Beschluss v. 09.07.2010, 20 U 51/10; OLG Bamberg, VersR 2007, 529). Entgegen der Auffassung der Berufungsführerin fehlt es an einer gesetzlichen Bestimmung, wonach Versicherungsprämien jährlich im Voraus fällig wären.

Gesetzliche Anordnungen zur Fälligkeit einer Prämienleistung finden sich allein für die Erst- oder Einmalprämie in § 35 VVG a.F. bzw. § 33 VVG n.F. Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 9 VVG a.F. bzw. § 12 VVG n.F. Diese Vorschriften treffen lediglich eine Aussage zur Bemessungsgrundlage einer Versicherungsprämie, nicht jedoch zu deren Fälligkeit (OLG Stuttgart, VersR 2011, 786, 787; OLG Bamberg, VersR 2007, 529, 530; OLG Hamm, VersR 2012, 215, 217). Zwischen beidem ist zu unterscheiden mit der Folge, dass auch bei unterjähriger Zahlungsweise die Versicherungsperiode grundsätzlich ein Jahr beträgt (OLG Hamm, VersR 2012, 215, 217 [OLG Hamm 17.08.2011 - I-20 U 98/11]). Die Fälligkeit der Prämie kann unabhängig davon in den Grenzen des § 307 BGB zwischen den Parteien frei vereinbart werden (OLG Hamm VersR 2012, 215, 217 [OLG Hamm 17.08.2011 - I-20 U 98/11]; Prölls in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl., § 12 Rn. 3).

Auch ist der Vorschrift des § 271 Abs. 1 BGB keine Regelung der Fälligkeit von Prämienzahlungen zu entnehmen, von der zu Gunsten der Klägerin abgewichen worden wäre. Fehlt es an einer Vereinbarung der Vertragsparteien, richtet sich die Fälligkeit der Prämien allerdings nach § 271 Abs. 1 BGB (OLG Hamm, VersR 2012, 215, 217 [OLG Hamm 17.08.2011 - I-20 U 98/11]). Diese Norm ordnet die sofortige Fälligkeit jedoch nicht als Grundsatz an, von dem abgewichen werden kann, sondern lediglich subsidiär für den Fall, dass die Beteiligten eine vertragliche Bestimmung der Leistungszeit nicht getroffen haben (OLG Hamm, VersR 2012, 215, 217 [OLG Hamm 17.08.2011 - I-20 U 98/11]). Mit der Vereinbarung der monatlichen Zahlungsweise haben die Parteien eine derartige Übereinkunft jedoch erzielt. Um einen den Versicherungsnehmer begünstigenden Zahlungsaufschub handelt es sich dabei nicht.

Entgegen der Auffassung der Berufung hält das oben dargelegte Verständnis der nationalen Bestimmungen europarechtlichen Vorgaben stand.

Mit den Vorschriften hat der nationale Gesetzgeber die Richtlinien 87/102/EWG des Rates vom 22.12.1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit ("Verbraucherkreditrichtlinie I") und 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.04.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ("Verbraucherkreditrichtlinie II") umgesetzt.

Art. 1 Abs. 2 Buchst. c) der Richtlinie 87/102/EWG definiert einen Kreditvertrag als einen Vertrag, mit dem ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht. Ausdrücklich ausgenommen davon ist die kontinuierliche Erbringung von Dienstleistungen, bei denen der Verbraucher berechtigt ist, für die Dauer der Erbringung Teilzahlungen zu leisten. Als Dienstleistungsverträge sind dabei namentlich Versicherungsverträge anzusehen.

Das ergibt sich zur Überzeugung des Senats zum einen aus dem Wortlaut der Vorschrift. Im Übrigen hat der europäische Gesetzgeber mit der nachfolgenden Richtlinie 2008/48/EG, die die Richtlinie 87/102/EWG ersetzt hat, in Art. 3 Buchst. c wiederum Verträge über wiederkehrende Erbringung von Dienstleistungen vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen und in den Erwägungsgründen klargestellt, dass hierzu namentlich Versicherungsverträge zu zählen sind, bei denen für die Versicherung monatliche Teilzahlungen erbracht werden müssen. Dass es sich hierbei um eine Änderung des Verständnisses der bisherigen Regelung handelt, ist nicht ersichtlich.

Auch unter Beachtung europarechtlicher Vorgaben stellt die Vereinbarung unterjähriger Ratenzahlungen bei Versicherungsverträgen daher keine Kreditgewährung im Sinne des Verbraucherkreditrechts dar (vergl. OLG Hamm, VersR 2012, 215, 217 [OLG Hamm 17.08.2011 - I-20 U 98/11]).

Da die getroffenen Absprachen mithin nicht zu beanstanden sind, ist auch nicht ersichtlich, auf welche Weise die Beklagte gegen Beratungspflichten verstoßen und sich auf diese Weise gemäß § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig gemacht haben könnte.

Die Rechtssache hat weiter weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Der Senat folgt mit seiner Argumentation den zu dieser Frage ergangenen Entscheidungen der übrigen Oberlandesgerichte. Das von der Klägerin angeführte Anerkenntnisurteil des Bundesgerichtshofs vom 29.07.2009, Az. I ZR 22/07 ist allein aufgrund des Anerkenntnisses des beklagten Versicherers und nicht aufgrund einer sachlichen Prüfung der Klage durch das Gericht ergangen. Es hindert den Senat daher nicht an einer vom Ergebnis dieses Rechtsstreits abweichenden Entscheidung.

Schließlich ist eine mündliche Verhandlung nicht geboten.

RechtsgebietVVGVorschriften§ 35 VVG

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