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05.05.2011 · IWW-Abrufnummer 121849

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Beschluss vom 04.03.2011 – 10 Ta 33/11

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 28.12.2010, Az.: 5 Ca 874/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger am 29.08.2008 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten bewilligt. Der Rechtsstreit endete durch Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs in der Güteverhandlung vom 26.08.2008. Eine Kostenregelung enthält der Vergleich nicht. Die Landeskasse zahlte den Rechtsanwälten des Klägers gemäß § 55 RVG eine Vergütung in Höhe von € 987,11.

Mit Beschluss vom 28.12.2010 gab die Rechtspflegerin dem Kläger wegen Verbesserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse auf, ab dem 15.01.2011 monatliche Raten in Höhe von € 95,00 zu zahlen. Gegen diesen Beschluss, der seinen Prozessbevollmächtigten am 30.12.2010 zugestellt worden ist, hat sich der Kläger persönlich am 07.01.2011 mit folgendem Schreiben gewandt:

"In Sachen B. gegen A. diese Firma in Gerichtsverhandlung ate akzeptiert dem Vorschlag von meine Rechtsanwald.

Das ist das die Firma A. Bezahlt diese Gerichtskost und nicht der gewinnen. der verliren wahr A..

in Sache Koste von Gericht, ich haben eine Gerichtenkosthilfen undeschrieben also ich pröchte keine Koste zu bezahlen. So bin von meine Rechtsanwald informiet worde."

Außerdem hat der Kläger mitgeteilt:

"Leider kann ich nicht Bezahlen.

un zweites wahr vehanbat bis zwei Jahre Wenn ich keine Arbeit habe, brauch nicht zu zahlen. es sind über zwei Jahre vorbei. Das veranbart mit Rechtsanwalt Hess."

Die Rechtspflegerin hat mit Schreiben vom 11.01.2011 an die Prozessbevollmächtigten des Klägers darauf hingewiesen, dass gemäß § 12 a ArbGG jede Partei ihre erstinstanzlichen Rechtsanwaltskosten selbst zu tragen hat. Sie hat weiterhin darauf hingewiesen, dass die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen gemäß § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO innerhalb von vier Jahren seit Verfahrensbeendigung geändert werden kann. Es sei deshalb beabsichtigt, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

Nachdem die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Gelegenheit zur Stellungnahme nicht genutzt haben, hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 02.02.2011 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerdekammer hat die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10.02.2011 erneut auf § 12 a ArbGG und § 120 Abs. 4 ZPO hingewiesen. Eine Reaktion erfolgte nicht.

Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist nach § 78 ArbGG, §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthaft; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig. Die nach § 569 ZPO erforderliche Form der Beschwerdeschrift wurde gewahrt. Die Rechtspflegerin hat das Schreiben des Klägers vom 07.01.2011 zutreffend als sofortige Beschwerde ausgelegt. An die Formalien sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Dem Schreiben des Klägers, der die Beschwerde selbst eingelegt hat, lässt sich ohne Weiteres entnehmen, dass und weshalb er mit einer monatlichen Ratenzahlungsverpflichtung von € 95,00 nicht einverstanden ist.

In der Sache hat die sofortige Beschwerde jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG in Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten besteht. Der Ausschluss der Kostenerstattung betrifft zunächst den prozessualen Kostenerstattungsanspruch, d.h. den Anspruch, der sich aus § 91 ZPO ergibt. § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG schließt aber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch aus. Der Ausschluss materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Arbeitsgerichtsverfahren erster Instanz muss auch dann angenommen werden, wenn nicht ein "Obsiegen" einer Partei mit einer entsprechenden Kostenfolge des § 91 ZPO vorliegt, sondern im Hinblick auf eine vergleichsweise Regelung § 98 ZPO eingreift (vgl. ausführlich: BAG Urteil vom 27.10.2005 - 8 AZR 546/03 - Rn. 33 ff. - NZA 2006, 259, m.w.N.).

Im Streitfall haben die Parteien im gerichtlichen Vergleich vom 26.08.2008 keine Kostenregelung getroffen. Damit ist § 98 ZPO anwendbar. Nach § 98 Satz 1 und 2 ZPO gelten die Kosten eines Vergleichs und des zugrunde liegenden Rechtsstreits als gegeneinander aufgehoben, wenn die Parteien keine andere Bestimmung getroffen haben. Dass die Kosten als gegeneinander aufgehoben gelten, bedeutet, dass jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

Ob der Kläger von seinen Prozessbevollmächtigten - vor Abschluss des Vertrages über die Vertretung - auf den Ausschluss der Kostenerstattung nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG hingewiesen worden ist, wozu sie nach Satz 2 dieser Bestimmung verpflichtet waren, kann vorliegend dahinstehen. Auch bei Gewährung von Prozesskostenhilfe entfällt die Belehrungspflicht nicht, da von der Partei - wie hier - unter Umständen Zahlungen geleistet werden müssen, weil sich ihre wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Vierjahresfrist des § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO verbessert haben. Die Verletzung der Hinweispflicht führt ggf. zu Schadensersatzansprüchen, hat aber nicht zur Folge, dass ein Zahlungsanspruch der Landeskasse entfällt.

Das Arbeitsgericht hat den Kläger weiterhin zutreffend auf § 120 Abs. 4 ZPO hingewiesen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren ab rechtskräftiger Entscheidung oder sonstiger Beendigung des Verfahrens die Entscheidung über die im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Die Ansicht des Klägers, seine Rückzahlungspflicht entfalle bereits nach zwei Jahren, ist unrichtig. Das arbeitsgerichtliche Verfahren endete vorliegend am 26.08.2008 durch Abschluss eines Vergleichs im Gütetermin. Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Rechtspflegerin über eine Ratenzahlungsverpflichtung des Klägers am 28.12.2010 war die Vierjahresfrist nicht abgelaufen.

Auch die Sperrfrist des § 115 Abs. 2 ZPO ist nicht verstrichen. Seit Bewilligung der ratenfreien Prozesskostenhilfe am 29.08.2008 sind noch keine 48 Monate vergangen, so dass eine nachträgliche Anordnung von Ratenzahlungen möglich war (vgl. LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 01.03.2010 - 1 Ta 6/10 - Juris).

Abschließend erlaubt sich die Beschwerdekammer den Hinweis, dass die Prozessbevollmächtigten den Kläger auch im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren hätten vertreten müssen (BGH Beschluss vom 08.12.2010 - XII ZB 38/09 - Juris; BAG Beschluss vom 19.07.2006 - 3 AZB 18/06 - Juris). An einer anwaltlichen Vertretung des Klägers bestand - nicht nur aufgrund seiner unzureichenden Kenntnisse der deutschen Schriftsprache - ein offensichtliches Bedürfnis.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es unter Berücksichtigung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass. Dieser Beschluss ist daher nicht anfechtbar.

RechtsgebietHaftungVorschriften§ 12 ArbGGVorschriftenArbGG § 12 a Abs. 1, ZPO § 115 Abs. 2, ZPO § 120 Abs. 4, ZPO § 98

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