24.01.2003 · IWW-Abrufnummer 030180
Amtsgericht Duisburg: Urteil vom 10.01.2003 – 7 C 303/02
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
7 C 303/02
AMTSGERICHT DUISBURG-HAMBORN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit XXX
hat das Amtsgericht Duisburg-Hamborn aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2002 durch den Richter Happe
für R e c h t erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.480,00 ? nebst 12,75% Zinsen seit dem 24.05.2002 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/3 und der Beklagte 2/3.
Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar; für die Klägerin nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz aus einem Kaufvertrag in Anspruch.
Der Beklagte unterzeichnete am 14.03.2002 eine verbindliche Bestellung über einen PKW vom Typ Ford Focus zu einem Preis von 14.800,00 ?. Auf die verbindliche Bestellung (GA Bl. 12) wird Bezug genommen. Gleichzeitig kaufte die Klägerin das Gebrauchtfahrzeug des Beklagten vom Typ Kia Shuma I zu einem Preis von 5.200,00 ?. Der Beklagte teilte der Klägerin am 15.03.2002 zunächst mündlich mit, er wolle vom Vertrag Abstand nehmen. Am 18.03.2002 wollte der Beklagte dies der Klägerin in einem Schreiben, dessen Annahme von der Klägerin verweigert wurde, auch schriftlich mitteilen. Die Klägerin nahm die Bestellung mit Schreiben vom 19.03.2002 an. Mit Schreiben vom 10.04.2002 forderte die Klägerin den Beklagten auf, das Fahrzeug
innerhalb von zehn Tagen abzunehmen und setzte dem Beklagten gleichzeitig eine Frist mit Ablehnungsandrohung. Nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, die auf der Rückseite der verbindlichen Bestellung abgedruckt sind, kann die Klägerin bei Nichtabnahme eines Fahrzeugs gemäß Ziff. IV 2. einen pauschalierten Schadensersatz in Höhe von 10% verlangen. Die Klägerin nimmt ständig einen Bankkredit zumindest in Höhe der Klageforderung in Höhe von 12,75% in Anspruch.
Die Klägerin bestreitet, dass zwischen den Parteien vereinbart gewesen sei, dass die beiden Verträge für den Fall des Nichtzustandekommens eines Darlehensvertrages des Beklagten mit seiner Hausbank aufgehoben werden sollen. Sie behauptet, über den pauschalierten Schadensersatz in Höhe von 1.480,00 ? hinaus, sei ihr ein weiterer Schaden, den sie mit ihrem Antrag teilweise verfolgt, in Höhe von 3.487,00 ? entstanden. Sie behauptet, dieser Schaden ergebe sich daraus, dass das Fahrzeug des Beklagten, welches sie ausweislich des Ankaufvertrages zu einem Preis von 5.200,00 ? inklusive Mehrwertsteuer angekauft habe, tatsächlich einen Wert i. H. v. 9.150,00 ? gehabt hätte. Diese Herbasetzung des Wertes sei deshlab erfolgt, weil ein entsprechender Nachlass auf den von der Beklagten erworbenen PKW eingeräumt worden sei. Die Klägerin bestreitet, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages geschäftsunfähig gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2.220,00 ? nebst 12,75% Zinsen seit dem 13.05.2002 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er habe bei Unterschrift der verbindliche Bestellung darauf hingewiesen, dass er zur Finanzierung des Kaufpreises auf ein Darlehen seiner Hausbank angewiesen sei. Daraufhin habe der Verkäufer der Klägerin erklärt, für den Fall dass die Sparkasse das Darlehen nicht gewähre, sollten die beiden Verträge hinfällig sein. Die beiden Verträge hätten nach Aussage des Verkäufers daher lediglich der Reservierung des Fahrzeugs dienen sollen. Nur unter dieser Bedingung hätte er die beiden Verträge unterzeichnet. Der Beklagte bestreitet, dass sein Gebrauchtfahrzeug einen Wert von 9.150,00 ? gehabt hätte. Der Beklagte behauptet, er sei im März 2002 geschäftsunfähig gewesen, da er unter den Folgen eines bei einer Bypass-Operation Ende 2000 erlittenen Schlaganfalles leide. Er behauptet weiter, er habe infolgedessen ein halbes Jahr lang weder sprechen noch laufen können und habe sich einer
Rehabilitation unterziehen müssen. Der Beklagte legt diesbezüglich diesbezüglich ein Attest seines Hausarztes vom 18.11.2002 (GA Bl. 85) vor, auf das Bezug genommen wird.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus dem Kaufvertrag vom 14.03.2002 in Höhe von 1.480,00 ? gemäß §§ 433, 281 Abs. 1 Satz 1, 280, 249 ff. BGB (n. F.). Auf den Kaufvertrag findet gemäß Art. 229 § 5 EGBGB das BGB in der ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung Anwendung, da der Vertrag nach dem 01.01.2002 geschlossen wurde.
a) Der Beklagte vorliegend durch die Nichtabnahme des Fahrzeugs eine Pflichtverletzung gemäß §§ §§ 280, 281 BGB (n. F.) begangen. Der Beklagte war aus dem wirksam zu Stande gekommenen Kaufvertrag verpflichtet, das Fahrzeug abzunehmen. Bereits die Nichterfüllung einer Leistungspflicht stellt eine Pflichtverletzung i. S. v. §§ 280, 281 BGB (n. F.) dar (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 280 Rdnr. 13).
b) Zwischen den Parteien ist gemäß § 433 BGB ein wirksamer Kaufvertrag über den Kauf eines PKW vom Typ Ford Focus zu einem Preis von 14.800,00 ? geschlossen worden. Unstreitig hat der Beklagte am 14.03.2002 eine verbindliche Bestellung unterzeichnet, an die er nach deren Wortlaut für zehn Tage gebunden war. Diese Vereinbarung stellt eine wirksame Annahmefrist gemäß § 148 BGB dar. Das Angebot des
Beklagten hat die Klägerin unstreitig mit Schreiben vom 19.03.2002 angenommen. Unerheblich ist daher, wenn der Beklagte vorträgt, er habe sein Angebot sowohl m ündlich als auch schriftlich vor Annahme durch die Klägerin widerrufen, da der Beklagte für zehn Tage an seine verbindliche Bestellung gebunden war.
c) Der Kaufvertrag war auch gemäß § 158 BGB nicht auflösend bedingt. Der Beklagte ist für seine Behauptung beweisfällig geblieben, die Parteien hätten mündlich vereinbart, dass der Vertrag für den Fall des Nichtzustandekommens eines Darlehensvertrages zwischen der Hausbank und dem Beklagten aufgelöst werden sollte. Die mündliche Vereinbarung einer solchen Bedingung steht nach Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Gegen die Vereinbarung der Bedingung spricht zu-nächst die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der unterzeichneten verbindlichen Bestellung. Es wäre zu erwarten gewesen, dass die Parteien eine solche wesentliche Vereinbarung im schriftlichen Vertrag festgehalten hätten. Der Beklagte hat die Vermutung nicht erschüttern können. Zwar hat seine Ehefrau bei ihrer Vernehmung als Zeugin im Wesentlichen das Vorbringen des Beklagten bestätigt, jedoch war bereits aus der Aussage der Zeugin ersichtlich, dass eher ein Fall von Kaufreue vorliegt, da der Bankmitarbeiter nach ihren Angaben die Beklagten darauf hingewiesen hat, dass der vereinbarte Preis zu hoch sei.
Darüber hinaus steht dieser Aussage die Aussage des Zeugen Moldenhauer, der als Verkäufer für die Klägerin tätig war, entgegen. Der Zeuge Moldenhauer hat glaubhaft und nachvollziehbar bekundet, dass eine solche Bedingung nicht vereinbart gewesen sei und er eine solche Absprache auch in die schriftliche Bestellung aufgenommen hätte. Das Gericht hat vorliegend keine Veranlassung, der einen oder der anderen Zeugenaussage mehr Gewicht beizumessen. Dabei ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der Zeuge Moldenhauer als Angestellter der Klägerin ein größeres Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat als die Ehefrau des Beklagten.
Darüber hinaus gilt gemäß der verbindliche Bestellung von 14.03.2002 ein Schriftformgebot, wonach alle Nebenabreden und Zusicherungen schriftlich niederzulegen sind.
d) Der Kaufvertrag ist nicht gemäß § 105 Abs. 1 BGB wegen Geschäftsunfähigkeit des Beklagten nichtig. Der Beklagte hat nicht ausreichend dargelegt, dass er sich gemäß § 104 Nr. 2 BGB in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hat. Allein die Tatsache, dass der Beklagte Ende 2000 bei der Durchführung einer Bypass-Operation einen Schlaganfall erlitten hat, rechtfertigt diese Annahme nicht. Nach seinen eigenen Vorbringen liegt zwischen dem Schlaganfall und dem streitgegenständlichen Kaufvertrag jedenfalls ein Zeitraum von 15 Monaten. Auch aus dem von ihm vorgelegten Attest seines Hausarztes ist nicht ersichtlich, woraus sich die Geschäftsunfähigkeit des Beklagten ergeben soll. Insbesondere hat der Beklagte auch nicht dargelegt, dass er aufgrund von regelmäßig eingenommenen Medikamenten im März 2002 in seiner Geistestätigkeit eingeschränkt war. Auf diese Bedenken des Gerichts ist der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2002 auch hingewiesen worden. Eine Beweisaufnahme kam daher insoweit nicht in Betracht.
e) Die Klägerin hat den Beklagten weiterhin gemäß § 281 Abs. 1 BGB wirksam eine Frist zur Abnahme des PKW gesetzt. Diese Fristsetzung wäre außerdem gemäß § 281 Abs. 2 BGB auch wegen endgültiger Erfülllungsverweigerung des Beklagten entbehrlich gewesen. Der Beklagte hatte nämlich unstreitig der Klägerin sowohl mündlich als auch schriftlich mitgeteilt, er fühle sich an den Vertrag nicht gebunden.
f) Diese Pflichtverletzung hat der Beklagte auch zu vertreten, da er gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB (n.F.) entlastende Umstände nicht dargelegt hat.
g) Durch die Pflichtverletzung des Beklagten ist der Klägerin gemäß §§ 249 ff. BGB jedoch lediglich ein adäquat kausaler Schaden in Höhe von 1.480,00 ? entstanden. Nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, die vorliegend durch Bezugnahme im Vertrag und Abdruck auf der Rückseite der verbindlichen Bestellung gemäß § 305 Abs. 2 BGB (n. F.) wirksam in den Vertrag einbezogen wurden, hat die Klägerin gemäß Ziff. IV 2. einen Anspruch aufpauschalierten Schadensersatz in Höhe von 10% des Kaufpreises. Dieser Klausel stehen keine Bedenken gemäß § 309 Nr. 5 BGB (n. F.) entgegen. Eine solche Pauschale darf den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden nicht übersteigen. Dabei ist auf den branchentypischen Durchschnittsgewinn abzustellen (vgl. Palandt a. a. O. § 309 Rdnr. 24 ff.). Ein durchschnittlicher Gewinn bei Gebrauchtwagenkaufsverträgen von 10% übersteigt nach Auffassung des Gerichts den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden nicht. Angesichts des vereinbarten Kaufpreises in Höhe von 14.800,00 ? errechnet sich daher ein pauschal berechneter Schaden der Klägerin i. H. v. 1.480,00 ?.
Ein darüber hinausgehender Schaden ist der Klägerin nicht entstanden. Die Klägerin behauptet vorliegend, ihr Schaden ergebe sich daraus, dass das von ihr eingekaufte Gebrauchtfahrzeug des Beklagten niedriger bewertet worden sei und gleichzeitig ein entsprechender Nachlass auf den von ihr verkauften neueren Gebrauchtwagen gegeben worden sei. Dieser Betrachtungsweise steht jedoch der ausdrückliche Wille der Parteien bei Abschluss der Kaufverträge entgegen. Die Parteien waren sich über die angemessenen Preise bei Abschluss der Verträge einig. Es ist auch nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin von einem einheitlichen Geschäft und damit von einer
Gesamtbetrachtung der Verträge auszugehen (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl., Rdnr. 351 f.). Dies ergibt sich daraus, dass der Ankauf des Altfahrzeugs und der Verkauf des Neufahrzeugs für den Autohändler eine wirtschaftliche Gesamtkalkulation darstellt, die von der Klägerin nicht offengelegt wurde. Es kann daher nicht lediglich der Preis eines der Fahrzeuge aufgrund eines möglicherweise bestehenden höheren Verkehrswerts nach oben angepasst werden, während der andere Preis unverändert bleibt. Darüber hinaus wäre es auch unbillig, wenn diese "steuersparende" Vertragsvariante der Klägerin, die durch diese Vertragsgestaltung möglichst geringe zu versteuernde Einnahmen hatte, im Nachhinein zu ihrem Vorteil ausfiele (§ 242 BGB).
2. Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 4 BGB (n. F.). Der Beklagte hat den von der Klägerin behaupteten Zinsschaden i. H. v. 12,75 % nicht bestritten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.
Streitwert: 2.220,00 ?.