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30.03.2012 · IWW-Abrufnummer 120992

Finanzgericht Bremen: Urteil vom 08.02.2012 – 1 K 32/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FG Bremen v. 08.02.2012
1 K 32/10 (5)

Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Nichtanerkennung einer Rückstellung für Rückzahlungen an die Kassenärztliche Vereinigung wegen der Überschreitung der zulässigen Verordnungskosten.

Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, betrieb in der Zeit vom … bis zum eine neurologische Gemeinschaftspraxis der beiden Gesellschafterinnen. Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn bis zum … nach § 4 Abs. 3 EStG und ab R… durch Bestandsvergleich.

Mit Schreiben vom … teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass die Gemeinschaftspraxis zum … aufgelöst worden sei.

Die Klägerin wies in ihrem am … erstellten Jahresabschluss zum …, der ihrer Feststellungserklärung … vom … beigefügt war, Rückstellungen (für Regressrisiken) in Höhe von EUR aus. Bei der Ermittlung des Übergangsgewinns wegen des Wechsels der Gewinnermittlungsart nahm sie einen Abzug von … EUR für eine Rückstellung Regressrisiken vor. Die Höhe der Rückstellung Regressrisiken betrug damit zum … EUR.

Mit Feststellungsbescheid … folgte der Beklagte mit Ausnahme einer Änderung wegen einer Ansparabschreibung der Feststellungserklärung der Klägerin. Die Rückstellung Regressrisiken wurde insoweit nicht beanstandet. Der Bescheid ist nach Rücknahme der Klage am … bestandskräftig.

In ihrem am … erstellten Jahresabschluss zum …, der ihrer Feststellungserklärung vom beigefügt war, nahm die die Klägerin eine gewinnmindernde Zuführung zur Position Rückstellungen Regressrisiken um … EUR auf … EUR vor.

Der Beklagte bat die Klägerin am …, die Bildung der Rückstellungen Regressrisiken in den Jahren … und … zu erläutern. Mit ihrem Schreiben vom … übersandte die Klägerin dem Beklagten Unterlagen betreffend die Regressrisiken:

■Tabellarische Aufstellung „Regressrisiken” für die Jahre … bis … mit einer Gesamtsumme von … EUR, wovon auf das Jahr … EUR, auf das Jahr … EUR und auf das Jahr … EUR entfallen (Bl. Feststellungsakten),

■Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung … betreffend „Information über Ihre Verordnungsweise nach Durchschnittswerten” (Bl. Feststellungsakten)

■Heilmittel – Gesetzliche Krankenkassen – 1-2000 vom

■Arzneimittel – Gesetzliche Krankenkassen – 3-2000 vom

■Arzneimittel – Gesetzliche Krankenkassen – 4-2000 vom

■Arzneimittel – Gesetzliche Krankenkassen – 1-2001 vom (Bl. … GA)

■Arzneimittel – Gesetzliche Krankenkassen – 4-2001 vom … (Bl. … GA,)

■Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung betreffend „Frühinformation über die Arzneimittelausgaben”

■im 1. Quartal (…, Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA),

■im 2. Quartal (…, Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA),

■im 4. Quartal (…, Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA),

■im 3. Quartal (…, Bl. <… Feststellungsakten, Bl. … GA)

■Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung … vom … betreffend die Richtgrößenprüfung … für Arznei-, Verband- und Heilmittelverordnungen -Information über das Berechnungsergebnis vor Vorlage im Prüfungsausschuss (Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA),

■Schreiben der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses Ärzte/Krankenkassen – Wirtschaftliche Verordnungsweise – betreffend „Antrag auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten gemäß § 9 Absatz 3 der Prüfvereinbarung ”

■für das Quartal 4- (…, Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA),

■für das Quartal 1- (…, Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA),

■für das Quartal 2- (…, Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA),

■Schreiben der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses Ärzte/Krankenkassen – vom betreffend „Antrag auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise gemäß § 8 Punkt 2 der Prüfvereinbarung”

■für das Quartal 3/(Bl. Feststellungsakten, Bl. GA),

■zwei Schreiben der Geschäftsstelle Prüfgremien, vom betreffend die Richtgrößenprüfung für Arznei- und Verbandmittel sowie Heilmittel (Bl. Feststellungsakten, Bl. GA).

Darin heißt es:

” …

Für ihre Praxis liegen dem Prüfungsausschuss keine weiteren Erkenntnisse über Praxisbesonderheiten vor, die die Überschreitung der Arzneimittelrichtgröße [Heilmittelrichtgöße] ausreichend erklären.

Bevor der Prüfungsausschuss Wirtschaftliche Verordnungsweise von Amts wegen das Prüfverfahren einleitet, bitten wir Sie um Mitwirkung und um eine Stellungnahme, um möglichst einen Regress abzuwenden.

… ”

Der Beklagte sah das Bestehen von ungewissen Verbindlichkeiten zum Ende der Gesellschaft als nicht ausreichend nachgewiesen an und nahm eine gewinnerhöhende Auflösung der Rückstellungen für … um … EUR vor. Es lägen nur Unterlagen zur Richtgrößenprüfung aus … bis … vor. Die Zahlen der Prüfgremien hätten durch Stellungnahmen der Klägerin entkräftet werden sollen (Bl. … Feststellungsakten).

Mit Bescheid vom … für … über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellte der Beklagte die Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Klägerin entsprechend mit … EUR fest.

Mit Schreiben vom … legte die Klägerin Einspruch dagegen ein.

Zur Begründung führte sie aus, dass telefonisch mit der Kassenärztlichen Vereinigung am … geklärt worden sei, dass mit einem Regress nicht mehr zu rechnen sei. Die Rückstellung aus … in Höhe von … EUR sei daher in … aufzulösen (Bl. …. Rechtsbehelfsakten). Die Rückstellung in … sei berechtigt gewesen, da die Klägerin bis zur Bekanntgabe der Prüfungsentscheidungen mit einem Regress habe rechnen müssen. In zahlreichen anderen Prüfungsverfahren seien Regresse ausgesprochen worden, die teilweise auch im Widerspruchsverfahren bestätigt worden seien. Die eingestellten Rückstellungen hätten nur einen Bruchteil der potentiellen Regresssumme betragen. Dies folge auch aus dem mit „Bestätigung ihrer Prüfverfahren” überschriebenen Schreiben der Prüfungsstelle Ärzte/Krankenkassen … vom … (Bl. … GA, Bl. … Rechtsbehelfsakten). Die Prüfungsstelle Ärzte/Krankenkassen … teilt der Gesellschafterin … darin mit, dass ihre Verordnungsweise in mehreren Prüfverfahren untersucht worden sei. Im Einzelnen heißt es:

„Die Einzelheiten zu den Arzneimitteln-Richtgrößenverfahren der Jahre … bis … stellen sich wie folgt dar:

Prüfzeitraum Einleitung des Verfahrens Potentielle Regresssumme Bekanntgabe der Entscheidung Inhalt der Entscheidung
€ Kein Regress
€ Kein Regress
€ Kein Regress

Die potentielle Regresssumme stellte den Netto-Anteil der Summe dar, um den die Verordnungskosten die Richtgrößensumme über die Aufgreifschwelle von 25 % hinaus überschritten hatten. Diese Summe wird von einer Praxis gefordert, wenn keinerlei Praxisbesonderheiten vorgelegen haben.

Für Ihre … und … Überschreitungen wurde letztlich kein Regress gefordert, weil die Überschreitungen durch Praxisbesonderheiten gerechtfertigt wurden. Das … Verfahren wurde aus formalen Gründen wieder eingestellt.

Ferner wurde Ihre Heilmittel-Verordnungsweise in mehreren Prüfverfahren nach Durchschnittswerten und einem Richtgrößenverfahren untersucht.

Prüfzeitraum Einleitung des Verfahrens Potentielle Regresssumme Bekanntgabe der Entscheidung Inhalt der Entscheidung
– Kein Regress
– Kein Regress
Kein Regress

Vor Bekanntgabe der Prüfungsentscheidungen mussten Sie damit rechnen, dass zumindest ein Teil der potentiellen Regresssummen von Ihnen gefordert wird. In den Prüfverfahren nach Durchschnittswerten mussten sie damit rechnen, dass ein prozentualer Anteil der Überschreitungssumme als Regress gefordert wird. In zahlreichen anderen Prüfverfahren hat der … Prüfungsausschuss Regresse ausgesprochen, die teilweise auch im Widerspruchsverfahren bestätigt wurden und somit fällig geworden sind, denn eine Klage gegen einen ablehnenden Widerspruchsbescheid des Beschwerdeausschusses hat keine aufschiebende Wirkung (§ 106 Abs. 5a Satz 11 SGB V).

Die Bildung von Rückstellungen bis zur Bekanntgabe der Prüfungsentscheidung war daher aus unserer Sicht vernünftig.”

Mit weiterem Schreiben vom … (Bl. … Rechtsbehelfsakten) führte die Klägerin aus, das Bestehen einer ungewissen Verbindlichkeit sei wahrscheinlich, wenn nach den am Bilanzstichtag objektiv gegebenen und bis zur Aufstellung der Bilanz subjektiv erkennbaren Verhältnissen mehr Gründe dafür als dagegen sprächen. Die Bilanz zum … sei am … aufgestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Prüfstelle Ärzte/Krankenkassen für … eine Regresssumme von … EUR errechnet. Die Rückstellung in der Bilanz sei mit … EUR angesetzt worden. Aufgrund dieser großen potentiellen Regresssumme sei am Bilanzaufstellungstag, dem …, mit einer Rückforderung zu rechnen gewesen; dies werde auch im Schreiben der Prüfstelle Ärzte/Krankenkassen vom … bestätigt. Für die Entscheidung am sei nicht entscheidend, dass es bei der späteren endgültigen Entscheidung zu keinem Regress gekommen sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom … änderte der Beklagte den angefochtenen Feststellungsbescheid wegen eines dieses Verfahren nicht berührenden Punktes und wies ihn im Übrigen zurück.

Die Rückstellung für Regressrisiken sei zu Recht aufgelöst worden.

Für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten müsse es wahrscheinlich sein, dass die Verbindlichkeit bestehe oder entstehe und der Steuerpflichtige daraus in Anspruch genommen werde. Darüber hinaus müsse die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme zum Bilanzstichtag gegeben sein (Hinweis auf BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 XI R 64/04, BFHE 211, 475, BStBl II 2006, 371). Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt.

Zwar hätten objektiv greifbare Anhaltspunkte für das Bestehen der Rückzahlungspflicht vorgelegen. Denn mit dem Schreiben vom …, mit dem die beiden Prüfverfahren eingeleitet worden seien, seien die beiden ehemaligen Gesellschafterinnen persönlich auf das Überschreiten bestimmter Richtgrößen angesprochen und aufgefordert worden, mögliche Praxisbesonderheiten für das Überschreiten der genannten Richtgrößen mitzuteilen. Allerdings hätten diese Umstände zum Bilanzstichtag, dem …, noch nicht vorgelegen und könnten nicht als wertaufhellend bis zur Bilanzaufstellung am … angesehen werden.

Am … seien die beiden Prüfverfahren noch nicht eingeleitet gewesen, da dies erst mit dem Anschreiben vom … geschehen sei. Zum Bilanzstichtag sei somit noch nicht bekannt gewesen, dass für das Kalenderjahr … bestimmte Richtgrößen überschritten gewesen seien, eine entsprechende Berechnung durch die Prüfungsstelle vorgenommen worden sei und ein Prüfverfahren diesbezüglich angestrebt worden sei. Zum … hätten somit die Voraussetzungen für eine ungewisse Verbindlichkeit noch nicht vorgelegen.

Dies sei erst mit dem Schreiben vom … geschehen, das zwar vor dem Zeitpunkt der Bilanzaufstellung am … bekannt geworden sei, jedoch keine bloße wertaufhellende Eigenschaft besitze. Nach der BFH-Rechtsprechung seien neue Tatsachen nicht wertaufhellend, sondern nur die Umstände, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorgelegen hätten und nach dem Bilanzstichtag lediglich bekannt oder erkennbar geworden seien. Maßgebend sei der Kenntnisstand über die am Bilanzstichtag objektiv bestehenden Verhältnisse. Wertaufhellend könnten nur solche Umstände sein, die den Wert bereits am Bilanzstichtag vorhandener Verhältnisse beeinflussten. Im Streitfall stelle die Einleitung der Prüfverfahren mit dem Schreiben vom … hingegen erstmalige und damit neue Verhältnisse über eine mögliche Rückzahlung dar und erhelle nicht nur wertmäßig eine bereits zum Bilanzstichtag vorhandene „Verhandlung” über eine Rückzahlung. Folglich könne das Einleiten der Prüfverfahren nicht wertaufhellend auf den … zurückbezogen werden.

Mit ihrer Klage vom … verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Zur Begründung führt sie aus, dass eine ungewisse Verbindlichkeit hinreichend konkretisiert sein müsse. Dies sei der Fall, wenn mit dem Be- oder Entstehen ernsthaft zu rechnen sei. Eine Verbindlichkeit müsse dem Grunde nach zwar nicht mit Sicherheit, aber doch mit Wahrscheinlichkeit be- oder entstehen. Als Indiz für die Wahrscheinlichkeit des Entstehens der Verbindlichkeit diene, ob ein gedachter Erwerber des ganzen Unternehmens die Verpflichtung in seinem Kaufpreiskalkül berücksichtigen würde. Vorliegend würde ein gedachter Erwerber des ganzen klägerischen Unternehmens die schwebende Verpflichtung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung … in seinem Kaufpreiskalkül berücksichtigen, da die Voraussetzungen für einen Regressanspruch nach dem Wortlaut der Prüfvereinbarung bereits seit dem Jahr … vorgelegen hätten. Auch habe sich die Kassenärztliche Vereinigung … seit dem … intensiv mit der klägerischen Verordnungspraxis beschäftigt und diese in zahlreichen Schreiben abgemahnt.

Nach ständiger BFH-Rechtsprechung solle eine ungewisse öffentlich-rechtliche Verpflichtung unmittelbar durch das Gesetz nur dann hinreichend konkretisiert sein, wenn das Gesetz ein inhaltlich genau bestimmtes Handeln vorsehe, ein Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums fordere und Sanktionen vorsehe.

Zu der Wahrscheinlichkeit des Be- oder Entstehens einer ungewissen Verbindlichkeit müsse noch die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme aus der Verbindlichkeit hinzukommen. Bedingung für den Ansatz einer Rückstellung sei, dass der Kaufmann mit der Inanspruchnahme aus der betreffenden Verpflichtung ernsthaft zu rechnen habe. Eine Ungewissheit über den Zeitpunkt der Inanspruchnahme sei unerheblich. Müsse der Kaufmann davon ausgehen, dass der Gläubiger seinen Anspruch kenne, wie dies insbesondere bei Verpflichtungen aus Verträgen und ähnlichen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen der Fall sei, sei regelmäßig anzunehmen, dass die Inanspruchnahme erfolgen werde, wenn das Be- oder Entstehen der Verpflichtung wahrscheinlich sei. Nur wenn aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls trotz rechtlich sicherer oder wahrscheinlich bestehender Verpflichtung ausnahmsweise mit einer Inanspruchnahme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu rechnen sei, dürfe eine Rückstellung nicht gebildet werden. Dieser Grundsatz sei vom BFH für Verpflichtungen zur Einlösung von so genannten Gutmünzen (Warengutschein) entwickelt worden, die als Verbindlichkeiten auszuweisen seien, weil sie aus einem Aktivazugang herrührten. Für Verpflichtungen, die der Antizipation künftiger Aufwendungen dienten und deshalb als Rückstellungen zu bilanzieren seien, gelte nichts anderes. Die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit sei für den Einzelfall anhand der Erfahrungen der Vergangenheit vorzunehmen. Müsse der Kaufmann nicht davon ausgehen, dass der Gläubiger seinen Anspruch bzw. die Behörde den Grund für den Erlass einer Verfügung bereits kenne, könne auch bei hinreichender Konkretisierung der Verpflichtung nicht ohne weiteres vermutet werden, dass eine Inanspruchnahme wahrscheinlich sei. Gründe dafür, dass der Gläubiger von seinem Anspruch erfahren werde, könnten etwa in Erfahrungen in vergleichbaren Fällen im Unternehmen oder bei anderen Unternehmern bestehen.

Bereits vor dem … sei durch regelmäßige Berichterstattung der Krankenversicherung zu Überschreitungen der Durchschnittsgrößen der Verordnungen von Heil- und Hilfsmitteln sowie von Arzneimitteln erkennbar gewesen, dass ein Regressrisiko eintreten würde. Die zu diesem Zeitpunkt geltenden Prüfregeln der Krankenversicherung hätten vorgeschrieben, dass es bei Überschreitung der Durchschnittssumme von mehr als 15 % zwingend zu einem Prüfverfahren kommen müsse und sich aus den Überschreitungssummen der einzelnen Quartale kumulativ das gesamte Regressrisiko entwickele.

Vorliegend habe die Prüfstelle Ärzte/Krankenkassen mit Schreiben vom … bestätigt, dass die Klägerin vor Bekanntgabe der Prüfentscheidungen damit habe rechnen müssen, dass zumindest ein Teil der potentiellen Regresssummen von ihr gefordert würde. Ferner sei unter den Vertragsärzten stets die Rede von Forderungen zwischen 20 % und 40 % der Regresssumme gewesen, die in jedem Fall angefordert werden würden.

Schadensersatzverpflichtungen könnten sich aus Vertragsverletzungen oder aus Gesetzen ergeben. Für die sich daraus ergebenden Verpflichtungen seien Rückstellungen zu bilden, wenn nach den bis zur Bilanzaufstellung bekannt gewordenen Verhältnissen am Bilanzstichtag eine Leistungsverpflichtung ernsthaft drohe und die Inanspruchnahme aus der Verpflichtung wahrscheinlich sei. Die Inanspruchnahme sei nicht erst wahrscheinlich, wenn die den Anspruch begründenden Tatsachen entdeckt würden und dem Geschädigten bekannt seien oder dies wenigstens unmittelbar bevorstehe. Entscheidend sei vielmehr, dass konkrete Umstände bekannt seien, nach denen ernsthaft mit dem Bekanntwerden der Tatsachen zu rechnen sei. Unerheblich sei, ob die Verpflichtung fällig sei, der Schuldner zahlungsfähig sei oder ob die Verbindlichkeit ohne Gläubigerzustimmung übertragen worden sei. Außerhalb eines Zivilprozesses seien bei Rückstellungen für gleichartige Schadensersatzverpflichtungen nach der BFH Rechtsprechung Erfahrungen in der Vergangenheit aus ihrer Abwicklung zu berücksichtigen. Danach sei insbesondere die Wahrscheinlichkeit zu beachten, dass nur für einen Teil der Summe derartiger Verpflichtungen eine Leistung erfolge.

Vorliegend sei der Klägerin aus zahlreichen Gesprächen mit Kollegen bereits vor der Bilanzaufstellung bekannt gewesen, dass nach dem Gesetz ein Verfahren eingeleitet werden würde, das Regressforderungen nach sich ziehen würde. Als potentielle Regresssumme seien ca. … EUR angegeben gewesen. Hiervon seien 40 % als mögliche Regressforderungen in die Bilanz eingestellt worden, da unter den Vertragsärzten stets die Rede davon gewesen sei, dass Forderungen zwischen 20 % und 40 % der Regresssumme in jedem Fall angefordert werden würden.

Der Beklagte verkenne die Bedeutung der gesetzlich nach § 106 SGB V verbindlich festgelegten Prüfvereinbarung zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Verordnung. Auf der Grundlage dieser gesetzlich festgeschriebenen Prüfvereinbarung sei allein durch die Mitteilung der Budgetüberschreitungen der Eintritt in das Prüfverfahren zwingend vorgegeben gewesen. Das Regressrisiko sei dadurch dem Grunde noch objektiv vorhanden und bekannt gewesen. Die Höhe des Regressrisikos habe sich aus der kumulativen Sicht der Überschreitungsmitteilungen ergeben. Die Einleitung des konkreten Verfahrens sei also unausweichlich gewesen.

Eine Rückstellung dürfe nur dann nicht gebildet werden, wenn auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalls trotz rechtlich sicherer oder wahrscheinlich bestehender Verpflichtung ausnahmsweise mit einer Inanspruchnahme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu rechnen sei. Derartige Umstände seien aber im Falle der Klägerin nicht bekannt gewesen.

Der Berichterstatter hat der Klägerin mit Verfügung vom … aufgegeben,

■anzugeben, wegen welcher konkreten Verbindlichkeiten (Anlass, Höhe, Verordnungszeitraum, Verordnungsart, Leistungszeitpunkt) die von ihr in der Bilanz zum ausgewiesene Rückstellung in Höhe von … EUR gebildet wurde,

■den die Verordnungsweise der Klägerin in den Jahren … bis … betreffenden Schriftverkehr mit der Kassenärztlichen Vereinigung … und der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses Ärzte/Krankenkassen, insbesondere ihre eigenen Schreiben, vollständig vorzulegen, insbesondere ihre Antworten auf die

■Schreiben der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses Ärzte/Krankenkassen – Wirtschaftliche Verordnungsweise – betreffend „Antrag auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten gemäß § 9 Absatz 3 der Prüfvereinbarung” für das Quartal … vom …, für das Quartal 1 - … vom …, für das Quartal 2 - … vom …

■Schreiben der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses Ärzte/Krankenkassen- vom betreffend „Antrag auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise gemäß § 8 Punkt 2 der Prüfvereinbarung” für das Quartal 3/…,

■zwei Schreiben der Geschäftsstelle Prüfgremien, … vom … betreffend die Richtgrößenprüfung … für Arznei- und Verbandmittel sowie Heilmittel,

■sowie die für die Jahre … und … maßgeblichen Prüfvereinbarungen zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen … mit der Kassenärztlichen Vereinigung vorzulegen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom … Kopien der bereits im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen übersandt sowie ergänzend folgende Unterlagen vorgelegt:

■Schreiben der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses Ärzte/Krankenkassen – Wirtschaftliche Verordnungsweise – … betreffend „Antrag auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten gemäß § 9 Absatz 3 der Prüfvereinbarung”

■für das Quartal 3 - (…, Bl. … GA),

■Schreiben der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses Ärzte/Krankenkassen – Honorar – betreffend „Überprüfung Ihrer Abrechnung 3/- Honorar

■Für das Quartal 3 - (…, Bl. … – …)

■Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung betreffend „Information über Ihre Verordnungsweise nach Durchschnittswerten”

■Heilmittel – Gesetzliche Krankenkassen – 4 - … vom … (Bl. …. GA)

■Arzneimittel – Gesetzliche Krankenkassen – 1 - vom … (Bl. …. GA)

■Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung betreffend „Frühinformation über die Heilmittelausgaben”

■im 1. Quartal (…, Bl. … GA),

■Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung betreffend „Frühinformation über die Arzneimittelausgaben”

■im 2. Quartal (…, Bl. … GA),

■Schreiben der Geschäftsstelle Prüfgremien, …, vom … betreffend die Richtgrößenprüfung an … (Arznei- und Verbandmittel) für das Jahr … (Bl. … GA).

Dem zuletzt genannten Schreiben liegt eine Berechnung zur Feststellung der Überschreitung der Richtgrößensumme -ohne Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten - bei, wonach der Überschreitungsbetrag für … EUR betrug.

Die Klägerin trägt vor, dass ihre Regressrisiken aus den Quartalen 1/… bis 3/… insgesamt EUR betrügen. Dies ergebe sich aus einer Auswertung der von ihr vorgelegten Unterlagen, deren Ergebnisse in einer tabellarischen Aufstellung (Bl. … GA) zusammengefasst seien. Die ermittelte Rückstellung in Höhe von … EUR sei angemessen und entspreche 21,35 % der Risikosumme von … EUR. Es sei von einer Regressforderung auszugehen gewesen, da die Prüfvereinbarungen für jede Überschreitung von mehr als 25 % der Richtgrößen einen Regress vorgesehen hätten und diese Quote in jeder Mitteilung als überschritten gekennzeichnet gewesen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid für … über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend abzuändern, dass eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zum … in Höhe von … EUR anerkannt und ein Gewinn aus der Gesamthandsbilanz von … EUR festgestellt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass ein Teil der von der Klägerin vorgelegten Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung … und des Prüfungsausschusses Ärzte/Krankenkassen Informationen und Frühinformationen über Richtgrößenüberschreitungen enthalte und nicht auf mögliche Konsequenzen aufmerksam mache. Diese Schreiben könnten nicht Grundlage für die Bildung einer Rückstellung sein, da Ansprüche auf Rückzahlungen gegenüber der Klägerin weder geltend gemacht noch angekündigt worden seien.

Weitere Schreiben stellten gemeinsame Prüfanträge der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung … an den Prüfungsausschuss Ärzte/Krankenkassen dar mit dem Ziel, die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise der Klägerin überprüfen und einen Erstattungsbetrag festsetzen zu lassen, falls eine Unwirtschaftlichkeit festgestellt werden sollte. Aus ihnen gehe nicht hervor, ob und wann diese Prüfanträge der Klägerin bekannt gegeben worden seien. Die dort genannten Richtgrößenüberschreitungen ließen nur eine unwirtschaftliche Verordnungsweise vermuten. Eine hinreichende Konkretisierung einer ungewissen Verbindlichkeit habe damit noch nicht vorgelegen.

Die Klägerin sei auf Grund des Prüfantrags vom Prüfungsausschuss Ärzte/Krankenkassen mit dem Schreiben vom … (Bl. … GA) aufgefordert worden, eine Stellungnahme zur Richtgrößenüberschreitung abzugeben, um einen Regress zu vermeiden. Eine Rückstellung wäre in diesem Stadium nur dann zulässig gewesen, wenn die Klägerin selbst vom Fehlen von Praxisbesonderheiten ausgegangen wäre. Sie habe jedoch selbst Einwendungen in dem später eingeleiteten Prüfverfahren erhoben und sei sicherlich davon überzeugt gewesen, sich korrekt verhalten zu haben.

Eine Rückstellung werde nicht dadurch gerechtfertigt, dass im SGB die Durchführung des Prüfverfahrens vorgesehen sei und in vergleichbaren Praxen Erfahrungen über die Festsetzung von Teilrückzahlungen gesammelt worden seien. Entscheidend seien Anzeichen für eine persönliche Inanspruchnahme der Klägerin. Sie habe erst auf Grund der Schreiben der Geschäftsstelle Prüfgremien vom … (Bl. … ff. GA) mit dem Entstehen einer Rückzahlungsverpflichtung und einer Inanspruchnahme ernsthaft rechnen müssen. Zum Bilanzstichtag am … hätten daher die Voraussetzungen für eine ungewisse Verbindlichkeit nicht vorgelegen. Es seien nur vage Verhältnisse über eine mögliche Inanspruchnahme gegeben gewesen. Den Schreiben der Geschäftsstelle Prüfgremien vom … (Bl. … ff. GA) könne keine wertaufhellende Eigenschaft zugeschrieben werden, denn sie hätten erstmalig die Grundlage für eine Rückstellung enthalten.

Nach dem BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 XI R 64/04, BFHE 211, 475, BStBl II 2006, 371 stelle allein die Möglichkeit des Bestehens einer Rückzahlungspflicht keinen objektiv greifbaren Anhaltspunkt für das Bestehen einer Rückzahlungspflicht und einer ernsthaften Inanspruchnahme daraus dar. Es müssten konkrete Umstände hinzutreten, nach denen mit einer Rückforderung zu rechnen sei. Dies sei im Falle der Klägerin erst mit den Schreiben vom … geschehen, mit denen die Klägerin über die bevorstehende Einleitung eines Prüfverfahrens für das Jahr … informiert worden sei. Erst zu diesem Zeitpunkt habe sie Kenntnis von der wahrscheinlichen Inanspruchnahme erhalten und habe zu ihren Praxisbesonderheiten Stellung genommen.

Im Übrigen habe die Klägerin nicht offengelegt, wie sie die potentielle Regresssumme ermittelt habe und in welchem Umfang sie die Richtgrößenüberschreitung habe rechtfertigen wollen. Es könne daher angenommen werden, dass die Klägerin mit ihren Stellungnahmen gegenüber den Prüfgremien versucht habe, einen möglichen Regress grundsätzlich und vollständig statt nur hinsichtlich eines Teilbetrages abzuwenden.

Dem Gericht ist von der Prüfungsstelle Ärzte/Krankenkassen, …, die Prüfvereinbarung vom 14. Juni 1999, gültig bis zum 31. Dezember 2003 (zitiert als Prüfvereinbarung 1999), zur Verfügung gestellt worden.

Die Akten des Beklagten (1 Bd. Feststellungsakten, 1 Bd. Bilanzakten, 1 Bd. Sonderakten, 1 Bd. Sonderakten Rechtsbehelfsakten) haben vorgelegen. Ihr Inhalt ist wie der Inhalt der Gerichtsakten Grundlage der Entscheidungsfindung gewesen, soweit die Entscheidung darauf beruht. Insoweit wird auf den Inhalt der Akten ergänzend Bezug genommen.



Entscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

Die Klage ist unbegründet.

Der Bescheid für … über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … ist rechtmäßig.

Der Beklagte hat zu Recht die Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten in Höhe von EUR in der Bilanz der Klägerin zum … beanstandet.

I. Der BFH hat in seinem Urteil vom 8. September 2011 IV R 5/09, DStR 2011, 2186 kürzlich die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse öffentlichrechtliche Verbindlichkeiten zusammengefasst:

„1. Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung sind in der Handelsbilanz u. a. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die daraus folgende Passivierungspflicht gehört zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und gilt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in den für die Streitjahre maßgeblichen Fassungen auch für die Steuerbilanz (ständige Rechtsprechung des BFH, z. B. Urteile in BFHE 196, 216, BStBl 2003 II S. 121 unter II.1. der Gründe; vom 19. August 2002 VIII R 30/01, BFHE 199, 561, BStBl 2003 II S. 131 unter II.1. der Gründe, und vom 25. März 2004 IV R 35/02, BFHE 206, 25, BStBl 2006 II S. 644 unter I. vor 1. der Gründe).

a) Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach, deren Höhe zudem ungewiss sein kann. Der Schuldner muss ernsthaft mit der Inanspruchnahme rechnen, und die Geltendmachung der Verpflichtung muss nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich sein (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-Urteil vom 17. Dezember 1998 IV R 21/97, BFHE 187, 552, BStBl 2000 II S. 116 unter 3. der Gründe). Schließlich muss die ungewisse Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht sein, wobei in der Rechtsprechung des BFH nicht abschließend geklärt ist, ob das Erfordernis der wirtschaftlichen Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag auch für rechtlich entstandene und nur der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten gilt. Nach Auffassung des I. Senats des BFH ist die wirtschaftliche Verursachung einer Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr ein Merkmal, das nur bei der Passivierung künftig entstehender Verbindlichkeiten, nicht hingegen bei dem Grunde nach bereits bestehenden – lediglich dem Betrage nach ungewissen – Verpflichtungen gilt (BFH-Urteile in BFHE 196, 216, BStBl 2003 II S. 121 unter II.3.a der Gründe, und vom 5. Juni 2002 I R 96/00, BFHE 199, 309, BStBl 2005 II S. 736 unter II.3. der Gründe). Urteilen anderer Senate ist möglicherweise zu entnehmen, dass auch eine dem Grunde nach rechtlich entstandene Verbindlichkeit in der Zeit vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht sein muss (BFH-Urteile vom 25. August 1989 III R 95/87, BFHE 158, 58, BStBl 1989 II S. 893 unter II.3. der Gründe; vom 19. Oktober 1993 VIII R 14/92, BFHE 172, 456, BStBl 1993 II S. 891 unter 1.a der Gründe; vom 18. Januar 2011 X R 14/09, BFHE 232, 449, BStBl 2011 II S. 496 unter II.1.b der Gründe).

b) Auch für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht, die auf ein bestimmtes Handeln in Form einer Geldzahlung oder eines anderen Leistungsinhalts innerhalb eines bestimmten Zeitraums gerichtet sind, sind Rückstellungen zu bilden, wenn die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend … konkretisiert … ist … (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-Urteile in BFHE 196, 216, BStBl 2003 II S. 121 unter II.2. der Gründe, und in BFHE 206, 25, BStBl 2006 II S. 644 unter I.2. der Gründe).”

Als Beispiele für vom BFH anerkannte Rückstellungen für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht sind Rückstellungen für die Kosten der Aufstellung des Jahresabschlusses (BFH-Urteil vom 20. März 1980 IV R 89/79, BFHE 130, 165, BStBl II 1980, 297), Umweltschutzverpflichtungen (BFH-Urteil vom 25. März 2004 IV R 35/02, BFHE 206, 25, BStBl II 2006, 644; 21. September 2005 X R 29/03, BFHE 212, 439, BStBl II 2006, 647), die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen (BFH-Urteil vom 18. Januar 2011 X R 14/09, BFHE 232, 449, BStBl II 2011, 496), die Zulassungskosten für ein Pflanzenschutzmittel (BFH-Urteil vom 8. September 2011 IV R 5/09, DStR 2011, 2186) oder Steuern (BFH-Urteil vom 16. Dezember 2009 I R 43/08, BFHE 227, 469) zu nennen.

1. Erforderlich ist für die Bildung einer Rückstellung für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, dass diese am Bilanzstichtag hinreichend inhaltlich und zeitlich konkretisiert sind.

Das bedeutet, dass sie auf ein bestimmtes oder zumindest bestimmbares Handeln innerhalb eines bestimmten oder zumindest bestimmbaren Zeitraums abzielt (vgl. Buciek, in Blümich, EStGKStGGewStG, 110. Aufl., § 5 Rn. 793c m. w. N.). Bejaht wird dies, wenn eine Verfügung der zuständigen Behörde vorliegt oder eine verwaltungsrechtliche Vereinbarung abgeschlossen worden ist. Einer Verfügung oder einer Vereinbarung bedarf es nur dann nicht, wenn sich bei einem konkreten Gesetzesbefehl allein aus dem Gesetz eine Verpflichtung ergibt (vgl. BFH-Urteil vom 8. November 2000 I R 6/96 , BFHE 193, 399, BStBl II 2001, 570; Frotscher, in Frotscher, EStG, § 5 EStG Rz. 343 , Stand: 26. 10. 2009; Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, Stand: März 2005, § 5 EStG Anm. 505). Eine hinreichende Konkretisierung einer ungewissen öffentlich-rechtlichen Verpflichtung liegt noch nicht vor, wenn eine Behörde lediglich den Erlass eines Verwaltungsaktes androht (FG Münster, Urteil vom 16. November 2006 8 K 4694/04 G,F, EFG 2007, 504). Es muss eine Situation vorliegen, in der sich der Steuerpflichtige der Erfüllung der Verpflichtung im Ergebnis nicht entziehen kann (vgl. BFH-Urteil vom 8. November 2000 I R 6/96 , BFHE 193, 399, BStBl II 2001, 570).

2. Eine Rückstellung darf nur gebildet werden, wenn der Steuerpflichtige ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen muss.

Die ernstliche Erwartung einer Inanspruchnahme aus öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen ist anhand der erkennbaren tatsächlichen Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalles zu prüfen (BFH-Urteil vom 25. März 2004 IV R 35/02, BFHE 206, 25, BStBl II 2006, 644; vgl. Christiansen, DStR 2008, 735). Im Bereich der Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand ist jedenfalls im Bereich des Polizei- und Ordnungsrechts die Kenntniserlangung durch den Gläubiger regelmäßig geeignet, auf die ernsthafte Erwartung der Inanspruchnahme des Schuldners schließen zu lassen. Lässt sich hingegen Erklärungen der Behörde entnehmen, dass sie davon absehen wird, den Schuldner in Anspruch zu nehmen, ist die Inanspruchnahme nicht ernstlich zu erwarten (vgl. BFH-Urteil vom 19. November 2003 I R 77/01, BFHE 204, 135, BStBl II 2010, 482). Allein die Möglichkeit einer Inanspruchnahme im Sinne einer latenten Verpflichtungssituation genügt nicht, um überwiegende Gründe für das Bestehen einer zur Rückstellungsbildung berechtigenden ungewissen Verbindlichkeit annehmen zu können. Es müssen mehr Gründe für eine Inanspruchnahme als dagegen sprechen (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 XI R 64/04, BFHE 211, 475, BStBl II 2006, 371; FG Niedersachsen, Urteil vom 14. Dezember 2007 2 K 224/07, EFG 2008, 1105). Diese Erwartung ist auf konkrete Anhaltspunkte zu stützen. Daher kann der Auffassung nicht gefolgt werden, die wegen der allgemein bestehenden Möglichkeit der Durchführung von Betriebsprüfungen bei Großbetrieben die allgemeine die Rückstellungsbildung für die damit verbundenen Kosten zulassen will (so aber Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Oktober 2010 3 K 2555/09, EFG 2011, 339, Revision eingelegt (Az. des BFH: I R 99/10)).

3. Nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag muss zu erwarten sein, dass der Steuerpflichtige aus der Verbindlichkeit in Anspruch genommen wird (vgl. Buciek in Blümich, EStG – KStG – GewStG, § 5 Rn. 791). Bei der Bilanzierung sind auch solche Umstände zu berücksichtigen, die bis zum Abschlussstichtag entstanden, aber erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind und die Verhältnisse zum Abschlussstichtag gleichsam „aufhellen”. Der zu beurteilende Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung ist auf die am Bilanzstichtag objektiv bestehenden Verhältnisse zu beziehen (vgl. BFH-Urteil vom 30. Januar 2002 I R 68/00, BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688).

Gemäß § 249 Abs. 3 Satz 2 HGB ist eine in früheren Wirtschaftsjahren gebildete Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten aufzulösen, sobald nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag die Gründe für ihre Bildung und demgemäß Beibehaltung nicht mehr bestehen (BFH-Urteil vom 30. Januar 2002 I R 68/00, BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688). Zu jedem Bilanzstichtag ist zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für den Ansatz von Rückstellungen dem Grunde und der Höhe nach gegeben sind. Ist dies nicht der Fall sind sie ergebniswirksam aufzulösen oder zu vermindern (Wiedmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 2. Auflage 2008, § 249 HGB Rn. 14).

Nach dem Grundsatz des sog. formellen Bilanzenzusammenhangs sind Rückstellungen aufzulösen, wenn und soweit sie von Anfang an nicht hätten gebildet werden dürfen und dieser Fehler nicht zu einem früheren Zeitpunkt korrigiert werden kann, weil er in einem bestandskräftig gewordenen Steuerbescheid berücksichtigt worden ist und jener Bescheid aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht geändert werden kann (BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2009 I R 43/08, BFHE 227, 469; Buciek in Blümich, EStG – KStG – GewStG, § 5 EStG, Rn. 812).

Die Zulässigkeit der aus Vorjahren übernommenen Bilanzansätze der Rückstellungen ist ebenso wie die Anerkennung der im Streitjahr vorgenommenen Zuführung zu einer Rückstellung abschnittweise nach den Verhältnissen im Streitjahr zu prüfen. Die Bestandskraft der für Vorjahre durchgeführten Veranlagungen oder die Nichtbeanstandung einer Rückstellung in Vorjahren hindert die Auflösung einer Rückstellung nicht, denn jede Rückstellung birgt das Risiko einer späteren Auflösung (BFH-Beschluss vom 25. April 1990 I R 78/85, BFH/NV 1990, 630; vgl. Wied in Blümich, EStG – KStG – GewStG, § 4 Rz. 996).

II. Die Verpflichtung eines Vertragsarztes zur Erstattung des durch eine unwirtschaftliche Verordnungsweise für die Krankenversicherungen entstandenen Mehraufwandes folgt nicht unmittelbar aus gesetzlichen Vorschriften. Während sich die (Primär-)Verpflichtung der Vertragsärzte zur Erbringung einer wirtschaftlichen Versorgung unmittelbar aus § 70 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 12 SGB ergibt, lassen sich die Sekundärpflichten als Folge der Nichtbeachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots nicht unmittelbar dem Gesetz entnehmen. Vielmehr ist in § 106 SGB V die Wirtschaftlichkeitsprüfung der vertragsärztlichen Verordnungsweise in einem mehrstufigen Verfahren geregelt worden. Die Überschreitung von Richtgrößen führt zunächst lediglich zu einer Überprüfung. In diesem Verfahren wird insbesondere geprüft, ob die Abweichungen von Richtgrößen durch Praxisbesonderheiten gerechtfertigt sind. Auch stellen Kürzungen des Honorars oder die Erstattung des durch die Abweichung von Richtgrößen verursachten Mehraufwands neben anderen Maßnahmen lediglich ein mögliches Ergebnis von Überprüfungsverfahren dar.

a) § 106 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 gültigen Fassung des Gesetzes zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets (Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz – ABAG) vom 19. Dezember 2001 ( BGBl 2001 I S. 3773), nachfolgend zitiert als § 106 SGB V a. F., lautete:

§ 106 Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird geprüft durch

1. arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder bei Überschreitung der Richtgrößenvolumen nach § 84 (Auffälligkeitsprüfung),

2. arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben, die mindestens 2 vom Hundert der Ärzte je Quartal umfassen (Zufälligkeitsprüfung). Die Höhe der Stichprobe nach Satz 1 Nr. 2 ist nach Arztgruppen gesondert zu bestimmen; der Prüfungsausschuss kann für die Zwecke der Prüfung Gruppen abweichend von den Fachgebieten nach ausgewählten Leistungsmerkmalen bilden. Die Prüfungen nach Satz 1 umfassen auch die Häufigkeit von Überweisungen, Krankenhauseinweisungen und Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit sowie die Häufigkeit und den Umfang sonstiger veranlasster Leistungen, insbesondere aufwendiger medizinisch-technischer Leistungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die in Satz 1 vorgesehenen Prüfungen hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren; dabei dürfen versichertenbezogene Daten nur nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Die Prüfungen nach Durchschnittswerten sind für den Zeitraum eines Quartals, die Prüfungen bei Überschreitung der Richtgrößenvolumen für den Zeitraum eines Kalenderjahres durchzuführen. Soweit ärztlich verordnete Leistungen bei Überschreitung von Richtgrößenvolumen geprüft werden, werden Prüfungen nach Durchschnittswerten nicht durchgeführt. In die Prüfungen sind auch die Leistungen einzubeziehen, die im Rahmen der Kostenerstattung vergütet worden sind.

(2a) Gegenstand der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit in den Prüfungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 sind, soweit dafür Veranlassung besteht,

1. die medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Indikation),

2. die Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Effektivität),

3. die Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualität), insbesondere mit den in den Richtlinien der Bundesausschüsse enthaltenen Vorgaben,

4. die Angemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel,

5. bei Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie auch die Vereinbarkeit der Leistungen mit dem Heil- und Kostenplan.

(3) Die in Absatz 2 Satz 4 genannten Vertragspartner vereinbaren die Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 2 gemeinsam und einheitlich. Der einer Prüfung nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 zugrunde zu legende Zeitraum beträgt mindestens ein Jahr. In den Verträgen ist auch festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Einzelfallprüfungen durchgeführt und pauschale Honorarkürzungen vorgenommen werden. Für den Fall wiederholt festgestellter Unwirtschaftlichkeit sind pauschale Honorarkürzungen vorzusehen.

(3a) Ergeben die Prüfungen nach Absatz 2 und nach § 275 Abs. 1 Nr. 3b, Abs. 1a und Abs. 1b, daß ein Arzt Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat, obwohl die medizinischen Voraussetzungen dafür nicht vorlagen, kann der Arbeitgeber, der zu Unrecht Arbeitsentgelt gezahlt hat, und die Krankenkasse, die zu Unrecht Krankengeld gezahlt hat, von dem Arzt Schadensersatz verlangen, wenn die Arbeitsunfähigkeit grob fahrlässig oder vorsätzlich festgestellt worden ist, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht vorgelegen hatten.

(4) Die in Absatz 2 Satz 4 genannten Vertragspartner bilden bei den Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsame Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse. Den Ausschüssen gehören Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen in gleicher Zahl an. Den Vorsitz führt jährlich wechselnd ein Vertreter der Ärzte und ein Vertreter der Krankenkassen. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(5) Der Prüfungsausschuss führt die Prüfungen nach Absatz 2 durch; er entscheidet, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Dabei sollen gezielte Beratungen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Gegen die Entscheidungen der Prüfungsausschüsse können die betroffenen Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen, die Krankenkasse, die betroffenen Landesverbände der Krankenkassen sowie die Kassenärztlichen Vereinigungen die Beschwerdeausschüsse anrufen. Die Anrufung hat aufschiebende Wirkung. Für das Verfahren sind § 84 Abs. 1 und § 85 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes anzuwenden. Das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuß gilt als Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes). Die Klage gegen eine vom Beschwerdeausschuss festgesetzte Honorarkürzung hat keine aufschiebende Wirkung.

(5a) Prüfungen bei Überschreitung der Richtgrößenvolumen nach § 84 Abs. 6 und 8 werden durchgeführt, wenn das Verordnungsvolumen eines Arztes in einem Kalenderjahr das Richtgrößenvolumen um mehr als 15 vom Hundert (Prüfungsvolumen) übersteigt und auf Grund der vorliegenden Daten der Prüfungsausschuss nicht davon ausgeht, dass die Überschreitung in vollem Umfang durch Praxisbesonderheiten begründet ist (Vorab-Prüfung). Die nach § 84 Abs. 6 zur Bestimmung der Richtgrößen verwendeten Maßstäbe können zur Feststellung von Praxisbesonderheiten nicht erneut herangezogen werden. Liegt das Verordnungsvolumen nur geringfügig über dem Prüfungsvolumen und stellt der Prüfungsausschuss die Unwirtschaftlichkeit der Verordnungsweise fest, bestimmt er, welche Beratungen sowie Kontrollmaßnahmen in den zwei darauf folgenden Kalenderjahren zu ergreifen sind. Bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 vom Hundert hat der Vertragsarzt nach Feststellung durch den Prüfungsausschuss darüber hinaus den sich aus der Überschreitung des Prüfungsvolumens ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Der Prüfungsausschuss kann auf Antrag den Erstattungsanspruch entsprechend § 76 Abs. 2 Nr. 1 und 3 des Vierten Buches stunden oder erlassen, soweit der Vertragsarzt nachweist, dass die Erstattung ihn wirtschaftlich gefährden würde. Der Prüfungsausschuss soll vor seinen Entscheidungen und Festsetzungen nach Satz 3 und 4 auf eine entsprechende Vereinbarung mit dem Vertragsarzt hinwirken, die im Fall von Satz 4 eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu einem Fünftel zum Inhalt haben kann. Die in Absatz 2 Satz 4 genannten Vertragspartner bestimmen in Vereinbarungen nach Absatz 3 den Wert für die geringfügige Überschreitung des Prüfungsvolumens und das Verfahren der Erstattung des nach Satz 4 festgesetzten Betrages. Die Vertragspartner nach Absatz 2 Satz 4 können Abweichungen von den in Satz 1 und Satz 4 geregelten Vomhundertsätzen vereinbaren. Eine Klage gegen die Entscheidung des Beschwerdeausschusses hat keine aufschiebende Wirkung.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen; § 83 Abs. 2 gilt entsprechend.

Gemäß § 106 Abs. 1 SGB V überwachen die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Dies geschah im Streitzeitraum durch die arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder bei Überschreitung der Richtgrößenvolumen nach § 84 bei Überschreitung festgesetzter Richtgrößenvolumina (§ 106 Abs. 2 Nr. 1 SGB V a. F.).

Nach § 106 Abs. 4 SGB V a. F. werden von den Landesverbänden der Krankenkassen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsame Prüfungsausschüsse (heute: Prüfungsstellen) zur Durchführung dieser Prüfungen gebildet. Es wird von ihnen ferner nach § 106 Abs. 3 SGB das Prüfverfahren vereinbart. Vorliegend ist nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung vom die zwischen den Verbänden der Krankenkassen im Landes … und der Kassenärztlichen Vereinigung … vereinbarte Prüfvereinbarung vom 14. Juni 1999, die bis zum 31. Dezember 2003 gültig war (Bl. 185 – 211 GA), maßgeblich. Auf der von der Klägerin übersandten Kopie von § 10 und § 11 einer „Prüfvereinbarung aufgrund § 106 SGB V” ist „Ergänzungsblattlieferung vom 01. 06. 2006” vermerkt. Sie betrifft einen nach den Streitjahren liegenden Zeitraum.

Bei den Entscheidungen der Prüfungsausschüsse handelt es sich um Verwaltungsakte, gegen die den Betroffenen der Sozialrechtsweg offensteht. Dem sozialgerichtlichen Verfahren ist ein Vorverfahren vor Beschwerdeausschüssen vorgeschaltet, das aufschiebende Wirkung hat (§ 106 Abs. 5 SGB V).

b) Die Richtgrößenprüfung erfolgt durch die arztbezogene Prüfung ärztlich verordneter Leistungen bei Überschreitung der Richtgrößenvolumina nach § 84 SGB V (§ 106 Abs. 2 SGB V). Gemäß § 84 SGB V werden Ausgabevolumina als Richtgrößen für die Verordnung von Arzneimitteln, Verbandmitteln und Heilmitteln festgelegt.

Gemäß § 106 Abs. 5 Satz 1 SGB V a. F. führt der Prüfungsausschuss (heute: Prüfungsstelle) die Prüfungen durch und entscheidet, ob der Vertragsarzt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Gemäß § 106 Abs. 2 Satz 2 SGB V sollten gezielte Beratungen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Das Verfahren der Richtgrößenprüfung ist nicht für einzelne Quartale, sondern für das Kalenderjahr durchzuführen (§ 106 Abs. 2 Satz 5, Abs. 5a Satz 1 SGB V a. F.).

Das Prüfungsverfahren der Auffälligkeitsprüfung nach Richtgrößen (vgl. Engelhard, Die Richtgrößenprüfung im Vertragsarztrecht, NZS 2004, 572) ist zweistufig aufgebaut:

Die Einleitung eines Prüfverfahrens setzt voraus, dass der Arzt durch eine Abweichung von den Richtgrößen auffällig geworden ist. Gemäß § 106 Abs. 5a Satz 1 SGB V a. F. erfolgte zunächst eine Vorabprüfung bei Überschreitung der Richtgrößenvolumina um mehr als 15 %, sofern der Prüfungsausschuss auf Grund der vorliegenden Daten nicht davon ausging, dass die Überschreitung in vollem Umfang durch Praxisbesonderheiten begründet war. War die Überschreitung begründet, war das Verfahren beendet. Lag die Überschreitung zwischen 15 % und 25 % wurden vom Prüfungsausschuss Beratungs- und Kontrollmaßnahmen verfügt.

Die Einleitung der eigentlichen Richtgrößenprüfung, der zweiten Phase des Verfahrens, erfolgt, wenn die Überschreitung 25 % übersteigt. Erst wenn das Richtgrößenvolumen um mehr als 25 % überschritten wird und diese Überschreitung nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist (§ 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V), ist die Festsetzung eines Erstattungsbetrages durch einen Regressbescheid vorgesehen. Der Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % wird die Wirkung eines Anscheinsbeweises oder einer gesetzlichen Vermutung der Unwirtschaftlichkeit beigemessen (vgl. BSG-Urteil vom 16. Juli 2003 B 6 KA 45/02 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 3). Diese Wirkung kann dadurch entkräftet werden, dass der Arzt gegen die Unwirtschaftlichkeit sprechende Praxisbesonderheiten darlegt und gegebenenfalls beweist (vgl. Hess in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 69. Ergänzungslieferung 2011, § 106 SGB V Rn. 66 ff.). Der Prüfungsausschuss soll gemäß § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V eine einvernehmliche Lösung mit dem betroffenen Arzt suchen. Im Falle einer wirtschaftlichen Gefährdung des Arztes sind Stundung oder Erlass des Rückzahlungsbetrages möglich (§ 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V a. F., § 106 Abs. 5c Satz 5 SGB V).

Gemäß § 10 der Prüfvereinbarung 1999 ist die Prüfung der Verordnungsweise nach Richtgrößen als gesonderte Vereinbarung in der Anlage 9 zur Prüfvereinbarung geregelt. Dort ist in § 6 bestimmt:

„Verfahren und Überschreitung der Richtgrößen

(1) Sobald ein Vertragsarzt bei Vorliegen der in § 4 genannten Voraussetzungen mindestens eine (Arznei- und Verbandmittel oder Heilmittel) der für seine Praxis ermittelten Richtgrößensummen für Arznei- und Verbandmittel um mehr als 15 %, für Heilmittel um mehr als 30 % überschreitet, wird von Amts wegen ein Prüfverfahren nach Maßgabe der Bestimmungen der Prüfvereinbarung eingeleitet. Überschreitet der Vertragsarzt mindestens eine der für seine Praxis ermittelten Richtgrößensummen für Arznei- und Verbandmittel um mehr als 25 % bzw. für Heilmittel um mehr als 40 %, hat der Vertragsarzt den sich hieraus ergebenen Mehraufwand zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Der Berechnungsmodus zur Feststellung einer möglichen Überschreitung einer Richtgröße durch den Vertragsarzt ergibt sich aus Anlage 3 zu dieser Vereinbarung.

(2) Stellt der Prüfungsausschuß eine über die vorgenannten Interventionsgrenzen hinausgehende Überschreitung der für den Vertragsarzt geltenden Richtgrößensummen (Arznei- und Verbandmittel oder Heilmittel) fest, die nicht durch bereits bekannte Praxisbesonderheiten erklärbar sind, wird dem Vertragsarzt Gelegenheit gegeben, innerhalb der für Rechtsbehelfe vorgesehenen Frist die Höhe der von ihm veranlaßten (Brutto-) Ausgaben zu begründen.

Dabei ist den besonderen Versorgungsverhältnissen einer Praxis, die mit einem erhöhten Versorgungsaufwand verbunden sind, angemessen Rechnung zu tragen.

(3) Die in der Anlage 4 zu dieser Vereinbarung genannten Voraussetzungen für die Anerkennung besonderer Versorgungsverhältnisse als Praxisbesonderheit im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung sind zu berücksichtigen. Die Anerkennung als Praxisbesonderheit ist dabei auf die unter Berücksichtigung der Preise und der Verordnungsmenge wirtschaftliche Versorgung begrenzt.

Andere als in der Anlage 4 zu dieser Vereinbarung genannte Praxisbesonderheiten sind dann zu berücksichtigen, wenn besondere Erkrankungen zu versorgen waren, die der Art und/oder der Anzahl nach den von Erkrankungen abweichen, die üblicherweise in Praxen der entsprechenden Fachgruppe vorkommen.

Andere als die in Anlage 4 zu dieser Vereinbarung genannten Praxisbesonderheiten sind vom Arzt darzulegen.”

c) Werden Abweichungen von den Durchschnittswerten festgestellt, kann vom Prüfungsausschuss die eigentliche Wirtschaftlichkeitsprüfung eröffnet werden. Anders als bei der Richtgrößenprüfung, bei der im Falle einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um 25 % und dem Fehlen von Praxisbesonderheiten die Festsetzung eines bestimmten Erstattungsbetrages im Gesetz als Maßnahme vorgesehen ist, fehlt eine solche Bestimmung für die Prüfung nach Durchschnittswerten im Gesetz. Doch sind auch hier Honorarkürzungen oder Regresse als Maßnahmen möglich (vgl. Hess in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 69. Ergänzungslieferung 2011, § 106 SGB V Rn. 42). Die Einzelheiten sind in den nach § 106 Abs. 3 SGB V zu schließenden Prüfvereinbarungen der regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Krankenkassenverbänden zu regeln. In diesen Vereinbarungen wird auch festgelegt, unter welchen Voraussetzungen Einzelfallprüfungen durchgeführt und pauschale Honorarkürzungen vorgenommen werden. Bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung kommt den Prüfgremien ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. (BSG-Urteil vom 27. 06. 2001 B 6 KA 66/00 R, SozR 3-2500 § 106 Nr 53).

Gemäß § 14 Abs. 2 Prüfungsvereinbarung 1999 kann der Prüfungsausschuss bei Prüfung der ärztlichen Verordnungsweise nach Durchschnittswerten eine Beratung des Arztes durchführen oder veranlassen oder einen Regress beschließen. Dabei soll gemäß § 14 Abs. 3 Prüfungsvereinbarung 1999 vorrangig eine Beratung beschlossen werden.

d) Es ist grundsätzlich möglich, für Regresse der Krankenkassen gegenüber Ärzten wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise in der vertragsärztlichen Versorgung Rückstellungen zu bilden. Die öffentlich-rechtliche Zahlungsverpflichtungen der Kassenärzte sind allerdings erst dann hinreichend konkretisiert, wenn ein entsprechender Beschluss des Prüfungsausschusses, einen Arzt wegen der Überschreitung der für seine Praxis ermittelten Richtgrößensummen für Arznei- und Verbandmittel oder Heilmittel oder einer Abweichung der Verordnungsweise von den Durchschnittswerten für einen bestimmten Zeitraum in einer betragsmäßig bestimmten Höhe in Anspruch zu nehmen, vorliegt.

Soll für einen Arzt eine Rückstellung für die Inanspruchnahme wegen der Überschreitung vereinbarter Richtgrößen für Arznei- und Verbandmittel oder Heilmittel gebildet werden, reicht allein die Überschreitung der Richtgrößen, die zu einer abstrakten Möglichkeit der Inanspruchnahme führt, dafür nicht aus. Vielmehr ist es erforderlich, dass hinreichend konkrete Anzeichen dafür vorliegen, dass die zuständige Kassenärztliche Vereinigung ihn konkret in Anspruch nehmen will (vgl. FG Niedersachsen, Urteil vom 14. Dezember 2007 2 K 224/07, EFG 2008, 1105).

aa) Allein die Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung über die Abweichung der Verordnungsweise eines Arztes von den Durchschnittswerten oder die Überschreitung der Richtgrößen wegen der verordneten Volumina von Arznei-, Verband- oder Heilmittel reichen hierfür nicht aus. Denn gemäß § 8 Abs. 2 der Anlage 9 zur Prüfvereinbarung 1999 sollen diese Informationen erfolgen, um den Vertragsärzten die Beobachtung ihrer Verordnungstätigkeit zu ermöglichen und Überschreitungen ihrer Richtgrößensummen vermeiden zu helfen.

bb) Auch die Mitteilung der Einleitung von Prüfungsverfahren berechtigt noch nicht zur Rückstellungsbildung. Gemäß § 5 Abs. 3 Prüfvereinbarung 1999 ist in den Prüfungsverfahren die Wirtschaftlichkeit der gesamten Tätigkeit des Vertragsarztes zu berücksichtigen. Denn die Einleitung eines Verfahrens führt nicht zwingend zur Festsetzung eines Regresses. Vielmehr kann der betroffene Arzt im Prüfungsverfahren die Abweichungen rechtfertigen und damit den Regress abwenden.

Bei der Prüfung der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten kann gemäß § 14 Abs. 3 und 4 Prüfvereinbarung vom Prüfungsausschuss nur dann ein Regress beschlossen werden, wenn neben den für die Verfahrenseinleitung erforderlichen Abweichungen einzeln bestimmte, weitere Kriterien erfüllt sind. Dazu gehört „ein offensichtliches Missverhältnis zu den entsprechenden Durchschnittswerten der Vergleichsgruppe”. Bei der Festlegung des offensichtlichen Missverhältnisses steht den Prüfgremien ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. BSG-Urteil vom 19. Oktober 2011 B 6 KA 38/10 R , SGb 2011, 698). Der Regress ist ausgeschlossen, wenn der „Mehraufwand durch ursächlich mit der Überschreitung zusammenhängende Einsparungen in anderen Kostenbereichen ausgeglichen wird” oder durch Praxisbesonderheiten (vgl. Hess, in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 71. Ergänzungslieferung 2011, § 106 SGB V, Rn. 66ff.) gerechtfertigt ist (vgl. § 6 Abs. 1 Anlage 9 zur Prüfvereinbarung 1999).

cc) Erst wenn mit dem Beschluss des Prüfungsausschusses über die Inanspruchnahme eines Vertragsarztes eine behördliche Verfügung vorliegt, ist die Bildung einer Rückstellung gerechtfertigt. Durch diesen Beschluss erfolgt die erforderliche Konkretisierung (vgl. BFH-Urteil vom 25. März 2004 IV R 35/02, BFHE 206, 25, BStBl II 2006, 644) der öffentlich-rechtlichen Zahlungsverpflichtung.

Die Bildung von Rückstellungen wegen der Überschreitung der Richtgrößen gemäß § 7 der Anlage 9 zur Prüfvereinbarung 1999 setzt die Festsetzung einer Regresssumme gegen den Arzt durch den Prüfungsausschuss voraus. Entsprechend kommt die Bildung von Rückstellungen wegen der Überschreitung der vereinbarten Richtgrößen für Arznei- oder Heilmittel oder einer auffälligen Abweichung der Verordnungsweise von den Durchschnittswerten ebenfalls erst dann in Betracht, wenn der Prüfungsausschuss gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 Prüfvereinbarung 1999 einen Regress beschlossen hat.

III. Der Beklage hat zu Recht den Ausweis einer Rückstellung Regressrisiken in Höhe von EUR in der Bilanz nicht anerkannt.

Die Rückstellung war in Höhe von … EUR (… EUR + … EUR) aufzulösen. Die Klägerin war nicht berechtigt, im Jahresabschluss zum … bei der Ermittlung des Übergangsgewinns wegen des Wechsels der Gewinnermittlungsart einen Abzug von … EUR für eine Rückstellung Regressrisiken für Verordnungszeiträume bis zum … vorzunehmen (1.). Sie war auch nicht berechtigt, in ihrer Bilanz auf den … die Rückstellung für Regressrisiken wegen einer drohenden Inanspruchnahme für Verordnungszeiträume bis zum … um … EUR zu erhöhen (2.). Es war in der Bilanz zum … keine Zuführung zu den Rückstellungen in Höhe von EUR wegen einer drohenden Inanspruchnahme für Verordnungszeiträume bis zum … auszuweisen (3.)

1. Die zur Ermittlung des Übergangsgewinns wegen des Wechsels der Gewinnermittlungsart gebildete Rückstellung Regressrisiken in Höhe von … EUR wegen der Verordnungsweise der Klägerin bis zum … in der Bilanz zum … wurde zu Unrecht gebildet und ist gewinnerhöhend in … aufzulösen.

a) Es bestand zum Zeitpunkt des Wechsels der Gewinnermittlungsart keine hinreichend konkretisierte Zahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung wegen ihrer Verordnungsweise in der Zeit bis zum …. Auch war ihre Inanspruchnahme nicht wahrscheinlich.

Soweit sich die Klägerin auf Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung … betreffend „Information über Ihre Verordnungsweise nach Durchschnittswerten” im Zeitraum … bis … (Bl. … – … Feststellungsakten) beruft, handelt es sich lediglich um bloße Mitteilungen der durch die Klägerin bewirkten Verordnungskosten sowie der Mehrkosten im Durchschnitt der Vergleichsgruppe. Von einem Regress ist in diesen Schreiben nicht einmal die Rede.

Dies gilt auch für das Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung betreffend die Richtgrößenprüfung für Arznei-, Verband- und Heilmittelverordnungen -Information über das Berechnungsergebnis vor Vorlage im Prüfungsausschuss (Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA). Es wird lediglich ein Überschreitungsbetrag mitgeteilt und an die Klägerin appelliert, ihr Verordnungsverhalten kritisch zu hinterfragen, sowie eine Beratung angeboten.

b) Die zu Unrecht bei der Erstellung der Bilanz zum … gebildete Rückstellung Regressrisiken wegen der Verordnungsweise der Klägerin in der Zeit bis zum … ist in der Bilanz zum gewinnerhöhend aufzulösen. Denn der Feststellungsbescheid für … ist bestandskräftig.

2. Die Klägerin war nicht berechtigt, in ihrer Bilanz auf den … eine Zuführung zur Rückstellung für Regressrisiken wegen einer drohenden Inanspruchnahme in Höhe von … EUR vorzunehmen. Die Rückstellung ist gewinnerhöhend in … aufzulösen.

a) Es bestand zum Bilanzstichtag … keine hinreichend konkretisierte Zahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung wegen ihrer Verordnungsweise in der Zeit bis zum …. Auch war ihre Inanspruchnahme nicht wahrscheinlich.

Es sind im Jahre … keine Umstände eingetreten, durch die eine Zahlungsverpflichtung konkretisiert worden wäre oder die die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme erhöht hätten.

Die Einleitung des Verfahrens auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten (vgl. Schreiben der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses Ärzte/Krankenkassen – Wirtschaftliche Verordnungsweise – … betreffend „Antrag auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten gemäß § 9 Absatz 3 der Prüfvereinbarung ” für das Quartal 4 - … vom …, Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA) berechtigte nicht zur Rückstellungsbildung. Zudem stellt die Einleitung eines solchen Verfahrens lediglich einen ersten Schritt in einem mehrstufigen Verfahren dar, das zu einem Beschluss des Prüfungsausschusses über die Festsetzung eines Regresses führen kann, aber nicht muss. Aus dem Schreiben vom … folgt lediglich, dass sich Auffälligkeiten bei der Klägerin ergeben hatten. Dem Schreiben war kein Anhaltspunkt für die Höhe eines etwaigen Regresses zu entnehmen. Auch in dem Schreiben der Prüfungsstelle Ärzte/Krankenkassen … vom … (Bl. … GA, Bl. … Rechtsbehelfsakten) ist für dieses Verfahren keine potentielle Regresssumme angegeben. Weiter wurde in dem Schreiben mitgeteilt, dass eine Befassung des Prüfungsausschusses noch nicht erfolgt war, und der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt, Stellung zu nehmen. Damit war es der Klägerin möglich, der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses darzulegen, auf welchen Praxisbesonderheiten die Abweichung von Durchschnittswerten beruhte.

Angesichts der Tatsache, dass letztlich keine Inanspruchnahme der Klägerin erfolgte, ist anzunehmen, dass es der Klägerin gelungen ist, gegenüber dem Prüfungsausschuss entsprechende die Auffälligkeiten rechtfertigende Praxisbesonderheiten darzulegen. Trotz der ausdrücklichen Aufforderung durch die Verfügung des Berichterstatters vom … den ihre Verordnungsweise betreffenden Schriftverkehr, insbesondere ihre eigenen Antwortschreiben auf die Schreiben der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses vorzulegen, hat die Klägerin hiervon abgesehen.

b) Es bestand zum Bilanzstichtag keine hinreichend konkretisierte Zahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung wegen ihrer Verordnungsweise im Verordnungszeitraum …. Auch war ihre Inanspruchnahme nicht wahrscheinlich.

aa) Bei den Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung … betreffend „Frühinformation über die Arzneimittelausgaben” im 1. Quartal … (…, Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA), im 2. Quartal … (…, Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA), 3. Quartal … (…, Bl. … GA und im 4. Quartal … (…, Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA) handelt es sich lediglich um bloße Mitteilungen der durch die Klägerin bewirkten Verordnungskosten sowie der Abweichungen von den Richtgrößen. In den Schreiben wird überdies darauf hingewiesen, dass diese Werte in Bezug auf eine Richtgrößenprüfung nur eingeschränkt aussagefähig sind und Praxisbesonderheiten noch nicht berücksichtigt sind.

bb) Die Einleitung der Verfahren auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten (vgl. Schreiben der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses Ärzte/Krankenkassen – Wirtschaftliche Verordnungsweise – <… betreffend „Antrag auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten gemäß § 9 Absatz 3 der Prüfvereinbarung für das Quartal 1 - … (…, Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA) und für das Quartal 2 - … (…, Bl. … Feststellungsakten, Bl. …. GA), berechtigte nicht zur Rückstellungsbildung. Insoweit ist auf die Ausführungen zu dem mit Schreiben vom … eingeleiteten Verfahren wegen der Verordnungsweise im 4. Quartal … zu verweisen.

Selbst wenn die Verfahrenseinleitungen am … und … grundsätzlich geeignet wären, die Bildung einer Rückstellung zu rechtfertigen, könnten sie zum Bilanzstichtag … nicht berücksichtigt werden. Sie waren nicht als wertaufhellende Tatsachen zu berücksichtigen. Als wertaufhellend sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur solche Umstände zu berücksichtigen, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen und nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzerstellung lediglich bekannt oder erkennbar wurden (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 XI R 64/04, BFHE 211, 475, BStBl II 2006, 371). Bei den nach dem Bilanzstichtag, aber vor der Bilanzerstellung erfolgten Verfahrenseinleitungen könnte es sich nicht um wertaufhellende, sondern nur um neue Tatsachen handeln.

cc) Wegen des Schreibens der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses Ärzte/Krankenkassen – betreffend „Antrag auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise gemäß § 8 Punkt 2 der Prüfvereinbarung” für das Quartal 3/… (Bl. …. Feststellungsakten, Bl. … GA), vom … war eine Inanspruchnahme der Klägerin aus den genannten Gründen nicht überwiegend wahrscheinlich. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zu dem mit Schreiben vom n… eingeleiteten Verfahren wegen der Verordnungsweise im 4. Quartal … verwiesen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass in diesem Schreiben darauf hingewiesen wird, dass der gemeinsam Antrag der Landesverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung keine Entscheidung in der Sache beinhalte. Zwar wird auf die Möglichkeit einer Honorarkürzung hingewiesen, doch fehlt es an der Bezeichnung einer konkreten Regresssumme. Auch die Klägerin hat insoweit keine Angaben gemacht. Im Übrigen ist auf das Schreiben „Bestätigung Ihrer Prüfverfahren” der Prüfungsstelle Ärzte/Krankenkassen … vom … (Bl. … GA, Bl. … Rechtsbehelfsakten) hinzuweisen. Ein Prüfverfahren betreffend die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise der Klägerin im 3. Quartal … ist dort nicht aufgeführt.

3. Die Klägerin war nicht berechtigt, in ihrer Bilanz zum … eine Zuführung zu den Rückstellungen für Regressrisiken wegen einer drohenden Inanspruchnahme in Höhe von … EUR vorzunehmen.

a) Es bestand zum Bilanzstichtag … keine hinreichend konkretisierte Zahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung wegen ihrer Verordnungsweise bis zum …. Auch war ihre Inanspruchnahme nicht wahrscheinlich.

Es sind im Jahre … keine Umstände eingetreten, durch die eine Zahlungsverpflichtung konkretisiert worden wäre oder die die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme erhöht hätten.

aa) Die Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung … vom … betreffend „Frühinformation über die Arzneimittelausgaben” und Prüfung Ihrer Abrechnung im 3. Quartal … (Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA, Bl. … GA) sowie vom … betreffend die Verordnungsweise nach Durchschnittswerten (Bl. …. GA) stellten reine Informationsschreiben dar.

bb) Die Einleitung eines Verfahrens auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten für das Quartal 1-…, die mit dem Schreiben der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses vom … (Bl. … Feststellungsakten, Bl. … GA) erfolgte, berechtigte nicht zur Rückstellungsbildung. Insoweit ist auf die Ausführungen zu dem mit Schreiben vom … eingeleiteten Verfahren wegen der Verordnungsweise im 4. Quartal … zu verweisen.

cc) Entsprechend berechtigte die Einleitung eines Verfahrens auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten für das Quartal 2-…, die mit dem Schreiben der Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses vom … (Bl. … Feststellungsakten, Bl. …. GA) erfolgte, nicht zur Rückstellungsbildung.

Selbst wenn eine solche Verfahrenseinleitung zur Rückstellungsbildung berechtigen könnte, wäre die am … erfolgte Verfahrenseinleitung in der Bilanz zum … nicht zu berücksichtigen, da es sich nicht um eine wertaufhellende, sondern um eine neue Tatsache handeln würde, die erst nach dem Bilanzstichtag vorlag.

dd) Die zwei Schreiben der Geschäftsstelle Prüfgremien, … vom … betreffend die Richtgrößenprüfung … für Arznei- und Verbandmittel sowie Heilmittel (Bl. … Feststellungsakten, Bl. GA) begründen keine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme der Klägerin. Die Klägerin wurde mit diesen Schreiben lediglich auf die Richtgrößenüberschreitungen hingewiesen und vor der Einleitung eines Prüfverfahrens angehört. Es heißt es dort ausdrücklich:

„Bevor der Prüfungsausschuss Wirtschaftliche Verordnungsweise von Amts wegen das Prüfverfahren einleitet, bitten wir Sie um Mitwirkung und eine Stellungnahme, um möglichst einen Regress abzuwenden.”

Soweit in dem Schreiben der Prüfungsstelle vom … (Bl. … GA) die Beträge … EUR und … EUR als „Potentielle Regresssummer” genannt werden, ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei diesen Beträgen um die in den genannten Schreiben vom … aufgeführten Überschreitungsbeträge handelt, bei deren Ermittlung Praxisbesonderheiten noch nicht berücksichtigt wurden. Die für die Rückstellungsbildung erforderliche Konkretisierung liegt damit noch nicht vor. Im Hinblick auf die ausdrücklich in den Schreiben enthaltene Aufforderung, einen Regress durch die Darlegung von Praxisbesonderheiten abzuwenden, war eine Inanspruchnahme nicht wahrscheinlich.

Der Berücksichtigung dieser Schreiben im Rahmen des Jahresabschlusses auf den steht im Übrigen entgegen, dass sie nach dem maßgeblichen Bilanzstichtag abgefasst wurden. Zwar erfolgten die Mitteilungen der Geschäftsstelle Prüfgremien vom … vor der Erstellung des Jahresabschlusses … am …. Es handelt sich aber nicht um wertaufhellende, sondern um neue Tatsachen.

b) Es bestand zum Bilanzstichtag … keine hinreichend konkretisierte Zahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung wegen ihrer Verordnungsweise im Jahr …. Auch war ihre Inanspruchnahme nicht wahrscheinlich.

aa) Die Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung betreffend „Information über Ihre Verordnungsweise nach Durchschnittswerten” Arzneimittel – Gesetzliche Krankenkassen – 1-2003 vom (Bl. …. GA), „Frühinformation über die Heilmittelausgaben” im 1. Quartal vom … (Bl. … GA) und „Frühinformation über die Arzneimittelausgabend” im 2. Quartal … vom (Bl. … GA) stellen reine Informationsschreiben dar.

bb) Soweit der der Klägerin mit Schreiben vom … übersandten „Bestätigung Ihrer Prüfverfahren” (Bl. … GA, Bl. … Rechtsbehelfsakten) zu entnehmen ist, dass am … ein Arzneimittel- Richtgrößenverfahren für den Prüfzeitraum … eingeleitet wurde, berechtigt allein die zudem nach dem Bilanzstichtag erfolgte Verfahrenseinleitung nicht zur Rückstellungsbildung. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Ferner lässt sich dem von der Klägerin mit Schriftsatz vom … vorgelegten Schreiben der Geschäftsstelle Prüfgremien, …, an … vom … betreffend die Richtgrößenprüfung (Arznei- und Verbandmittel) für das Jahr … (Bl. …. GA) vorgelegten Schreiben entnehmen, dass selbst die Einleitung eines Verfahrens durch die Geschäftsstelle Prüfgremien lediglich ein Zwischenschritt zu einer Verfahrenseinleitung des Prüfungsausschusses darstellt. In dem Schreiben heißt es:

„Bevor der Prüfungsausschuss Wirtschaftliche Verordnungsweise von Amts wegen das Prüfungsverfahren einleitet, bitten wir um Mitwirkung in Form einer Stellungnahme, um möglichst einen Regress abzuwenden.

Wir weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Prüfungsausschuss die besonderen Versorgungsverhältnisse bzw. Schwerpunkte einer Praxis, die mit einem erhöhten Versorgungsaufwand verbunden sind, angemessen zu berücksichtigen hat. Vielleicht können Sie mit Hilfe Ihrer Praxis-EDV diese Fälle mit Diagnosen beispielhaft aufzeigen und den diesbezüglichen Umfang der Arzneimittelverordnungen in etwa qualifizieren.”

Dieses Schreiben verdeutlicht, dass die Geschäftsstelle Prüfgremien die auffälligen Ärzte dabei unterstützt, drohende Regresse abzuwenden, indem sie auf die vorzutragenden zu Gunsten der Ärzte zu berücksichtigenden Umstände hinweist.

4. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass vom … Prüfungsausschuss in zahlreichen anderen Prüfverfahren Regresse ausgesprochen worden seien (Bl. … GA), folgt daraus keine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme der Klägerin. Selbst ein gegen eine dritte Person in einer vergleichbaren Sache ergangenes Urteil wäre nicht ausreichend, um überwiegende Gründe für das Bestehen einer entsprechenden Verbindlichkeit annehmen zu können (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 XI R 64/04, BFHE 211, 475, BStBl II 2006, 371). Denn, wie oben dargelegt, kommt bei der Entscheidung über eine Inanspruchnahme den jeweiligen Praxisbesonderheiten entscheidende Bedeutung zu.

5. Im Übrigen vermag der Senat die von der Klägerin vorgenommene Schätzung der Regressbeträge nicht nachvollziehen. Ein Bezug der von der Klägerin vorgenommenen Zuführungen zu den Rückstellungen Regressrisiken in den Jahresabschlüssen … und

zu den Beträgen, die in den von ihr vorgelegten Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung und der Geschäftsstelle Prüfgremien aufgeführt sind, ist nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin nun in ihrem Schriftsatz vom … eine „kumulative Risikosumme” von … EUR berechnet hat, die die Bildung einer Rückstellung von … EUR entsprechend 21,35 % rechtfertige, trägt diese Schätzung den dargestellten differenzierten Prüfverfahren nicht hinreichend Rechnung. Zudem sind in der von der Klägerin zu Grunde gelegten Risikosumme Beanstandungen von Verordnungen des gesamten Jahres …, mithin auch des zweiten Halbjahres … enthalten (vgl. Schreiben der Geschäftsstelle Prüfgremien, …, vom … betreffend die Richtgrößenprüfung an … (Arznei- und Verbandmittel) für das Jahr … (Bl. …. GA), die offensichtlich Zeiträume nach dem … betreffen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen.

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