05.09.2000 · IWW-Abrufnummer 001032
Amtsgericht Hamburg-Harburg: Urteil vom 11.11.1999 – 644 C 457/98
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Amtsgericht Hamburg-Harburg
Im Namen des Volkes
Urteil
Geschäfts-Nr.: 644 C 457/98
verkündet am: 11.11.1999
Hinrichsen
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
erkennt das Amtsgericht Hamburg-Harburg, Abteilung 644, durch die Richterin Limbacher aufgrund der am 7.10.1999 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht:
Tenor:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 1.280,50 (i.W.:eintausendzweihundertachtzig 50/100 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 22.08.1998 nebst 20,00 DM vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreites trägt die Klägerin 22 % und der Beklagte 78 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 1.240,00 abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin macht gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht Zahlungsansprüche aus einer zahnärztlichen Behandlung geltend.
Die Klägerin ist ein überregional tätiges s Abrechnungsunternehmen für Zahnärzte mit Sitz in Frankfurt. Der Beklagte war in der Praxis des Zahnarztes G U in zahnärztlicher Behandlung. Die Behandlung fand an folgenden Tagen statt: 19.11.1996, 25.11.1996, 29.11.1996, 02.12.1996, 03.12.1996, 04.12.1996, 05.12.1996, 09.12.1996, 10.12.1996, 11.12.1996, 17.12.1996, 18.12.1996 und 20.12.1996. Wegen der Einzelheiten der Behandlung wird auf die im Auftrag des Herrn U von der Klägerin erstellte Rechnung vom 06.08.1998 (Anlage K z. Bl. 7-11 d.A.) inhaltlich verwiesen. Der Zahnarzt G U trat seine Zahlungsansprüche gegen den Beklagten an die Klägerin ab. Der Beklagte erklärte schriftlich sein Einverständnis. Auf die entsprechende Erklärung (Anlage K 1, Bl. 6 d.A.) wird Bezug genommen.
Am 26.11.1996 unterzeichneten Herr U und der Beklagte eine mit "Abweichende Vereinbarung nach § 2 II GOZ 1988" überschriebene Vereinbarung, auf deren Inhalt (Anlage K 7, Bl.18 d.A.) Bezug genommen wird.
Die erbrachten Leistungen stellte die Klägerin im Auftrag des Herrn U zunächst mit Liquidation vom 20.12.1996 dem Vater des Beklagten in Höhe von DM 12.130,18 in Rechnung. Auf diese Rechnung folgten Zahlungen in Höhe von DM 10.041,60 und DM 155,19. Weitere Zahlungen wurden nicht erbracht. Es folgte außergerichtliche Korrespondenz über einzelne Rechnungspositionen, in welche sich auch die INTER Krankenversicherung des Beklagten einschaltete. Die Klägerin trug den Einwendungen teilweise Rechnung und setzte von ihrer Forderung DM 33.44 und DM 279,06 ab, so dass die an dem Beklagten persönlich ausgestellte Rechnung vom 06.08.1998 mit einer Forderung in Höhe von DM 11.817,68 endete. Der Rechnungsbetrag enthält Eigen- und Fremdlaborkosten in Höhe von DM 882,97 und DM 1.852,96.
Mit Schreiben vom 12.08.1998 forderten die Bevollmächtigten der Klägerin den Beklagten zur Zahlung des Restbetrages von DM 1.620,89 unter Fristsetzung zum 21.08.1998 auf. Mit Schreiben vom 11.09.1998 teilte die INTER Krankenversicherung den Bevollmächtigten des Beklagten mit, welche Rechnungspositionen im einzelnen zu beanstanden seien. Auf das Schreiben (Anlage B 1. Bl. 28-30 d. A.) wird inhaltlich Bezug genommen. Die Bevollmächtigte des Beklagten leiteten das Schreiben an die Klägerin weiter.
Die Klägerin behauptet sie nehme ständig Bankkredit t mindestens in Höhe der Klageforderung in Anspruch den sie mit 7.85 % zu verzinsen habe. Die Klägerin ist der Auffassung die Liquidation sei ordnungsgemäß nach den Grundsätzen des § 10 GOZ erstellt.
Die Klägerin hat zunächst beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie DM 1.620,89 nebst 7,85 % Zinsen seit dem 22.08.1998 nebst DM 20,-- vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
Die Klägerin hat die Klage dann in Höhe von DM 31,16 mit Einwilligung des Beklagten zurückgenommen und beantragt nunmehr,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin DM 1.589,73 nebst 7,85 % Zinsen seit dem 22.08.1998 nebst DM 20,-- vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf die von der INTER Krankenversicherung erhobenen Einwendungen, welche er sich zu eigen macht. Die Einwendungen beruhen im wesentlichen darauf, dass auf Beklagtenseite die Auffassung besteht, die Klägerin bzw. Herr U hätte keine Analogabrechnungen vornehmen dürfen bzw. hätte den Beklagten vor der Behandlung sowohl auf diese Abrechnungsweise als auch darauf; dass die Versicherung diese Abrechnung möglicherweise nicht akzeptieren werde, hinweisen müssen.
Der Beklagte hat der INTER Krankenversicherung a.G. den Streit verkündet. Die INTER Krankenversicherung ist dem Rechtsstreits nicht beigetreten. Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 30.12.1998 Beweis erhoben durch Sachverständigengutachten. Auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. W SCH vom 13.04.1999 wird inhaltlich Bezug genommen. Der Sachverständige ist gemäß Beschluss 05.08.1999 vom in der mündlichen Verhandlung vom 07.10.1999 zu seinem Gutachten gehört worden.
Entscheidungsgründe:
I.
Die zulässige Klage ist - soweit sie nicht zurückgenommen wurde - wie tenoriert begründet und im übrigen unbegründet.
Im einzelnen:
Die gemäß §§ 269 ZPO wirksame Klagrücknahme der Klägerin bezog sich zum einen auf die Position A 1, Behandlung vom 25.11.1996. aus der Rechnung vom 06.08.1998 in Höhe von DM 20,98, da es sich insoweit um eine gebührenrechtlich unzulässige Doppelabrechnung handelte. Der entsprechenden Einwendung des Beklagten ist damit Rechnung getragen worden. Des weiteren hat die Klägerin den Rechnungsbetrag in Höhe von DM 3,-- für die Zahnbürste und weitere DM 7,18 (Position á 53 - Behandlung vom 03.12.1996) zurückgenommen.
Hinsichtlich der Gebührennummer 216 für die Zähne 35 und 45 zu dem Faktor 4,5 aus der Behandlung vom 11.12.1996 ist der Anspruch in Höhe der streitigen DM 90,20 aufgrund des Anerkenntnisses des Beklagten begründet. Bezüglich dieser Position ist der Beklagte im übrigen gemäß der Vereinbarung vom 26.11.1996 auf den erhöhten Abrechnungsfaktor 4,5 ordnungsgemäß und wirksam hingewiesen worden.
Der Beklagte ist des weiteren verpflichtet, die von der Klägerin in Rechnung gestellten nachstehenden Analogpositionen zu bezahlen. Im einzelnen handelt es sich um folgende Positionen bzw. Differenzbeträge:
- Behandlung|29.11.1996|Position a 217|DM 244,40| | |Position a 215|DM 102,30| | |Position a 216|DM 163,02|- Behandlung|03.12.1996|Position a 215|DM 51,15|- Behandlung|10.12.1996|Position a 215|DM 51,15
Das Gericht ist nach der Beweisaufnahme überzeugt davon, dass die vorstehenden Positionen analog berechnet werden durften. Der zugrundegelegte Faktor ist von dem Beklagten nicht beanstandet worden. Der Sachverständige hat für das Gericht plausibel und nachvollziehbar dargelegt, warum in diesem Fall eine analoge Berechnung zulässig ist. Er hat ausgeführt, dass die Direktpositionen der GOZ den zeitlichen Mehraufwand der für dieses Verfahren gegenüber einer Versorgung mit Amalgamfüllungen erforderlich ist, nicht ausreichend berücksichtigt. Über diese Abrechnungsweise hatte der Zahnarzt auch nicht besonders aufzuerklären. Nach dem beiderseitigen Vorbringen ist es unstreitig, dass der Beklagte über die durchgeführte Behandlung - die Versorgung mit Kunststoff - vor der Behandlung aufgeklärt worden ist. Der Beklagte hat in diesem Rechtsstreit auch nicht behauptet, dass er Amalgamfüllungen vorgezogen hätte, wenn er gewusst hätte, dass die Versorgung mit den Kunststotfffüllungen analog abgerechnet würde.
Zu erstatten sind außerdem die nachstehend aufgeführten Positionen:
- Behandlung|03.12.1996|Position Ä 2650, 443|DM 87,36| | | |DM 85,50
Um diese Positionen bestand Streit, weil der Beklagte in Abrede stellte, dass der Leistungsinhalt erfüllt ist. Dies hat der Sachverständige in seinem Gutachten ausdrücklich bestätigt.
Weiter zu erstatten ist auch die Position:
- Behandlung|20.12.1996|GOZ 204|DM 32,88
Der Sachverständige hat nachvollziehbar und plausibel erläutert, dass die Mehrfachberechnung vorliegend aufgrund der Ausdehnung des Kofferdames korrekt ist.
Die nachstehende Position ist ebenfalls von dem Beklagten zu erstatten:
- Behandlung|10.12.1996|Position a 203|DM 16,44
Der Sachverständige hat dazu nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass diese Leistung nach Art Zeit und Kostenaufwand unter den Gebührentatbestand Nr.203 subsumiert werden kann. Unstreitig ist die Methode auch durchgeführt worden und der Mehraufwand gerechtfertigt.
Nicht von dem Beklagten zu erstatten sind die nachstehend aufgeführten Positionen:
- Behandlung|02.12.1996|Position a 206|DM 20,46| | |Position a 208|DM 27,28| | |Position a 210|DM 36,30|- Behandlung|04.12.1996|Position a 206|DM 10,23
Die Klägerin hat nicht substantiiert dazu vorgetragen, warum vorliegend das Polieren der Füllungen in einer gesonderten Sitzung erfolgen musste. Der Sachverständige hat dazu ausgeführt, dass diese Vorgehensweise nicht der Regelpraxis entspricht und dass eine gesonderte Berechnung nicht erfolgt, wenn - wie üblich - das Polieren in derselben Sitzung erfolgt.
Nicht zu erstatten sind auch die Positionen:
- Behandlung|19.11.1996|Position 100 GOZ|DM 50,60| | |Position Ä 298|DM 41,92| | |Position Ä 3511|DM 10,26| | |Position Ä 4531|DM 41,04| | |Position Ä 4605|DM 12,31| | |Posiiton 401 analog|DM 12,65| | |Kosten Speicheltest|DM 46,18
Nach den Ausführungen des Sachverständigen, die das Gericht für nachvollziehbar hält, handelt es sich bei den Speicheltests um Leistungen, deren Notwendigkeit nicht immer gegeben ist. Es sollte daher eine Vereinbarung zwischen dem Patienten und dem behandelnden Arzt erfolgen. Die Klägerin hat den Abschluss einer derartigen Vereinbarung vor Durchführung dieser Behandlung nicht schlüssig behauptet. Die vorgelegte schriftliche Vereinbarung (K 7) erfasst diese Leistung erkennbar nicht. Sie bezieht sich ausdrücklich auf bestimmte Leistungen und kann nicht für die gesamte Behandlung zugrundegelegt werden.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Rechnungsbetrag aufgrund der teilweise begründeten Einwendungen des Beklagten um DM 309,23 zu kürzen war.
Die Einwendungen des Beklagten gegen die Eigenlaborkosten sind bereits von der Klägerin vorprozessual berücksichtigt worden, was unstreitig ist. Das ergibt sich auch aus dem Inhalt des Schreibens der INTER Krankenversicherung vom 11.09.1998, welchen sich der Beklagte zu eigen gemacht hat.
Soweit noch weitere DM 356,10 zur Zahlung offen sind, ist die Klage ebenfalls begründet. Der Beklagte hat keine weiteren Einwendungen erhoben. Es ist damit unstreitig, dass die übrigen Leistungen erbracht worden sind. Fehler in der Abrechnung sind auch nicht erkennbar.
Der Zinsanspruch ist gemäß § 284 l, 288 l BGB wie tenoriert begründet. Der Beklagte befand sich aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 12.08.1998 jedenfalls ab dem 22.08.1998 in Verzug gemäß § 284 l BGB. Für ihre von dem Beklagten substantiiert bestrittene Behauptung, dass sie einen über 4 % hinausgehenden Zinssatz in Anspruch nehme, ist die Klägerin beweisfällig geblieben. Das eingereichte Schreiben der Stuttgarter Bank stellt keinen Beweis dar. Ein weiterer Beweisantritt ist nicht vorhanden.
Mahnkosten von DM 20,-- stehen der Klägerin nicht zu. Ihr eigener Vortrag dazu ist unschlüssig. Es ist nicht ersichtlich, wie oft und wann die Klägerin selbst mahnend tätig geworden ist.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 I, 269 III ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 1 I, 71 I ZPO.