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11.04.2012

Hessisches Finanzgericht: Beschluss vom 25.01.2012 – 11 K 3006/11

- Es besteht regelmäßig keine Pflicht, bei einem durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater vertretenen Kläger vor Ergehen der Kostenentscheidung nach Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärung das voraussichtliche Ergebnis der summarischen Prüfung darzulegen.


- War für die Berücksichtigung von Aufwendungen als Werbungskosten vom Finanzamt ein Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen worden und werden diese Kosten bei der Berechnung der Kostenquote nicht mehr berücksichtigt, ist dem Steuerpflichtigen insoweit jedoch vorher rechtliches Gehör zu gewähren.


Tatbestand

Mit am 07.12.2011 zur Post gegebenem Beschluss des Einzelrichters vom 30. November 2011 wurden die Kosten des Verfahrens 11 K 2205/10 nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien zu 88 v.H. den Klägern und zu 12 v.H. dem Beklagten auferlegt. Im Klageverfahren hatten die Kläger u.a. die Berücksichtung von …,- DM aus einem Beamten-Versorgungszuschlag als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit begehrt. Diese Werbungskosten waren nicht in der Einkommensteuererklärung 1996 erklärt oder im Einspruchsverfahren geltend gemacht worden. Allerdings war wegen dieser Werbungskosten im November 1995 ein Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte 1996 vom Beklagten eingetragen worden. Im Rahmen Beschlusses vom 30. November 2011 wurden bei der Ermittlung der Kostenquote die diesbezüglichen Kosten zu Lasten der Kläger berücksichtigt. Der Einzelrichter hat insoweit ausgeführt, dass hinsichtlich der in 1996 erst im Klageverfahren geltend gemachten Werbungskosten wegen des Beamten-Versorgungszuschlags die Nichtberücksichtigung auf der fehlenden Erklärung der Kosten in der Einkommensteuererklärung beruht habe und die Kläger sich insoweit nicht darauf berufen könnten, die Kosten seien bereits im Lohnsteuerermäßigungsverfahren geltend gemacht und anerkannt worden, da dort nur voraussichtlich entstehende Kosten als Freibetrag berücksichtigt werden. In der Steuererklärung seien hingegen die sodann tatsächlich entstandenen Kosten zu erklären und lediglich im erklärten Umfang zu berücksichtigen. Auch wenn das Unterlassen der Erklärung dieser Kosten bei summarischer Prüfung im Streitfall nicht zwingend als grob fahrlässig einzustufen sein sollte (vgl. zur groben Fahrlässigkeit in solchen Fällen: BFH, Urteil vom 11. Mai 1990 VI R 76/86, BFH/NV 1991, 281), so beruhe das Obsiegen der Kläger doch auf einem Tatsachenvortrag, der früher hätte geltend gemacht werden können und sollen, so dass die entsprechenden Kosten nach § 137 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – zu ihren Lasten gingen.

Hiergegen richtet sich die am 12.12.2011 nach § 133a FGO erhobene Anhörungsrüge der Kläger, mit der u.a. eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt wird, weil das Gericht die Kläger darauf hätte hinweisen müssen, dass es auf Grund des bisher nicht erörterten Umstands der „Vorläufigkeit entstehender Kosten” die Kostenentscheidung fällen würde und dass bei diesem speziellen Fall der Tatsachenvortrag früher hätte geltend gemacht werden müssen. Insoweit wäre vorgetragen worden, dass es sich bei dem Beamten-Versorgungszuschlag nicht um „voraussichtlich entstehende Kosten” gehandelt habe, da der Beamtenversorgungsfreibetrag jährlich durch den Arbeitgeber bescheinigt werde und eine Änderung des Freibetrags zwischen der Antragstellung im Lohnsteuerermäßigungsverfahren und im Rahmen des (Einkommensteuer-)Veranlagungsverfahrens ausgeschlossen sei. Der Freibetrag hätte daher von Amts wegen berücksichtigt werden müssen.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 19.01.2012 zur Anhörungsrüge Stellung genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht erhobene Anhörungsrüge hatte insoweit Erfolg, als das Verfahren 11 K 2205/10 fortzusetzen und in die Lage vor Ergehen des Beschlusses vom 30. November 2011 zurückzuversetzen war.

Nach § 133a Abs.1 FGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn – wie im Streitfall gegen den strittigen Beschluss – kein Rechtsmittel oder anderer Rechtsbehelf gegeben ist und das Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Soweit die Kläger gerügt haben, das Gericht hätte vor Ergehen des Beschlusses erkennen lassen müssen, dass es den im Lohnsteuerermäßigungsverfahren erwirkten Freibetrag für den Beamten-Versorgungszuschlag als „vorläufig” erachte, weil im Lohnsteuerermäßigungsverfahren nur voraussichtlich entstehende Kosten als Freibetrag berücksichtigt werden, haben die Kläger eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt. Diese Rüge war unter Berücksichtigung der besonderen Sachlage des Streitfalles ausnahmsweise begründet. Zwar besteht nach Auffassung des Gerichts regelmäßig keine Pflicht, bei durch einen Rechtsanwalt vertretenen Klägern vor Ergehen einer Kostenentscheidung nach Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen das voraussichtliche Ergebnis der summarischen rechtlichen Prüfung darzulegen. Für den Streitfall hätte es jedoch vor dem Hintergrund der Besonderheit des auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Freibetrags eines Hinweises bedurft, dass möglicherweise trotz dieser „Besonderheit” keine „automatische” Übernahme des Freibetrags in die Einkommensteuerveranlagung angezeigt gewesen sein könnte.

Die Frage der Beurteilung des Lohnsteuerfreibetrags über den Beamten-Versorgungszuschlag war auch entscheidungserheblich. Denn hierfür ist es ausreichend, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht ohne die Gehörsverletzung zu einer für die Rügeführer günstigeren Entscheidung gekommen wäre (vgl. Ruban in Gräber, FGO, 7. Aufl., § 133a, Rdnr.14, m.w.N.).

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

VorschriftenFGO § 133 a

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