05.05.2011
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Beschluss vom 30.03.2011 – 6 Ta 64/11
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 17. Februar 2011 - 2 Ca 1559/10 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen einen Beschluss des Arbeitsgerichts, mit welchem Prozesskostenhilfe für einen Vergleichsmehrwert ergebende Streitgegenstände zurückgewiesen wurde.
Der Klägerin war aufgrund eines mit einer Kündigungsschutz- und Zeugnisklage verbundenen Gesuchs mit Beschluss vom 01. Dezember 2010 (Bl. 16 und 17 d. A.) Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten ohne Ratenzahlung bewilligt worden.
In der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht am 06. Dezember 2010 schlossen die Parteien einen Vergleich mit folgendem Inhalt:
Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher krankheitsbedingter Kündigung vom 29.10.2010 am 28.02.2011 sein Ende finden wird.
Die Beklagte zahlt entsprechend der §§ 9, 10 KSchG an die Klägerin eine Abfindung in Höhe von 7.000,00 Euro brutto.
Die Klägerin bleibt bis zum Beendigungszeitpunkt von der Arbeitspflicht unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt. Basis für die Vergütungszahlung ist ein monatlicher Betrag von 1.100,00 Euro brutto.
Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Klägerin den Urlaub für 2010 erhalten hat. Der im Jahre 2011 entstehende Urlaubsanspruch wird auf die Freistellung angerechnet.
Die Klägerin erhält das Recht, das Arbeitsverhältnis vorzeitig schriftlich zur Aufnahme einer Anschlussbeschäftigung zu beenden. Dies ist innerhalb einer Woche vorher anzuzeigen. In diesem Fall erhöht sich die Abfindung gemäß Ziffer 2 für jeden Monat der vorzeitigen Beendigung um 70 % der Bruttovergütung von 1.100,00 Euro brutto.
Die Beklagte erteilt der Klägerin ein qualifiziertes Zeugnis, das sich auf Führung und Leistung erstreckt mit der zusammenfassenden Beurteilung "stets zur vollen Zufriedenheit".
Die Klägerin verpflichtet sich, den Zugangschip bis zum 10.12.2010 am Firmensitz der Beklagten zurückzugeben.
Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt.
Der Streitwert für das Verfahren wurde auf 3.850,-- € und für den Vergleich auf 4.950,-- € mit Beschluss vom 29. Juni 2010 festgesetzt.
Mit am 26. Januar 2011 bei Gericht eingegangenem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 24. Januar 2011 wurde der Umfang der ursprünglichen Prozesskostenhilfebewilligung moniert, weil sie sich nicht auf den mittlerweile geschlossenen Vergleich erstreckt habe.
Das Arbeitsgericht fasste das vorgenannte Schreiben der Beklagten als erneuten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf und wies ihn mit Beschluss vom 17. Februar 2011 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 25. Februar 2011 eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin.
Diese wurde im Wesentlichen damit begründet, dass im Hinblick auf den Zugang der Prozesskostenhilfebewilligung erst nach dem Gütetermin von einer Bewilligung und Beiordnung auch für den Mehrvergleich habe ausgegangen werden dürfen. Es habe eines Hinweises des Vorsitzenden bedurft, dass die Prozesskostenhilfebewilligung den Vergleichsmehrwert nicht umfasse.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 25. Februar 2011 (Bl. 46 und 47 d. A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 08. März 2011 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Zum weiteren wird auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
II. Die nach § 127 Abs. 2 ZPO an sich statthafte, fristgerecht eingelegte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist n i c h t begründet.
Das Arbeitsgericht durfte die Prozesskostenhilfebewilligung und Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten ablehnen, da es an einem ausdrücklichen Gesuch für eine Erstreckung auf die im Mehrvergleich umfassten Gegenstände fehlt.
Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz bedarf es für andere Gegenstände als die durch die Klageschrift festgelegten Streitgegenstände eines erneuten Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsantrages (LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 25. April 2006 - 5 Ta 52/06). Stillschweigende Bewilligungsanträge sind mit dem stark formalisierten Prozesskostenhilfeverfahren nicht vereinbar (vgl. Zöller/Geimer, Zivilprozessordnung 28. Aufl., § 114 Rz. 13). Die Notwendigkeit eines isolierten Gesuchs hat ihren Grund darin, dass es durch die Erhöhung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit - wie vorliegend - für den Prozessvergleich vom 6.12.2010 zu einer Verteuerung des Verfahrens kommt. Mit Rücksicht auf die aus der Staats- bzw. der Landeskasse vorzuschießenden Anwaltsvergütung ist es daher geboten, dass sich das Arbeitsgericht jeweils rechtzeitig in Bezug auf den einzelnen Streitgegenstand mit der Frage befassen kann, inwieweit für eine entsprechende Bewilligung und Beiordnung die sich aus § 114 ZPO ergebenden Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 25. April 2006, aaO.).
Vorliegend ist ein solches Gesuch für den in der Gütesitzung vom 06. Dezember 2010 abgeschlossenen Vergleich nicht erkennbar. Es wirkt sich damit nicht aus, wann der die klagebetreffenden Gegenstände gefasste Bewilligungsbeschluss der Klägerseite zugegangen ist. Aus der im Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss vom 1.12.2010 enthaltenen Formulierung "in vollem Umfang" ergibt sich keine erstreckende Bewilligung. Damit wird lediglich ausgedrückt, dass der Klägerin bezogen auf die Anträge in der Klageschrift vollumfänglich Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung bewilligt wurde.
Aus der gewählten Formulierung ergibt sich keineswegs, dass das Arbeitsgericht gewissermaßen antizipierend für alle möglichen zukünftigen Erweiterungen des Streitgegenstandes Prozesskostenhilfe bewilligen wollte (LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 25. April 2006, aaO. Rz. 23).
Zum Zeitpunkt der Prüfung und Entscheidung des PKH- und Beiordnungsantrages am 1. Dezember 2010 (Bl. 17 d. A.) stand nur das mit der Klageschrift gestellte Gesuch zur Debatte. Hieran hat sich bis zur Gütesitzung und während der Gütesitzung vom 6. Dezember 2010 nichts geändert. Nur die Erfolgsaussichten der klagegegenständlichen Punkte waren nach § 114 ZPO einer Prüfbarkeit zugänglich. Die zusätzlich in den Vergleich einbezogenen Ansprüche auf Freistellung, Urlaubsverrechnung, Zurückgabe eines Zugangschips und eines qualifizierten Endzeugnisses machten aus den dargetanen rechtlichen Gründen eine rechtzeitige ausdrückliche Antragstellung erforderlich. Hieran fehlt es. Da ein auf den abgeschlossenen Vergleich erstreckender PKH-Antrag nach Abschluss des Verfahrens grundsätzlich nicht nachholbar ist (vgl. Zöller-Philippi, aaO., § 119 Rz. 40 38 ff), musste der Beschwerde der Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst.
Dieser Beschluss ist daher unanfechtbar.