Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

01.02.2012

Finanzgericht Hamburg: Gerichtsbescheid vom 24.03.2011 – 3 K 223/10

Die für die Anordnung an sich angemessene Frist bei einer Anschlussprüfung kann grundsätzlich verkürzt werden, wenn die vorhergehende Prüfung noch andauert, oder sogar ganz entfallen, d. h. Prüfungsanordnung und Prüfungsbeginn dürfen dann ggf. zusammenfallen.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung sowie die Festlegung des Prüfungsbeginns.

I.

1. Der Kläger ist Facharzt für ... und betreibt eine Praxisklinik. Aufgrund der (nicht verfahrensgegenständlichen) Prüfungsanordnung vom 12.06.2009 fand vom 15.07.2009 bis 25.05.2010 die Außenprüfung bezüglich ESt, GewSt und USt 2005 bis 2007 statt. Die Prüferin beurteilte einen geringeren Anteil der Umsätze als steuerfrei aufgrund medizinischer Indikation und gelangte zu zwischen den Beteiligten anderweitig umstrittenen Umsatzsteuernachforderungen in Höhe von zwischen ... T € und ... T € jährlich.

2. Die Umsatzsteuererklärung für 2004 ging am 02.01.2006 per Datenfernübertragung bzw. 11.01.2006 in Papierform unterschrieben beim Finanzamt (FA) ein. Für die Jahre vor 2004 hatte der Kläger keine USt-Erklärung abgegeben. Die Einkommensteuererklärung für 2002 ging am 22.08.2003, die für 2003 am 03.03.2005 und die für 2004 am 02.01.2006 beim FA ein. Gewerbesteuererklärungen wurden nicht abgegeben.

3. Während der noch andauernden Prüfung für 2005 bis 2007 wurde mit Prüfungsanordnung von Mittwoch 25.11.2009 (Bp-Arbeitsakten Bl. 1) die Außenprüfung für ESt, GewSt und USt 2002 bis 2004 angeordnet. Die Prüfung sollte durch dieselbe Prüferin in den Praxisräumen am Freitag 18.12.2009 um 9.00 Uhr beginnen. Die Prüfungsanordnung wurde dahingehend erläutert, dass der Prüfungszeitraum der bereits laufenden Betriebsprüfung erweitert werde, da mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei. Die Prüfungsanordnung ging bei der steuerlich Bevollmächtigen nach deren Angaben am Montag 30.11.2009 ein.

II.

1. Mit Schreiben vom 16.12.2009, beim FA eingegangen am 18.12.2009, legte der Kläger Einspruch ein und beantragte zugleich Aussetzung der Vollziehung. Die Prüfung habe sich an den üblichen Geschäftszeiten zu orientieren. Er sei, wie jedes Jahr, am 18.12.2009 bereits in den Weihnachtsferien. Er könne seinen Urlaub nicht kurzfristig umplanen. Die Bekanntgabe lediglich zwei Wochen vor Beginn sei aufgrund der bevorstehenden Feiertage unangemessen kurz. Da der Prüfungszeitraum nunmehr weit zurückgreife, müssten die Unterlagen erst bereitgestellt werden, was ebenfalls in zwei Wochen nicht zu schaffen sei. Außerdem seien die zu prüfenden Zeiträume festsetzungsverjährt.

2. Mit Einspruchsentscheidung vom 26.11.2010 beschränkte das FA die Prüfungsanordnung hinsichtlich ESt 2002 bis 2004 auf die gesonderte Feststellung der Einkünfte für die Jahre 2003 und 2004 und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Aufgrund des zwischenzeitlich erfolgten privaten Umzugs des Klägers in den Bezirk des FA A und der mit diesem FA geschlossenen Zuständigkeitsvereinbarung sei nur noch die gesonderte Feststellung der freiberuflichen Einkünfte der nach wie vor im Bezirk des beklagten Finanzamtes befindlichen Praxis möglich. Für ESt 2002 sei Festsetzungsverjährung eingetreten, im Übrigen jedoch noch nicht. Die Frist bis zum Prüfungsbeginn sei ausreichend bemessen, der Urlaub des Klägers der Prüferin nicht bekannt gewesen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Mit Schreiben ebenfalls vom 26.11.2010 lehnte das FA Aussetzung der Vollziehung ab.

III.

1. Mit seiner am 27.12.2010 eingegangenen Klage geht der Kläger weiter gegen die Prüfungsanordnung vor und vertieft sein Vorbringen.

Die Prüfungsanordnung sei unangemessen gewesen. Der Kläger müsse als ... stets eine geordnete Urlaubspause planen, da er wegen etwaiger Komplikationen nicht einfach nach vorgenommenen Operationen gleich in Urlaub fahren könne. Auch die Helferinnen nähmen entsprechend dem Operationsplan Urlaub. Der allgemeine Urlaubsbeginn in der Praxis des Klägers sei am Freitag 18.12.2009 gewesen. Er selbst habe an diesem Tag noch die letzte Post abgearbeitet und seinen Urlaub vorbereitet. Sein erster Urlaubstag sei am Montag 21.12.2009 gewesen. Er sei jedoch nicht weggefahren, denn er sei gerade vorher im ... erst privat umgezogen und habe sich noch weiter einrichten und die zum Großteil noch nicht ausgepackten Umzugskartons ausräumen müssen. Diese Planung habe er der Prüferin jedoch vorher nicht mitgeteilt, hierfür sei keine Veranlassung gewesen.

Die Prüferin habe jedoch durch Schriftwechsel und Telefonate im Zusammenhang mit der bereits andauernden Prüfung der Folgejahre gewusst, dass die Unterlagen nicht vor Ort in der Praxis gelagert würden, sondern auf dem Dachboden der Privatwohnung, und erst herausgesucht werden müssten (Beweis: Zeugnis B). Zum Zeitpunkt der Prüfungsanordnung seien diese Unterlagen jedoch zusammen mit dem Großteil des Hausstandes des Klägers in ungeordneten und unbeschrifteten Kisten auf dem Dachboden gewesen aufgrund des gerade erfolgten Umzugs des Klägers und daher so kurzfristig nicht herbeizuschaffen gewesen. Es hätte nahegelegen, dass die Prüferin, die aufgrund der bereits andauernden Prüfung der Folgejahre sowieso in Kontakt mit dem Kläger stand, den Termin des Prüfungsbeginns abgesprochen hätte, dann hätte sie auch gewusst, dass der vorgesehene Prüfungsbeginn nicht möglich gewesen wäre. Ein Prüfungsbeginn ohne Unterlagen hätte jedoch keinen Sinn ergeben, da die wechselseitigen Positionen bereits aufgrund der Prüfung für die Folgejahre bekannt gewesen seien.

Außerdem sei Festsetzungsverjährung eingetreten.

Der Kläger beantragt, die Prüfungsanordnung für USt und GewSt 2002 bis 2004 und Einkünftefeststellung 2003 und 2004 vom 25.11.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.11.2010 aufzuheben, ferner festzustellen, dass die Festlegung des Prüfungsbeginns auf den 18.12.2009 rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das FA bezieht sich auf seine Einspruchsentscheidung.

2. Gegen die Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung hat der Kläger mit Schreiben vom 28.12.2010 Einspruch eingelegt, der durch Einspruchsentscheidung vom 13.01.2011 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Mit Schriftsatz eingegangen am 11.02.2011 begehrt der Kläger gerichtliche Aussetzung der Vollziehung (...).

Mit der Außenprüfung ist bisher nicht begonnen worden.

IV.

1. Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 28.02.2011 gemäß § 6 FGO auf den Einzelrichter übertragen.

2. Folgende Akten lagen vor:

ESt-Akten Band 3, USt-Akten Band 1, Betriebsprüfungsakten Band 1, Stehordner Bp-Arbeitsakten Bl.1-267 (zu Prüfungszeitraum 2005-2007), Bp-Arbeitsakten Bl. 1-11 (zu Prüfungszeitraum 2002-2004), Rechtsbehelfsakten.

Gründe

Die Klagen sind zulässig, jedoch nicht begründet.

A. Die Anordnung einer Außenprüfung einerseits und die Festlegung des Beginns einer Außenprüfung andererseits sind zwei eigenständige Verwaltungsakte, die selbständig anfechtbar sind (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), z. B. BFH Urteil vom 18.10.1988, VII R 123/85, BStBl II 1989, 76, Juris Rn. 6; BFH Urteil vom 19.06.2007, VIII R 99/04, BStBl II 2008, 7, Juris Rn. 47). Es liegt daher eine gemäß § 43 Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige objektive Klagehäufung vor; die Klagen bleiben jedoch selbstständig und sind getrennt zu prüfen.

B. Die Anordnung der Außenprüfung erfolgte gemäß §§ 193 Abs. 1, 194 Abs. 1 Satz 2, 195 Satz 1 und 2 und 196 Abgabenordnung (AO) rechtmäßig, insbesondere ermessensfehlerfrei, und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

I.

Das beklagte FA war für die Prüfungsanordnung örtlich zuständig. Für die USt folgt dies aus § 21 AO, für die GewSt aus § 22 Abs. 1 i. V. m. § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO. Der Zuständigkeitswechsel für die ESt aufgrund des privaten Umzugs war den beteiligten FA zum Zeitpunkt des Erlasses der Prüfungsanordnung noch nicht bekannt gewesen (hierzu § 26 Satz 1 AO und BFH Urteil vom 25.01.1989 X R 158/87, BStBl II 1989, 483, Juris Rn. 25)

II.

Festsetzungsverjährung ist für den Prüfungszeitraum in der Fassung der Einspruchsentscheidung noch nicht eingetreten.

1. Ohne Berücksichtigung der angeordneten Außenprüfung (§ 171 Abs. 4 AO) wäre die Festsetzungsfrist wie folgt abgelaufen (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO):

AbgabeBeginnAblauf
ESt 200303.03.200531.12.200531.12.2009
ESt 200402.01.200631.12.200631.12.2010
USt 2002-31.12.200531.12.2009
USt 2003-31.12.200631.12.2010
USt 200402.01.200631.12.200631.12.2010
GewSt 2002-31.12.200531.12.2009
GewSt 2003-31.12.200631.12.2010
GewSt 2004-31.12.200731.12.2011
2. Zwar ist mit der Außenprüfung bis heute noch nicht begonnen worden, so dass keine Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 AO eingetreten ist.

3. Jedoch ist vorher, nämlich mit Eingang des Einspruchsschreibens am 18.12.2009 Ablaufhemmung entsprechend § 171 Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 AO (Hinausschieben des Beginns auf Antrag des Steuerpflichtigen) eingetreten.

a) Nach der Rechtsprechung des BFH wird der Ablauf der Verjährungsfrist für eine nach der Prüfungsanordnung zu prüfende Steuer gehemmt, wenn der Beginn der Außenprüfung deswegen hinausgeschoben wird, weil der Steuerpflichtige die rechtmäßige Festlegung des Prüfungsbeginns angefochten und deren Aussetzung der Vollziehung beantragt hat, denn derjenige, der durch Anfechtung der Prüfungsanordnung oder der Festlegung des Prüfungsbeginns bewirkt, dass die Prüfung später beginnt, ist demjenigen gleichzustellen, der eine Verschiebung der Prüfung beantragt.

b) Zwar wird der Lauf der Festsetzungsfrist nicht gehemmt, wenn die Festsetzung des Prüfungsbeginns rechtswidrig war, da anderenfalls das FA den Eintritt der Festsetzungsverjährung verhindern könnte, indem es wenige Tage vor Jahresende eine Prüfungsanordnung erlässt und mit einer rechtswidrig kurzen Terminsbestimmung verbindet (einerseits BFH Urteil vom 25.01.1989, X R 158/87, BStBl II 1989, 483, Juris Rn. 59, andererseits BFH Urteil vom 10.04.2003, IV R 30/01, BStBl II 2003, 827, Juris Rn. 16, 18; die Rechtsprechung bestätigend BFH Beschluss vom 15.05.2007, I B 10/07, BFH/NV 2007, 1624, Juris Rn. 4).

c) Hier war die vom Kläger angefochtene Festlegung des Prüfungsbeginns jedoch rechtmäßig, insbesondere nicht ermessensfehlerhaft; dies gilt sowohl im Hinblick auf die zwischen Anordnung und vorgesehenem Beginn liegende Frist als auch im Hinblick auf den für den Beginn vorgesehenen Tag, und gleichermaßen für die Berücksichtigung allgemeiner Gepflogenheiten wie der speziellen Umstände beim Kläger.

aa) Das FA hat zunächst im Rahmen der Selbstbindung der Verwaltung die Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung - Betriebsprüfungsordnung (BpO) zu beachten. Gemäß § 5 Abs. 4 BpO beträgt die Frist in allen Fällen außer bei Großbetrieben, damit auch hier, zwei Wochen. Diese Frist ist eingehalten, selbst wenn man auf den Zugang der Anordnung und nicht auf die Absendung abstellt (von Montag 30.11.2009 bis Freitag 18.12.2009 = 2 Wochen und 4 Tage).

bb) Im Übrigen bestimmt sich die angemessene Frist nach den Umständen des Einzelfalles. Der Steuerpflichtige soll sich sachgerecht vorbereiten können (insbesondere Freimachung von Räumen und Freihalten von Terminen).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH kann die für die Anordnung an sich angemessene Frist bei einer Anschlussprüfung grundsätzlich verkürzt werden, wenn die vorhergehende Prüfung noch andauert, wie hier, oder sogar ganz entfallen, d. h. Prüfungsanordnung und Prüfungsbeginn dürfen dann ggf. zusammenfallen (BFH Urteil vom 19.03.2009, IV R 26/08, BFH/NV 2009, 1405, Juris Rn. 61, 62; BFH Urteil vom 19.06.2007, VIII R 99/04, BStBl II 2008, 7, Juris Rn. 48; BFH Beschluss vom 04.02.1988, V R 57/83, BStBl II 1988, 413, Juris Rn. 30). Denn bei einer Erweiterungsprüfung sind in der Regel keine weiteren Vorbereitungsmaßnahmen erforderlich, weil sich der Steuerpflichtige bereits auf die bestehende Prüfung vorbereiten musste; die mit der Durchführung der Außenprüfung sowieso schon verbundene generelle Belastung des Steuerpflichtigen wird dadurch nicht wesentlich erhöht. Allein die Notwendigkeit, weitere Unterlagen (nämlich für weitere, ältere Jahre) herbeizuholen, ist in diesem Sinne keine notwendige Vorbereitung (so ausdrücklich BFH Urteil vom 19.06.2007, a. a. O. Juris Rn. 48). Der Steuerpflichtige muss sich nämlich inhaltlich auf nichts Neues mehr einstellen, nur weil noch weitere Jahre einbezogen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn hinsichtlich des Rechtsgrundes für die Prüfungsanordnung und der Person der Prüferin keine Abweichungen von der ersten, unbeanstandeten Prüfungsanordnung feststellbar sind, wie hier.

Da die übliche Zwei-Wochen-Frist demnach sogar hätte verkürzt werden können, jedoch gleichwohl eine längere Frist, nämlich 2 Wochen und 4 Tage, gewählt wurde, liegt eine zu kurze Frist nicht vor.

cc) Wegen der allgemeinen Gepflogenheiten in Deutschland während der Weihnachtstage ist die Fristbestimmung ebenfalls nicht rechtswidrig.

Es wäre problematisch, wenn der Prüfungsbeginn zwischen Weihnachten und Neujahr wäre, wo vielerorts das Geschehen ruht, und es wäre selbstredend ein Unding, den Prüfungsbeginn auf einen 24.12. anzusetzen, wiewohl dies kein gesetzlicher Feiertag ist. Auch ein 23.12. könnte vielleicht noch problematisch sein. Es wäre schon fraglich, ob ein Beginn in der Woche des Heiligabends, aber weiter vorher, hier z. B. am Montag 21.12., noch problematisch wäre. Jedenfalls ein Beginn in der Woche vor Heiligabend (hier: Freitag 18.12.; Heiligabend am Donnerstag 24.12., Woche des Heiligabend beginnt also am Montag 21.12.) verstößt nicht gegen allgemeine Gepflogenheiten; so früh kehrt die allgemeine Weihnachtsruhe nicht ein.

dd) Zwar muss das FA bei der Bestimmung des Prüfungsbeginns auf die persönlichen Umstände des Steuerpflichtigen Rücksicht nehmen, soweit diese bekannt oder unschwer ersichtlich sind.

aaa) Die Urlaubspläne des Klägers waren der Betriebsprüferin und damit dem die Prüfungsanordnung erlassenden FA jedoch nicht bekannt, wie der Kläger selbst ausgeführt hat. Sie hätten zwar einen Antrag des Klägers auf Verschiebung des Prüfungsbeginns gerechtfertigt, konnten aber die Festlegung des Prüfungsbeginns nicht rechtswidrig machen, weil das FA bei Erlass der Prüfungsanordnung mangels Kenntnis darauf keine Rücksicht nehmen konnte.

bbb) Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass selbst bei Kenntnis der Urlaubspläne die Festlegung des Tags des Prüfungsbeginns wohl kaum rechtswidrig gewesen wäre. Der Kläger hat ausgeführt, er habe an dem für den Beginn der Prüfung vorgesehenen Tag keinen Operations- und Praxisbetrieb mehr gehabt, habe aber noch seine Post abgearbeitet. An einem solchen Tag hätte der Kläger die Prüferin zur Prüfungseröffnung gerade besonders gut empfangen können, weil der allgemeine Praxisbetrieb dadurch nicht gestört worden wäre, und der Kläger war sowieso vor Ort.

ee) Auch aus der Notwendigkeit, die Unterlagen erst herbeizuschaffen, folgt keine Rechtswidrigkeit der Festlegung des Prüfungsbeginns.

aaa) Denn eine Prüfung kann bereits begonnen werden, auch wenn noch nicht alle Unterlagen vorhanden sind, z. B. durch Abstimmung der weiteren Verfahrensweise und des Terminsplans, Abstimmung über notwendige, noch beizubringende Unterlagen im Einzelnen und Mitteilung der in Aussicht genommenen Schwerpunkte der Prüfung. Dem Kläger ist zuzugeben, dass eine solche Prüfungseröffnung ohne bereits vorhandene Unterlagen in Anbetracht der bereits fortgeschrittenen Prüfung der Folgejahre wohl nur kurz gedauert hätte. Das hätte dann jedoch dem Kläger, der ab Montag danach Urlaub zur Wohnungseinrichtung geplant hatte, eigentlich gerade gelegen sein müssen. Rechtswidrig wäre eine solcherart beabsichtigte kurze Prüfungseröffnung jedoch nicht.

bbb) Nur ergänzend sei angemerkt, dass der Kläger noch immer nicht substantiiert vorgetragen hat, warum er die Umzugskisten auf dem Dachboden seines neuen Heims nicht binnen zweieinhalb Wochen hätte grob sichten können, um herauszufinden, in welchen Kisten sich die Unterlagen aus der Praxis für die entsprechenden Jahre befinden, und diese in die Praxis bringen können; weiter, dass zwar vorgetragen und unter Beweis gestellt wurde, dass die Prüferin wusste, dass die Unterlagen nicht in der Praxis waren, sondern erst vom privaten Dachboden herbeigeschafft werden mussten, bisher jedoch nicht vorgetragen wurde, dass die Prüferin auch wusste, dass der Kläger gerade umgezogen und der Vorgang des Herbeischaffens daher aktuell erschwert war und binnen zweieinhalb Wochen nicht zu bewerkstelligen gewesen wäre.

4. Die am 18.12.2009 eingetretene Ablaufhemmung dauert noch heute fort.

Eine Hemmung wegen eines Antrags des Steuerpflichtigen auf Prüfungsaufschub endet erst mit Unanfechtbarkeit des nach Prüfung erlassenen Steuerbescheides (Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 171 AO Rn. 43 m. w. N.; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 197 AO Rn. 16 m. w. N.). Es ist daher für die Fortdauer der Hemmung unschädlich, dass bisher mit der Prüfung noch immer nicht begonnen wurde.

III.

Andere Gründe für die Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung (nicht der Festlegung des Prüfungsbeginns) sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere ist die Erwägung des FA für die Ausdehnung des Prüfungszeitraums, es sei mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen, nachvollziehbar und daher nicht ermessensfehlerhaft.

C.

I.

Die Feststellungsklage bezüglich der Frage der Rechtmäßigkeit der Festlegung des Prüfungsbeginns ist zulässig.

1. Der Übergang vom Anfechtungs- zum Feststellungsantrag ist auch möglich, wenn sich der Verwaltungsakt - wie hier - vor Klageerhebung und vor Erlass der Einspruchsentscheidung erledigt hat (BFH Urteil vom 25.01.1989 X R 158/87, BStBl II 1989, 483, Juris Rn. 57).

2. Das notwendige berechtigte Interesse an der Feststellung (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) trotz Erledigung durch Zeitablauf ergibt sich daraus, dass von der Rechtmäßigkeit des vorgesehenen Prüfungsbeginns die Frage der Feststellungsverjährung abhängt (so BFH Urteil vom 25.01.1989 X R 158/87, BStBl II 1989, 483, Juris Rn. 60; zum Zusammenhang vgl. oben B.II.3. a und b).

II.

Die Festlegung des Prüfungsbeginns war jedoch rechtmäßig (ausführlich oben B.II.3. c).

D.

I.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

II.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) sind nicht ersichtlich.

VorschriftenAO § 169, AO § 170, AO § 171, AO § 193, AO § 194, AO § 195, AO § 196, BpO § 5 Abs. 4

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr