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07.06.2011 · IWW-Abrufnummer 111933

Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 07.10.2010 – 4 V 1489/10

1.Es bestehen erhebliche Zweifel, ob § 8 c Abs. 1 S. 2 KStG in der Weise auszulegen und anzuwenden ist, dass bei einer unterjährigen Anteilsveräußerung bisher nicht genutzte Verluste auch mit bis zur Anteilsveräußerung erwirtschafteten Gewinnen nicht mehr verrechnet werden können.



2.Eine konsequente Umsetzung des in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Gesetzeszweckes des § 8c Abs. 1 KStG ist nur dann gewährleistet, wenn die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erwirtschafteten Gewinne und Verluste miteinander verrechnet werden können.



3.Die Systematik der Gewinnermittlung zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres, schließt nicht aus, dass zur Berücksichtigung einzelner steuerrechtlicher Vorschriften Gewinne und Verluste unterjährig zu einem bestimmten Stichtag innerhalb des Wirtschaftsjahres verrechnet werden.


Hessisches Finanzgericht v. 07.10.2010

4 V 1489/10


Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob im Falle einer unter § 8 c Abs. 1 S. 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG) fallenden Anteilsübertragung auf der Ebene der Kapitalgesellschaft während des Kalenderjahres eine Verrechnung der festgestellten früheren Verluste mit dem bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Gewinnen stattfindet.

Die Antragstellerin wurde 1993 unter der Firma X-GmbH errichtet und ist seit einer Sitzverlegung im Handelsregister des Amtsgerichts A eingetragen. Sie hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.10 bis 30.09. Gegenstand des Unternehmens sind Dienstleistungen im Bereich des Anwerbens von Mitarbeitern für Unternehmen. Sämtliche Gesellschaftsanteile an der Antragstellerin wurden durch notariellen Kaufvertrag vom 06.05.2008 von der Y an die Z mit Wirkung zum 23.05.2008 veräußert. Aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 22.10.2008 trägt die Antragstellerin ihre heutige Firmenbezeichnung.

Wegen des Beteiligungswechsels erstellte die Antragstellerin auf den 23.05.2008 einen Zwischenabschluss. Aus diesem Zwischenabschluss und aus dem Jahresabschluss für die Zeit vom 01.10.2007 bis 30.09.2008 ergibt sich für das Geschäftsjahr vom 01.10.2007 bis 23.05.2008 ein positives zu versteuerndes Einkommen in Höhe von … Euro. Für die Zeit vom 23.05.2008 bis 30.09.2008 erwirtschaftet die Antragstellerin ein negatives zu versteuerndes Einkommen in Höhe von … Euro. Insgesamt ergibt sich damit für das Geschäftsjahr 01.10.2007 bis 30.09.2008 ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von … Euro.

Das Finanzamt bat die Antragstellerin aufgrund der Anteilsübertragung zum Zwecke der Anpassung der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuervorauszahlungen für die Wirtschaftsjahre 2007/2008 und 2008/2009 um Mitteilung der voraussichtlichen Besteuerungsgrundlagen. Darauf hin teilte die Antragstellerin mit Schreiben vom 15.05.2009 mit, dass sie voraussichtliche ein zu versteuernde Einkommen in Höhe von … Euro sowie ein Gewerbeertrag in entsprechender Höhe (ohne Berücksichtigung der Verlustvorträge zum 31.12.2007) erzielen werde. Das Finanzamt passte daraufhin die Vorauszahlungen an und erließ am 21.07.2009 entsprechende Vorauszahlungsbescheide hinsichtlich der Gewerbesteuer und einen Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für Zwecke der Vorauszahlungen.

Am 08.07.2009 gingen dann bei dem Finanzamt die Steuererklärungen für das Jahr 2008 unter Hinweis auf die Unvollständigkeit wegen Nichtberücksichtigung der Anteilsübertragung ein und im Nachgang zu diesen Erklärungen teilte die Antragstellerin mit, die Angaben in den Steuererklärungen seien insoweit unrichtig, als zum 31.12.2007 bestehende Verlustvorträge (im Bereich der Körperschaftsteuer: … Euro und im Bereich der Gewerbesteuer … Euro) bis zum Veräußerungsstichtag weiter genutzt werden könnten. Unter Bezugnahme auf diese Einwendung legte die Antragstellerin gegen die Vorauszahlungsbescheide und den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für Zwecke der Vorauszahlungen Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens erließ das Finanzamt am 06.10.2009 Bescheide hinsichtlich der Körperschaftsteuer und hinsichtlich des Solidaritätszuschlages 2008 sowie hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrages 2008. Gegen die Bescheide über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2008 und über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.2008 legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 20.10.2009 Einspruch ein. Das Finanzamt wies die Einsprüche durch Einspruchsentscheidung vom 07.12.2009 als unbegründet zurück. Die dagegen erhobene Klage ist bei dem Hessischen Finanzgericht unter dem Aktenzeichen 4 K 3153/09 anhängig.

Das Finanzamt erließ am 03.03.2010 ein Vorauszahlungsbescheid für die Körperschaftsteuer 2009 und den Solidaritätszuschlag und einen Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2009 für Zwecke der Vorauszahlung, in denen es die Verlustvorträge zum 31.12.2007 nicht berücksichtigte. Dagegen erhob die Antragstellerin Einspruch und beantragte die Aussetzung der Vollziehung, was von dem Finanzamt durch Bescheid vom 09.04.2010 abgelehnt wurde. Den gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung erhobenen Einspruch wies das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 27.05.2010 als unbegründet zurück.

Zur Begründung der bei Gericht beantragten Aufhebung der Vollziehung bringt die Antragstellerin unter Bezugnahme auf ihre Schriftsätze in dem Klageverfahren 4 K 3153/09 vor, für die Anwendung des § 8 c KStG sei das entscheidende Kriterium das Datum des Beteiligungserwerbs. Altverluste sollten nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht auf Neugesellschafter übertragen werden können. Entsprechend müssten aber Gewinne bis zum Übertragungsstichtag, die während der Beteiligung der Altgesellschafter entstanden seien, mit Verlusten aus der Beteiligungszeit der Altgesellschafter kompensierbar sein. Im konkreten Fall heiße das, dass der bestehende Verlustvortrag zum 31.12.2007 mit dem Gewinn des Geschäftsjahres bis zum Übertragungsstichtag, dem 23.05.2008, verrechenbar seien müsste. Diese Argumentation gelte in gleichen Maßen für die Gewerbesteuer, da § 10 a S. 10 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) auf § 8 c KStG verweise. Die Argumentation der Antragstellerin werde auch durch das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22.01.2009, IV R 90/05, das zwar zur Thematik des gewerbesteuerlichen Verlustvortrages ergangen sei, aber auf § 8 c KStG durchaus übertragbar sei, gestützt (wegen der diesbezüglichen Ausführungen der Antragstellerin wird auf ihren Schriftsatz vom 15.12.2009 in dem Verfahren 4 K 3153/09, Seite 5 f. verwiesen).

Die Rechtsansicht der Antragstellerin werde auch durch den Wortlaut des § 8 c Abs. 1 S. 2 KStG bestätigt, danach gehe der Betrachtungszeitraum für den Altgesellschafter wörtlich bis zum Beteiligungsübergang. Das Gesetz regle ausschließlich den Wegfall von Verlusten, die bis zum Beteiligungsübergang entstanden seien, gehe aber auf Gewinne überhaupt nicht ein. Die Auslegung des Bundesministeriums der Finanzen in seinem Schreiben vom 04.07.2008 (BStBl. I 2008, 736 Rz. 31), wonach ein bis zum Übergangszeitpunkt entstandene Gewinn nicht mit abgelaufenen Verlusten verrechenbar sein soll, könne weder aus dem Gesetzestext selbst noch aus den Gesetzesmaterialien abgeleitet werden.

Darüber hinaus sei die Gesetzestechnik des § 8 c KStG durchaus vergleichbar mit der des § 8 Abs. 4 KStG a.F. da in beiden Vorschriften auf die rechtliche und wirtschaftliche Identität der Gesellschaft abgestellt werde. Die wirtschaftliche Identität entfalle von § 8 Abs. 4 KStG a.F., wenn bei einem Anteilseignerwechsel von mehr als 50 % überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt werde. Für Verluste im Rahmen dieser Altregelung sei im Urteil des BFH vom 05.06.2007, I R 9/06 (BStBl. II 2008, 988) entschieden worden, dass ein bis zum Tag der Anteilsübertragung entstandener Gewinn mit dem bestehenden Verlustvorträgen verrechnet werden könne.

Bei Zugrundelegung der Verwaltungsmeinung stelle sich die Situation der Antragstellerin wie folgt dar: Die alte Gesellschafterin der Antragstellerin trage mittelbar die Anfangsgewinne des Jahres 2008, könne diese aber nicht mit den von ihr selbst mittelbar erwirtschafteten Verlusten ausgleichen. Unter der neuen Gesellschafterin werde ab Mai mittelbar ein Verlust erwirtschaftet, der durch den Gewinnvorverkauf kompensiert werde, im Ergebnis würden dadurch mittelbar für die Gesellschafterin Gewinne der Altgesellschafterin besteuert.

Für die Rechtsansicht der Antragstellerin spreche auch die Gesetzesbegründung bei Änderung bzw. Entschärfung des § 8 c KStG durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009 (Bundesgesetzblatt I 2009, 3950). Nachdem der Gesetzgeber die Brisanz der vollständig untergehenden Verluste bei Anteilseignerwechsel erkannt habe, sei der Übergang von Verlusten zugelassen worden, soweit diesen Verlusten stille Reserven gegenüberstehen würden. Es solle lediglich kein zusätzliches Verlustpotential mit übergehen (unter Hinweis auf Bundestagsdrucksache 17/15 vom 09.11.2009, S. 19). Laut Gesetzestext werde auf die „zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs vorhandenen stillen Reserven” (§ 8 c Abs. 1 S. 6 KStG) abgestellt. So wohl bei der Ermittlung der stillen Reserven als auch des Verlustes müsse daher auf die jeweils am Übertragungsstichtag vorhandenen Werte zurückgegriffen werden. Die Argumentation der Antragstellerin werde auch durch die Gewerbesteuerrichtlinien 2009 – hier R 10a 1 Abs. 3 – bestätigt.

Das Finanzamt vertritt die Ansicht, ein bis zum Beteiligungserwerb im Sinne des § 8 c Abs. 1 S. 2 KStG erwirtschaftete Gewinn, der während der Beteiligung der Altgesellschafterin entstanden sei, könne nicht mit nicht ausgenutzten Verlusten verrechnet werden (unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 04.07.2008 , BStBl. I BStBl 2008 I S. 2008, BStBl 2008 I S. 736). Eine unterjährige Verlustverrechnung kenne das Steuerrecht nicht. Unterjährig sei kein Gewinn entstanden, dieser entstehe erst zum Ende des Wirtschaftsjahres. Zu diesem sei der Tatbestand des § 8 c Abs. 1 KStG aber bereits verwirklicht, das heißt die bis dahin angefallenen Verluste seien unabziehbar geworden. Bei der Übertragung von mehr als 50 % der Anteile einer Körperschaft komme es daher zum vollständigen Untergang des Verlustabzugs. Der Neureglung des § 8 c KStG liege der Gedanke zu Grunde, dass sich die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners ändere. Eine Körperschaft solle demnach aufgelaufene Verluste nur dann mit Gewinn verrechnen dürfen, wenn die Körperschaft, die den Verlust erlitten habe, mit der Körperschaft, die den Gewinn erzielt habe, wirtschaftlich als identisch anzusehen sei. § 8 c KStG solle zu einer wesentlichen Vereinfachung der Rechtslage gegenüber § 8 Abs. 4 a.F. KStG führen. Das bedeute für den hier zu beurteilenden Fall, dass allein die Anteilsveräußerung dazu führe, dass die wirtschaftliche Identität der Gesellschaft nicht mehr gegeben sei. Dies bedeute weiter, dass nach dem Gesetzeszweck der neue Anteilseigner nicht in den Genuss der alten Verluste kommen solle. Demnach seien für die Antragstellerin die bis zum schädlichen Beteilungserwerb nicht genutzten Verluste vollständig nicht mehr abziehbar.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 15.12.2009, 15.02.2010 und 29.06.2010 sowie auf den Schriftsatz des Finanzamtes vom 28.01.2010 in dem Verfahren 4 K 3153/09 verwiesen.



Gründe
1. Der Antrag ist begründet. Die Vollziehung der Vorauszahlungsbescheide zur Körperschaftsteuer und zu dem Solidaritätszuschlag für 2009 und des Bescheides für 2009 über den Gewerbesteuermessbetrag für Zwecke der Vorauszahlungen war insoweit aufzuheben, als für die Körperschaftsteuer Verluste in Höhe von … Euro und für den Bereich des Gewerbesteuermessbetrages Verluste in Höhe von … Euro gemäß der Berechnung der Antragstellerin vom 18.08.2010 nicht berücksichtigt worden sind. Insoweit bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide, weil das Finanzamt die Vorschrift des § 8 c Abs. 1 S. 2 KStG so angewandt hat, dass auch für die bis zum 23.05.2008 erwirtschafteten Gewinne der Antragstellerin kein Ausgleich mit dem bis zum 31.12.2007 erwirtschafteten Verluste zugelassen wurde.

Ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 FGO bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes anhand des aktenkundigen Sachverhaltes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen, gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zu Tage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unsicherheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Insoweit sind bei einer notwendigen Abwägung der im Einzelfall entscheidungsrelevanten Umstände und Gründe die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. nur Beschlüsse vom 10.02.1967 II B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182 und vom 07.01.2004 I B 197/03, BFH/NV 2004, 635).

Nach summarischer Prüfung bestehen erhebliche Zweifel, ob § 8 c Abs. 1 S. 2 KStG in der Weise auszulegen und anzuwenden ist, dass bei einer unterjährigen Anteilsveräußerung bisher nicht genutzte Verluste auch mit bis zur Anteilsveräußerung erwirtschafteten Gewinnen nicht mehr verrechnet werden können. Der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte und die Rechtssprechung des BFH zum gewerbesteuerlichen Verlustvortrag und zu § 8 Abs. 4 a.F. KStG bewirken insoweit eine Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen.

Nach § 8 c Abs. 1 S. 1 KStG sind bei einer mittelbaren oder unmittelbaren Anteilsübertragung von 25 % der Gesellschaftsanteile die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar. Nach § 8 c Abs. 1 S, 2 KStG sind unabhängig von den Voraussetzungen des Satzes 1 bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzte Verluste vollständig nicht mehr abziehbar, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesen nahestehende Person übertragen werden oder wenn ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt.

Der Wortlaut des § 8 c Abs. 1 S. 1 und 2 KStG spricht dafür, dass bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erwirtschaftete Gewinne grundsätzlich miteinander verrechnet werden können. § 8 c Abs. 1 S. 2 bezieht sich insofern eindeutig auf „bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzte Verluste”. Auch die Gesetzesmaterialien sprechen dafür, dass § 8 c Abs. 1 S. 1 und 2 KStG lediglich eine stichtagsbezogene Einschränkung der Verlustverrechnung regeln sollte. Nach der Gesetzesbegründung zum Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 (Bundestagsdrucksache 16/4841 vom 27.03.2007, S. 76) liegt der Neuregelung des § 8 c „der Gedanke zu Grunde, dass sich die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners (oder Anteilseignerkreises) ändert. Die in früherer Zeit erwirtschafteten Verluste bleiben unberücksichtigt, soweit sie auf dieses neue wirtschaftliche Engagement entfallen”. Diesem Gesetzeszweck würde nicht entsprochen, wenn bei einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb die bis zum Stichtag erwirtschafteten Gewinne und Verluste nicht miteinander verrechnet werden können. Zu Recht weist die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 15.12.2009 auf das sinnwidrige Ergebnis der Verwaltungsansicht hin. Denn sie würde dazu führen, dass die früheren Anteilseigner mittelbar die jeweiligen Anfangsgewinne des Übertragungsjahres erwirtschaftet würden, diese aber mit den von ihnen selbst mittelbar erwirtschafteten Verlusten nicht ausgleichen könnten. Eine konsequente Umsetzung des in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Gesetzeszweckes wäre nur dann gewährleistet, wenn die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erwirtschafteten Gewinne und Verluste miteinander verrechnet werden könnten. Diese Auslegung und Anwendung des § 8 c Abs. 1 S. 2 KStG wird auch von der ganz überwiegenden Mehrheit der Meinungsäußerungen in der steuerrechtlichen Literatur für zutreffend gehalten (vgl. nur Brandis in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8 c KStG Rz. 56; Roser in Gosch, Körperschaftsteuergesetz, 2. Auflage 2009, § 8 c Rz. 97 und Neyer, Verlustnutzung nach unterjährigem Anteilserwerb: Verwertungsverbot und Verschonungsregeln, Deutsches Steuerrecht 2010, 1600, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Soweit das Finanzamt die Ansicht vertritt, dass bei einem schädlichen Beteiligungserwerb während des laufenden Wirtschaftsjahres ein bis zu diesem Beteiligungserwerb erzielter Gewinn nicht mit noch nicht genutzten Verlusten verrechnet werden kann ( BMF-Schreiben vom 04.07.2008 , BStBl. I BStBl 2008 I S. 2008, BStBl 2008 I S. 736 Tz. 31) und sich zur Begründung dieser Ansicht darauf beruft, dass das Steuerrecht eine unterjährige Verlustverrechnung nicht erkenne bzw. dass unterjährig kein Gewinn entstehe (unter Berufung auf Frotscher in Frotscher/ Maas, KStG/UmwStG, § 8 c KStG Rz. 78) kann dem nicht gefolgt werden. Insoweit ist es zwar zutreffend, dass nach den Gewinnermittlungsvorschriften ein Gewinn erst zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres oder Veranlagungszeitraumes festgestellt bzw. ermittelt wird, gleichwohl schließt diese Systematik der Gewinnermittlung nicht aus, dass zur Berücksichtigung einzelner steuerrechtlicher Vorschriften Gewinne und Verluste unterjährig zu einem bestimmten Stichtag in dem jeweiligen Wirtschaftsjahr verrechnet werden. Insoweit weist die Antragstellerin zu Recht auf das zum gewerbesteuerlichen Verlustvortrag ergangene BFH-Urteil vom 22.01.2009, IV R 90/05 (BFH/NV 2009, 843) und auf das zu § 8 Abs. 4 KStG a.F. ergangene BFH-Urteil vom 05.06.2007, I R 9/06 (BStBl. II 2008, 988), in denen zu verwandten rechtlichen Problembereichen eine Verlustverrechnung für ein Teil des jeweiligen Wirtschaftsjahres ohne weiteres für möglich gehalten wird.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebietKStGVorschriftenKStG § 8c Abs. 1

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