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07.04.2003 · IWW-Abrufnummer 030364

WISO SteuerBrief 08/2002 Seite 11-14

So vermeiden Sie die Steuerschädlichkeit


In der Juli-Ausgabe haben Sie erfahren, wann die Steuervorteile von Lebensversicherungen nachträglich verloren gehen können, weil der Versicherungsanspruch steuerschädlich eingesetzt wurde. Im Folgenden zeigt Dr. Andreas Wegner von der Berenberg Consult GmbH in Hamburg, wann die Vorteile ausnahmsweise erhalten bleiben, obwohl der Versicherungsanspruch steuerschädlich eingesetzt wurde.



Verwendung im Rahmen von Investitionsdarlehen

Dient ein Darlehen unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs-/Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist (Investitionsdarlehen), ist der Einsatz von Versicherungsansprüchen zur Sicherung/Tilgung ausnahmsweise möglich, ohne dass es zur Steuerschädlichkeit kommt (§ 10 Absatz 2 Satz 2 Buchstabe a Einkommensteuergesetz [EStG], BMF-Schreiben vom 15.6.2000, BStBl 2000 I, 1118, Abschnitt II).



Begünstigte Wirtschaftsgüter

Begünstigt ist der Erwerb eines Wirtschaftsguts, das dauerhaft genutzt wird. Das gilt auch für geringwertige Wirtschaftsgüter. Im betrieblichen Bereich muss es sich also um Anlagevermögen handeln (das Gegenteil dazu wäre Umlaufvermögen). Investitionen im außerbetrieblichen Bereich können ebenfalls steuerunschädlich sein, wenn die Anschaffungen zur längerfristigen Nutzung bestimmt sind. In Betracht kommen zum Beispiel der Erwerb eines Vermietungsobjekts oder eine langfristige Anlage in Aktien.



Auch gemischt genutzte Wirtschaftsgüter (sehen Sie dazu unseren Beitrag in Ausgabe 7/2002, Seite 11) wie zum Beispiel das Arbeitszimmer im eigenen Haus, der beruflich genutzte Pkw oder die Garage, sind dauerhaft genutzte Wirtschaftsgüter. Sie können daher grundsätzlich steuerunschädlich unter Einsatz von Versicherungsansprüchen finanziert werden.



Problematisch sind Anteile an Personengesellschaften. Dazu gehören auch die meisten geschlossenen Fonds: Steuerlich wird mit einem Gesellschaftsanteil kein einzelnes Wirtschaftsgut erworben, sondern mittelbar ein Anteil an allen Wirtschaftsgütern, den die Personengesellschaft in ihrer Bilanz aufführt. Dazu gehört nicht nur Anlage-, sondern auch Umlaufvermögen. Werden solche Gesellschaftsanteile unter Einsatz von Lebensversicherungsansprüchen erworben, kann nur der Teil des Kaufpreises steuerunschädlich finanziert werden, der – bewertet zu Verkehrswerten (nicht zu Buchwerten) – dem Verhältnis von Anlagevermögen zu Gesamtvermögen der Personengesellschaft entspricht.



Begrenzung auf Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten

Versicherungsansprüche können nur insoweit steuerunschädlich eingesetzt werden, als mit dem Darlehen unmittelbar Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter Wirtschaftsgüter finanziert werden. Die Umsatzsteuer gehört nicht dazu (§ 9b Absatz 1 Satz 1 EStG).



Beispiel


Ein Unternehmer erwirbt eine Maschine zum Preis von 580.000 Euro brutto (500.000 Euro zzgl. 16 Prozent Umsatzsteuer). Das unter Einsatz von Versicherungsansprüchen aufgenommene Darlehen darf maximal die Netto-Anschaffungskosten von 500.000 Euro betragen.



Zu differenzieren gilt es bei den Finanzierungskosten für ein Darlehen (Zinsen, Disagio/Damnum, Bearbeitungsgebühren der Bank): Nur bei einer Erstfinanzierung gehören diese zu den begünstigten Anschaffungs- oder Herstellungskosten und dürfen daher in die Darlehenssumme einbezogen werden. Steuerschädlich wäre dagegen die Einbeziehung bei einer Umschuldung.



Beispiel


Die Bank finanziert den Erwerb der Maschine mit einem Darlehen über 526.315 Euro. Dieses wird nach Einbehaltung eines Disagios von fünf Prozent (26.315 Euro) in Höhe der Netto-Anschaffungskosten von 500.000 Euro ausgereicht.



Zur Sicherstellung der Steuerunschädlichkeit reicht es nicht, nur das Darlehen auf die Höhe der begünstigten Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu begrenzen: Auch die zivilrechtliche Sicherungs- oder Tilgungsabrede muss entsprechend betragsmäßig begrenzt werden. Hierbei dürfen nicht einmal die einmaligen banküblichen Finanzierungskosten in die Vereinbarung einbezogen werden.



Beispiel


Beim Darlehen über 526.315 Euro inklusive Disagio dürfen Ansprüche aus einer Lebensversicherung steuerunschädlich maximal in Höhe von 500.000 Euro zur Sicherung oder Tilgung eingesetzt werden.



Unser Tipp: Eine solche betragsmäßige Begrenzung der Sicherungs- oder Tilgungsabrede ist nicht erforderlich, wenn der aktuelle Rückkaufwert der Versicherung geringer ist als die begünstigten Anschaffungs- oder Herstellungskosten.



Beispiel


Beträgt der Rückkaufwert der Versicherung 200.000 Euro, ist eine Begrenzung der Sicherungs- bzw. Tilgungsabrede zunächst nicht erforderlich. Die Begrenzung muss auch später nicht nachgeholt werden, wenn die Ablaufleistung der Versicherung (zum Beispiel 400.000 Euro) unter den Anschaffungskosten von 500.000 Euro bleibt.



Wichtig: "Misslingt“ die Begrenzung der Darlehens- bzw. der Abtretungshöhe um maximal 2.556 Euro, ist das nicht steuerschädlich.



Unmittelbarkeit der Verwendung

Weitere Voraussetzung für die Steuerunschädlichkeit ist, dass das Darlehen unmittelbar zum Erwerb des begünstigten Wirtschaftsguts verwendet wird. Im Idealfall überweist daher die Bank die Darlehenssumme direkt an den Verkäufer.



Wird das Darlehen zunächst auf ein Girokonto des Erwerbers ausgereicht, darf es dort maximal 30 Tage "geparkt“ werden, bevor es zur Zahlung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eingesetzt wird.



Bei längeren Investitionsvorhaben besteht die Möglichkeit, die Anschaffungs-/Herstellungskosten zunächst über ein "Vorschaltkonto“ zu bestreiten: Die anschließende Endfinanzierung unter Einbeziehung von Lebensversicherungsansprüchen muss aber spätestens drei Monate nach Abschluss der Herstellung erfolgt sein.



Einsatz im Rahmen kurzfristiger Betriebsmittelkredite

Grundsätzlich führt jede auch noch so kurzfristige steuerschädliche Verwendung von Versicherungsansprüchen zum Verlust der steuerlichen Privilegien für die gesamte Laufzeit des Versicherungsvertrags. Und es gibt im Regelfall auch keine "Heilungsmöglichkeit“.

Doch es gibt Ausnahmen: Insbesondere mittelständische Unternehmer sind bei Liquiditätsengpässen darauf angewiesen, Betriebsmittel unter Einsatz persönlicher Sicherheiten zu finanzieren. Hier bietet sich häufig nur die zur Altersversorgung abgeschlossene Kapitallebensversicherung an.



Um diese Überbrückung nicht zusätzlich zu erschweren bzw. über Gebühr zu "verteuern“, wird eine befristete steuerschädliche Verwendung zugelassen (§ 10 Absatz 2 Satz 2 Buchstabe c EStG): Dienen die Versicherungsansprüche insgesamt nicht länger als drei Jahre der Sicherung (nicht: Tilgung!) derartiger betrieblich veranlasster Darlehen, werden die Steuervorteile nur für die betroffenen Jahre und nicht für die gesamte Vertragslaufzeit gestrichen.



Mehrere kurzfristige Verwendungen werden für die Prüfung der Drei-Jahres-Grenze taggenau addiert. Werden die drei Jahre insgesamt überschritten, gilt die Versicherung als steuerschädlich eingesetzt. Diese Regelung gilt nur für den betrieblichen Bereich. Bei den privaten Einkunftsarten führt jede steuerschädliche Verwendung sofort und unheilbar zur Steuerschädlichkeit des gesamten Vertrags.



Beispiel


Ein betriebliches Kontokorrentkonto ist seit Anfang 1997 durch Lebensversicherungsansprüche für den Erlebensfall abgesichert. Der Kontokorrentkredit wurde insgesamt an 1.085 Tagen in Anspruch genommen, nämlich im Jahr 1997 an 280 Tagen, 1998 an 365 Tagen, 1999 an 240 Tagen, 2000 gar nicht, 2001 an 200 Tagen.



In den Jahren 1997, 1998, 1999 und 2001 können die Versicherungsbeiträge nicht als Sonderausgaben abgezogen werden. Die in diesen Jahren gutgeschriebenen Zinsen sind bei Auszahlung am Ende der Vertragslaufzeit zu versteuern. Zur Berechnung der Drei-Jahres-Höchstfrist sind die Zeiträume zu addieren, in denen die Versicherungsansprüche tatsächlich der Sicherung des Kontokorrentkredits gedient haben, das heißt in denen das Girokonto einen negativen Saldo aufwies: Da es sich in unserem Beispiel um insgesamt 1.085 Tage handelt, wäre der Drei-Jahres-Zeitraum (1.095 Tage) nicht überschritten.



Die Folgen steuerschädlicher Verwendung


Die Folgen einer steuerschädlichen Verwendung sind:



  • Die Versicherung muss bei Auszahlung der Versicherungsleistung Kapitalertragsteuer auf die in der Ablaufleistung enthaltenen Zinsen einbehalten und abführen (§ 43 Absatz 1 Nummer 4 EStG, § 29 Absatz 1 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung [EStDV]).
  • Die Steuervorteile durch den Abzug der Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben werden durch Nachversteuerung rückgängig gemacht (§ 10 Absatz 5 Nummer 1 EStG, § 30 Absatz 2 EStDV).


Damit diese Konsequenzen gezogen werden können, benötigen die Versicherungsgesellschaft und das Finanzamt Kenntnis von der Verwendung der Versicherungsansprüche und Rechtssicherheit bezüglich der steuerlicher Beurteilung. Daher wurde eine Meldepflicht und ein Prüfungsverfahren eingeführt.



Meldepflicht

Jede Verwendung von Versicherungsansprüchen zur Sicherung oder Tilgung eines Darlehens im Erlebensfall muss dem Finanzamt auf einem amtlich vorgeschriebenen Formular unverzüglich angezeigt werden. Ausnahme: Eine Anzeige ist nicht erforderlich bei Versicherungsnehmern mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, wenn das Darlehen 25.565 Euro nicht übersteigt.



Mit der Anzeige sind auch die wesentlichen Informationen zur Person des Versicherungsnehmers sowie zum Darlehens- und Versicherungsvertrag zu übermitteln. Das Finanzamt kann nach der Meldung weitere Unterlagen anfordern (zum Beispiel Kopien von Verträgen oder Anschaffungsrechnungen).



Meldepflichtig sind


  • der Sicherungsnehmer (die darlehensgebende Bank oder ein privater Kreditgeber),
  • der Steuerpflichtige (der Versicherungsnehmer) und
  • die Versicherung, soweit sie selbst Sicherungsnehmerin ist (zum Beispiel bei Policendarlehen), und wenn der Versicherungsnehmer seinen Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland hat.


Prüfungsverfahren

Sodann wird ein gesondertes Feststellungsverfahren eingeleitet, an dessen Ende ein Bescheid steht (§ 9 der Verordnung zu § 180 Absatz 2 der Abgabenordnung). Der Bescheid legt fest, ob der angemeldete Einsatz der Versicherungsansprüche zur vollen oder teilweisen Steuerpflicht der in der Ablaufleistung enthaltenen Kapitalerträge führt. Er ergeht gegenüber dem Versicherungsnehmer, die Versicherungsgesellschaft erhält eine entsprechende Mitteilung. Nach Ablauf der Einspruchsfrist (ein Monat ab Zugang) wird der Bescheid bestandskräftig und ist für die Veranlagung im Zeitpunkt der Auszahlung der Versicherungssumme verbindlich.



Wichtig: Ein negativer Feststellungsbescheid (in dem die Steuerunschädlichkeit festgestellt wird) wird nur erteilt, wenn der Steuerzahler dies beantragt.



Wichtiger Hinweis: Der Inhalt ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden.

Die Komplexität und der ständige Wandel der in ihm behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

Stichworte:Lebensversicherung

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