12.04.2011 · IWW-Abrufnummer 111319
BGH: Urteil vom 08.02.2011 – II ZR 206/08
Im aktienrechtlichen Anfechtungsprozess ist eine hilfsweise Erledigungserklärung nach einem Bestätigungsbeschluss unzulässig.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2011
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann und
den Richter Dr. Strohn,
die Richterin Dr. Reichart sowie
die Richter Dr. Drescher und Born
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers zu 38 gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 22. Juli 2008 in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 25. Juli, 29. August und 12. September 2008 wird verworfen.
Auf die Revision der Beklagten wird das vorgenannte Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf den Hilfsantrag der Kläger zu 2 bis 5, 9 bis 14 und 22 bis 35 die Erledigung der Hauptsache festgestellt worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Berufungen der Kläger zu 1 bis 5 und 36 bis 38 wird das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. März 2007 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten im ersten Rechtszug tragen:
die Kläger zu 10, 23, 24 und 38 sowie die Streithelfer zu 41 und 42 zu jeweils 1/181,
die Kläger zu 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 18, 19, 20, 21, 22, 25, 26 sowie die Streithelferin zu 39 zu jeweils 2/181,
der Kläger zu 17 zu 3/181,
die Streithelferin zu 43 zu 4/181,
die Klägerin zu 1 zu 6/181,
die Kläger zu 36 und 37 zu jeweils 9/181,
und die Kläger zu 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35 und die Streithelferin zu 40 zu jeweils 10/181.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten im zweiten Rechtszug tragen
die Klägerin zu 1 zu 4,7 %,
die Kläger zu 2, 3, 4, 5, 9, 12, 22, 25 und 26 zu jeweils 1,57 %,
die Kläger zu 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36 und 37 zu jeweils 7,05 %,
die Kläger zu 10, 23 und 38 sowie der Streithelfer zu 41 zu jeweils 0,78 %,
die Kläger zu 6, 7, 8, 11, 13, 14, 15, 16 und 18 zu jeweils 0,65 %,
der Kläger zu 19 und 24 zu jeweils 0,32 %,
die Kläger zu 27 und 28 zu jeweils 2,92 %,
der Kläger zu 17 zu 0,97 %,
und die Streithelferin zu 43 zu 1,3 %.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten im Revisionsverfahren tragen der Kläger zu 38 zu 56 %, die Kläger zu 10 und 23 sowie der Streithelfer zu 41 zu je 1,4 %, die Kläger zu 2, 3, 4, 5, 9, 12, 22, 25 und 26 zu je 1,7 % und die Kläger zu 29, 30, 31, 32, 33, 34 und 35 zu je 3,5 %.
Im Übrigen tragen die Kläger und Streithelfer ihre außergerichtlichen Kosten aller Instanzen selbst.
Tatbestand
1
Die Hauptversammlung der Beklagten vom 13./14. Dezember 2005 beschloss u.a. unter TOP 2, die Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer Barabfindung zu übertragen, unter TOP 3, den Beschluss über die Zustimmung zu einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag in der Hauptversammlung vom 26. April 2004 zu bestätigen, unter TOP 4, genehmigtes Kapital zu schaffen, unter TOP 5 die Vergütung des Aufsichtsrats und die Satzung zu ändern, wählte unter TOP 6 die Abschlussprüfer, stimmte unter TOP 7 einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Fa. C. GmbH mit der Beklagten als herrschendem Unternehmen zu, beschloss unter TOP 8 die Entlastung des Vorstands sowie unter TOP 9 des Aufsichtsrats und stimmte unter TOP 10 einer Änderung der Satzung zur Anpassung an das UMAG zu. In unterschiedlichem Umfang wandten sich die 38 Kläger gegen diese Beschlüsse mit der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage. Die Kläger zu 19 sowie 27 bis 35 beantragten darüber hinaus die Feststellung, dass die Hauptversammlung eine Sonderprüfung beschlossen habe. Das Landgericht wies die Klagen der Kläger zu 1 bis 8, 15 bis 21 und 36 bis 38 - letztere wegen Versäumung der Anfechtungsfrist - sowie den Beschlussfeststellungsantrag ab und erklärte die zu TOP 2 bis 10 gefassten Beschlüsse auf die Klagen der übrigen Kläger für nichtig.
2
Dagegen legten die Beklagte und die Kläger zu 1 bis 8, 15 bis 19 und 36 bis 38 Berufung ein. Während des Berufungsverfahrens wurde der Übertragungsbeschluss aufgrund der gerichtlichen Feststellung, dass die Erhebung der Klagen der Eintragung nicht entgegensteht (vgl. OLG Frankfurt, ZIP 2007, 629 und ZIP 2008, 138), im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht. Die einzige verbliebene Aktionärin bestätigte daraufhin die Beschlüsse, die die Hauptversammlung am 13./14. Dezember 2005 gefasst hatte.
3
Nach der Bestätigung haben die Kläger zu 6 bis 8, 11, 13 bis 19, 24, 27 und 28 mit Zustimmung der Beklagten ihre Klagen zurückgenommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht haben die Kläger zu 1 bis 5, 9, 10, 12, 22, 23, 25, 26 und 29 bis 37 sowie die Streithelfer zu 41 und 43 hilfsweise die Hauptsache für erledigt erklärt. Der Kläger zu 38, der weiter die Nichtigkeit des Beschlusses zu TOP 2 festgestellt bzw. erklärt wissen wollte, hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragt, diesen Beschluss für die Zeit bis zum Bestätigungsbeschluss für nichtig zu erklären.
4
Das Berufungsgericht hat die Berufungen der Kläger zu 1 bis 5 und zu 36 bis 38 zurückgewiesen, auf die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung das Urteil des Landgerichts abgeändert, auf den Hilfsantrag der Kläger zu 2 bis 5, 9 bis 15 und 22 bis 35 festgestellt, dass die Klagen in der Hauptsache erledigt sind, deren Klagen im Übrigen und die Klagen der übrigen Kläger abgewiesen. Dagegen haben der Kläger zu 38 und die Beklagte -gegen die Kläger zu 2 bis 5, 9, 10, 12, 22, 23, 25, 26 und 29 bis 35 -Revision eingelegt, die das Berufungsgericht in den Gründen seines Urteils wegen Abweichung von einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. März 2005 - 9 Wx 5/04, [...] - zugelassen hat.
Entscheidungsgründe
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