03.04.2012
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein: Beschluss vom 29.02.2012 – 6 TaBV 43/11
Landesarbeitsgericht Schleswig- Holstein
Aktenzeichen: 6 TaBV 43/11
2 BV 55/11 ArbG Lübeck
Verkündet am 29.02.2012
Beschluss
Im Namen des Volkes
Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten
pp.hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die Anhörung der Beteiligten am 29.02.2012 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer
b e s c h l o s s e n:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 22.09.2011 - 2 BV 55/11 - teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, Arbeitsplätze auszuschreiben, die sie vorübergehend mit Leiharbeitnehmern zu besetzen beabsichtigt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird für die Arbeitgeberin zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Ausschreibung von Arbeitsplätzen, die vorübergehend mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen.
Im Jahr 2010 stellte die Arbeitgeberin im Zeitraum von Juni bis August 2010 eine Vielzahl von Leiharbeitnehmern befristet ein, um die Produktion zu sichern. Die entsprechenden Stellen hatte sie zuvor nicht innerbetrieblich ausgeschrieben. Aus diesem Grund verweigerte der Betriebsrat in zahlreichen Fällen die von der Arbeitgeberin beantragte Zustimmung zur Einstellung. Daraufhin beantragte die Arbeitgeberin beim Arbeitsgericht Lübeck in mehr als 100 Fällen die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG i. V. m. § 100 BetrVG. Wegen der Aktenzeichen der Verfahren beim Arbeitsgericht Lübeck wird auf Bl. 25 sowie Bl. 29 bis 30 d. A. verwiesen.
Für den Betrieb der Arbeitgeberin gilt die im Dezember 1994 geschlossene Betriebsvereinbarung "Stellenausschreibungen" (Anlage A 1 = Bl. 6 - 9 d. A.). Deren Ziffer 2 lautet:
"Jeder neue oder freiwerdende Arbeits- und Ausbildungsplatz ist innerhalb des Betriebs auszuschreiben. ..."
Wegen des weiteren Inhalts der Betriebsvereinbarung wird auf die Anlage A 1 verwiesen.
Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, ihm stehe ein allgemeiner Unterlassungsanspruch zu, denn die Arbeitgeberin habe gegen die Betriebsvereinbarung "Stellenausschreibungen" verstoßen, indem sie Leiharbeitnehmer ohne vorherige interne Stellenausschreibung eingestellt hat. Ein Unterlassungsanspruch folge zudem aus § 23 Abs. 3 BetrVG. Die unterbliebene Ausschreibung der mit den Leiharbeitnehmern besetzten Arbeitsplätze sei ein grober Verstoß im Sinne dieser Vorschrift.
Der Betriebsrat hat beantragt,
der Beteiligten zu 2. - bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu € 10.000,00 für jeden einzelnen Fall in Bezug auf jeweils eine Einstellung - zu untersagen, Einstellungen von Leiharbeit- nehmern vorzunehmen, ohne dass vorher für die zu besetzende unbefristete oder befristete Stelle eine innerbetriebliche Stellen- ausschreibung nach § 93 BetrVG und nach der Betriebsvereinbarung "Stellenausschreibungen" durchgeführt worden ist.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat gemeint, einer internen Ausschreibung der kurzfristig mit Leiharbeitnehmern zu besetzenden Stellen habe es nicht bedurft. Sie habe daher auch die Betriebsvereinbarung "Stellenausschreibungen" nicht missachtet. Die Betriebsvereinbarung erstrecke sich nach ihrem Sinn und Zweck nicht auf Stellen, die ausschließlich für die Besetzung mit Leiharbeitnehmern vorgesehen sind. Sie habe den kurzfristigen Arbeitskräftebedarf ausschließlich mit befristet eingestellten Leiharbeitnehmern, die Vollzeit arbeiten, decken wollen. Auch die Eilbedürftigkeit habe einer internen Ausschreibung entgegengestanden. In der Rechtsprechung sei umstritten, ob der Betriebsrat überhaupt eine innerbetriebliche Ausschreibung eines Arbeitsplatzes verlangen könne, wenn die Besetzung der Stelle ausschließlich mit einem Leiharbeitnehmer beabsichtigt sei.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Ein grober Verstoß im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten könne der Arbeitgeberin nicht vorgeworfen werden. Das Bundesarbeitsgericht habe bislang die Frage nicht beantwortet, ob der Betriebsrat nach § 93 BetrVG die Ausschreibung von Arbeitsplätzen verlangen kann, die nur kurzzeitig mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen oder auf denen es zu einem vom Verleiher veranlassten Austausch von Leiharbeitnehmern kommt. Die Instanzgerichte hätten in der Vergangenheit unterschiedlich entschieden. Daher bestehe auch kein allgemeiner Unterlassungsanspruch des Betriebsrats gegen die Arbeitgeberin.
Gegen den ihm am 17.10.2011 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat der Betriebsrat am 16.11.2011 Beschwerde eingelegt und diese am 16.12.2011 begründet.
Der Betriebsrat rügt, das Arbeitsgericht habe den allgemeinen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats verkannt, der wegen des Verstoßes der Arbeitgeberin gegen die Betriebsvereinbarung "Stellenausschreibung" bestehe. Ungeachtet des Wortlauts der Präambel sei nach dieser Vereinbarung einschränkungslos jeder neue oder frei werdende Arbeits- und Ausbildungsplatz auszuschreiben, gleich ob er befristet oder auf Dauer besetzt werden solle. Anders als der Anspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG setze der allgemeine Unterlassungsanspruch keinen groben Verstoß voraus, weshalb dem Antrag zu 1) zu entsprechen sei.
Der Betriebsrat hält die Auffassung des Arbeitsgerichts für vertretbar, wenn nicht sogar für richtig, dass kein grober Verstoß der Arbeitgeberin gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten vorliege. Er könne aber als Vorstufe zu einem Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG die mit dem Antrag zu 2. bzw. dem Hilfsantrag begehrte Feststellung verlangen. Der Betriebsrat meint, Stellen seien auf sein Verlangen auch dann innerbetrieblich auszuschreiben, wenn die Ausschreibung Stellen betreffe, die der Arbeitgeber dauerhaft, langfristig oder kurzzeitig mit Leiharbeitnehmern besetzen wolle. Für die dauerhafte Besetzung habe der 1. Senat des Bundesarbeitsgerichts das bereits bejaht. Bei vorübergehender Besetzung könne nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Gesetzes nichts anderes gelten.
Der Betriebsrat beantragt:
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 22.09.2011 - 2 BV 55/11 - wird abgeändert.
1. Der Arbeitgeberin wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 10.000,00 EUR für jeden einzelnen Fall in Bezug auf jeweils eine Einstellung untersagt, Einstellungen von Leiharbeitnehmern vorzunehmen, ohne dass vorher für die Stellen, die die Arbeitgeberin vorübergehend mit Leiharbeitnehmern zu besetzen beabsichtigt, eine innerbetriebliche Stellenausschreibung nach der Betriebsvereinbarung "Stellenausschreibung" durchgeführt worden ist.
2. Es wird festgestellt, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, Arbeitsplätze auszuschreiben, die sie vorübergehend mit Leiharbeitnehmern zu besetzen beabsichtigt,
sowie hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2) festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, Arbeitsplätze auszuschreiben, die sie für länger als einen Monat mit Leiharbeitnehmern zu besetzen beabsichtigt.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dem Betriebsrat stehe kein Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen den Anspruch auf Durchführung der Betriebsvereinbarung "Stellenbesetzung" zu. Die Auslegung der Betriebsvereinbarung nach ihrem Sinn und Zweck ergebe, dass keine Ausschreibung von für Leiharbeitnehmer vorgesehene Stellen beabsichtigt sei. Zudem bestehe ein allgemeiner Unterlassungsanspruch nur bei drohenden Verstößen gegen Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 und § 95 Abs. 1 BetrVG. Das Verlangen des Betriebsrats nach innerbetrieblicher Stellenausschreibung sei zudem durch den Abschluss der Betriebsvereinbarung "Stellenausschreibung" erfüllt.
Die Arbeitgeberin meint, der Betriebsrat könne die mit dem Hilfsantrag begehrte Feststellung nicht verlangen, weil sich die Konsequenzen eines Verstoßes gegen § 93 BetrVG bereits aus § 99 Abs. 2 Ziff. 5 BetrVG ergeben. Fehle es an einem besonderen Unterlassungs- oder Vornahmeanspruch, könne auch keine Feststellung verlangt werden. Schließlich erfordere der Sinn und Zweck des § 93 BetrVG - wie ihn das Bundesarbeitsgericht interpretiere - keine innerbetriebliche Stellenausschreibung für die kurzfristige Arbeitsplatzbesetzung durch Leiharbeitnehmer.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.
II. Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
Die Beschwerde ist nur teilweise begründet.
I. Der Antrag zu 1) des Betriebsrats ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der Wortlaut des Antrags legt nahe, dass der Betriebsrat der Arbeitgeberin untersagen lassen will, Leiharbeitnehmer einzustellen ohne dass zuvor eine innerbetriebliche Stellenausschreibung nach einem bestimmten in der Betriebsvereinbarung "Stellenausschreibung" vereinbarten Verfahren durchgeführt worden ist. Aus der Antragsbegründung und den Ausführungen im Anhörungstermin ergibt sich jedoch, dass es dem Betriebsrat nicht um die Art und Weise der Ausschreibung geht, sondern allein darum, ob sich aus der Betriebsvereinbarung eine Pflicht zur innerbetrieblichen Ausschreibung ergibt. Er stützt den allgemeinen Unterlassungsanspruch ausdrücklich auf den von ihm angenommen Verstoß der Arbeitgeberin gegen eine sich aus der Betriebsvereinbarung "Stellenausschreibung" ergebende Ausschreibungspflicht.
2. Aus der Betriebsvereinbarung "Stellenausschreibung" ergibt sich jedoch keine Pflicht zur Stellenausschreibung.
Dem Betriebsrat ist zuzugeben, dass der Arbeitgeber nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verpflichtet ist, Vereinbarungen mit dem Betriebsrat durchzuführen. Mit der Durchführungspflicht korrespondiert ein Durchführungsanspruch des Betriebsrats, der im Beschlussverfahren durchgesetzt werden kann (BAG 18.01.2005 - 3 ABR 21/04 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 24). Insbesondere hat der Betriebsrat einen Anspruch auf Unterlassung vereinbarungswidriger Maßnahmen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich die Pflicht zur Ausschreibung nicht aus der Betriebsvereinbarung "Stellenausschreibung". Bei dieser handelt es sich um eine freiwillige Betriebsvereinbarung (§ 88 BetrVG), die nicht die Ausschreibungspflicht, sondern das einzuhaltende Ausschreibungsverfahren regelt. Ziffer 2 Abs. 1 Satz 1 der Betriebsvereinbarung begründet keine Ausschreibungspflicht neben der durch das Verlangen gemäß § 93 BetrVG bereits ausgelösten. Bei dem auf § 93 BetrVG gestützten Ausschreibungsverlangen handelt es sich um eine Angelegenheit, die keiner weiteren Regelung bedarf. Das Verlangen löst die Ausschreibungspflicht aus. Mit dessen Zugang ist die Angelegenheit abgeschlossen. Im vorliegenden Fall hat der Betriebsrat behauptet, das Verlangen schon vor Abschluss der Betriebsvereinbarung "Stellenausschreibung" geäußert zu haben. Die Arbeitgeberin hat das im Anhörungstermin nicht ausdrücklich bestritten, sodass die Behauptung des Betriebsrats als zugestanden gilt. In ihrem Vortrag, das Ausschreibungsverlangen sei nicht dokumentiert, liegt kein wirksames Bestreiten. Auf ein Bestreiten mit Nichtwissen könnte sich die Arbeitgeberin ohnehin nicht zurückziehen.
Die Betriebsvereinbarung greift somit nur die durch das Ausschreibungsverlangen begründete Pflicht zur Stellenausschreibung auf. Das Gesetz enthält keine ausdrücklichen Bestimmungen dazu, welche Anforderungen an Inhalt, Form und Frist einer Ausschreibung sowie deren Bekanntmachung zu stellen sind. Die konkrete Ausgestaltung obliegt allein dem Arbeitgeber. Näheres kann - wie im vorliegenden Fall geschehen - in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung geregelt werden.
II. Der Antrag zu 2) des Betriebsrats (Hilfsantrag) ist zulässig und begründet.
1. Der Antrag ist in der im Anhörungstermin im Beschwerderechtszug gestellten Form hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Betriebsrat will festgestellt wissen, dass die Arbeitgeberin auch solche Stellen vor ihrer Besetzung innerbetrieblich ausschreiben muss, die sie vorübergehend, d. h., nicht dauerhaft, mit Leiharbeitnehmern besetzen will. Die Beteiligten streiten also um die Ausschreibungspflicht bei befristeter Stellenbesetzung mit Leiharbeitnehmern.
Es besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Betriebsrat kann die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, bestimmte Arbeitsplätze innerbetrieblich auszuschreiben, losgelöst vom konkreten Einzelfall durch einen abstrakten Feststellungsantrag zur gerichtlichen Entscheidung stellen (vgl. BAG 01.02.2011 - 1 ABR 79/09 - Rn. 11).
2. Der Antrag ist begründet. Der Betriebsrat kann verlangen, dass die Arbeitgeberin sämtliche Arbeitsplätze ausschreibt, die sie mit Leiharbeitnehmern - wenn auch nur kurzfristig - zu besetzen beabsichtigt.
a) Nach § 93 BetrVG kann der Betriebsrat verlangen, dass Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, allgemein oder für bestimmte Tätigkeiten vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebes ausgeschrieben werden. Die Vorschrift gibt eine Ausschreibung von Arbeitsplätzen nicht generell vor. Eine Verpflichtung hierzu besteht nur, wenn der Betriebsrat die Ausschreibung verlangt hat oder die Ausschreibung zwischen den Betriebsparteien vereinbart ist (BAG 01.02.2011 - 1 ABR 79/09 - Rn. 13; 14.02.2004 - 1 ABR 54/03 - BAGE 113, 102).
b) Mit Beschluss vom 01.02.2011 hat der 1. Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden (1 ABR 79/09), dass die Ausschreibungspflicht nach § 93 BetrVG auch für Arbeitsplätze besteht, die der Arbeitgeber dauerhaft mit Leiharbeitnehmern zu besetzen beabsichtigt. Die Frage, ob der Betriebsrat nach § 93 BetrVG gleichermaßen die Ausschreibung von Arbeitsplätzen verlangen kann, die nur kurzzeitig mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen, musste der Senat in dem genannten Beschluss nicht entscheiden. Die Beschwerdekammer bejaht die Frage.
aa) Der 1. Senat hat in seinem Beschluss vom 01.02.2011 bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass der Wortlaut von § 93 BetrVG eindeutig ist. Danach kann der Betriebsrat die innerbetriebliche Ausschreibung von sämtlichen Arbeitsplätzen verlangen, die der Arbeitgeber zu besetzen beabsichtigt. Damit stellt das Gesetz auf die Stelle ab, auf der ein Arbeitnehmer tätig werden soll. Auf die Art und den Inhalt des Rechtsverhältnisses, das dieser Beschäftigung zugrunde liegt, kommt es nicht an. Es ist danach nicht entscheidend, ob die Stelle dauerhaft oder nur vorübergehend besetzt werden soll.
bb) Eingehend hat der 1. Senat in dem Beschluss vom 01.02.2011 unter Hinweis auf den Normzweck des § 93 BetrVG sowie den systematischen Zusammenhang zwischen dieser Vorschrift und dem Beteiligungsrecht bei der Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG begründet, dass die Ausschreibungspflicht auch für Arbeitsplätze besteht, die mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen (1 ABR 79/09 - Rn. 17 f.). Dabei wird nicht übersehen, dass es im entschiedenen Fall um Stellen ging, die dauerhaft mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollten. Die Dauer des Einsatzes des Leiharbeitnehmers im Entleiherbetrieb ist nach Auffassung der Beschwerdekammer jedoch nicht entscheidend. Maßgebend ist, dass zu den nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zustimmungspflichtigen Einstellungen auch der Einsatz von Leiharbeitnehmern im Entleiherbetrieb gehört (BAG 23.01.2008 - 1 AZR 74/06 - Rn. 21 f., BAGE 125, 306). Ob eine mitbestimmungspflichtige Einstellung vorliegt, hängt nicht davon ab, dass sie für kürzere oder längere Zeit erfolgen soll. Auch Einstellungen für wenige Tage bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats (BAG 16.12.1986 - 1 ABR 52/85 - NZA 1987, 424). Warum das bei Leiharbeitnehmern anders sein soll als bei anderen Mitarbeitern, ist nicht begründbar.
cc) Die Beschwerdekammer sieht (auch) im vorliegenden Fall die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion von § 93 BetrVG als nicht gegeben an. Die Pflicht zur Ausschreibung hängt nicht davon ab, ob und für welche Zeit der Arbeitsplatz mit einem Leiharbeitnehmer besetzt werden soll.
Der Normzweck des § 93 BetrVG liegt u. a. darin, den innerbetrieblichen Arbeitsmarkt zu aktivieren. Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin kann dieses Ziel auch erreicht werden, wenn Stellen innerbetrieblich ausgeschrieben werden, die die Arbeitgeberin (nur) vorübergehend mit Leiharbeitnehmern besetzen will. Angesprochen fühlen können sich etwa Arbeitnehmer, die in befristeten Arbeitsverhältnissen stehen und die auf diese Weise ihr Arbeitsverhältnis verlängern können. Aber selbst wenn mit der Arbeitgeberin davon ausgegangen wird, dass bei nur kurzfristigem Einsatz von Leiharbeitnehmern sich der innerbetriebliche Stellenmarkt durch die innerbetriebliche Ausschreibung kaum aktivieren lässt, bleibt das daneben von § 93BetrVG verfolgte Normziel einer erhöhten Transparenz von innerbetrieblichen Vorgängen unberührt. Aus Sicht der Belegschaft spielt es keine Rolle, wie lange die Person im Betrieb verweilt und ob sie arbeitsvertraglich an den Arbeitgeber gebunden ist oder den Arbeitsplatz als Leiharbeitnehmer besetzt. Der Durchschaubarkeit der Personalgewinnungs- und Einstellungsprozesse ist es zuträglich, wenn eine innerbetriebliche Stellenausschreibung unabhängig davon stattfindet, für welchen Zeitraum die Stellenbesetzung erfolgen soll. Für die Belegschaft entstünde anderenfalls der Eindruck, einige Stellen würden "unter der Hand" vergeben. Das wiederum könnte zur Verärgerung der Belegschaft führen. Dieser Verärgerung über die Hereinnahme Außenstehender trotz bestehender Beschäftigungsmöglichkeiten soll aber durch die Ausschreibung nach § 93 BetrVG vorgebeugt werden (BAG 01.02.2011 - 1 ABR 79/09 - Rn. 19; 27.07.1993 - 1 ABR 7/93 - AP BetrVG 1972 § 93 Nr. 3).
III. Der nur hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2) angekündigte Hilfsantrag ist nicht zur Entscheidung angefallen.
IV. Die Rechtsbeschwerde ist für die Arbeitgeberin zugelassen worden, weil die streitentscheidende Frage, ob der Betriebsrat die Ausschreibung von Arbeitsplätzen verlangen kann, die die Arbeitgeberin (nur) vorübergehend mit Leiharbeitnehmern zu besetzten beabsichtigt, vom Bundesarbeitsgericht noch nicht entschieden ist und grundsätzliche Bedeutung hat. Für den Betriebsrat war die Rechtsbeschwerde hingegen nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG insoweit nicht vorliegen.