02.10.2000 · IWW-Abrufnummer 001088
Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 08.03.2000 – V 221/98
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES
FINANZGERICHT
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Az.: V 221/98
Urteil vom 8. März 2000
Stichwort: Fortbildungskosten bei Aufbaustudium trotz erstmaliger Erlangung eines akademischen Grades
Zur Veröffentlichung freigegeben ab: 12. April 2000
Sonstige Hinweise:
Veröffentlichung EFG: 2000, 780
Aktenzeichen des BFH: VI R 60/00
Tenor:
Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung überarbeitet.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kosten für ein Aufbaustudium des Klägers an der privaten Fachhochschule Nordakademie mit dem angestrebten Abschluss "Diplom-Betriebswirt (FH)" bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit als Werbungskosten (WK) in voller Höhe oder als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) lediglich beschränkt abzugsfähig sind.
Der Kläger absolvierte nach bestandener Reifeprüfung in sechs Semestern (von 1989 bis 1992) die Ausbildung zum "staatlich geprüften Wirtschaftsinformatiker (BA) bei A an der Berufsakademie der Wirtschaftsakademie Kiel (WAK). Das Modell der Berufsakademie verbindet eine praktische Ausbildung im Betrieb mit einem wissenschaftlichen Studium an der Wirtschaftsakademie. Ziel der Ausbildung ist es, Nachwuchskräfte in mittleren und gehobenen Positionen praxisnah zu schulen Zulassungsvoraussetzungen sind die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife (Fachhochschulreife genügt nicht) und ein Ausbildungsvertrag mit einer geeigneten Ausbildungsstätte. Dia vom Kläger absolvierte Ausbildung beinhaltete in den ersten vier Semestern unter anderem auch einen betriebswirtschaftlichen Studienteil, der neben kaufmännischem Grundlagenwissen eine vertiefte Behandlung der für die Informationsverarbeitung besonders bedeutsamen Fächer Rechnungswesen und Organisation vorsah. Ergänzt und abgerundet wurde das Programm durch eine Ausbildung in den Fächern Wirtschaftsmathematik, Wirtschafts-, Arbeits- und Datenschutzrecht sowie Fachenglisch. Wegen der weiteren Einzelheiten des Studienplanes und der Semesterstundenzahlen der einzelnen Fächer wird auf den vom Kläger vorgelegten Ausbildungsbericht nebst Anlagen Bezug genommen. Diese sogenannte duale Ausbildung ist nicht in allen Bundesländern staatlich anerkannt.
Nach Abschluss der Ausbildung arbeitete der Kläger in einem unbefristeten Anstellungsverhältnis als Systementwickler bei A und erzielte daraus Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit. Für diese Tätigkeit benötigt er - eigenen Angaben zufolge und gemäß von dem Beklagten nicht bestrittener schriftlicher Bestätigung der Arbeitgeberin - umfangreiche betriebswirtschaftliche Kenntnisse um die Problemstellungen der Fachbereiche verstehen. Projektmanagement leisten und Projekte auch unter betriebswirtschaftlichen Kostenaspekten bewerten zu können. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vom Kläger vorgelegte Tätigkeitsbeschreibung Bezug genommen.
Auf Hinweis und Vorschlag seiner Arbeitgeberin begann der Kläger im Streitjahr (1995) ein berufsbegleitendes Aufbaustudium der Betriebswirtschaftslehre an der Nordakademie GmbH. Die Nordakademie ist eine 1992 von namhaften norddeutschem Firmen gegründete staatlich anerkannte private Fachhochschule mit dualen Studiengängen. Der vom Kläger besuchte Aufbaustudiengang wendet sich ausschließlich an Absolventen der WAK und bereitet in drei Semestern berufsbegleitend auf die Erlangung des Hochschulgrades Diplom-Betriebswirt/in (FH) vor. Daneben werden nach einem Merkblatt der Nordakademie folgende Ziele verfolgt: Die Teilnehmer erhalten einen aktuellen Wissensstand über die neuen Entwicklungen in der Betriebswirtschaft. Die Integration vors Führungsseminaren und Fallstudien in das Aufbaustudium sowie ein Unternehmensplanspiel sollen die Voraussetzungen für den weiteren beruflichen Aufstieg schaffen. Nach erfolgreicher Einstufungsprüfung, auf die gezielt vorbereitet wird, werden die Teilnehmer im 6 Fachsemester des Studienganges-Diplom-Betriebswirt/in (FH) zugelassen. Die in der Einstufungsprüfung erzielten Prüfungsleistungen gelten bereits als Bestandteil der Diplom-Hauptprüfung. In drei berufsbegleitenden Semestern werden die Teilnehmer auf die übrigen Fächer der Diplom-Hauptprüfung vorbereitet, wobei sich die Lehrinhalte auf Gebiete konzentrieren, die nicht bereits Gegenstand des Studiums an der Berufs- bzw. Wirtschaftsakademie waren. Das Aufbaustudium gliedert sich in Zeiten mit Abend- oder Wochenendveranstaltungen und sogenannten Präsenzphasen von jeweils einer Woche. Wegen weiterer Einzelheiten des Studienablaufs wird auf die vom Kläger vorgelegten Studienunterlagen Bezug genommen. A unterstützte das Aufbaustudium des Klägers durch die Gewährung von Bildungsurlaub und Erleichterungen in der Gleitzeitverordnung. Der Kläger schloss das Studium im Herbst 1997 erfolgreich mit der Diplom-Prüfung ab.
Mit der Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für 1995 machte der Kläger u.a. die Kosten des Aufbaustudiums (Studiengebühren, Fahrten zu Lehrveranstaltungen, Verpflegungskosten, Fachbücher) in Höhe von 3.845 DM sowie Aufwendungen für Arbeitsmittel (Büroschrank, Schreibtisch, Schreibtischstuhl, AfA Computer, Drucker und Computerzubehör) in Höhe von 1.870 DM als WK geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die durch das Studium veranlassten Aufwendungen nur bei den Sonderausgaben mit dem Höchstbetrag von 900 DM. Die Aufwendungen für Arbeitsmittel erkannte es in Höhe von 936 DM (zur Hälfte) als WK an.
Den dagegen gerichteten Einspruch wies das Finanzamt mit Entscheidung vom 22. Januar 1998 zurück. Der Kläger strebe mit dem Aufbaustudium erstmals einen Hochschulabschluss und eine akademische Berufsgrundlage an. Die damit verbundenen Aufwendungen seien deshalb den Ausbildungskosten zuzurechenen und steuerlich nur als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Im übrigen wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Mit der dagegen erhobenen Klage, die am 23. Februar 1998 bei dem Finanzgericht eingegangen ist, verfolgt der Kläger sein Einspruchsbegehren weiter.
Der Kläger meint, bei dem Aufbaustudium an der Nordakademie handele es sich um ein Zweitstudium, das als Fortbildung in dem erlernten und ausgeübten Beruf zu werten sei. Die dabei entstehenden Kosten seien deshalb WK. Die vorangegangene Ausbildung an der Wirtschaftsakademie stelle ein "Erststudium" dar, auf dem das Aufbaustudium sowohl hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzungen als auch inhaltlich aufbaue. Es erscheine formalistisch und nicht sachgerecht, allein darauf abzustellen, dass die Wirtschaftsakademie keinen anerkannten Hochschulabschluss vermittele. Ihm gehe es vor allem darum die in seinem Beruf als Anwendungsprogrammierer notwendigen Kenntnisse der Betriebswirtschaft zu vertiefen. Auch nach dem erfolgreichen Studium werde er bei seinem bisherigen Arbeitgeber und in seinem bisherigen Aufgabenfeld tätig sein.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Aufwendungen für den Aufbaustudiengang zum Diplom-Betriebswirt (FH) als WK bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit anzuerkennen und den ESt-Bescheid 1995 vom 14. April 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Januar 1998 entsprechend zu ändern.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schrifts ätze Bezug genommen. Das Gericht hat die ESt-Akte beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Mit den Schriftsätzen vom 04. März 1998 und 13. März 1998 haben die Beteiligten auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtmäßig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Zur Überzeugung des Senats sind die Kosten des Aufbaustudiums als Fortbildungskosten anzusehen und stellen WK dar.
WK sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Dazu gehören auch die sog. Berufsfortbildungskosten. Von den Berufsfortbildungskosten zu unterscheiden sind die der allgemeinen Lebensführung zuzurechnenden Berufsausbildungskosten, die nur im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben steuerlich berücksichtigt werden. Berufsausbildungskosten liegen vor, wenn die Aufwendungen dem Ziel dienen, die Kenntnisse zu erwerben, die als Grundlage für einen künftigen Beruf notwendig sind und die ggf. die Grundlage dafür bilden sollen, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen überzuwechseln. Dienen die Aufwendungen dagegen dem Fortkommen im ausgeübten Beruf ohne Wechsel der Berufs- oder Erwerbsart, handelt es sich um Fortbildungskosten (Bundesfinanzhof -BFH- st. Rspr. vgl. Bundessteuerblatt -BStBl- II 1985, 94 m.w.N.).
In Ausfüllung dieser Begriffe hat der BFH entschieden, daß die Kosten eines Studiums an einer Hochschule im allgemeinen Kosten der Berufsausbildung sind (BFHE 89, 511), weil der Hochschulabschluss dem Steuerpflichtigen eine andere berufliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung eröffne. Das gelte auch für das Studium an einer höheren Wirtschaftsfachschule mit dem Ziel, graduierter Betriebswirt zu werden (BFH BStBl II 1974, 636). Dem graduierten Betriebswirt komme im beruflichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben gegenüber anderen Berufstätigkeiten eine hervorgehobene Stellung zu. Der Abschluss verbessere die beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten unabhängig davon, ob ein solcher Aufstieg vom Steuerpflichtigen angestrebt werde oder möglicherweise auch ohne das Studium hätte erreicht werden können (BFH a.a.O.). Gleiches gelte für ein "berufsintegrierendes" Erststudium an einer Fachhochschule mit dem Ziel, den Hochschulgrad eines "Diplom-Betriebswirts (FH)" zu erwerben (BFH BStBl II 1985, 94). Zwischen der sog. Graduierung und dem Hochschulgrad des "Diplom-Betriebswirts (FH)" bestehe kein wesentlicher Unterschied. Der dortige Kläger hatte nach zweijähriger kaufmännischer Ausbildung und anschließender Berufstätigkeit das auf neun Semester Dauer angelegte Studium aufgenommen.
In Ausnahme dazu erkennt der BFH (BStBl II 1998, 239) die Kosten eines Zweitstudiums teilweise als WK an. Ausbildungskosten werden zum Erwerb von Kenntnissen aufgewandt, die als Grundlage für einen künftigen Beruf notwendig sind; dagegen dienen Fort- oder Weiterbildungskosten dazu, in einem ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben, den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden und so in dem ausgeübten Beruf besser vorwärts zu kommen (BFH BStBl II 1992, 966, m.w.N.). Daher können Aufwendungen für ein zweites Hochschulstudium unter bestimmten Voraussetzungen in voller Höhe abzugsfähig sein (vgl. BFH BStBl Il 1996, 448, und BStBl II 1996, 449). Das setzt u.a. voraus, dass sie objektiv dazu dienen, in dem durch das Erststudium ermöglichten Beruf vorwärts zu kommen. Dieser Bezug fehlt bei dem ersten Studium.
Der BFH hat sich in jüngster Zeit in mehreren Entscheidungen (BFH BStBl. II 1996, 444; BStBl. II 1996, 445; BStBl. II 1996, 446;. BStBl. II 1996, 448; BStBl. II 1996, 450 und Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV1996, 809) mit der Frage beschäftigt, ob die Kosten eines Zweitstudiums als Fortbildungskosten zu berücksichtigen sind. Er hat das jeweils verneint, weil das Zweitstudium den Wechsel in eine andere Berufsart eröffnete. Besonders deutlich wird das im Fall der graduierten Finanzbeamten (FH), die Jura oder Betriebswirtschaft studieren. Dagegen hat er die Aufwendungen eines graduierten Finanzbeamten für die Steuerberaterprüfung als Fortbildungskosten anerkannt (BFH BStBl II 1993, 108). Er hat dazu auf den inhaltlich-materiellen Bezug der angestrebten, zur ausgeübten Tätigkeit und nicht auf den äußeren, formalen Rahmen der künftigen Ausübung abgestellt. Daran hat der BFH in weiteren Urteilen (vgl. BStBl II 1996, 449 und BStBl II 1996, 452) festgehalten und die Aufwendungen für ein Zweitstudium als Fortbildungskosten anerkannt, weil der Steuerpflichtige damit keinen Wechsel in einen anderen Beruf anstrebte, sondern die durch das Erststudium erworbenen Kenntnisse ergänzen oder vertiefen wollte. Für ein solches Aufbaustudium ist es unerheblich, ob der Steuerpflichtige nach erfolgreichem Abschluss des ersten Studiums zunächst berufstätig ist oder unmittelbar anschließend mit dem Zweitstudium beginnt.
Danach ist zum einen entscheidend, ob das Zweitstudium objektiv den Wechsel in eine andere Berufsart ermöglicht. Zum anderen kommt es aber - wie durch den Begriff der Fort- und Weiterbildungskosten vorgegeben - subjektiv darauf an, welche Vorstellungen der Steuerpflichtige mit dem Zweitstudium verwirklichen will. (...) Das zeigt das Urteil in BStBl II 1992, 965. Dort hatte ein bereits approbierter Humanmediziner Zahnmedizin mit dem Ziel studiert, nicht nur seine bisherigen Kenntnisse als Humanmediziner zu ergänzen und zu vertiefen, sondern auch die zusätzliche Qualifikation zu erwerben, sich nach erfolgreich bestandenem Examen als Zahnarzt niederlassen zu können. Die mögliche Niederlassung als Zahnarzt war aber nicht das eigentliche Ziel. Die zusätzliche Qualifikation war nur Mittel, um als Mund-Kiefer-Gesichtschirurg tätig werden zu können (vgl. BFH BStBl II L992, 965, unter 2.). Dieses Zweitstudium sollte - so die subjektiven Vorstellungen des Steuerpflichtigen - nicht den Wechsel in eine vollständig andere Berufsart ermöglichen. Der BFH hat darauf abgestellt, dass der objektiv mögliche Berufswechsel hinter das eigentliche Ziel des wichtigen zurücktrat, weiterhin als Arzt, und zwar als Facharzt für Chirurgie, tätig zu werden. Auch der BFH hat danach das Zweitstudium nur als Spezialisierung in einem bereits erlernten Beruf gesehen. Von einem vergleichbaren Aufbaustudium ist der BFH weiter in dem Fall ausgegangen, dass der Steuerpflichtige nach dem Studium der Musiktheorie noch ein Studium des Faches "Tonmeister" erfolgreich abgeschlossen hat (BFH BStBl II 1996, 449). Der BFH hat es aber ausdrücklich abgelehnt, dass ein solches Aufbaustudium notwendig mit dem des Erststudiums studientechnisch verzahnt sein müsse (BFH BStBl II 1996, 449, unter 2.).
Diese Grundsätze sollen jedoch nur dann gelten, wenn es um ein Zweitstudium geht, d.h, wenn bereits ein Hochschulstudium erfolgreich abgeschlossen worden ist. In allen Fällen eines Erststudiums hält der BFH dagegen streng an seiner typisierenden Betrachtungsweise fest, dass es sich stets um eine Ausbildung und nicht um eine Fortbildung handele (vgl. nur BFH/NV 1998, 844 und BStBl II 1996, 450 - Studium eines ausgebildeten Sparkassenbetriebswirts an der staatlich anerkannten Fachhochschule AKAD im Studiengang Betriebswirtschaft mit dem Ziel der Erlangung des Hochschulgrades eines "Diplom-Betriebswirts (FH)").
Die Kosten eines Erststudiums an einer Universität, Hochschule oder Fachhochschule könnten im Hinblick auf die kaum zu bewältigenden Abgrenzungsschwierigkeiten und im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nur einheitlich als Berufsausbildungskosten gewertet werden, weil durch den erfolgreichen Abschluss eines solchen Studiums in der Regel eine neue Basis für gegenüber der bisherigen beruflichen Stellung höherrangige Berufe geschaffen wird (BFH BStBl II 1985, 94). Sachgerechte und für die Praxis brauchbare Unterscheidungsmerkmale, bei deren Vorliegen ein Erststudium an einer Universität oder Fachhochschule ausnahmsweise als berufliche Fortbildung zu qualifizieren wäre und die außerdem im Vergleich zu einer ausnahmslosen Zuordnung der Aufwendungen zu den Sonderausgaben zu einem insgesamt gerechter erscheinenden Ergebnis führen, seien nicht erkennbar (BFH BStBl 1996, 450, 452).
Bei Studien, die nicht an einer Hochschule absolviert und ohne Verleihung eines akademischen Grades bzw. des Titels "graduiert" abgeschlossen werden, hat der BFH dagegen Fortbildungskosten angenommen (BFH Urteil vom 23. August 1979 VI - R 87/78, BStBl II 1979, 773), etwa für den Besuch eines zweijährigen Lehrganges an der Wirtschaftsfachschule der Akademie für praktische Betriebswirtschaft in Köln mit dem Ziel des Abschlusses als "staatlich geprüfter Betriebswirt" (BFH Urteil vom 16. August 1979 VI R. 14/77, BStBl II 1979, 675). Die Wirtschaftsfachschule vermittele - anders als Universitäten und Hochschulen - kein neues Berufsbild, sondern lediglich eine bessere Qualifikation für den bereits ausgeübten Beruf.
Bei Anwendung dieser Grundsätze wären die Aufwendungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Studium an der Nordakademie als Ausbildungskosten und mithin als Sonderausgaben zu qualifizieren. Denn mit dem Studium strebt der Kläger erstmals einen Hochschulgrad an. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die vorangegangene Ausbildung an der Wirtschaftsakademie mit dem Abschluss als "staatlich geprüfter Wirtschaftsinformatiker (BA)" keinen anerkannten Hochschulgrad vermittelt. Das vom Kläger im Anschluss daran betriebene Aufbaustudium wäre deshalb gemäß der typisierenden Betrachtungsweise des BFH nach den Regeln eines Erststudiums zu behandeln; die dabei anfallenden Kosten wären Sonderausgaben.
Diesen Grundsätzen folgt der Senat im vorliegenden Fall jedoch nicht.
Nach Auffassung des Senats begegnet die typisierende Betrachtung des BFH jedenfalls im hier interessierenden Fall eines Erststudiums, das sich der Sache nach als ein Aufbaustudium darstellt, begründeten Bedenken. Ob die in der typisierenden Betrachtungsweise des BFH zum Ausdruck kommende statusorientierte Denkweise die heutige Berufswelt noch angemessen abbildet, mag dahinstehen. Unbestritten ist eine Hochschulausbildung Voraussetzung für manche Berufe. Aber nicht jede Hochschulausbildung ermöglicht eine andere Berufstätigkeit und nicht jede Hochschulausbildung muss zum Ziel haben, einen neuen Beruf zu ergreifen oder gar in eine andere gesellschaftliche Stellung einzurücken. Die oben dargestellte Rechtsprechung zur Anerkennung eines Zweitstudiums als Fortbildung stellt sich vor diesem Hintergrund als ein im Gesetz nicht angelegtes Akademikerprivileg dar, das mit den angeführten Abgrenzungsschwierigkeiten allein kaum zu rechtfertigen sein dürfte. In dieser Auffassung sieht sich der Senat nicht zuletzt durch das Urteil des BFH vom 03. Dezember 1974 (BStBl II 1975, 280) bestärkt. Dort hatte der BFH die Aufwendungen eines ausgebildeten und examinierten Volksschullehrers für das Studium am Heilpädagogischen Institut einer Universität, um die Lehrbefähigung an Sonderschulen zu erwerben, als Fortbildungskosten angesehen, weil durch das Studium nur spezielle pädagogische und psychologische Kenntnisse vermittelt werden, die auf dem ausgeübten Lehrerberuf aufbauen und eine neue gesellschaftliche Stellung mit der Tätigkeit als Sonderschullehrer nicht verbunden sei. Dabei hatte der BFH ungeprüft gelassen, ob die Erstausbildung. ein Hochschulstudium darstellte und u. a. ausgeführt: Gerade in der heutigen Zeit mit den sich steigernden Anforderungen an das dem allgemeinen Entwicklungsstand angepasste berufliche Spezialwissen sind Studien denkbar, die der Fortbildung und nicht der Ausbildung dienen. Als wesentlich für die Unterscheidung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungsaufwand bei Studienkosten sind dabei die Studiendauer, die Art des Studienabschlusses und die Feststellung anzusehen, ob bei isolierter Betrachtung des Studiums dieses überhaupt für eine Berufsausübung ausreicht oder ob es nicht nur der Spezialisierung in einem bereits ausgeübten akademischen Beruf dient (BFH a.a.O).
Nach Auffassung des Senats ist bei einem Aufbaustudium die Abgrenzung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten auch dann anhand der vom BFH für die Fälle eines Zweitstudiums aufgestellten materiellen Kriterien zu treffen, wenn es sich um ein Erststudium handelt. Die Kriterien entsprechen dem natürlichen Wortsinn und gewährleisten eine gerechte Einzelfallprüfung. Besondere Abgrenzungsschwierigkeiten sind dagegen nicht zu erkennen. Die Abgrenzung gestaltet sich grundsätzlich nicht schwieriger und nicht anders als in den Fällen eines Zweitstudiums. Allenfalls muss zusätzlich berücksichtigt werden, dass bei einem Erststudium die private Veranlassung im Regelfall stärker ausgeprägt sein dürfte als bei einem Zweitstudium. Ob sie im Einzelfall überwiegt oder ob die berufliche Fortbildung im Vordergrund steht, ist in wertender Betrachtung der Umstände des Einzelfalles festzustellen.
Danach ist im Einzelnen darauf abzustellen, ob das Aufbaustudium objektiv dem Fortkommen im erlernten und ausgeübten Beruf dient und ob es subjektiv in der Vorstellung aufgenommen und durchgeführt wird, in dem bisherigen Beruf besser voranzukommen. Ein Aufbaustudium ist dann anzunehmen, wenn die im Rahmen der Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse erweitert und vertieft werden. Indiz dafür, ist eine Verzahnung der Erstausbildung mit dem anschließenden (Erst-)Studium in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht. Die objektiv vorhandene Möglichkeit, auf Grund des Aufbaustudiums einen anderen Beruf zu ergreifen, schadet dann nicht, wenn sie vom Willen des Steuerpflichtigen überlagert wird, von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen und den bisherigen Beruf weiter auszuüben.
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
Bei dem Studium an der Nordakademie handelt es sich um ein Aufbaustudium, da es auf die vorangegangene Berufsausbildung bei der WAK abgestimmt ist, indem es die dort vermittelten Inhalte gezielt ergänzt und so die Erstausbildung fortsetzt. Das Angebot der Nordakademie richtet sich nur an. Absolventen der WAK. Die Kenntnisse aus der Erstausbildung werden vorausgesetzt und bei Beginn des Studiums geprüft. Es besteht eine weitgehende inhaltliche und zeitliche Verzahnung zwischen der WAK-Ausbildung und dem Studium bei der Nordakademie in dem Sinne, dass die WAK in den Hauptfächern Kenntnisse auf dein Niveau eines Diplom-Studienganges vermittelt, ohne allerdings die Möglichkeit der Diplom-Prüfung zu eröffnen, während die Nordakademie die ergänzende Ausbildung in nur drei Semestern übernimmt. Die in der Einstufungsprüfung nachgewiesenen Leistungen in den Hauptfächern gehen nach den Studienplänen der Nordakademie unmittelbar in die Diplom-Prüfung ein.
Das Aufbaustudium stellt sich auch objektiv als Fortbildung des Klägers in seinem erlernten und ausgeübten Beruf dar. Der Senat hat keinen Zweifel, dass der Kläger die für seine Tätigkeit als Anwendungsprogrammierer erforderlichen Kenntnisse vor allem in der Ausbildung bei der WAK erworben hat. Das ergibt sich bereits daraus, dass diese duale Ausbildung von seinem Arbeitgeber gewollt und gefördert war. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass der Kläger in seinem Beruf vertiefte betriebswirtschaftliche Kenntnisse benötigt, um die ihm als Programmierer gestellten Aufgaben verstehen und analysieren zu können. Nachdem die Arbeitgeberin des Klägers eigenen Angaben zufolge den Anstoß für das Aufbaustudium des Klägers gegeben hat, ist davon auszugehen, dass die im Aufbaustudium vermittelten Fachkenntnisse für die Berufsausübung des Klägers objektiv förderlich waren.
Entsprechendes gilt für die im Rahmen des integrierten Führungsseminars mit Unternehmensplanspiel vermittelten sonstigen Fähigkeiten. Dabei steht dem Fortbildungscharakter einer Maßnahme nicht entgegen, wenn sie im Rahmen desselben Berufs einen Aufstieg in Führungspositionen begünstigt. Ob der erworbene Hochschulgrad dem Kläger daneben beruflich, gesellschaftlich und wirtschaftlich neue Möglichkeiten eröffnet hat, mag dahinstehen. Der Senat ist überzeugt davon, dass der Kläger das Aufbaustudium subjektiv in der Vorstellung absolviert hat, um in seinem erlernten und ausgeübten Beruf besser voranzukommen. Dabei stellt der Senat nicht allein auf die Angaben des Klägers ab. Aus der Stellungnahme der Arbeitgeberin ergibt sich nicht nur, dass der Kläger nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums weiterhin als Anwendungsprogrammierer bei ihr tätig ist, sondern dass er die in seinem Beruf erforderlichen vertieften Kenntnisse der Betriebswirtschaft bereits während des Aufbaustudiums u.a. in seiner betriebsbezogenen Diplom-Arbeit in die berufliche Tätigkeit eingebracht hat. Die Durchführung des berufsbegleitenden Aufbaustudiums erfordert ein Entgegenkommen des Arbeitgebers mindestens in zeitlicher Hinsicht. Dieses Einvernehmen des Klägers mit seiner Arbeitgeberin bei der Durchführung des Aufbaustudiums wertet der Senat als ein Indiz dafür, dass der Kläger das Aufbaustudium vorrangig im beruflichen Interesse absolviert hat und dass eine möglicherweise daneben bestehende private Mitveranlassung dahinter zurücktritt.
Im Ergebnis waren deshalb die Kosten des Aufbaustudiums in voller Höhe als WK bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abzuziehen. Danach ergibt sich folgende Berechnung:
zu versteuerndes Einkommen bisher x,xx DM
zzgl. bisher anerkannte WK für Arbeitsmittel 936,00 DM
zzgl. bisher anerkannte Sonderausgaben (Aus- und Weiterbildung) 900,00 DM
abzgl. WK für Arbeitsmittel wie erklärt 1.870,00 DM
abzgl. WK für Fortbildung wie erklärt 3.845.00 DM
zu versteuerndes Einkommen neu y,yy DM
ESt nach Grundtabelle z,zz DM.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen, da das Urteil von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs abweicht und auf dieser Abweichung beruht.