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05.11.2010 · IWW-Abrufnummer 103626

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen: Beschluss vom 13.09.2010 – L 11 KA 70/10 B ER

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


L 11 KA 70/10 B ER
Tenor:
Die Beschwerde des Beigeladenen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.05.2010 wird zurückgewiesen.
Der Beigeladene trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Streitig ist, ob eine vom Beigeladenen zu leistende Bürgschaft auch für etwaige Rückzahlungsansprüche der Antragsgegnerin aus Honorarleistungen an die zuvor bestehende Berufsausübungsgemeinschaft haftet.
Der Beigeladene ist als Facharzt für Diagnostische Radiologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit der Antragstellerin, ebenfalls Fachärztin für Diagnostische Radiologie, betrieb er seit dem Jahre 2001 eine zwischenzeitlich mit dem 31.12.2009 beendete Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Der Honorarbescheid für das Quartal III/2009 vom 26.01.2010 weist für die frühere BAG ein Restguthaben in Höhe von 71.743,38 EUR aus. Die Antragsgegnerin verweigerte die Auszahlung.
Die Antragstellerin hat am 25.02.2010 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie sei seit dem 01.01.2010 Rechtsnachfolgerin der bisherigen BAG. Der Gesellschaftsvertrag sehe vor, dass Geschäftsführung und Vertretung der Gemeinschaftspraxis allein bei ihr liegen. Da lediglich ein Gesellschafter ausgeschieden und die Gesellschaft nicht aufgelöst sei, folge aus dem Gesellschaftsvertrag vom 15.07.2001 ihre Aktivlegitimation. Im Vertrag sei geregelt, dass das Vermögen der Gemeinschaftspraxis ohne Liquidation mit Aktiva und Passiva auf den verbleibenden Gesellschafter übergehe, der berechtigt sei, die Praxis alleine oder mit einem neuen Kollegen weiterzuführen. Obwohl zwischenzeitlich eine Erklärung des Beigeladenen vorliege, nach der er mit der Auszahlung des Restguthabens für das Quartal III/2009 auf das bisherige Geschäftskonto der BAG einverstanden sei, verweigere die Antragsgegnerin nach wie vor die Auszahlung. Die Regelungsanordnung sei zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich. Die laufenden Kosten seien auch nach Ausscheiden des Beigeladenen nahezu unverändert. Die wirtschaftliche Situation habe sich zudem durch den Wegfall des zweiten Vertragsarztsitzes und des hieran gebundenen Regelleistungsvolumens verschlechtert. Der Praxisbetrieb werde derzeit nur durch Einnahmen aus der privatärztlichen Tätigkeit und einem Kontokorrentkredit der Bank mit einem Kreditvolumen von 200.000,00 EUR gedeckt. Das derzeitige Defizit betrage 130.000,00 EUR. Ohne Privatentnahmen beliefen sich die monatlichen Kosten der Praxis auf etwa 50.000,00 EUR.
Die Antragstellerin hat beantragt,
1. das Resthonorar für das Quartal III/09 der Gemeinschaftspraxis Dr. med. I und H, Dstraße 00, 00000 S, Betriebsstätten-Nr. 000000, gemäß Abrechnungsbescheid der Antragsgegnerin vom 26.01.2010 in Höhe von noch 71.743,38 EUR an sie auf das Konto der Sparkasse S Nr. 00000, BLZ 00000 auszuzahlen, 2. die turnusmäßigen monatlichen Honorarabschlagszahlungen rückwirkend ab Dezember 2009 wieder aufzunehmen, hilfsweise, 1. das Resthonorar für das Quartal IIII/09 der ehemaligen Berufsausübungsgemeinschaft Dr. med. I/H, Dstr. 00, 0000 S, Betriebsstätten-Nr. 00000 gemäß Abrechnungsbescheid vom 26.01.2010 in Höhe von 71.743,38 EUR an die Berufsausübungsgemeinschaft Dr. med. I/H auf das Konto der Berufsausübungsgemeinschaft Sparkasse S 0000, BLZ 00000 zu zahlen, 2. die monatlichen Abschlagszahlungen ab dem 01.01.2010 an sie wieder aufzunehmen, äußerst hilfsweise, sämtliche unter Ziff. 1) und 2) der Antragsschrift gestellten Zahlungsanträge ein- schließlich der Hilfsanträge an die ehemalige Berufsausübungsgemeinschaft auf das Konto der Berufsausübungsgemeinschaft 0000, BLZ 000000 zu zahlen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten berechtigt zu sein, die Restzahlung wegen möglicher Rückforderungsansprüche zu reduzieren oder auszusetzen. Die Vertragskonstellation der BAG werfe Zweifel daran auf, ob überhaupt eine BAG und nicht nur ein verdecktes Anstellungsverhältnis bestanden habe.
Der Beigeladene hat beantragt,
den Antrag der Antragstellerin wegen fehlender Aktivlegitimation abzuweisen, soweit es um Ansprüche bis zum Ablauf des 31.12.2009 geht.
Er hat geltend gemacht: Nach Beendigung der BAG sei die Antragstellerin nicht mehr alleinvertretungsberechtigt, weswegen sie die Auszahlung der Honoraransprüche gegenüber der Antragsgegnerin nicht in eigenem Namen beanspruchen könne. Zwar habe er zugestimmt, das Restguthaben auf das bisherige Praxisgemeinschaftskonto auszahlen, das habe jedoch nichts damit zu tun, dass er dieses Verfahren gegen die Antragsgegnerin nicht mittrage. Der Antrag sei somit schon aus formellen Gründen zurückzuweisen.
Auf Aufforderung der Antragstellerin ist der Beigeladene dem Verfahren hinsichtlich der Ansprüche aus dem Quartal III/2009 beigetreten.
Mit Beschluss vom 20.05.2010 hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf die Antragsgegnerin verpflichtet, das Resthonorar für das Quartal III/2009 der ehemaligen Berufsausübungsgemeinschaft gemäß Abrechnungsbescheid vom 26.01.2010 in Höhe von 71.743,38 EUR an die Berufsausübungsgemeinschaft auf das Konto der Berufsausübungsgemeinschaft unter der Auflage zu zahlen, dass die Antragstellerin und der Beigeladene in Höhe des vorgenannten Resthonorars eine Sicherheit durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts leisten. Das SG hat die Antragsgegnerin ferner verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig bis zum 31.12.2010 Abschlagszahlungen rückwirkend ab 01.01.2010 in einer Höhe von 15.900,00 EUR zu zahlen. Im Übrigen hat es die Anträge zurückgewiesen.
Diese Entscheidung greift der Beigeladene mit der Beschwerde an. Er meint, dass die zu leistende Bürgschaft nicht auf Rückforderungsansprüche der Antragsgegnerin aus Honorarleistungen an die BAG hafte, sondern allenfalls für Ansprüche der Antragsgegnerin gegen ihn persönlich, sofern in einem weiteren Rechtsstreit rechtskräftig festgestellt werden sollte, dass statt einer BAG ein "verdecktes Anstellungsverhältnis" bestanden habe. Das SG habe ausdrücklich festgestellt, dass die Gesellschaft vollbeendet worden sei. Hieraus folge, dass mit Auflösung der Gesellschaft deren Gesamthandseigentum in das Alleineigentum der Antragstellerin übergegangen sei und sich damit eine Abwicklung oder sonstige Auseinandersetzung erübrige. Für die von der Antragsgegnerin zu leistenden Restzahlung für III/2009 an die ehemalige BAG könne von ihm - dem Beigeladenen - keine Sicherheitsleistung durch Beibringung einer Bürgschaft verlangt werden, da er ausgeschieden sei, keine Abwicklungs- oder Auseinandersetzungsansprüche habe, dennoch im Zweifel als Gesamtschuldner für etwaige Ansprüche der Antragsgegnerin hafte, ohne im Innenverhältnis Rückerstattungsansprüche gegenüber der Antragstellerin zu haben.
Der Beigeladene beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss dahingehend zu ändern, dass die von ihm abgegebene Bürgschaft nur für Ansprüche haftet, die von der Antragsgegnerin ihm gegenüber persönlich geltend gemacht werden.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass die BAG auch nach Auflösung noch so lange existiere und im Sozialgerichtsprozess beteiligungsfähig sei, wie noch Pflichten und Rechte aus ihrem Bestand oder Status zu erfüllen seien.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie schließt sich der Rechtsauffassung der Antragstellerin an und vertritt die Ansicht, es stehe ihr frei, Honorarrückforderungen entweder gegen die insoweit fortbestehende frühere BAG oder aber gegen beide Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Streitakte.
II. Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Mit zutreffender Begründung hat das SG entschieden, dass die vom Beigeladenen zu leistende Bürgschaft auch auf Rückzahlungsansprüche der Antragsgegnerin haftet. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf den angefochtenen Beschluss (§ 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
Die BAG als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gilt für schwebende Auseinandersetzungen um Forderungen und Verbindlichkeiten als fortbestehend. Hieraus folgt, dass der Beigeladene auch auf Rückforderungsansprüche der Antragsgegnerin aus Honorarleistungen an die BAG haftet, mithin er gehalten ist, eine Bürgschaft mit gesamtschuldnerischer Haftung beizubringen.
Der Senat schließt sich hierzu der Rechtsauffassung des BSG an. Dieses hat im Urteil vom 07.02.2007 - B 6 KA 6/06 R - ausgeführt: "Die Gemeinschaftspraxis als Rechtsmittelführerin in der Rechtsform einer GbR ist unbeschadet von deren Auflösung zum 10.2.2000 weiterhin beteiligtenfähig iS des § 70 Nr. 1 SGG (zur Beteiligtenfähigkeit einer GbR s BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 5 RdNr 13; SozR 4-1500 § 86 Nr. 2 RdNr 8 - jeweils mwN). Der Widerruf der Genehmigung zur Bildung dieser Gemeinschaftspraxis im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 10.2.2000 beendete den besonderen vertragsärztlichen Status der Berufsausübung in Gemeinschaftspraxis (s hierzu BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14 f; SozR 4-5520 § 33 Nr 5 RdNr 6) nur für die Zukunft, ließ hingegen die mit diesem Status verbundenen und in der Vergangenheit entstandenen Rechte und Pflichten unberührt. Solche Rechte sind Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Für die Geltendmachung der ihr gegenüber der Beklagten gegebenenfalls noch zustehenden öffentlich-rechtlichen Ansprüche auf Honorarteilhabe für die Dauer des Bestehens der Gemeinschaftspraxis in den Quartalen II/1999 bis IV/1999 - dh im Rahmen der Abwicklung ihrer Rechtsbeziehungen zu Dritten - ist deshalb weiterhin die Gemeinschaftspraxis befugt (vgl § 730 Abs. 2 Satz 1 BGB) und als solche auch beteiligtenfähig. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - auf zivilrechtlicher Ebene im Gesellschaftsvertrag der GbR eine Liquidation der Gesellschaft bzw eine Vermögensauseinandersetzung bei Ausscheiden eines Partners ausgeschlossen wurde (vgl. § 731 Satz 1 BGB sowie § 2 Nr 3 iVm § 22 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin vom 19.5.1999) und deshalb nach Gesellschaftsrecht eine sofortige Vollbeendigung der GbR eintritt (vgl Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 1, 2. Aufl 2004, § 21 RdNr 8 und 102; s auch BGH NJW 2002, 1207 sowie Bier in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand April 2006, § 61 RdNr 10). Denn die KÄV und die weiteren vertragsärztlichen Behörden sind aufgrund der speziellen Ausprägung des vertragsarztrechtlichen Status einer Gemeinschaftspraxis - ungeachtet der zivilrechtlichen Vereinbarungen zur Auseinandersetzung der GbR, die ihnen oftmals nicht bekannt sein werden - befugt, die öffentlich-rechtlichen Berechtigungen und Verpflichtungen einer Gemeinschaftspraxis auch noch nach deren gesellschaftsrechtlicher Vollbeendigung durch einen an diese gerichteten Verwaltungsakt festzustellen (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB X). Die Gemeinschaftspraxis wird mithin in vertragsarztrechtlicher Hinsicht als fortbestehend angesehen, solange sie noch Pflichten aus ihrem Status zu erfüllen hat oder ihr hieraus noch Rechte zustehen (ebenso zur parallelen Rechtslage im Steuerrecht: BFHE 191, 494, 495). Nur dies wird der erforderlichen Klarheit und Transparenz bei der Abwicklung vertragsarztrechtlicher Massenverfahren, wie sie der Erlass quartalsbezogener Honorarbescheide - einschließlich Prüf- und Richtigstellungsbescheide - darstellt, gerecht.
Im Beschluss vom 07.03.2010 - B 6 KA 23/09 B - sowie im Urteil vom 23.05.2007 - B 6 KA 2/06 R - hat das BSG hieran festgehalten.
Mithin kann die Antragsgegnerin Honorarrückforderungsansprüche wahlweise gegen die Antragstellerin und/oder den Beigeladenen geltend machen. Das wiederum bedeutet, dass der Beigeladene gesamtschuldnerisch haftet und eine diesen Anforderungen entsprechende Bürgschaft beibringen muss. Soweit er dem entgegenhält, diese Rechtsprechung gelte in Fällen des Gestaltungsmissbrauchs nicht, ist dem nicht folgen. Zwar trifft es zu, dass die Gemeinschaftspraxis als solche letztlich nicht existierte, wenn es sich beim Rechtsverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenem (lediglich) um eine verdeckte Anstellung handeln sollte. Honorarrückforderungen aus diesem Rechtsgrund rechtfertigen indes keine andere Beurteilung. Sollte rechtskräftig ein Gestaltungsmissbrauch im aufgezeigten Sinn festgestellt werden, haftet auch der Beigeladene.
Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Honorarforderung sind die auf der gesetzlichen Grundlage des § 75 Abs. 2 Satz 2 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) ergangenen Vorschriften des § 45 Abs. 2 Satz 1 (Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 Abs. 4 Satz 1 und 2 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä). Hiernach hat die Antragsgegnerin die Aufgabe, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig auf ihre Richtigkeit zu prüfen, insbesondere auch darauf, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß, also ohne Verstoß gegen gesetzliche und/oder vertragliche Bestimmungen - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind (vgl. nur Senat, Urteil vom 11.03.2009 - L 11 (10) KA 44/07 -).
Zwar ist die zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen formal bestehende Gemeinschaftspraxis vom Zulassungsausschuss genehmigt worden. Doch ist die Antragsgegnerin an diese Statusentscheidung nur in der Weise gebunden, dass sie jene nicht abändern (entziehen) kann. Hingegen muss sie bei der Abrechnung der geltend gemachten ärztlichen Leistungen nicht zwingend davon ausgehen, dass es sich um Leistungen einer Gemeinschaftspraxis handelt. Denn eine Gemeinschaftspraxis besteht nur, wenn die konstitutiv und statusbegründend wirkende Genehmigung nach § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV vorliegt und sich zusätzlich die Vertragsärzte, denen die Führung einer Gemeinschaftspraxis genehmigt worden ist, tatsächlich zur gemeinsamen und gemeinschaftlichen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit verpflichtet haben und diese auch tatsächlich gemeinsam ausüben (vgl. BSG, Urteil vom 16.07.2003 - B 6 KA 34/02 R -). Dies gilt insbesondere auch für die rechtliche Anerkennung von Honorarforderungen.
Sollte keine Gemeinschaftspraxis bestanden haben, mithin ein Gestaltungsmissbrauch vorliegen, wäre die Antragsgegnerin dem Grunde nach zu einer sachlich-rechnerischen Berichtigung verpflichtet (hierzu u.a. BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R -, Beschluss vom 05.11.2008 - B 6 KA 17/07 B -; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17.12.2008 - L 3 KA 316/04 -; Beschluss vom 08.06.2007 - L 3 KA 9/07 ER -; Senat, Urteil vom 13.12.2006 - L 11 KA 82/05 -). Auf den Rückforderungsanspruch haftet jeder Gesellschafter einer "Scheingesellschaft" gesamtschuldnerisch. In diesem Zusammenhang hat das LSG Niedersachsen-Bremen zu einer vergleichbaren Fallkonstellation ausgeführt (Urteil vom 17.12.2008 - L 3 KA 316/04 - und Beschluss vom 06.06.2007 - L 3 KA 9/07 ER -; vgl. auch LSG Bayern, Urteil vom 10.05.2006 - L 12 KA 10/03 -):
"Der Berichtigungs- und Rückforderungsbescheid ist formell rechtmäßig ergangen. Dem steht insbesondere nicht der Umstand entgegen, dass der Bescheid an den Kläger und den Beigeladenen zu 2) und nicht an die zu 1) beigeladene ehemalige, zumindest nach außen als solche in Erscheinung getretene "Gemeinschaftspraxis" gerichtet ist. Zwar wird die Gemeinschaftspraxis in vertragsarztrechtlicher Hinsicht als fortbestehend angesehen, solange sie noch Pflichten aus ihrem Status zu erfüllen hat oder ihr hieraus noch Rechte zustehen, da nur dies der erforderlichen Klarheit und Transparenz bei der Abwicklung vertragsarztrechtlicher Massenverfahren gerecht wird (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 31). Daraus folgt aber nicht, dass etwaige aus dem Abrechnungsverhalten der Gemeinschaftspraxis resultierende Honorarrückforderungen nur gegenüber dieser geltend gemacht werden können. Denn für Verbindlichkeiten der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) besteht auch schon vor deren Liquidation eine Haftung der Gesellschafter als Gesamtschuldner, ohne dass der Gläubiger auf die vorrangige Inanspruchnahme des Gesellschaftsvermögens verwiesen werden kann (Westermann in: Erman, BGB, 12. Aufl., § 705 Rdnr. 61). Für die Gesellschafterhaftung bedarf es keines zusätzlichen Verpflichtungstatbestandes mehr; sie folgt automatisch aus der Gesellschaftsverbindlichkeit nach Maßgabe von deren Umfang (Akzessorietätsprinzip). Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) aus dem allgemeinen Rechtsprinzip hergeleitet, wonach die mit anderen Geschäfte Treibenden mit ihrem persönlichen Vermögen zu haften haben (BGHZ 142, 315 (319)), was im Ergebnis auf eine Analogie zu § 128 Handelsgesetzbuch (HGB) hinausläuft (Westermann aaO., § 714 Rdnr. 11 m.w.N.). Von einer Haftung der Partner einer Gemeinschaftspraxis für Honorarforderungen der KV als Gesamtschuldner im Sinne der §§ 421 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist auch das BSG in seiner Entscheidung vom 12. Dezember 2001 (SozR 3-2500 § 82 Nr.3) ausgegangen. Dort wird ausgeführt, dass Rechtsmittelbefugnis und Aktivlegitimation des Klägers auch insoweit keinen Bedenken unterliegen, als die Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide Quartale betreffen, in denen er seine Praxis zusammen mit einem Partner als Gemeinschaftspraxis (§ 33 Abs. 2 Ärzte-ZV) führte. Damit stand es der Beklagten offen, die Honorarrückforderung entweder gegen die frühere "Gemeinschaftspraxis" zu richten, die insoweit fortbestand, oder einen oder beide Gesellschafter aus ihrem persönlichen Vermögen in ihrer Eigenschaft als Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte hat sich für letztere Möglichkeit entschieden. Als Gesamtschuldner ist der Kläger berechtigt, eine Forderung, die - allein oder auch - ihm gegenüber geltend gemacht wird, allein abzuwehren."
Hiervon abzuweichen sieht der Senat keinen Anlass. Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.
III. Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts hingegen keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000,00 EUR (Auffangstreitwert) anzunehmen. Hiervon ist auszugehen, da das wirtschaftliche Interesse des Beigeladenen nicht beziffert werden kann und genügend tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzung fehlen. Ein Abschlag unter dem Gesichtspunkt der Vorläufigkeit des Verfahrens ist nicht gerechtfertigt. Ein geringerer Streitwert würde der Bedeutung der Angelegenheit für den Beigeladenen nicht hinreichend Rechnung tragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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rechtskräftig

RechtsgebieteVertragsarztrecht, BGB Vorschriften§ 75 SGB V, §§ 730, 731 BGB

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