07.03.2013 · IWW-Abrufnummer 130798
Finanzgericht Köln: Urteil vom 19.12.2012 – 10 K 1172/10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln
10 K 1172/10
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Klägerin ist seit dem 28.09.2011 aufgelöst und aus dem Handelsregister gelöscht.
Die Klägerin betrieb in den Streitjahren einen Vertrieb von Hilfsstoffen für die Papierindustrie. Ihre Rohstoffe bezog sie hauptsächlich von der in der Niederlanden ansässigen Firma X BV (X BV).
An der Klägerin sind Frau T (T) zu 80 % und ihre beiden Kinder jeweils mit 10 % beteiligt. Frau T war zugleich alleinige Geschäftsführerin der Klägerin. Die Klägerin nennt als Grund hierfür eine Wettbewerbsklausel aus einem früheren Anstellungsverhältnis ihres Ehemannes, der bei einem niederländischen Unternehmen derselben Branche gearbeitet habe. Tatsächlich habe der im Jahr 2008 verstorbene Ehemann die Geschäftsführung innegehabt.
Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurden erhebliche Abweichungen zwischen den in der Buchführung der Klägerin erfassten Wareneinkäufen und den von der Firma X BV gemeldeten innergemeinschaftlichen Lieferungen festgestellt. Im Rahmen eines Auskunftsersuchens an die niederländische Finanzverwaltung wurde bestätigt, dass die innergemeinschaftlichen Lieferungen der X BV tatsächlich stattgefunden haben und durch die Klägerin bezahlt wurden.
In der Folge wurde ein Steuerstrafverfahren gegen die Eheleute T eingeleitet. Im Rahmen der Steuerfahndungsprüfung wurde festgestellt, dass im Jahr 2001 Einnahmen in einer Höhe von 245.912 € und damit im Zusammenhang stehende Betriebsausgaben für Wareneinkäufe i.H.v. 195.088 € bislang nicht erfasst worden seien und zusätzlich zu berücksichtigen seien. Die Steuerfahndung ermittelte auf diese Weise einen Bilanzverlust i.H.v. 202.157 € und rechnete die nicht erklärten Einnahmen als verdeckte Gewinnausschüttungen in einer Höhe von 480.962 DM (245.911 €) sowie sonstige nichtabziehbare Aufwendungen i.H.v. 943 DM hinzu. Im Ergebnis ermittelte es einen Gesamtbetrag der Einkünfte i.H.v. 86.520 DM (44.236 €).
Daneben rechnete die Steuerfahndung 50 % der Entgelte für Dauerschulden in einer Höhe von 3.769 DM hinzu. Damit ergab sich ein Gewerbeertrag vor Verlustabzug i.H.v. 90.289 DM (46.164 €). Der bestehende Verlustvortrag von 107.051 DM wurde entsprechend gemindert, so dass ich zum 31.12.2001 ein verbleibender Verlustvortrag i.H.v. 16.762 DM (8.570 €) ergab.
Im Hinblick auf die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer aus nicht erklärten Einnahmen setzte die Steuerfahndung 414.622 DM (211.993 €) an. In der Folge setzte sie Umsatzsteuer in einer Höhe von 48.245 € fest und stellte den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.2001 i.H.v. 8.570 € fest.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Einsprüchen, welche mit Einspruchsentscheidung vom 15.3.2010 als unbegründet zurückgewiesen wurden.
Mit der Klage vom 15.4.2010 macht die Klägerin geltend, dass die durch den Ehemann der Geschäftsführerin getätigten Geschäfte der Klägerin nicht zugerechnet werden könnten und daher zu Unrecht die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer sowie eine verdeckte Gewinnausschüttung angesetzt worden sei.
Es habe sich bei den streitgegenständlichen Geschäften um Eigengeschäfte des Ehemannes der Geschäftsführerin unter der Firma der Klägerin gehandelt. Er habe auf eigene Rechnung gehandelt und die Geschäfte nicht über Geschäftskonten der Klägerin sondern über seine privaten Konten abgewickelt. Hiervon habe die Geschäftsführerin auch keine Kenntnis gehabt. Dies ergebe sich aus einer Aussage des verstorbenen Ehemannes vom 2.11.2005 (Bl. 72 GA).
Aus diesem Grunde könne auch keine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen werden. Der Zufluss von Geldbeträgen aus dem Vermögen einer GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person ist dann nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn die betreffende Person eigenmächtig und in Unkenntnis des Gesellschafters handelt (BFH VIII R 54/05 vom 19.6.2007). Der Geschäftsführerin könne keine mangelnde Überwachung vorgeworfen werden, da sie keine Veranlassung gehabt habe, an der Redlichkeit ihres Ehemannes zu zweifeln. Sie habe zwar Verfügungsmacht über das Privatkonto gehabt, auf welchem die Schwarzeinnahmen verbucht worden seien und von dem ihre Krankversicherungsbeiträge überwiesen wurden. Sie habe von ihrer Verfügungsberechtigung jedoch zu keinem Zeitpunkt Gebrauch gemacht. Die Krankversicherungsbeiträge seien durch einen Dauerauftrag überwiesen worden. Es liege auch keine mittelbare Vorteilsverschaffung dadurch vor, dass mit den Mitteln der Schwarzeinkünfte die Krankversicherungsbeiträge der Geschäftsführerin bezahlt worden seien. Hier fehle es an einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung. Vielmehr seien die Zahlungen aufgrund familiärer Beziehungen erfolgt.
Würde man in den streitgegenständlichen Geschäften verdeckte Gewinnausschüttungen sehen wollen, so seien diese allenfalls an den Ehemann der Geschäftsführerin ausgeschüttet worden. Dieser sei faktischer Geschäftsführer gewesen.
Unzutreffend sei schließlich die Auffassung der Finanzverwaltung, verdeckte Gewinnausschüttungen seien in Höhe der Veräußerungsvorgänge ohne Verminderung um die Kosten des Wareneinkaufs anzusetzen. Dies gelte ungeachtet dessen, dass der Wareneinsatz an anderer Stelle gewinnmindernd berücksichtigt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid auf den 31.12.2001 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Körperschaftssteuer vom 14.2.2008, den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG vom 14.2.2008 und den Bescheid zum 31.12.2001 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 und § 38 Abs. 1 KStG vom 14.2.2008, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.3.2010 dahingehend zu ändern, dass keine verdeckten Gewinnausschüttungen angesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung im vorliegenden Falle durch die Handlungen einer der Geschäftsführerin nahestehenden Person ausgelöst worden sei. Es sei darauf hinzuweisen, dass die Geschäftsführerin selbst die ihr obliegenden Sorgfalts-/ Kontrollpflichten verletzt habe. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass der Ehemann der Geschäftsführerin im Außenverhältnis in der Lage gewesen sei, mit dritten Geschäftspartnern rechtswirksam in Kontakt zu treten. Dies hätte die Geschäftsführerin ausreichend überwachen müssen. Diese Verpflichtung habe sie verletzt, indem sie ihrem Ehemann die Erledigung des gesamten Zahlungsverkehrs überlassen habe. Insoweit könne sich die Klägerin auch nicht darauf zurückziehen, die Geschäftsführerin habe keine Kenntnis von den streitgegenständlichen Geschäften gehabt. Da der Ehemann weder als Arbeitnehmer beschäftigt noch als Gesellschafter beteiligt war, hätte sich die Geschäftsführerin die Frage stellen müssen, aus welchen Quellen die auf den Privatkonten eingehenden Mittel stammten. Dies gelte umso mehr, als aus diesen Mitteln zumindest teilweise der eheliche Lebensunterhalt bestritten worden sei. Die Behauptung, der Ehemann habe Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erzielt, sei nicht nachvollziehbar. Diese seien erst nach einer Fahndungsprüfung ermittelt und angesetzt worden und hätten nicht den Hauptteil der jährlichen Einkünfte ausgemacht.
Im Übrigen sei der Umstand, dass von dem Privatkonto die Krankenversicherungsbeiträge der Geschäftsführerin abgeflossen sein, ein Indiz dafür, dass diese Kenntnis von den Geschäften ihres Ehemannes gehabt habe.
Im Übrigen könne dahinstehen, ob es methodisch richtig gewesen sei, die gesamten Schwarzeinnahmen als verdeckte Gewinnausschüttung anzusetzen. Denn jedenfalls seien die Aufwendungen für den Wareneinkauf auf der bilanziellen Ebene steuermindernd berücksichtigt worden, so dass im Ergebnis eine zutreffende verdeckte Gewinnausschüttung hinzugerechnet worden sei.
Am 19.12.2012 das Gericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, auf dessen Protokoll Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, vergleiche § 100 Abs. 1 FGO.
1. Die nach den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung unstreitig unter der Firma der Klägerin durchgeführten Geschäfte, welche steuerlich nicht erklärt wurden, führen zu verdeckten Gewinnausschüttungen der Klägerin.
a. Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626; vom 3. Mai 2006 I R 124/04, BFHE 214, 80). Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (BFH vom 7. August 2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131; vom 8. Oktober 2008 I R 61/07, BFHE 223, 131, BStBl II 2011, 62).
b. In Anwendung dieser Grundsätze geht der Senat davon aus, dass die vom Ehemann der Geschäftsführerin im Namen der Klägerin durchgeführten Schwarzgeldgeschäfte zu verdeckten Gewinnausschüttungen führen. Die aus den entsprechenden Geschäften erzielten Erlöse wurden nicht auf den betrieblichen Konten der Kl ägerin verbucht, so dass auf bilanzieller Ebene eine verhinderte Vermögensmehrung vorliegt. Damit ist zutreffend von dem Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgegangen worden. Zwar war es methodisch unzutreffend, die gesamten Einnahmen als verdeckte Gewinnausschüttung anzusetzen und insoweit die Aufwendungen für den Wareneinkauf nicht zu berücksichtigen. Dies ist für die Frage der festzusetzenden Steuern aber insoweit irrelevant, da im Ergebnis die Aufwendungen für den Wareneinkauf durch die Steuerfahndung auf bilanzieller Ebene Berücksichtigung gefunden haben. Hinsichtlich der festgesetzten Steuern führt dies nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die Auswirkungen bei der Gesellschafterin sind in diesem Verfahren nicht zu prüfen. Insoweit weist das Gericht darauf hin, dass der Beklagte offensichtlich selbst erkannt hat, dass beim Zufluss einer verdeckten Gewinnausschüttung nur von den Erlösen abzüglich geleisteter Einkaufsaufwendungen ausgegangen werden kann. Ob tatsächlich aus den Schwarzeinnahmen ein konkreter Vorteil für Frau T entstanden ist, ist für die Annahme einer vGA im Übrigen unerheblich (vgl. BFH vom 18.12.1996 I R 139/94; Harlr/Kulemann, E&Y VGA, 3. Auflage, Rz. 141)
c. Der Senat folgt auch nicht der Auffassung der Klägerin, wonach die streitgegenständlichen Geschäfte ihr nicht zuzurechnen gewesen sein, da es sich um Eigengeschäfte des Ehemannes der Geschäftsführerin gehandelt habe. Nach den Feststellungen in der mündlichen Verhandlung ist der Ehemann der Klägerin stets unter dem Namen der Klägerin nach außen hin aufgetreten. Die jeweiligen Vertragspartner mussten insoweit davon ausgehen, dass die Klägerin vertraglich gebunden werden soll.
Insoweit spielt es auch keine Rolle, dass die Geschäftsführerin ihrem Ehemann vollständig vertraut haben soll. Wer als Geschäftsführer für eine GmbH dritte Personen auftreten lässt, ist nach allgemeinen Grundsätzen zu deren Überwachung verpflichtet (BFH Urteil vom 30.08.1994 VII R 101/92, BFHE 175, 509, BStBl II 1995, 278). Im vorliegenden Fall wurde der Ehemann der Geschäftsführerin – ohne formellen Abschluss eines Arbeitsvertrages – ständig und mit Wissen der Geschäftsführerin für die Klägerin tätig. Insoweit kann sich die Geschäftsführerin nicht darauf berufen, dass einzelne Geschäfte der Klägerin nicht zuzurechnen seien, da ihr Ehemann ihr Vertrauen missbraucht habe. Aus den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung ergibt sich nämlich, dass die Geschäftsführerin keinerlei Überwachungsmaßnahmen durchgeführt hat und sich offensichtlich für das Geschäft der Klägerin überhaupt nicht interessiert hat.
Die Entscheidung des BFH vom 19.06.2007 VIII R 54/05, BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830) auf welche sich die Klägerin beruft, hilft ihr ebenfalls nicht weiter. Der BFH hatte dort entschieden, dass Untreuehandlungen eines Geschäftsführers einem ihm nahestehenden Gesellschafter nicht zuzurechnen seien, da es keine Überwachungspflicht der Gesellschafterversammlung im Hinblick auf den Geschäftsführer gebe. Ansonsten würde eine Gefährdungshaftung entsprechend § 69 AO auf dem Umweg der VGA konstruiert. Im vorliegenden Fall war Frau T aber gerade Geschäftsführerin und Gesellschafterin. Sie hatte eine Überwachungspflicht. Ob Herr T daneben als faktischer Geschäftsführer anzusehen ist, kann dahinstehen, da er kein Gesellschafter war und dies für die Frage der VGA auf Ebene der Klägerin ohnehin keine Auswirkung hat. Im Übrigen weist der BFH auch explizit darauf hin, dass seine Rechtsprechung nur auf die Frage des Zuflusses der VGA beim Gesellschafter, nicht aber auf die Zurechnung bei der Gesellschaft Einfluss hat (a. a. O., Rz. 23).
c. Hinsichtlich der Höhe der angesetzten verdeckten Gewinnausschüttungen bestehen seitens des Senats keine Bedenken. Solche wurden – abgesehen davon von der fehlenden Berücksichtigung der Einkaufsaufwendungen – von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.