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20.12.2011 · IWW-Abrufnummer 114092

Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 29.08.2011 – 1 K 3381/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


1 K 3381/03
Tenor
1. Die Verzichte des Ehemannes der Klägerin auf seine Ausgleichsansprüche hinsichtlich der Guthaben aus den Zusammenveranlagungen zur Einkommensteuer und Kirchensteuer 1987 bis 1990, zur Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag 1991 und 1992 sowie zur Vermögensteuer 1985, 1987 bis 1989, 1991 und 1992 gegenüber der Klägerin im Innenverhältnis stellen freigebige Zuwendungen dar. Hierdurch wurde die Klägerin im Zeitpunkt der erstmaligen Auszahlung der Guthaben für das jeweilige Veranlagungsjahr in Höhe der bei Durchführung einer getrennten Veranlagung auf den Ehemann insgesamt entfallenden Erstattungsbeträge einschließlich etwaiger Erstattungszinsen bereichert.
2. Die zinslosen Darlehensgewährungen am 09.01.1987, 23.08.1990 und 14.09.1992 stellen Schenkungen in Höhe des Neunfachen eines Jahreswertes von 5,5 % des Nennbetrages dar.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Wesentlichen streitig, ob die Gewährung unverzinslicher Darlehen sowie die Nichtteilhabe an Steuererstattungen bei zusammenveranlagten Ehegatten Schenkungen unter Lebenden im Sinne der §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der zum Besteuerungszeitpunkt geltenden Fassung (ErbStG) darstellen.
Die Klägerin ist verheiratet mit … (Ehemann). Die Ehegatten haben … Kinder und leben im Güterstand der Gütertrennung. Beide Ehegatten waren Gesellschafter der … GmbH & Co. KG (KG). Aufgrund von Feststellungen einer bei der KG durchgeführten Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt F die Auffassung, die Klägerin habe einen Anteil an der KG von ihrem Ehemann im Schenkungswege erhalten.
Daraufhin forderte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) die Klägerin auf, in Hinblick auf Schenkungen von ihrem Ehemann ab dem Jahr 1990 eine Schenkungsteuererklärung abzugeben.
Am 11. Mai 1999 erhielt das FA eine Kontrollmitteilung des Finanzamtes N. Darin wurde unter anderem mitgeteilt, dass nach den Feststellungen einer Betriebsprüfung bei den Eheleuten … die Klägerin von ihrem Ehemann Schenkungen in Form von Steuererstattungen bzw. Steuerumbuchungen und durch die Gewährung unverzinslicher Darlehen erhalten habe. Hierbei handele es sich im Einzelnen um folgende Sachverhalte: Ab dem 9. April 1991 bis zum 21. April 1997 habe die Finanzkasse die Guthaben aus den Zusammenveranlagungen der Ehegatten zur Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag sowie zur Vermögensteuer in vollem Umfang auf ein Konto der Klägerin überwiesen. Daneben seien Umsatzsteuerschulden der Klägerin durch die Umbuchung von Umsatzsteuerguthaben des Ehemannes getilgt worden. Dies erfülle den Tatbestand der Schenkung insoweit, als diese Guthaben zivilrechtlich dem Ehemann zugestanden hätten, d.h. hinsichtlich der Guthaben aus den Zusammenveranlagungen zur Einkommensteuer anteilig nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) und aus der Umsatzsteuer in voller Höhe.
Daneben habe der Ehemann der Klägerin in den Jahren 1987 bis 1992 mehrere Darlehen gewährt, wobei keine Vereinbarungen hinsichtlich Laufzeit, Tilgung und Verzinsung getroffen worden seien. Durch die zinsfreie Kapitalüberlassung auf unbestimmte Zeit sei eine Schenkung in Höhe des Neunfachen eines Jahreswertes von 5,5 % des Nennbetrages anzunehmen. Zu den konkreten Einzelheiten der Feststellungen wird auf den Inhalt der Kontrollmitteilung vom 11. Mai 1999 (Bl. 100 ff. der Schenkungsteuerakte) Bezug genommen.
Daraufhin erließ das FA am 2. November 2000 gegenüber der Klägerin unter den Steuernummern 1, 2 und 3 drei Schenkungsteuerbescheide. Unter der Steuernummer 1 wurde der Zinsvorteil aus den unverzinslichen Darlehen, die Zuwendung des Anteils an der KG, die Steuererstattungen aus den Jahren 1991 bis 1994 sowie Umbuchungen von Umsatzsteuer in 1995 erfasst. Unter Berücksichtigung des mit …,-- DM angesetzten Wertes dieser Schenkungen wurde - unter Berücksichtigung von Vorschenkungen - Schenkungsteuer in Höhe von …,-- DM (entspricht … €) festgesetzt.
Gegen die Schenkungsteuerbescheide legte die Klägerin am 1. Dezember 2000 Einspruch ein, den sie hinsichtlich der streitgegenständlichen Steuerfestsetzung unter anderem wie folgt begründete: Bezüglich des Zinsvorteils in Verbindung mit Darlehensgewährungen sei darauf hinzuweisen, dass sich im Rahmen des Splittingverfahrens die Zinseinnahmen des Ehemanns und der Zinsaufwand der Ehefrau steuerrechtlich ausglichen. Auch eine Abzinsung bei der Vermögensteuer sei durch die Betriebsprüfung nicht erfolgt. Im Übrigen sei nicht jeder Zinsverzicht ein Geschenk; gerade bei Eheleuten sei es nicht verkehrsüblich, wechselseitig Darlehen zu verzinsen. Auch die Abwicklung von Steuererstattungen über ein Konto der Klägerin stelle keine Schenkungen dar. Vielmehr handele es sich bei Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, um Gesamtschuldner, von denen jeder die gesamte Leistung schulde (§ 44 Abs. 1 AO). Daneben gewähre § 37 AO im Erstattungsfalle demjenigen, auf dessen Rechnung eine Steuerleistung bewirkt worden sei, einen Anspruch gegen den Leistungsempfänger auf Erstattung des geleisteten Betrages. Das Innenverhältnis der Steuerschuldner sei in § 37 AO jedoch nicht angesprochen. Auch § 426 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sei für den internen Ausgleich zwischen zusammenveranlagten Ehegatten nicht anwendbar. Zwar sehe die Bestimmung vor, dass der Anspruch des Gläubigers auf den Gesamtschuldner übergehe, der mehr leiste, als er in eigener Person zu erbringen habe. Der Steueranspruch als hoheitlicher Anspruch sei jedoch solchermaßen nicht übertragbar. Vielmehr erfolge bei einer steuerlichen Zusammenveranlagung durch die Behandlung als „ein Steuerpflichtiger“ eine Vermischung der auf das jeweilige Einkommen entfallenden Einkommensteuer und der auf diese geleisteten Vorauszahlungen. Dementsprechend speichere die Finanzkasse des FA für Einkommensteuererstattungen von zusammen zu veranlagenden Eheleuten auch nur ein Bankkonto. Obwohl das System kein zweites Bankkonto kenne, verlange das FA, dass zusammenveranlagte Ehegatten ihre Steuererstattungen untereinander verteilten. Selbst wenn man einen Ausgleichsanspruch zwischen in einer intakten Ehe lebenden Eheleuten grundsätzlich bejahe, wäre der Aufteilungsmaßstab, der von FA angelegt worden sei, unzutreffend. Gerade die vom FA vorgenommene Aufteilung zu ½ entbehre jeder Grundlage. Die Widersinnigkeit dieser Aufteilung zeige sich auch daran, dass im Rahmen der Vermögensteuer nicht nur Ehegatten, sondern - wie auch im Streitfall - die Kinder in die Zusammenveranlagung einbezogen werden. Ein theoretischer Ausgleichsanspruch sei allenfalls entsprechend der Vorgabe des § 268 AO denkbar. Hierbei sei jedoch zu beachten dass viele Faktoren, die nur in der Person eines Ehegatten begründet seien, die Steuerpflicht mindern könnten, wie beispielsweise steuerbare Verluste, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Altersentlastungs- und Altersfreibeträge. Daher habe das Finanzgericht (FG) Niedersachsen im Urteil vom 2. April 1987 entschieden, dass jedenfalls keine Schenkung vorliege, wenn ein Ehegatte dem anderen den Betrag belasse, den er dadurch gespart habe, dass der andere Ehegatte in die einkommensteuerliche Zusammenveranlagung einen Verlust eingebracht habe (III 478/82, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1987, 571). Im Streitfall sei die Aufteilung der Steuererstattung zudem noch schwieriger, weil verschiedene Jahre mehrfach geändert worden seien. Die entstandenen Nachzahlungsbeträge habe die Klägerin von dem bei der Finanzkasse gespeicherten Bankkonto überwiesen. Zudem hätten die Eheleute mit Schreiben vom 7. März 1999 bei der Finanzkasse eine Änderung des gespeicherten Bankkontos für Steuererstattungen zu Gunsten des Ehemannes veranlasst. Im Übrigen werde Verjährung nach § 169 AO gerügt, denn mit jeder Erstattung habe das FA Gelegenheit gehabt, einen Schenkungssteuerbescheid zu erlassen (§ 170 Abs. 5 Nr. 2 AO). Auch die Zinslosigkeit der Darlehen sei bereits im Rahmen der Betriebsprüfung der Jahre 1985 bis 1988 bekannt gewesen. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf das Einspruchsschreiben vom 30. November 2000 (Bl. 128 ff. der Schenkungsteuerakte) Bezug genommen.
Mit seiner Entscheidung vom 31. Juli 2003 (zur Post gegeben am 4. August 2003) gab das FA dem Einspruch gegen den Schenkungsteuerbescheid mit der Steuernummer 1 hinsichtlich des Ansatzes des KG-Anteils statt und setzte die Steuer auf … € (entspricht …,-- DM) herab. Im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück. Es war der Ansicht, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) seien zusammenveranlagte Ehegatten hinsichtlich der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur Gesamtschuldner und nicht Gesamtgläubiger. So stehe der Erstattungsanspruch, der sich nach der Steuerfestsetzung und Abrechnung mit den Vorauszahlungen oder anrechenbaren Steuern ergebe, demjenigen Ehegatten zu, der die zu erstattende Steuer an das Finanzamt gezahlt habe bzw. auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden sei (§ 37 Abs. 2 AO). Im Streitfall ergebe diese Aufteilung einen Erstattungsanspruch des Ehemanns von etwa … DM, den er der Klägerin zur Verfügung überlassen habe und über den sie auch verfügt habe. Dass der Zinsvorteil aus einem unverzinslichen Darlehen der Schenkungsteuer unterliege, sei in der Rechtsprechung unbestritten (BFH-Urteil vom 12. Juli 1979 II R 26/78, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1979, 631). Eine freigebige Zuwendung scheide auch bei einer Darlehensgewährung unter Ehegatten nur dann aus, wenn diese im Güterstand der Gütergemeinschaft lebten, was im Streitfall nicht gegeben sei. Die geringe Relevanz für die Praxis folge daraus, dass sich Ehegatten in der Regel das entsprechende Kapital sofort schenkten oder dass der Zinsvorteil unter dem schenkungsteuerlichen Freibetrag bleibe. Der Einwand der Festsetzungsverjährung sei unbegründet, da es für die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 1 Nr. 2 AO auf die Kenntnis der organisatorisch zur Verwaltung der Erbschaft- und Schenkungsteuer berufenen Dienststelle des zuständigen Finanzamtes ankomme (BFH-Urteil vom 5. Februar 2003 II R 22/01, BStBl II 2003, 502) und dieser der streitgegenständliche Sachverhalt erst durch die Kontrollmitteilung vom 11. Mai 1999 bekannt geworden sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 5. September 2003 Klage erhoben und wie folgt begründet: Hinsichtlich der Steuererstattungen seien Schenkungen zwischen den Eheleuten nie beabsichtigt gewesen. Unmittelbar nach der Eheschließung habe sie die Verwaltung ihres Vermögens ihrem Ehemann übertragen. Hierzu habe auch die Verteilung von Steuererstattungen gehört. Insoweit sei man übereingekommen, kein Gemeinschaftskonto zu eröffnen, sondern den Geldfluss so auszugleichen, dass im Wechsel die Erstattungsbeträge mal dem einen und mal dem anderen Ehegatten zufließen. Hierzu habe man bei der Finanzkasse zuerst ein Konto des Ehemannes angegeben, ab März 1991 eines ihrer Konten und ab März 1999 wieder ein Konto des Ehemannes. Das Konto, auf das die Erstattungsbeträge überwiesen wurden, sei auch dazu verwandt worden, die Steuernachzahlungen zu überweisen. Da es häufig der Fall gewesen sei, dass für ein Jahr mehrere Änderungsbescheide ergangen seien, hätten den vom FA berücksichtigten Steuererstattungsbeträgen Steuernachzahlungen i.H.v. … gegenübergestanden. Aufgrund der häufigen Änderung der Steuerbescheide könne ein Ausgleich zwischen den Eheleuten erst dann verlangt werden, wenn die Veranlagung des jeweiligen Kalenderjahres endgültig sei. Dass bis zu diesem Zeitpunkt die Steuererstattungen vorübergehend auf ihrem Konto und damit in ihrem Vermögensbereich verblieben seien, erfülle für sich genommen nicht den Tatbestand der Schenkung; insoweit werde auf das BFH-Urteil vom 25. Januar 2001 (II R 39/98, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2001, 908) verwiesen. Im Übrigen habe sich das FA aus der seit … bestehenden Ehe, bei der stets die Einkommensbesteuerung im Wege der Zusammenveranlagung erfolgte, einen Zeitraum willkürlich herausgegriffen. Keinesfalls könne Schenkungsteuer auf die Erstattung von Zinsen im Sinne der §§ 233 ff. AO entstehen. Da mit ihnen unmittelbar eine Einkommensteuerpflicht verbunden sei, könne es sich nicht um ein Geschenk handeln, das auch der Schenkungsteuer unterliege.
Der Schenkungsteuer sei auch kein fiktiver Zinsvorteil zu unterwerfen. Zwar habe sie zinslose Darlehen von ihrem Ehemann erhalten. Dieser habe die Zinsbefreiung aber als ehebedingten Ausgleich der bedeutenden Mitwirkung beim Aufbau seines Vermögens während der Ehe gewährt. Aufgrund des bei der Eheschließung vereinbarten Güterstandes der Gütertrennung habe der Klägerin kein güterrechtlicher Anspruch am Vermögen des Ehemanns zugestanden. Deshalb habe sich ihr Ehemann verpflichtet gefühlt, die gewährten Darlehen zinsfrei zu stellen. Die Gewährung der Zinsvorteile entspreche auch den Einkommensverhältnissen der Eheleute. Diese hätten regelmäßig ein zu versteuerndes Einkommen von … und Einkommensteuer und Vermögensteuer von … entrichtet. Die vom FA angenommene jährliche Zuwendung belaufe sich auf weit weniger als ein Prozent der festgesetzten Einkommensteuer und bewege sich daher im angemessenen Umfang einer ehebedingten Zuwendung. Darüber hinaus habe der Ehemann bereits früher zinslose Darlehen gewährt, ohne dass der Zinsvorteil hieraus zum Gegenstand der Versteuerung gemacht worden sei. Wenn ein Zinsvorteil der Schenkungsteuer unterliege, sei zu berücksichtigen, dass die Darlehen (teilweise) bereits vorab zurückgezahlt worden seien. Zum Nachweis der Rückzahlung hat die Klägerin Kopien von Überweisungsträgern und Kontoauszügen vorgelegt.
Hinsichtlich deren konkreten Inhalts wird auf die Anlagen K 5/1 bis K 5/5 zum Schriftsatz vom 24. August 2011 (Bl. 442 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Hinsichtlich der Festsetzungsverjährung müsse entgegen der Auffassung des FA auf die Kenntnisnahme des Finanzamtes N als Wohnsitzfinanzamt abgestellt werden. Soweit die Finanzverwaltung einzelnen Finanzämtern Sondergebiete zur Bearbeitung übertrage, dürfe dies nicht dazu führen, dass ein Steuerpflichtiger verpflichtet sei, außer „seinem“ Finanzamt einem in der Regel noch unbekannten „Sonderfinanzamt“ Kenntnis zu verschaffen. Den internen Informationsfluss habe vielmehr die Landesfinanzverwaltung zu regeln. Nicht zuletzt entspreche der angefochtene Bescheid wegen unzureichender Sachverhaltsdarstellung nicht dem Gebot des § 119 Abs. 1 AO und sei daher nichtig.
Die Klägerin beantragt,
den Schenkungsteuerbescheid mit der Steuernummer 1 vom 2. November 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2003 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt es seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, die Eheleute hätten keinen Ausgleich der Steuererstattungsbeträge vorgenommen. Vielmehr habe der Ehemann die ihm zustehenden Erstattungsbeträge in Höhe von über … DM der Klägerin zur freien Verfügung überlassen. Der zu berücksichtigende Zeitraum sei auch nicht willkürlich herausgegriffen worden, da in den vorhergehenden Jahren als Erstattungskonto das Konto des Ehemannes gespeichert gewesen sei. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sich das Problem von Schenkungen nicht gestellt, da dem Ehemann der weitaus größte Teil der Erstattungen (ca. 95%) tatsächlich zugestanden habe. Hinsichtlich der Darlehen habe der Ehemann dem Betriebsprüfer einen Auszug der Kontenübersicht „Darlehen … Ehemann“ in Kopie übergeben. Auf die Anlage 1 zum Schriftsatz vom 9. Februar 2004 (Bl. 35 der Gerichtsakte) werde insoweit Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben über die tatsächlichen Umstände, die der Gewährung zinsloser Darlehen an die Klägerin in den Jahren 1987 und 1992 und den Überweisungen und Umbuchungen von Steuerguthaben zugunsten der Klägerin in den Jahren 1991 bis 1995 zugrunde lagen, durch Vernehmung von Herrn… ( Ehemann ) als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 29. August 2011 (Bl. 495 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Der Senat hat die Klage wegen Schenkungsteuer betreffend „USt 91 + Zinsen 91 + 92 Umbuchung“, „USt 92 Umbuchung“ und „Erstattungen USt“ abgetrennt, nachdem das FA im Termin zur mündlichen Verhandlung zugesichert hatte, den angefochtenen Steuerbescheid insoweit aufzuheben und die Beteiligten daraufhin den Rechtstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
Entscheidungsgründe
I. Das Urteil ergeht gemäß § 99 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) als Grundurteil.
Ein Grundurteil ist gemäß § 99 Abs. 1 FGO bei einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt zulässig, wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag strittig ist. Hierdurch ist es möglich, vorerst nur über den Grund des Steueranspruchs zu entscheiden und die Frage über die Höhe dieses Anspruchs einer weiteren Entscheidung vorzubehalten (BFH-Urteil vom 11. Februar 1998 I R 67/97, BFH/NV 1998, 1197 m.w.N.). Bezüglich der vorliegenden Anfechtungsklage ist die Festsetzung von Schenkungsteuer durch den angefochtenen Schenkungsteuerbescheid sowohl dem Grund als auch der Höhe nach streitig. Insbesondere im Hinblick auf die Revisionszulassung erscheint es dem Senat sachdienlich, über die Frage, ob der interne Verzicht des Ehemannes der Klägerin auf seine Ausgleichsansprüche hinsichtlich der Guthaben aus den Zusammenveranlagungen der Schenkungsteuerpflicht unterliegt, durch ein Grundurteil als Zwischenurteil gemäß § 99 Abs. 1 FGO zu entscheiden, bevor wegen der Höhe der festgesetzten Schenkungsteuer eine weitere Sachaufklärung durchgeführt wird. Dies gilt im Streitfall in besonderem Maße, da die Ermittlung der Höhe des dem einzelnen Ehegatten zustehenden Steueranspruchs durch das Ergehen von Änderungsbescheiden und vielfältigen Verrechnungen der Finanzkasse erschwert wird. In dieses Grundurteil ist auch die Frage der Schenkungsteuerpflicht der unverzinslichen Darlehen einzubeziehen. Eine Entscheidung insoweit durch ein Teilurteil gemäß § 98 FGO scheitert zwar nicht an der Teilbarkeit des Streitgegenstände, da es sich insgesamt um einen zusammengefassten Schenkungsteuerbescheid handelt, aber daran, dass die vorliegenden Rechtsfragen hinsichtlich der Schenkungsteuerpflicht der Nichtteilhabe an den Steuererstattungen über § 14 ErbStG auch Bedeutung für die Berechnung der auf die Darlehensgewährung entfallenden Schenkungsteuer hat.
II. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Klage nicht deswegen begründet, weil der angefochtene Schenkungsteuerbescheid bereits nichtig oder formell rechtswidrig ist.
1. Insbesondere ist der streitgegenständliche Steuerbescheid im Sinne des § 119 AO hinreichend bestimmt.
Der Grundsatz der inhaltlichen Bestimmtheit erfordert, dass dem Steuerbescheid sein Regelungsinhalt eindeutig entnommen werden kann. Hierzu gehört nicht nur, dass der Steuerbescheid die erlassende Behörde erkennen lässt (vgl. § 119 Abs. 3 AO), sondern auch die Angabe, wer die Steuer schuldet, sowie die Bezeichnung der festgesetzten Steuer nach Art und Betrag (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO). Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, verlangt das Erfordernis, die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag zu bezeichnen, die Angabe der einzelnen, durch die Verwirklichung eines bestimmten Steuertatbestandes (§ 38 AO) jeweils ausgelösten Steuerschuld (vgl. BFH-Urteile vom 30. Januar 1980 II R 90/75, BStBl II 1980, 316, und vom 15. Oktober 1980 II R 127/77, BStBl II 1981, 84). Für die Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungsteuer gilt dies in besonderem Maße in den Fällen, in denen das FA von der verfahrensrechtlichen Möglichkeit Gebrauch macht, mehrere Erwerbe in einem Steuerbescheid zusammenzufassen (zur Möglichkeit der Zusammenfassung: vgl. BFH-Urteile vom 16. Dezember 1992 II R 114/89, BFH/NV 1993, 298, und vom 20. Februar 1980 II R 90/77, BStBl II 1980, 414). Hierzu hat der BFH in seinem Urteil vom 9. Dezember 1998 (II R 65/97, BFH/NV 1999, 1091) ausgeführt: „Unzulässig ist es deshalb, in diesen Fällen verschiedene Steuerschulden desselben Steuerschuldners in einem Betrag unaufgegliedert zusammenzufassen (vgl. BFH-Urteil vom 28. Januar 1983 VI R 35/78, BFHE 138, 188, BStBl II 1983, 472). Mehrere (getrennte) Steuerfälle erfordern entweder eine Festsetzung in getrennten Steuerbescheiden oder - bei körperlicher Zusammenfassung in einem Schriftstück - neben der genauen Angabe, welche Lebenssachverhalte (Besteuerungstatbestände, -zeiträume) besteuert werden sollen, für jeden Steuerfall eine gesonderte Festsetzung der Steuer (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Juli 1978 II B 50/77, BFHE 125, 312, BStBl II 1978, 542, BFH-Urteil vom 22. November 1995
II R 26/92, BFHE 179, 177, BStBl II 1996, 162). Hierauf kann im Einzelfall ausnahmsweise nur dann verzichtet werden, wenn trotz unaufgegliederter Zusammenfassung mehrerer Steuerfälle eindeutig feststeht, welche Steuerfälle von dem Bescheid erfasst werden, und auch ansonsten keine Notwendigkeit zu einer Differenzierung besteht (vgl. zur Grunderwerbsteuer: BFH-Urteile vom 17. September 1986 II R 62/84, BFH/NV 1987, 738, und in BFHE 179, 177, BStBl II 1996, 162 für den Erwerb mehrerer Grundstücke durch einen Vertrag zu einem Gesamtkaufpreis).“ Darüber hinaus ist nunmehr anerkannt, dass in den Fällen, in denen der Finanzbehörde Zeitpunkt und Höhe der jeweiligen Einzelzuwendung unbekannt geblieben sind, die Schenkungsteuer auch nach einem einheitlichen (Schätz-)Betrag, der alle Zuwendungen umfassen soll, festgesetzt werden kann (BFH-Urteil vom 6. Juni 2007 II R 17/06, BStBl II 2008, 46).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der angefochtene Schenkungsteuerbescheides nicht nichtig (bzw. formell rechtswidrig). Das FA hat die nach seiner Auffassung erfolgten Schenkungen in der Anlage zum Bescheid mit dem Zuwendungstag, der (Kurz-)Angabe des Inhaltes der Zuwendung sowie der Höhe der Zuwendung aufgeführt und insoweit den der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Lebenssachverhalt im Sinne des § 38 AO hinreichend konkretisiert. Dass hinsichtlich der Steuererstattung keine Aufteilung der Überweisungsbeträge nach der jeweiligen Steuerart erfolgte, ist hierbei unschädlich.
Nach der Überzeugung des Senats war im Streitfall auch keine gesonderte Festsetzung der einzelnen Zuwendungen aufgrund der zwingenden Notwendigkeit zu einer Differenzierung erforderlich. Eine solche wurde von der Rechtsprechung insbesondere im Hinblick auf § 14 Abs. 1 ErbStG angenommen (BFH-Urteil vom 15. März 2007 II R 5/04, BStBl II 2007, 472 unter Verweis auf das BFH-Urteil vom 9. Dezember 1998 II R 6/97, BFH/NV 1999, 1091). Aufgrund der im Vorfeld bei weitem ausgeschöpften Freibeträge, der gleichbleibenden gesetzlichen Regelung der Steuersätze sowie der unveränderten Steuerklasse sieht der Senat eine Aufgliederung der auf jeden einzelnen Steuerfall entfallenden Steuerbeträge im Streitfall jedoch nicht als zwingend notwendig an. Hierbei war auch zu berücksichtigen, dass nach der aktuellen Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 9. Juli 2009 II R 55/08, BStBl II 2009, 969) der für einen Vorerwerb tatsächlich festgesetzten Steuer für die Zusammenrechnung nach § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG keine materiell-rechtliche Bedeutung
zukommt.
2. Darüber hinaus steht der formellen Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung auch nicht der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen.
Die Festsetzungsfrist beträgt für die Schenkungsteuer regelmäßig vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Sie beginnt in der Regel mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1 Alt. 1 AO). Bei Schenkungen unter Lebenden entsteht die Steuer mit Ausführung der Zuwendung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Hiervon abweichend beginnt die Festsetzungsfrist, wenn eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO). Die Vorschrift bezweckt, zu verhindern, dass durch eine späte Einreichung der Steuererklärung, Steueranmeldung oder Anzeige die der Finanzbehörde zur Verfügung stehende Bearbeitungszeit - ggf. gezielt - verkürzt wird (BFH-Urteil vom 6. Juli 2005 II R 9/04, BStBl II 2005, 780, m.w.N.). Bei Schenkungen besteht gemäß § 30 Abs. 1 und 3 Satz 2 ErbStG eine Anzeigepflicht für den Bedachten, sofern die Schenkung - wie im Streitfall - nicht gerichtlich oder notariell beurkundet worden ist. Vorliegend hat die Klägerin die Schenkungen zwar nicht angezeigt, nach der Rechtsprechung des BFH steht es aber einer Anzeige gemäß § 30 ErbStG gleich, wenn das für die Verwaltung der Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständige Finanzamt anderweitig eine Kenntnis von der Schenkung erlangt, die ihm ohne weitere Ermittlungen die Prüfung ermöglicht, ob ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt (vgl. BFH-Urteil vom 30. Oktober 1996 II R 70/94, BStBl II 1997, 11).
Danach beginnt im Streitfall die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 1999, da das FA durch Eingang einer Kontrollmitteilung der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamtes N am 11. Mai 1999 Kenntnis von der streitgegenständlichen Schenkung erhalten hat, und endete mit Ablauf des 31. Dezember 2003, somit erst nach Erlass des streitgegenständlichen Schenkungsteuerbescheides. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es hierbei unerheblich, ob das Wohnsitzfinanzamt eventuell früher Kenntnis von den streitgegenständlichen Schenkungen hatte. Denn bereits aus dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 ErbStG, der ausdrücklich vorgibt, dass die Schenkungen dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt anzuzeigen sind, ergibt sich, dass die Kenntnis anderer Finanzbehörden, als der des für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamts, nicht ausreicht. Ein Rückgriff auf die gesetzliche Definition der Finanzbehörde in § 6 Abs. 2 AO ist damit ausgeschlossen (BFH-Urteil vom 5. Februar 2003 II R 22/01, BStBl II 2003, 502).
III. Die Klage ist auch hinsichtlich des Grundes des Besteuerungsanspruchs unbegründet.
1. Durch den Verzicht des Ehemannes der Klägerin auf seine Ausgleichsansprüche hinsichtlich verschiedener Guthaben aus Zusammenveranlagungen zur Einkommensteuer und Vermögensteuer ist der Tatbestand der steuerpflichtigen Schenkung unter Lebenden gemäß §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dem Grunde nach verwirklicht.
a) Eine freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist. Eine Bereicherung ist gegeben, wenn eine Vermögensverschiebung den Gesamtvermögensbestand und –wert des Empfängers erhöht hat. Dies erfordert, dass der Empfänger über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. Entscheidend hierfür ist die geltende Zivilrechtslage. Daher fehlt es an einer Bereicherung des Empfängers, wenn dieser zivilrechtlich zur Rückgewähr verpflichtet ist bzw. wenn ein zivilrechtlicher Anspruch auf Herausgabe besteht (BFH-Urteil vom 25. Januar 2001 II R 39/98, BFH/NV 2001, 908, m.w.N.).
aa) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin mit Überweisung der Steuererstattungsbeträge auf ihr Konto durch den Verzicht ihres Ehemannes auf seine bestehenden Ausgleichsansprüche für den jeweiligen Veranlagungszeitraum endgültig objektiv bereichert wurde. Der Senat konnte im Rahmen der Beweisaufnahme nicht feststellen, dass zwischen den Ehegatten die ernsthafte und ausdrückliche Vereinbarung bestand, dass die Klägerin die Guthaben aus den Überweisungen des FA nicht behalten durfte, bzw. dass sich der Ehemann vorbehalten hatte, den ihm zustehenden Anteil an den Guthaben gegenüber der Klägerin geltend zu machen. Vielmehr geht der Senat nach der Vernehmung des Ehemannes davon aus, dass zwischen den Ehegatten zumindest stillschweigend die Übereinkunft bestand, dass die Klägerin über die sich insgesamt ergebenden Guthaben aus den einzelnen Veranlagungszeiträumen verfügen durfte. Entgegen der Auffassung des FA kann dabei nicht auf die Erstattungs- bzw. Nachzahlungsbeträge der einzelnen Bescheide abgestellt werden, insbesondere da im Streitfall eine Vielzahl von Änderungsbescheiden für verschiedene Veranlagungszeiträume ergangen ist, sondern muss das Gesamtergebnis jedes Veranlagungszeitraums betrachtet werden. Hierfür sprechen zum einen die übereinstimmenden Aussagen der Klägerin und des Zeugen, dass derjenige, der die Steuererstattungen erhielt, auch eventuelle Nachforderungen des FA zu entrichten hatte. Demzufolge verblieb der Klägerin im Ergebnis nur derjenige Erstattungsbetrag, der sich - nach Ergehen aller Änderungsbescheide - insgesamt aus einem Veranlagungszeitraum ergab. Zum anderen würde die Betrachtung jedes einzelnen Bescheides zu dem - dem Senat lebensfremd erscheinenden - Ergebnis führen, dass bei jedem Änderungsbescheid stets Schenkungen bzw. Rückschenkungen zwischen den Ehegatten erfolgt wären.
Dagegen kann dem Vorbringen der Klägerseite, ein Ausgleich sei dadurch erfolgt, dass als (Erstattungs-)Konto gegenüber dem FA im Wechsel jeweils das Konto eines Ehegatten angegeben worden sei, nicht gefolgt werden. So wurde bereits der vorgetragene zehnjährige Wechsel der Kontenverbindung nicht konsequent eingehalten. Darüber hinaus führte dies klar ersichtlich zu keinem sachgerechten Ergebnis, da es gerade in den Jahren, in denen die Kontoverbindung der Klägerin angegeben war, zu außergewöhnlich hohen Steuererstattungen kam. Dabei verkennt der Senat zwar nicht, dass gerade im Streitfall ein sachgerechter Maßstab zu Aufteilung der Steuererstattungsbeträge - auch aufgrund der Vielzahl von Änderungsbescheiden und Verrechnungen mit Steuerschulden - äußert schwierig war. Es ist aber nicht nachzuvollziehen, warum die - wirtschaftlich versierten und auf Gütertrennung bedachten - Ehegatten nicht vorhersehen konnten bzw. auch nicht nachträglich festgestellt haben, dass allein der Wechsel der Kontenverbindung zu keinem sachgerechten Ausgleich führt.
bb) Die freigebigen Zuwendungen waren auch (objektiv) unentgeltlich. Die Klägerin hatte auf diese Leistung weder einen Rechtsanspruch noch war die Zuwendung ihres Ehemannes synallagmatisch, konditional oder kausal mit einer Gegenleistung der Klägerin verknüpft.
Wählen Ehegatten den Güterstand der Gütertrennung, so sind sie Inhaber getrennter Vermögensmassen, die sich im Verlauf der Ehe unterschiedlich entwickeln. Auch wenn die Eheleute als Lebensgemeinschaft auch eine Erwerbs- und Wirtschaftsgemeinschaft bilden, ist ein steuerfreier Ausgleich entstandener Vermögensdisparitäten nicht möglich (Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 4. Oktober 2001 4 K 1832/00, Entscheidungen der Finanzgerichte 2002, 209). Vielmehr unterliegen gegenseitige Ausgleichsleistungen als sogenannte unbenannte oder ehebedingte Zuwendungen selbst dann der Schenkungsteuer, wenn sie lediglich darauf abzielen, den Empfänger angemessen an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens zu beteiligen (BFH-Urteil vom 2. März 1994 II R 59/92, BStBl II 1994, 366). Nichts Anderes kann gelten, wenn ein Ehegatte auf seinen Anteil der gemeinsamen Steuererstattung endgültig verzichtet. Die zivilrechtliche Rechtsprechung hat zwar Ausgleichsansprüche hinsichtlich der gemeinsamen Einkommensteuerschuld während einer intakten Ehe abgelehnt (vgl. Beschluss des Oberlandesgerichts - OLG - Hamm vom 19. Juni 1997 33 W 24/97 Zeitschrift für das gesamte Familienrecht - FamRZ - 1998; Urteil des OLG Karlsruhe vom 28. September 1990 10 U 154/90, FamRZ 1991, 441). Hierbei handelt es sich jedoch zum Einen um - auf den Streitfall nicht übertragbare - Fälle, in denen nachträglich - d.h. nach dem Scheitern der Ehe - Ausgleichansprüche geltend gemacht wurden, obgleich das unterschiedlich erwirtschaftete und versteuerte Einkommen als Familieneinkommen zwischenzeitlich gemeinsam verbraucht worden war. Zum Anderen steht der Einordnung von ehebedingten Zuwendungen als steuerpflichtige Schenkung nicht entgegen, dass der Bundesgerichtshof (BGH) bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten in Ehescheidungssachen bisweilen angenommen hat, unbenannte Zuwendungen seien nicht als unentgeltliche anzusehen (BFH-Urteil vom 2. März 1994 II R 47/92, BFH/NV 1994, 907).
b) Die freigebige Zuwendung des Ehemannes der Klägerin erfüllt auch den subjektiven Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, genügt zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung der (einseitige) Wille des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit. Dieser „Wille zur Unentgeltlichkeit“ liegt vor, wenn sich der Zuwendende der Unentgeltlichkeit der Zuwendung derart bewusst ist, dass er seine Leistung ohne Verpflichtung und ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung erbringt. Dies ist auf der Grundlage der dem Zuwendenden bekannten Umstände nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen festzustellen (BFH-Urteil vom 2. März 1994 II R 47/92, BFH/NV 1994, 907 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Der Senat ist aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass der Ehemann der Klägerin in dem Bewusstsein der (objektiven) Unentgeltlichkeit seiner Zuwendung handelte. So musste ihm bereits aufgrund seines kaufmännischen Verständnisses klar gewesen sein, dass der überwiegende Teil der überwiesenen Steuererstattungen auf seine wirtschaftliche Tätigkeit entfällt. Daher musste ihm auch bewusst gewesen sein, dass der weitestgehende Teil dieser Erstattungen ihm zustand und bei einer Überweisung auf ein Konto der Klägerin entsprechend auszugleichen war. Dass dieser Ausgleich durch einen Wechsel des angegebenen Erstattungskontos nicht sachgerecht durchgeführt wurde, ist hierbei offensichtlich.
c) Die Ermittlung des Wertes der einzelnen Schenkungen hat sich nicht, wie das FA meint, an § 37 Abs. 2 AO zu orientieren, der lediglich die Rechtsbe-ziehung der zusammenveranlagten Ehegatten gegenüber der Finanzbehörde (Außenverhältnis) bestimmt und als öffentlich-rechtliche Regelung zwischen den Ehegatten untereinander (Innenverhältnis) nicht unmittelbar anwendbar ist. Vielmehr hat sich auch insoweit das Schenkungsteuerrecht an der geltenden Zivilrechtslage zu orientieren.
Die Frage der Aufteilung einer sich aus einer Zusammenveranlagung ergebenden Steuererstattung erscheint dem Senat nach dem BGH-Urteil vom 31. Mai 2006 (XII ZR 111/03, HFR 2006, 1037) nunmehr geklärt (vgl. Beschluss des Landgerichts Göttingen vom 18. April 2008 6 S 64/07, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport - NJW-RR - 2009, 73). In seiner Entscheidung vertritt der BGH - nach Abwägung verschiedener Aufteilungsmaßstäbe (vgl. hierzu ausführlich auch Schneider, Erbfolgenbesteuerung 2005, 38) - die Auffassung, die Aufteilung der Steuerschuld und der sich hieraus ergebenden Erstattungs- und Nachzahlungsansprüche sei unter entsprechender Heranziehung des § 270 AO aufgrund fiktiver getrennter Veranlagungen der Ehegatten zu ermitteln. Nur diese (aufwendigere) Vorgehensweise berücksichtige die konkrete steuerliche Situation der Ehegatten und führe dadurch zu einem „einkommensteuerkonformen“ Ergebnis (BGH-Urteil vom 31. Mai 2006 XII ZR 111/03, HFR 2006, 1037).
Dementsprechend werden zur Ermittlung des Wertes der jeweiligen freigebigen Zuwendung fiktive getrennte Veranlagungen der Ehegatten durchzuführen sein. Der sich ergebende Aufteilungsschlüssel ist - entgegen der Auffassung des FA - nicht nur auf die überwiesenen Beträge, sondern auf den gesamten Erstattungsbetrag anzuwenden; eventuelle Verrechnungen mit anderen Steuerarten - insbesondere mit betrieblichen Steuern eines Ehegatten - sind hierbei gesondert zu berücksichtigen. Entgegen der Ansicht der Klägerin bestehen auch keine Bedenken, die Erstattung von Zinsen in die Ermittlung der Zuwendung einzubeziehen (zur echten Zinsschenkung: BFH-Urteil vom 3. Oktober 1984 II R 194/82, BStBl II 1985, 73, Gebel in Troll/Gebel/Jülicher ErbStG, Loseblatt, Stand Juli 2011, § 7 Rdnr. 30). Die Tatsache, dass diese Zinsen gegebenenfalls der Einkommensteuerpflicht unterliegen, rechtfertigt nicht, die Zuwendung von der Schenkungsteuerpflicht auszunehmen (vgl. BFH-Urteile vom 22. Dezember 1976 II R 58/67, BStBl II 1977, 420 und vom 16. März 1984 III R 140/83, BStBl II 1984, 539).
2. Die Gewährung zinsloser Darlehen am 9. Januar 1987, am 23. August 1990 und am 14. September 1992 stellen schenkungsteuerpflichtige Zuwendungen gemäß §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar.
Ein ohne Gegenleistung gewährtes zinsloses Darlehen ist hinsichtlich der damit verbundenen Nutzungsmöglichkeit des Kapitals regelmäßig eine freigebige Zuwendung, durch die der Bedachte bereichert wird (ständige Rechtsprechung seit BFH-Urteil vom 12. Juli 1979 II R 26/78, BStBl II 1979, 631, zuletzt BFH-Beschluss vom 20. September 2010 II B 7/10, BFH/NV 2010, 2280; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher ErbStG, Loseblatt, Stand Juli 2011, § 7 Rdnr. 30).
a) Die Zuwendung der durch das unverzinsliche Darlehen gewährten Nutzungsvorteile erfolgte objektiv unentgeltlich. Die hiergegen von der Klägerin erhobenen Einwände greifen nicht durch. Entgegen ihrer Auffassung kommt es nicht darauf an, ob sich im Rahmen des Splittingverfahrens der Verzicht auf die Möglichkeit zur Einnahmeerzielung des Ehemannes und das Einsparen eines Zinsaufwandes, der bei der Klägerin Betriebsausgaben darstellen würde, einkommsteuerlich ausgleichen würden. Gerade aufgrund der vereinbarten Gütertrennung der Eheleute erfolgte die Minderung des Vermögens des Ehemannes dadurch, dass er sich eines Ertrages begeben hat, den er bei verkehrsüblichem Verhalten gezogen hätte, während das Vermögen der Klägerin objektiv vermehrt wurde, und zwar unabhängig davon, ob sie ohnehin einen Kredit in Anspruch genommen hätte, weil ihr dank des Verzichts des Zuwendenden auf die übliche Nutzungsmöglichkeit diese nunmehr zeitlich zusteht (BFH-Urteil vom 12.07.1979 II R 26/78, BStBl II 1979, 631). Die objektive Unentgeltlichkeit der Darlehensgewährung zwischen Ehegatten entfällt auch nicht, „weil ihr besondere ehebezogene Motive zugrunde liegen, etwa dahingehend, dass die Zuwendung `dem Ausgleich für geleistete Mitarbeit´ des bedachten Ehegatten oder dessen `angemessener Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens´ dienen soll“ (BFH-Urteil vom 30. März 1994 II R 105/93, BFH/NV 1995, 70).
b) Die Zuwendungen des Ehemannes erfüllen auch den subjektiven Tatbestand des § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG. Der Senat ist überzeugt, dass der Ehemann der Klägerin in dem Bewusstsein und mit dem Willen der (objektiven) Unentgeltlichkeit seiner Zuwendung handelte. So kannte er sämtliche Tatsachen, aufgrund derer seine Zuwendung als objektiv unentgeltliche zu qualifizieren war.
Sofern er dennoch gemeint haben sollte, zur Zinslosigkeit der Darlehen als Ausgleich für die bedeutende Mitwirkung der Klägerin während der bestehenden Ehe verpflichtet zu sein, wäre dies „ein `nach den Maßstäben des Verkehrsüblichen´ unbeachtlicher Subsumtionsirrtum“ (vgl. BFH-Urteil vom 2. März 1994 II R 59/92, BStBl II 1994, 366).
c) Das FA hat den Wert der Bereicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 ErbStG zutreffend dadurch bestimmt, dass es den Jahreswert des Zinsvorteils mit 5,5 % gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 15 Abs. 1 BewG zugrunde gelegt hat (vgl. dazu BFH-Urteil vom 12. Juli 1979 II R 26/78, BStBl II 1979, 631) und diesen Jahreswert im Hinblick auf die unbestimmten Laufzeit des Darlehens mit dem sich aus § 13 Abs. 2 BewG ergebenden Vervielfältiger von 9 multipliziert hat (vgl. dazu z.B.: BFH vom 29. Juni 2005 II R 52/03, BStBl II 2005, 800).
Mit ihrem im Klageverfahren geltend gemachten Einwand, die Darlehen seien - zumindest teilweise - vorzeitig zurückgezahlt worden, dringt die Klägerin nicht durch. Zwar stellt eine spätere Darlehenstilgung ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Satz 1 Nr. 2 AO dar, mit der Folge, dass die ursprüngliche Steuerfestsetzung zu ändern ist (BFH-Urteil vom 12. Juli 1979 II R 26/78, BStBl II 1979, 631). Der erkennende Senat hat aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens aber nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Klägerin - wie behauptet - ihrem Ehemann die Darlehen in Teilbeträgen vor-zeitig zurück erstattet hat.
Die vorgelegten Kontoauszüge und Überweisungsträger reichen zum Nachweis der vorgetragenen Rückzahlung nicht aus. So weist der Überweisungsträger vom 30. Juni 1994 (Bl. 442 der Gerichtsakte) als Verwendungszweck zwar „V-Konto … Ehemann“ aus, Empfänger der Überweisung war jedoch die Firma „ X “. Die Überweisungsträger vom 25. Mai 1994 (Bl. 443 der Gerichtsakte) und vom 19. Februar 1994 (Bl. 444 der Gerichtsakte) weisen als Verwendungszweck nur den Begriff „Übertrag 24.05.1994“ bzw. „val. 22. Februar 1994“ aus, was aufgrund der vielfältigen - nicht nur privaten, sondern auch wirtschaftlichen - Verflechtungen der Ehegatten nicht zwingend auf eine Darlehensrückzahlung schließen lässt. Die Überweisungsträger vom 11. Februar 1992 und vom 18. Februar 1992 (Bl. 446 der Gerichtsakte) weisen schließlich zwar „Darlehensrückz. val. 21. Februar 1992“ aus, laut der vorgelegen Kontenübersicht „Darlehen … Ehemann“ standen diesen jedoch Auszahlungen in gleicher Höhe gegenüber. Diese Kontenübersicht ist nach der Überzeugung des Senats der Sphäre der Eheleute zuzurechnen. Zwar konnte auch der Zeuge nicht mit Sicherheit bekunden, wer diese Übersicht letztlich erstellt hat, nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist jedoch auszuschließen, dass diese von dem Betriebsprüfer erstellt wurde. Dementsprechend kam es auch durch diese Überweisungen im Ergebnis zu keiner Minderung der Darlehenssumme. Hierfür spricht auch, dass dem FA diese Übersicht am 27. Januar 2004 mit dem Hinweis des Betriebsprüfers übersandt wurde, am 22. März 1999 habe ihm der Ehemann der Klägerin zum Darlehen vom 23. August 1990 mitgeteilt, dieses sei tilgungs- und zinsfrei und die Laufzeit offen.
Da die Vernehmung des Zeugen hinsichtlich der Rückzahlung der Darlehenssumme letztlich unergiebig war und es sich bei der behaupteten Darlehensrückzahlung um eine steuermindernde Tatsache handelt, für deren Vorliegen die Klägerin die Feststellungslast trägt, gehen die dem Senat verbliebenen Zweifel zu ihren Lasten (st. Rspr.; vgl. von Groll in Gräber, FGO, 7. Auflage, § 96, Rz. 23 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).
d) Nicht zuletzt kann ein Zinsverzicht in dieser Größenordnung auch bei relativer Betrachtung - unter Berücksichtigung der … Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/ Jülicher, ErbStG, Loseblatt, Stand Juli 2011, § 13 Rdnr. 165) - nicht als ein übliches Gelegenheitsgeschenk im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG angesehen werden.
II. Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.
III. Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsache und zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zugelassen.

RechtsgebieteErbStG, EStGVorschriften§ 1 Abs 1 Nr 2 ErbStG, § 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG, § 26 EStG

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