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01.03.2011 · IWW-Abrufnummer 110723

Oberlandesgericht München: Urteil vom 25.01.2011 – 9 U 1953/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht München
Az.: 9 U 1953/10
24 O 11364/06 LG München I
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit XXX
wegen Forderung
erlässt das Oberlandesgericht München -9. Zivilsenat- durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2010 folgendes Endurteil:
I. Die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 08.01.2010 werden zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens in der ersten Instanz tragen der Kläger zu 25% und die Beklagte zu 75%.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 20% und die Beklagte zu 80%.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert des Verfahrens in der ersten Instanz wird auf 45.091,70 EUR festgesetzt, der des Berufungsverfahrens auf 42.499,82 EUR.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrte restliches Architektenhonorar von 26.643,70 EUR nebst Zinsen seit 06.09.2005 aus den beiden Subplanerverträgen vom 07.04.2004 mit der beklagten Architektengesellschaft (Anlagen K 1 und K 3), die ihrerseits einen Generalplanervertrag (Anlage K 2) mit der Bauherrin geschlossen hatte. Wegen weiter gehender Leistungen stützt der Kläger seinen Anspruch auf Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Beklagte leistete bereits Abschlagszahlungen von 63.138,42 EUR brutto an den Kläger. Im August 2005 stellte der Kläger vor vollständiger Ausführung seine Leistungen ein mit der Begründung, die Beklagte befinde sich im Verzug der Zahlung einer Abschlagsrechnung. Sodann stellte er die Schlussrechnung vom 05.08.2005 (Anlage K 4).
Die Beklagte bestreitet, dass dem Kläger ein weiterer Honoraranspruch zusteht. Sie behauptet ferner Schadensersatzansprüche von 18.448 EUR gegen den Kläger, rechnet mit diesen hilfsweise gegen eine etwaige, "bestenfalls" bestehende Honorarrestforderung des Klägers von 8.331,23 EUR brutto auf (Schriftsatz vom 11.03.2010, S. 17, 25) und begehrt mit ihrer Hilfswiderklage 6.812,19 EUR als Schadensersatz.
Durch Urteil vom 08.01.2010, berichtigt durch Beschluss vom 17.02.2010, hat das Landgericht München I auf die Klage 15.415,08 EUR nebst 8% Zinsen über dem Basiszins seit 06.09.2005 zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage und die Widerklage abgewiesen. Gestützt auf mehrere erholte Gutachten hat das Landgericht die Höhe des dem Kläger zustehenden Honorars festgestellt. Eine Schadensersatzforderung gegen den Kläger stünde der Beklagten nicht zu, weil der Kläger infolge Zahlungsverzugs der Beklagten im August 2005 zu Recht seine Leistungen eingestellt habe.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger teilweise seinen Klageanspruch weiter und beantragt die Änderung des Ersturteils dahin,
dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger insgesamt 24.051,82 EUR zzgl. 8%-Punkte über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 06.09.2005 zu zahlen.
Mit ihrer Berufung beantragt die Beklagte,
das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen und
hilfsweise im Weg der Widerklage, den Kläger zu verurteilen, an die Beklagten einen Betrag von 6.812,19 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von 8% über dem Basiszinssatz seit 18.07.2008 zu zahlen.
Beide Parteien beantragen die Zurückweisung der Berufung der Gegenseite und wiederholen im Wesentlichen ihren Vortrag erster Instanz.
Auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze, das angefochtene Urteil und das Protokoll vom 12.10.2010 samt Senatshinweisen wird Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Ihm steht kein höheres Honorar zu. Auf die zutreffenden tatsächlichen Feststellungen und Entscheidungsgründe des Ersturteils wird mit folgenden Erwägungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
1. Anrechenbare Kosten
Entgegen der Ansicht des Klägers kann nicht von höheren anrechenbaren Kosten ausgegangen werden. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 20.12.2007 (Seite 26) überzeugend ausgeführt, die Erschließungskosten seien weder dem pauschalierten noch dem variablen Leistungsteil direkt zuordenbar. Da somit die Trennlinie zwischen den beiden Verträgen vom 07.04.2004 nicht exakt zu ziehen ist und der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für seinen Anspruch trägt, musste - wie im Ersturteil geschehen - die für den Kläger ungünstigere Alternative zu Grunde gelegt werden.
2. Anwendung von § 68 HOAI a.F.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist das Honorar nicht auf der Grundlage von § 68 HOAI (Fassung von 1991), § 55 HOAI n.F. zu berechnen. Denn § 68 Satz 1 HOAI a.F. setzt die _ Ausrüstung & von Gebäuden _ voraus. Darum geht es hier jedoch nicht, sondern um Anlagen außerhalb von Gebäuden. Für diese hat das Landgericht zutreffend § 51 HOAI angewendet. Tatsächliche Voraussetzungen und Konsequenzen von § 68 Satz 2 HOAI a.F. hat der Kläger nicht dargelegt. Sie sind auch nicht ersichtlich.
3. Rechenfehler
Ohne Erfolg rügt die Berufung einen Rechenfehler des Landgerichts, das dem Sachverständigen folgend _ einen Stundsatz von 67 EUR zu Grunde gelegt habe, statt einen solchen von 82 EUR. Ein Stundensatz von 82 EUR wurde im _ Subplanervertrag _ (Anlage K 1) vereinbart. Dieser gilt aber nicht für die Leistungen des weiteren Vertrags vom 07.04.2004 (Anlage K 3), um die es hier geht. In letzterem Vertrag sind keine Stundensätze festgelegt. Infolgedessen bleibt es bei dem Ansatz des Landgerichts von 67 EUR pro Stunde bzw. 2.680 EUR netto für 40 Stunden (§ 632 BGB, § 287 ZPO).
4.
Die Berufung des Klägers hat somit keinen Erfolg. Auf die Hinweise zu Protokoll vom 12.10.2010 wird ergänzend Bezug genommen.
III.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist ebenfalls unbegründet. Auf die zutreffenden tatsächlichen Feststellungen und Entscheidungsgründe des Ersturteils wird mit folgenden Erwägungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
1. Rügen zum Klageanspruch
a)
Entgegen der Ansicht der Beklagten wurde die Schlussrechnung vom 05.08.2005 (Anlage K 4) nicht vom Kläger zurückgezogen und vom Beklagten auch nicht innerhalb von 2 Monaten die mangelnde Prüfbarkeit gerügt. Daher geht es nur noch um die materielle Berechtigung der Rechnungsstellung (BGH BauR 2010, 1249).
b)
Dass die anrechenbaren Kosten am Ende des Projekts ermittelt und der Honorarabrechnung zu Grunde gelegt werden sollten (Anlage K 3), kann nicht so ausgelegt werden (§§ 133, 157 BGB), dass das Recht des Klägers auf Abschlagszahlungen ausgeschlossen werden sollte. Vielmehr durfte dieser Abschlagszahlungen verlangen und nach Leistungseinstellung seine erbrachten Leistungen zum Gegenstand einer Schlussrechnung machen.
c)
Auch § 2.3.1 des Subplanervertrages steht der Fälligkeit nicht entgegen. Nach dieser _ pay-when-paid _-Klausel sollte die Zahlung an den Subplaner erst nach der Zahlung der Bauherrin an die Beklagte erfolgen. Als Individualvereinbarung wäre die Klausel wirksam, als allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Auf!. 2011, Rdnr. 1413; OLG Köln IBR 2010, 277). Die Wirksamkeit der Klausel kann jedoch offen bleiben.
Denn im Falle ihrer Wirksamkeit müsste die Beklagte substantiiert die Nichtzahlung der Bauherrin vortragen. Dass die Darlegungs- und Beweislast für die Nichtzahlung der Bauherrin bei der Beklagten liegt, ist der Klausel durch Auslegung zu entnehmen, zumal die Klägerin typischerweise aus dem übergeordneten Vertragsverhältnis keine eigenen Informationen hat. Ihrer Darlegungslast ist die Beklagte jedoch nicht nachgekommen. Da die Beklagte vertraglich weit umfangreichere Leistungspflichten gegenüber der Bauherrin übernommen hatte, als die Klägerin gegenüber der Beklagten, hätte substantiiert die Nichtzahlung der Bauherrin im Verhältnis zur Beklagten bezogen auf genau die von der Klägerin erbrachten Leistungen dargelegt werden müssen. Dazu hätte das Abrechnungsverhältnis der Beklagten zur Bauherrin näher dargelegt werden müssen. Es genügt nicht die Darlegung, die Bauherrin hätte nicht alle Rechnungen der Beklagten bezahlt. Infolge dessen war vorliegend von keiner gezielten Nichtzahlung der Bauherrin auszugehen. Die Klausel entfaltet schon allein deshalb keine Rechtswirkungen und schiebt die Fälligkeit der Klageforderung nicht hinaus.
d)
Der E-Mail-Verkehr der Parteien aus dem November 2003 vermag nicht den in den Verträgen vom 07.04.2004 festgelegten Leistungsumfang zu ändern und führt zu keiner vom Wortlaut der Verträge abweichenden Auslegung. Denn offensichtlich erstreckten sich die Vertragsverhandlungen über einen längeren Zeitraum, so dass frühere Verhandlungspositionen überholt sein können. Die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Vertragsurkunden vom 07.04.2004 konnte die Beklagte nicht widerlegen.
Demzufolge sind Leistungen über den vereinbarten Leistungsumfang hinaus (z.B. Fernwärmeverteilung) nicht vom vereinbarten Pauschalhonorar abgedeckt und entweder infolge konkludenter Auftragserteilung oder als Geschäftsführung ohne Auftrag vergütungspflichtig, wie vom Landgericht angenommen.
e)
Soweit der Sachverständige alternativ Gutachtensergebnisse ermittelt hat (z.B. Gutachten vom 20.12.2007, Seite 26), kann die Beklagte daraus nichts herleiten. Denn er hat seine alternativen tatsächlichen Annahmen offen gelegt und das Gericht dadurch in die Lage versetzt, nach eigener rechtlicher Würdigung einer der Alternativen zu folgen. Das ist nicht zu beanstanden.
2. Rügen zu den Gegenrechten der Beklagten
Aus der Leistungseinstellung des Klägers im August 2005 folgen keine auf Zahlung
gerichteten Gegenrechte der Beklagten.
Aus den vorgenannten Gründen war die Abschlagsrechnung des Klägers vom 23.05.2005 zulässig und fällig. In Konsequenz hiervon befand sich die Beklagte im August 2005 in Zahlungsverzug, weshalb der Kläger seine Leistungen einstellen durfte. Er verletzte dadurch keine Pflichten, so dass der Beklagten kein Schadenersatzanspruch daraus zustehen kann und kein Zurückbehaltungsrecht.
Der Hilfsaufrechnung gegen die Klageforderung und der Hilfswiderklage der Beklagten fehlt die Grundlage.
3.
Die Berufung des Beklagten hat somit keinen Erfolg. Auf die Hinweise zu Protokoll vom 12.10.2010 wird ergänzend Bezug genommen.
IV.
Kosten, vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Kostenentscheidung erster Instanz war zu ändern infolge eines geänderten Streitwerts erster Instanz.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 543 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat keine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung.
Streitwerte: Der Streitwert des Verfahrens in der ersten Instanz beträgt infolge Berücksichtigung der Entscheidung zur Hilfsaufrechnung in Höhe von 18.448 EUR (Beklagtenschriftsatz vom 19.02.2009, S. 7; LGU S. 18) 45.091,71 EUR. Der Streitwert der Berufung des Klägers beträgt 8.636,74 EUR, der der Berufung der Beklagten 33.863,08 EUR und insgesamt 42.499,82 EUR (§§ 63 Abs. 2, 45, 47, 48 GKG).

RechtsgebietHOAIVorschriftenHOAI § 68 Satz 1

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