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30.11.2011 · IWW-Abrufnummer 113632

Oberlandesgericht Thüringen: Urteil vom 23.10.2008 – 1 U 118/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


1 U 118/08

In dem Rechtsstreit

X

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigter:

gegen

Auto Center Y GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigter:

hat der 1. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch .............

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2008

für Recht erkannt:

Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 10.01.2008 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
I. Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Fahrzeug.

Er schloss auf der Grundlage der verbindlichen Bestellung vom 05.04.2004 (Anlage K 1) mit dem Rechtsvorgänger der Beklagten, dem Autocenter Sondershausen Inhaber Horst Y, einen Kaufvertrag über ein Fahrzeug der Marke VW T5 zu einem Kaufpreis 34.495,00 ?. Gegenüber der finanzierenden Bank gaben die Vertragsparteien in der Vertragsurkunde als Kaufpreis einen Betrag in Höhe von 52.995,00 ? an. Bei der Abholung des Fahrzeuges am 13.04.2005 unterzeichnete der Kläger ein Übergabeprotokoll, in dem der Kilometerstand laut Tacho mit 21.648 km angegeben war und als Sonderausstattungen die "Kästchen Radio, CD-Spieler, Klimaanlage und Alufelgen" angekreuzt waren. Unter sonstigen Bemerkungen war darin der Vermerk enthalten "gekauft wie gesehen". Ein Hinweis, dass es sich bei dem Fahrzeug um ein EU-Reimport aus dem Ausland handelt, fehlte sowohl in der verbindlichen Bestellung als auch in dem Übergabeprotokoll. Der Kfz-Fahrzeugbrief, aus dem der Reimport des Fahrzeugs hervorging, wurde im Rahmen der Sicherungsübereignung der finanzierenden Bank ausgehändigt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.10.2005 erklärte der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages und hilfsweise dessen Anfechtung wegen fehlerhafter Angaben zum km-Stand und wegen der nicht vorhandenen Ausstattung mit einem Farbdisplay-Navigationssystem und mit einem Regensensor sowie wegen des Umstands, dass es sich um ein Fahrzeug handelt, das aus dem Ausland reimportiert worden ist.

Die Parteien holten zur Ermittlung des Händlereinkaufs- und Verkaufswertes außergerichtlich ein Sachverständigengutachten der DEKRA Automobil GmbH vom 08.11.2005 ein. Der Sachverständige Fricke gelangte darin zu dem Ergebnis, dass der Händlereinkaufswert zum Stichtag 26.10.2004 ohne Mehrwertsteuer 18.620,69 ? und bei einer Regelbesteuerung 21.600,00 ? beträgt. Den Händlerverkaufswert gab er mit 21.336,21 ? netto bzw. mit 24.750,00 ? brutto an.

Der Kläger verlangt mit der Klage, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 34.495 ? abzüglich einer Nutzungspauschale für 10.000 km in Höhe von 2.069,70 ? und damit 31.425,30 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übergabe des PKW VW T5 Fahr-Ident.-Nr. WV2ZZZ7HZ4H029739 amtliches Kennzeichen NDH-HB 311 zu zahlen, sowie festzustellen, dass die Beklagte sich in Annahmeverzug befindet.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (Bl. 204 - 212/I d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 10.01.2008 die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.

Er ist der Ansicht, das Landgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Rechtsvorgänger der Beklagten nicht verpflichtet gewesen sei, den Kläger über den Reimport des Fahrzeugs aufzuklären. Eine solche Pflicht bestehe nach der herrschenden Auffassung der Oberlandesgerichte, wenn das Fahrzeug wegen des Reimports einen geringeren Wert oder eine verminderte Ausstattung habe. Ein derartige Wertminderung liege vor, da im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags der Reimport ein preismindernder Faktor gewesen sei, über den der Rechtsvorgänger der Beklagten den Kläger hätte aufklären müssen. Soweit das Erstgericht eine Wertminderung des Fahrzeugs verneint habe, sei diese Tatsachenfeststellung unrichtig, da die dazu gemachten Ausführungen des im ersten Rechtszug beauftragten Sachverständigen rechtsfehlerhaft seien. Das ergebe sich daraus, dass der erstinstanzlich beauftragte Sachverständige von einen Händlerverkaufswert des Fahrzeuges von 33,500 ? brutto ausgehe, während das von den Parteien eingeholte Privatgutachten des Sachverständigen Fricke einen Händlerverkaufswert von 24.750,00 ? brutto ausweise. Der von dem Erstgericht beauftragte Sachverständige sei weiter unzutreffend davon ausgegangen, dass das Fahrzeug wegen der an ihm haftenden Eigenschaft eines EU-Reimportes keinen dauerhaft niedrigen Fahrzeugwert habe. Bei diesen Feststellungen habe der Sachverständige nicht berücksichtigt, dass im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses auf dem freien Markt ein qualifizierter Nachteil von EU-Reimport-Fahrzeugen vorhanden gewesen sei. Zum damaligen Zeitpunkt sei diese Eigenschaft ein Preis bildender Faktor gewesen, über den der Rechtsvorgänger der Beklagten den Kläger hätte aufklären müssen. Das schuldhafte Unterlassen des Hinweises auf diese Eigenschaft sei für den Kaufabschluss ursächlich gewesen, da das Verschweigen eines den Wert mindernden Umstandes den Kaufentschluss mit beeinflusst habe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Mühlhausen vom 10.01.2008, Az. 1 O 339/06, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 34.495,00 ? abzgl. der Nutzungspauschale für 15.000 km i.H.v. 2.069,70 ?, mithin 31.425,30 ? nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übergabe des Pkw VW T5, Fahr.-Indent.-Nr. WV2ZZZ7HZ4H029739, amtl. Kennzeichen NDH-HB 311, zu zahlen;

festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des oben genannten Fahrzeuges in Verzug befinde.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil als richtig. Sie ist der Ansicht, das erstinstanzliche Gericht habe rechtsfehlerfrei die zu dem Fahrzeugwert getroffenen Feststellungen erhoben. Die Beklagte behauptet zudem, der Kläger sei im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen darüber aufgeklärt worden, dass das Fahrzeug aus dem EU-Ausland reimportiert worden sei. Im Übrigen sei für ihn aus den in Kopie ausgehändigten Fahrzeugunterlagen ersichtlich gewesen, dass es sich um ein EU-Reimport-Fahrzeug handele.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Kläger kann nicht die Rückabwicklung des Verbrauchsgüterkaufvertrages im Sinne von § 474 Abs. 1 Satz 1 BGB über das Gewährleistungsrecht nach §§ 437 Nr. 2, 433, 323, 326 Abs. 5, 346 Abs. 1 BGB verlangen.

a) Die Anwendung dieser Vorschriften scheitert daran, dass ein Sachmangel i.S. von § 434 BGB nicht vorliegt. Nach dieser Vorschrift ist eine Kaufsache mangelhaft, wenn sie bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit von den Vertragsparteien eine Beschaffenheit nicht vereinbart worden ist, ist die Sache mit Mängeln behaftet, wenn sie sich für die nach dem Vertrag voraussetzten Verwendung oder für die gewöhnliche Verwendung nicht eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art nicht üblich ist. Die Beschaffenheit einer Kaufsache ist mit ihrem tatsächlichen Zustand gleichzusetzen, der die ihr anhaftenden Eigenschaften umfasst. Sie ist nicht auf die physischen Merkmale beschränkt, so dass auch äußere Umstände, denen die Sache zwangsläufig unterliegt, als Beschaffenheit angesehen wird. Das bedeutet, dass zur Beschaffenheit einer Kaufsache auch diejenigen tatsächliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bezüge gehören, die im tatsächlichen Zustand der Sache selbst wurzeln und ihr unmittelbar physisch auf eine gewisse Dauer anhaften (vgl. Palandt/Weidenkaff BGB 67. Aufl. § 434 Rn. 9 ff.; OLG Hamm, NJW-RR 2003, 1360; OLG Naumburg, DAR 2006, 327). Zwar hat der Gesetzgeber den Begriff der Beschaffenheit nicht definiert und offen gelassen, ob die vorgenannte Unmittelbarkeitsbeziehung gegeben sein muss (vgl. Bundestagsdrucksache 14/6040, Seite 213; Schmidt-Räntsch, Das neue Schuldrecht, Rn. 711; Reublein, Der Beschaffenheitsbegriff und seine Bedeutung für das Verhältnis der Haftung aus c.i.c zum Kaufrecht, NJW 2003, 388). Da allerdings die Neuregelung des Sachmangelbegriffs den nach alter Rechtslage geltenden Fehlerbegriff nicht verändern wollte und die Neuregelung dem subjektiv objektiven Fehlerbegriff folgt, ist auch weiterhin der Beschaffenheitsbegriff restriktiv im vorgenannten Sinne aufzufassen (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2003, 1360 [OLG Hamm 13.05.2003 - 28 U 150/02]).

b) Auf die Beschaffenheit der Kaufsache wirkt es sich indes nicht unmittelbar aus, ob die erste Auslieferung eines Fahrzeuges innerhalb des nationalen Händlernetzes oder über das Ausland erfolgt ist. Der Reimport eines Fahrzeugs ist daher allein keine ihm anhaftende Beschaffenheit und damit auch kein Sachmangel i. S. von § 434 BGB. Zwar wäre ein Unterschied der Ausstattung des VW T5 gegenüber Fahrzeugen mit der in Deutschland üblichen Serienausstattung eine unmittelbare Beschaffenheit, so dass eine solche Abweichung einen Sachmangel i.S.v. § 434 BGB begründen könnte. Von einer derartigen Abweichung der Ausstattung des Fahrzeugs kann indes nicht ausgegangen werden, da es an einen dahingehenden Berufungsangriff fehlt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das von dem Kläger erworbene Fahrzeug in seiner Ausstattung von dem nach der Straßenverkehrszulassungsordnung in der BRD erforderlichen Standard abweicht. Aus den von der Berufung nicht angegriffenen Feststellungen des im ersten Rechtszug beauftragten Sachverständigen geht zudem hervor, dass die Ausstattung mit ESP im Zeitpunkt der Herstellung des Fahrzeuges im Jahr 2003 in Deutschland für Serienfahrzeuge der Mittelklasse nicht üblich war. Den Angriffen der Berufung kann auch nicht entnommen werden, dass die Parteien als Sonderausstattung ESP vereinbart hatten. Vielmehr ist zwischen den Parteien unstreitig und auch aus dem Fahrzeugbrief ersichtlich, dass das Fahrzeug die Betriebserlaubnis für Deutschland erhalten hat. Da es demnach nach den vorstehenden Ausführungen hier nicht um ein Merkmal des Fahrzeugs geht, das einer Beschaffenheitsvereinbarung zugänglich ist, fehlt es an einem für die Ausübung eines Rücktrittsrechts nach den Gewährleistungsvorschriften erforderlichen Sachmangel.

2. Der Kläger kann die Rückabwicklung des Kaufvertrages auch nicht wegen Verschuldens bei Vertragsschluss gemäß §§ 280 Abs. 1, 211 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. 241 Abs. 2 BGB verlangen.

a) Nach den von dem Landgericht getroffenen Feststellungen, an die der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden ist, ist der Kläger von dem Rechtsvorgänger der Beklagten nicht darüber aufgeklärt worden, dass das Fahrzeug aus dem Eu-Ausland reimportiert worden ist.

aa) Der Berufung ist einzuräumen, dass nach der bisherigen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte der Reimport eines Gebrauchtwagens durch einen Gebrauchtwagenhändler einen offenbarungspflichtigen Umstand darstellt, wenn der Wert des Fahrzeugs dadurch vermindert ist (vgl. OLG Saarbrücken, NJW-RR 1999, 278; OLG Hamm, NJW-RR 2003, 1316; OLG Naumburg, DAR 2006, 327).

bb) Der von den Oberlandesgerichten geforderten Offenbarungspflicht stehen auch nicht die Vorschriften des EG-Vertrags und nicht die Verbraucherrechtschutzrichtlinie (Richtlinie 1999/44 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft vom 7, Juli 1999 L 171) oder die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entgegen. Die Bestimmung des Art. 28 EGV, die sich unmittelbar nur an die Mitgliedstaaten wendet, bezweckt zwar einen freien Handel zwischen den der EU angehörigen Staaten. Ein solcher Handel liegt indes nicht vor, wenn ein Fahrzeug eines deutschen Herstellers nach Deutschland aus dem EU-Ausland reimportiert wird. Ein solcher Vorgang wird von dem Schutzzweck des Art. 28 EGV nicht erfasst. Der freie Handel auf dem Binnenmarkt verbietet keine nationale unterschiedliche Preispolitik, die darauf abzielt, das unterschiedliche Preisniveau in den verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten zum eigenen Vorteil auszunutzen und zu stabilisieren. Auch aus der Verbraucherschutzrichtlinie 1999/44 ergibt sich keine Neubewertung der Aufklärungspflichten. Denn nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie können die Mitgliedsstaaten strengere Bestimmungen aufrechterhalten, um ein höheres Schutzniveau für Verbraucher sicherzustellen. Um eine solche Sicherstellung handelt es sich bei der von den Oberlandesgerichten angenommenen Offenbarungspflicht, aus der sich ein höheres Schutzniveau gegenüber Verbraucher ergibt, denen die Preisunterschiede für Reimportfahrzeuge unbekannt sind (vgl. OLG Naumburg, DAR 2006, 327 [OLG Naumburg 07.12.2005 - 6 U 24/05]).

cc) Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (vgl. OLG Saarbrücken, NJW-RR 1999, 278 [OLG Düsseldorf 11.09.1998 - 22 U 38/98]; OLG Hamm, NJW-RR 2003, 1316 [OLG Zweibrücken 26.06.2003 - 3 W 79/03]; OLG Naumburg, DAR 2006, 327) hat allerdings ihre Grundlage darin, dass auf dem Markt für ein Importfahrzeug ein deutlich niedrigeres Preisgefüge besteht und dies damit ein erheblicher preisbildender Faktor ist. Gestützt wird dies darauf, dass ein potentieller Erwerber, der wegen der im Fahrzeugbrief dokumentierten Importeigenschaft gegen ein solches Fahrzeug misstrauisch sei. Dieses Misstrauen schlage sich auch im Marktwert nieder, wobei das OLG Hamm (NJW-RR 2003, 1316) betont hat, dass in jüngster Zeit und damit im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung im Jahr 2003 eine gewisse Veränderung auf dem Markt zu beobachten sei. Von dem Bestehen einer Aufklärungspflicht kann daher nur dann ausgegangen werden, wenn das aus dem EU-Ausland reimportierte Fahrzeug aufgrund des gehegten Misstrauens der potentiellen Käufer ein geringer Wert hat als der von den Vertragsparteien vereinbarte Kaufpreis.

b) Die Führung dieses Beweises ist dem Kläger indes nicht gelungen. Das Landgericht durfte auf der Grundlage des im ersten Rechtszugs eingeholten Sachverständigengutachtens davon ausgehen, dass der Reimport des Fahrzeugs sich nicht wertmindernd niedergeschlagen hat.

aa) Der Senat ist an die von dem Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Tatsachen gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden (hierzu BGH-Urteil vom 09.03.2005, VIII ZR 266/03, BGH-Report 2005, 864). Die Berufungsinstanz als vollwertige zweite Tatsacheninstanz ist abgeschafft. Erschöpft sich eine Berufung - wie vorliegend - in Angriffen gegen die Beweiswürdigung des von dem Erstgericht eingeholten Sachverständigengutachtens, so muss sie schlüssig konkrete Anhaltspunkte aufzeigen, die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen begründen. Hieran mangelt es.

bb) Das Landgericht hat überzeugend dargelegt, aus welchen Gründen es eine Wertminderung des Fahrzeuges für ausgeschlossen hält. Mit den gegen die erstinstanzliche Beweiswürdigung gerichteten Angriffe zeigt die Berufung keine Zweifel auf, dass die Tatsachenfeststellung des Landgerichts unvollständig oder unrichtig ist. Sie setzt vielmehr nur ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle des Erstgerichts, ohne Verstöße gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze aufzuzeigen. Soweit sie rügt, das Erstgericht habe sich nicht mit dem von den Parteien eingeholten Privatgutachten auseinandergesetzt, hat sie keinen Erfolg. Aus den erstinstanzlichen Feststellungen ergibt sich, dass das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung die zu dem Privatgutachten abweichenden Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Pardow gewürdigt hat. Daraus geht hervor, dass die abweichende Bewertung des Händlerverkaufspreises in dem Privatgutachten des Sachverständigen Fricke nach den Feststellungen des im ersten Rechtszug beauftragen Gutachters darauf beruht, dass dieser auf einen falschen Bewertungsstichtag, nämlich den 26.10.2004, sowie auf einen unrichtigen km-Stand von 37.635, mithin fast 16.000 km mehr als zum Zeitpunkt des Ankaufs als Fahrleistung bei dem Fahrzeug vorhanden war, bei seiner Bewertung abgestellt hat. Das Erstgericht durfte auf Grund der von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. Pardow in seinem Gutachten getroffenen Feststellungen zudem davon ausgehen, dass es sich bei dem von dem Kläger erworbenen Fahrzeug um ein am Markt sehr gefragtes Modell handelt, das auch im Hinblick auf den im Kfz-Brief manifestierten Reimport aus Italien keinen dauerhaft niedrigen Fahrzeugwert aufweist. Im vorliegenden Fall hatte der Reimport des Fahrzeugs daher keinen potentiellen die Nachfrage mindernden Effekt, wodurch das Preisniveau für das Fahrzeug nicht wegen dieser Eigenschaft gemindert war. Aus diesem Grund bestand seitens des Rechtsvorgängers der Beklagten keine Verpflichtung, den Kläger über den Reimport des Fahrzeugs aufzuklären.

3. Wegen des Fehlens einer solchen Aufklärungspflicht bestehen auch keine Ansprüche des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. BGB aufgrund der hilfsweisen ausgesprochenen Anfechtung des Kaufvertrags gemäß §§ 142 Abs. 1, 143 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Revisionszulassungsgründe i.S.v. § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

Die Zulassung der Revision ergibt sich entgegen der Auffassung der Berufung nicht wegen der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Von dieser Fallgruppe sollen die Fälle erfasst werden, in denen das Vertrauen in die Rechtsprechung deshalb Schaden nimmt, weil das angefochtene Berufungsurteil materielle oder formelle Fehler enthält, die im Interesse auf eine geordnete Rechtspflege nicht bestehen bleiben können. In einem derartigen Fall muss der Fehler allerdings über den Einzelfall hinaus eine Wirkung entfalten (vgl. Zöller/Gummer ZPO 26. Aufl. § 543 Rn. 13). Einen solchen über den Einzelfall hinaus gehenden Bezug kommt der Entscheidung des Senats nicht zu. Soweit die Berufung im Hinblick auf die Entscheidung des OLG Naumburg (vgl. DAR 2006, 327) eine einheitliche Rechtsprechung nicht gesichert sieht, verkennt sie, dass der Senat von dieser Entscheidung nicht abweicht. Der Senat folgt der Entscheidung des OLG Naumburg, soweit es festgestellt hat, dass der Reimport eines Fahrzeugs einen von dem Verkäufer zu offenbarenden Umstand darstellt, wenn der PKW wegen eines niedrigeren Preisgefüges einen geringeren Wert hat. Im Gegensatz zu der Entscheidung des OLG Naumburg ist der Kläger - wie bereits oben näher ausgeführt - nach den Feststellungen des Landgerichts beweisfällig geblieben, dass eine solche Wertdifferenz bei dem von ihm erworbenen Fahrzeug besteht. Soweit die Berufung die erstinstanzliche Beweiswürdigung angreift, stellt die Frage, ob der Senat an die von dem Landgericht festgestellten Tatsachen gebunden ist, ein Einzelfall dar, dem keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 434 BGB § 474 Abs. 1 S.1 BGB § 280 Abs. 1 BGB § 211 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB

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