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16.12.2002 · IWW-Abrufnummer 021836

Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 18.11.2002 – 5 K 1468/01

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT RHEINLAND-PFALZ

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Finanzrechtsstreit
...
- Klägerin -

prozessbevollmächtigt: ..
...
...

gegen

das Finanzamt ...

- Beklagter -

wegen Einheitl. und ges. Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1995 bis 1998, Gewerbesteuermessbetrag 1995-1998, Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 01.01.1997

5 K 1468/01

hat der 5. Senat durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...
den Richter am Finanzgericht ... und
die Richterin am Finanzgericht ... sowie
die ehrenamtlichen Richter ...
...

Auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2002 für Recht erkannt:

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Ansatz pauschaler Gewährleistungsruckstellungen und pauschaler Entgeltminderungen sowie die Bilanzierung unfertiger Verlustbauten.

Die Klägerin ist eine Personengesellschaft und betreibt ihr Gewerbe im Bereich der Durchführung von Tief-, Straßen- und Ingenieurbau sowie im Betrieb von Steinbrüchen und Aufbereitungsanlagen. Sie führt dabei überwiegend Werklieferungs- und Werkleistungsverträge sowie alle vergleichbaren Leistungen im Baugewerbe aus.

In der Zeit vom 7. September 1999 bis 7. Februar 2000 fand eine Betriebsprüfung bei der Klägerin für die Veranlagungszeiträume 1995 bis 1998 statt. Dabei konnte hinsichtlich der Ermittlung von pauschalen Gewährleistungsrückstellungen, den Rückstellungen für pauschale Entgeltminderungen und der Berücksichtigung von Verlusten bei der Bewertung unfertiger Bauleistungen keine Übereinstimmung erzielt werden.

1. Pauschale Gewährleistungsrückstellungen
Die Klägerin setzte in ihren Bilanzen für die streitigen Veranlagungszeiträume pauschale Gewährleistungsrückstellungen an, die der Prüfer nicht in der geltend gemachten Höhe anerkannte:

Bilanzstichtag Rückstellungsbetraglt. HandelsbilanzDM Rückstellungsbetraglt. PrüfungsbilanzDM DifferenzDM
31.12.1995 955.500 641.800 -313.700
31.12.1996 919.000 571.000 -348.000
31.12.1997 911.200 560.200 -351.000
31.12.1998 852.300 491.000 -361.300

Der Prüfer führte dazu im Betriebsprüfungsbericht aus:

?Die Berechnung der pauschalen Rückstellung für Garantieleistungen erfolgte auf Grundlage der tatsächlichen Aufwendungen der Jahre 1982-1998.

Die Firma muss nach den vorliegenden Zahlen damit rechnen, dass max. 9 Jahre nach der Abnahme noch Garantiearbeiten anfallen. Nach den Aufzeichnungen der Firma sind die Aufwendungen für Garantiearbeiten in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Dadurch, dass bei der Berechnungsmethode der Firma aber per 31.12.1998 der Schnitt aus 17 Jahren (in den Vorjahren entsprechend weniger) genommen wurde, wird dies nur in sehr abgemilderter Höhe berücksichtigt.

Die angewandte Methode berücksichtigt zu wenig den aktuellen Trend. Der Ermittlungszeitraum wird daher entsprechend dem BFH-Urteil vom 7.10.1982, BStBl. 1983 II S. 104 ff auf 10 Jahren begrenzt.?

Die Klägerin hat in den zurückliegenden Jahren folgende Gewährleistungsaufwendungen gehabt:

1982: 443.758 DM
1983: 312.335 DM
1984: 329.052 DM
1985: 667.049 DM
1986: 393.449 DM
1987: 242.530 DM
1988: 267.423 DM
1989: 246.453 DM
1990: 187.203 DM
1991: 132.066 DM
1992: 246.796 DM
1993: 201.720 DM
1994: 208.823 DM
1995: 50.368 DM
1996: 209.489 DM
1997: 122.049 DM
1998: 52.315 DM.

2. Pauschale Entgeltminderungen

Die Klägerin setzte ihren Bilanzen für die streitigen Veranlagungszeiträume pauschale Rückstellungen für Entgeltminderungen an. Der Prüfer setzte die pauschalen Rückstellungen für Entgeltminderungen lediglich in folgender Höhe an:

lt. HandelsbilanzDM lt. PrüfungsbilanzDM DifferenzDM
31.12.1995 721.300 370.800 -350.500
31.12.1996 695.800 380.900 -314.900
31.12.1997 674.100 424.900 -249.200
31.12.1998 677.400 374.000 -303.400

Der Prüfer führte dazu in seinem Bericht aus:

?Die Berechnung der pauschalen Rückstellung für Entgeltmilderungen erfolgte auf Grundlage der tatsächlichen Aufwendungen der Jahre 1982-1998. Die Firma muss nach den vorliegenden Zahlen damit rechnen, dass für max. 8 Jahre zurückliegende Abrechnungen Entgeltsminderungen anfallen. Nach den Aufzeichnungen der Firma sind die Entgeltsminderungen in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Dadurch dass bei der Berechnungsmethode der Firma aber per 31.12.1998 der Schnitt aus 17 Jahren genommen wurde, wird dies nur in sehr abgemilderter Höhe berücksichtigt.

Ebenso wie bei der vorhergehenden Tnr. (Begründung siehe dort) wird der Ermittlungszeitraum auf max. 10 Jahre begrenzt.?

3. Drohverlustrückstellung

Die Klägerin hatte in der Bilanzposition ?unfertige Bauaufträge? zum 31. Dezember 1997 Rückstellungen für ?drohende Verluste? in Höhe von 1.276.589,00 DM gebildet und zum 31. Dezember 1998 in Höhe von 2.150.250,00 DM. Der Prüfer ermittelte demgegenüber die Rückstellungen für drohende Verluste nach dem zum jeweiligen Bilanzstichtag tatsächlich aufgeführten halbfertigen Arbeiten und gelangte zu folgenden Ergebnissen:

Tnr. 1.09 Noch nicht abgenommene Arbeiten

31.12.1997 31.12.1998
DM DM
Lt. HB 53.779.453 18.997.866
Lt. PB 54.242.667 19.571.211

Dabei hier berücksichtigt:
drohende Verluste

lt. HB - 1.276.569 - 2.150.250
lt. PB - 813.355 - 1.576.905

Diff. 463.214 573.345

Der Prüfer führte dazu im Betriebsprüfungsbericht aus:
?Die drohenden Verluste (Ermittlung mit Wert . lt. BAB zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung = 31.08.1998 bzw. 31.07.1999) wurden zuerst bei der verlustfreien Bewertung der halbfertigen Bauleistungen berücksichtigt.

Die drohenden Verluste, welche die angefallenen HK überstiegen, wurden als Rückstellung angesetzt.
Ab 1997 sind Rückstellungen für drohende Verluste steuerlich nicht mehr zu berücksichtigen.
Daher wurden außerhalb der HB die Erhöhungsbeträge dieser Rückstellung dem steuerlichen Gewinn wieder hinzugerechnet.

Lt. Bp (Hinweis auf BFH-Urteil vom 28.11.1974, BStBl 1975 II S. 398) sind nur bis zum 31.12. des jeweiligen Jahres angefallenen Verluste It. BAB bei der verlustfreien Bewertung der halbfertigen Bauleistungen anzusetzen.
Die danach in den folgenden Monaten entstandenen Verluste sind bei der Rückstellung für drohende Verluste anzusetzen (siehe dort). Allerdings wird der Erhöhungsbetrag der Rückstellung außerhalb der Bilanz dem steuerlichen Gewinn wieder hinzugerechnet.?

Unter Übernahme der Ergebnisse der Betriebsprüfung änderte der Beklagte mit Bescheiden vom 18. August 2000 kraft Nachprüfungsvorbehalt die Feststellungs- und Gewerbesteuermessbescheide 1995, 1996, 1997 und 1998 sowie den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1997. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihren form- und fristgerecht eingelegten Einsprüchen, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vortrug: Die Reduzierung des Betrachtungszeitraums für die Ermittlung der Verfahren hinsichtlich der Höhe der Garantierückstellungen und der Rückstellungen für pauschale Entgeltminderungen auf nur 10 Jahre könne nicht akzeptiert werden. Sie, die Klägerin, habe mit der Aufzeichnung der Aufwendungen der Jahre ab 1982 eine geeignete Schätzungsgrundlage geschaffen. Auf Grund dessen müssten die pauschalen Rückstellungen für die mit Garantieverpflichtungen bzw. mit Preisminderungen behafteten Umsätze geschätzt werden, zumal die Erfahrung aus der Vergangenheit ergeben hätten, dass auch noch 9 Jahre nach Realisierung der Umsatzerlöse Garantiearbeiten bzw. Entgeltminderungen eintreten. Diese Handhabung sei zutreffender als die des Beklagten, vor allem deshalb, weil damit Zufallsschwankungen abgemildert würden. Dies ergäbe sich aus dem Urteil des EuGH vom 14. September 1999 (C 275/97). Deshalb müssten bezüglich der Garantierückstellungen die Gewinnerhöhungen der Jahre 1995 bis 1998 rückgängig gemacht werden und ebenfalls hinsichtlich der Entgeltminderungen die Gewinnerhöhungen der Jahre 1995 und 1998.

Das Gleiche gelte für die Gewinnerhöhungen bezüglich der Drohverlustrückstellungen der Jahre 1997 und 1998. Stünde nämlich ein schwebendes Absatzgeschäft in unmittelbarem Zusammenhang mit am Abschlussstichtag finanzierten Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens und drohe hieraus ein Verlust, müsse dieser dem handelsrechtlichen Jahresabschluss zu Grunde gelegt werden. In Ermangelung speziell steuerrechtlicher Vorschriften dürfe ein solcher Verlust auf Grund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht außerhalb der Bilanz zugerechnet werden, da ansonsten das Niederwertprinzip missachtet werde. Unfertige Bauaufträge seien nämlich, unabhängig davon, ob sie mehr in die Nähe unfertiger Erzeugnisse oder (unfertiger) Forderungen gerückt würden, Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens. Zwar liege zum jeweiligen Bilanzstichtag für unfertige Bauaufträge kein Marktpreis vor, dieser werde jedoch durch zivilrechtliche Vereinbarungen zum fertiggestellten Zustand eindeutig fixiert. Zwar dürfe eine Rückstellung für drohende Verluste handelsrechtlich dann nicht mehr gebildet werden, soweit der betreffende Verlust nicht mehr drohe, sondern sich bereits ausgewirkt habe § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sehe die Bewertung von Wirtschaftsgütern der Umlaufvermögens mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten vor. Jedoch müsse nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG an deren Stelle der niedrigere Teilwert angesetzt werden. Sie, die Klägerin, habe diesen niedrigeren Teilwert angesetzt, weil der Teilwert der unfertigen Bauten unterhalb der Anschaffungs- und Herstellungskosten gelegen habe und diese Wertminderung dauerhaft sei. Diese Teilwertminderung stelle ein steuerliches Bewertungswahlrecht dar. Die Ansicht der Finanzverwaltung, nach dem Bilanzstichtag entstandene Verluste nicht bei der Teilwertermittlung des unfertigen Bauauftrages anzusetzen, sondern als Rückstellung für drohende Verluste zu erfassen, stehe im Widerspruch zu den Vorschriften des Handels- und Steuerrecht.

Mit Einspruchentscheidung vom 19. Februar 2002 wies der Beklagte dem Einspruch als unbegründet zurück. Hinsichtlich der Garantieverpflichtung müsse beachtet werden, dass die Klägerin gem. den Feststellungen der Betriebsprüfung nur damit habe rechnen müssen, dass höchstens 9 Jahre nach der Abnahme noch Garantiearbeiten anfielen, und nach den Aufzeichnungen die Aufwendungen für Garantiearbeiten deutlich zurückgegangen seien. Ferner nehme die Höhe der Rückstellungen für die garantiebelastenden Umsätze im Laufe des Garantiezeitraumes ab (BFH vom 7. Oktober 1982, BStBI II 1983, 104). Auch das müsse bei der Höhe der Garantierückstellung beachtet werden; denn Verbindlichkeiten, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erfüllt werden müssten, dürften weder in der Handels- noch in der Steuerbilanz passiviert werden (BFH vom 22. November 1988, BStBI II 1989, 359). Es dürfe nicht über den Maßstab vernünftiger kaufmännischer Beurteilungen hinausgegangen werden. Eine solche Beurteilung biete die Erfassung der rückstellungsbegründenden Sachverhalts nicht nur in seinen negativen Aspekten, auch die positiven Merkmale, die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme mindern oder ggf. aufheben würden, seien zu berücksichtigen (Finanzgericht Baden-Württemberg vom 27. Oktober 1994, EFG 1995, 303). Da nach den betrieblichen Erfahrungen nur Garantieleistungen für höchstens 9 zurückliegende Jahre erbracht würden, widerspreche gem. der vorgenannten Rechtsprechung ein Betrachtungszeitraum von bis zu 17 Jahren den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung. Die von der Klägerin zitterte EuGH-Entscheidung bestätige das. Hiernach dürfe ein Unternehmen eine Pauschalrückstellung nicht höher festsetzen, als es in Anbetracht des jeweiligen Risikos angemessen erscheine (Ziffer 39 der Entscheidung), und auch nur in der Höhe, in der sie notwendig sei (Ziffer 40 der Entscheidung).

Das Gleiche gelte hinsichtlich der Pauschalrückstellungen für Entgeltminderungen. Obwohl die Klägerin nur höchstens 8 zurückliegende Jahre mit Entgeltminderungen habe rechnen müssen, habe der Beklagte zu ihren Gunsten einen Vergleichszeitraum von 10 Jahren angenommen.

Die Klägerin trage zutreffend vor, dass nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG bei der Bewertung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens statt der Herstellungskosten auf Grund des Niederstwertprinzips der niedrigere Teilwert angesetzt werden müsse (so auch § 253 Abs. 3 HGB). Dem sei der Beklagte gefolgt. Er habe nämlich bei der Bewertung der halbfertigen Arbeiten zum jeweiligen Bilanzstichtag die von der Klägerin ermittelten Herstellungskosten übernommen, vermindert um die auf diese Herstellungskosten entfallenden anteiligen Teilwertabschreibungen. Nicht anerkannt worden seien die Teilwertabschreibungen, die auf die Herstellungskosten des Folgejahres anteilig entfielen. Diese minderten nicht die bis zum jeweiligen Bilanzstichtag angefallenen Herstellungskosten (BFH vom 28. November 1974, BStBI II 1975, 398, BMF vom 14. November 2000, BStBI I 2000, 1514). Deshalb müsse der Beklagte die halbfertigen Arbeiten um die Folgejahre entstandenen Teilwertabschreibung zu den jeweiligen Bilanzstichtagen erhöhen. Gleichzeitig habe er, der Beklagte, diese Beträge in der Handelsbilanz gem. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB als drohende Verluste zurückgestellt und damit das Maßgeblichkeitsprinzip des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG beachtet. Auf Grund des erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 1997 geltenden § 5 Abs. 4 a EStG sei der Beklagte gehalten gewesen, diese Beträge außerhalb der Handelsbilanz zu steuerlichen Zwecken dem Gewinn hinzuzurechnen. Im Gegensatz zur Ansicht der Klägerin bestehe mit § 5 Abs. 4 a EStG eine spezielle steuerrechtliche Vorschrift, die das Maßgeblichkeitsprinzip des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG für steuerliche Zwecke durchbreche.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 16. März 2001 bei Gericht eingegangenen Klage. Die Klägerin trägt zur Klagebegründung vor:

1. Der Ansatz der Berechnung der pauschalen Rückstellung für Garantieleistungen durch die Klägerin sei vom Gesetz und von der Rechtsprechung gedeckt. Es sei zu schätzen, in welchem Umfang die ausgeführten Umsätze mit Kosten für Garantieleistungen belastet sein werden. Der Umfang der Garantieleistungen unterliegen natürlicherweise Zufallsschwankungen. Die Garantierückstellung müsse die daher noch zu erwartenden Belastung aus sämtlichen garantiebehaftenden Umsätzen zutreffend wiedergeben. Die nachweisbaren Erfahrungen der Klägerin für die Vergangenheit hätten gezeigt, dass jedenfalls 9 Jahre nach der Realisierung der Umsatzerlöse noch Garantiearbeiten anfallen würden. Aus diesem Grund erscheine der vom Beklagten angenommene Zeitraum von nur 10 Jahren zur Ermittlung der Erfahrungen der Inanspruchnahme zu kurzfristig. Die Ermittlung der Pauschalrückstellung für Gewährleistungen unter Zugrundelegung der Erfahrungen aus der Vergangenheit ab dem Jahre 1982 ? in der die Klägerin in der selben Branche mit vergleichbaren Aufträgen tätig gewesen sei ? stellten eine breitere und damit zuverlässigere Schätzungsgrundlage dar. Nur so könne auch den Erfordernissen des Urteils des EuGH vom 14. September 1999 (C 275/97) zur Berücksichtigung von Erfahrungen der tätigen Gesellschaft ausreichend Rechnung getragen werden. Bei der von ihr vorgenommenen Berechnungsmethode wirkten sich Zufallsschwankungen auf Grund der breiteren Berechnungsbasis nur in abgemilderter Form aus. Unbeachtlich demgegenüber sei der Einwand des Beklagten, die Höhe der Rückstellung für die garantiebelasteten Umsätze nähmen im Laufe der Garantiezeit ab. Bei dieser Annahme handele es sich um eine rein zufallsbedingte Entwicklung, die sich jederzeit umkehren könne. Schließlich müsse die Heranziehung eines längeren Zeitraums zu zutreffenderen Ergebnissen führen, insbesondere auf dem Gebiet des Tief- und Straßenbaus sowie des Ingenieurbaus. Den hier zögen sich die Herstellungsphasen über einen langen Zeitraum hin. Entsprechend längere Zeiten seien für die Inanspruchnahme für Gewährleistungen anzusetzen. Darüber hinaus sei auf den Bereich der sog. verdeckten Mängel hinzuweisen, für die eine Verjährungsfrist von 30 Jahren gelte.

Die Ansicht des Beklagten, der längste Zeitraum für eine Inanspruchnahme aus den Gewährleistungen von 9 Jahren zeige, dass ein über 10 Jahre hinausgehender Erfahrungszeitraum für die Ermittlung der pauschalen Gewährleistungsrückstellung nicht anzusetzen sei, sei nicht korrekt und stehe im Widerspruch zu anerkannten statistischen Grundsätzen. Das vom Beklagten dazu zitierte BFH-Urteil vom 7. Oktober 1982 BStBI II 1983, 104) habe jedoch den Sonderfall behandelt, dass die bilanzierende Gesellschaft eine 10-jährige Garantieverpflichtung übernommen habe.

2. Auch die Pauschalrückstellung für Entgeltminderungen seien auf der Grundlage der Erfahrungen des Zeitraums ab 1982 zum jeweiligen Veranlagungsjahr ermittelt worden. Auch hier sei der Berechnungszeitraum angemessen. In diesem Zusammenhang werde auch auf das EuGH-Urteil vom 14. September 1999 (a. a. O.). verwiesen.

3. Unfertige Bauaufträge seien auf Grund der im Handelsrecht vorherrschenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise unbeschadet des zivilrechtlichen Eigentumsübergangs in der Bilanz des Bauunternehmens als Vermögensgegenstände auszuweisen. Die auf Grund des bürgerlich-rechtlichen Eigentumsübergangs entstehenden Forderungen seien bilanztechnisch als unfertige Leistungen zu qualifizieren. Die Rechtsprechung des BFH gehe wohl davon aus, dass es sich wegen des bürgerlich-rechtlichen Eigentumsübergangs bei ?unfertigen Bauaufträgen? um Forderungen handle (BFH vom 28. November 1974, BStBI II 1975, 398). Ob diese Auffassung des BiRiLiG 1985 und den hierin verankerten expliziten Ausweisungsvorschriften zum Vorratsvermögen (§ 275 Abs. 2 HGB) beibehalten werden könne, sei in Frage zu stellen. Unbeschadet einer zivilrechtlichen Qualifikation als ?entstehende Forderung? erfolge der in Handelsbilanz ein Ausweis unter den unfertigen Erzeugnissen/Leistungen im Vorratsvermögen.

Unfertige Bauaufträge seien als schwebende Absatzgeschäfte zu qualifizieren; soweit hieraus ein Verlust drohe, müsse dieser in der Handelsbilanz zwingend berücksichtigt werden. Stehe ein schwebendes Absatzgeschäft in unmittelbarem Zusammenhang mit am Abschlussstichtag bilanzierten Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens und drohe aus diesem schwebenden Geschäft ein Verlust, sei dieser Verlust im handelsrechtlichen Jahresabschluss zunächst durch eine Abschreibung der auftragsbezogenen Vermögensgegenstände auf ihren ? nach den maßgeblichen Bewertungsgrundsätzen ermittelten ? niedrigeren beizulegenden Wert (§ 253 Abs. 3 Satz 1, 2 HGB) darzustellen.

Übersteige der drohende Verlust den Buchwert der betreffenden Vermögungsgegenstände, sei der verbleibende Verlustanteil in der Handelsbilanz durch eine Drohverlustrückstellung zu erfassen. Grund hierfür sei, dass Drohverlustrückstellungen nach ganz herrschender Meinung subsidiär gegenüber Abschreibungen auf der Aktivseite der Bilanz seien. Es habe also zunächst eine Abschreibung auf dem Aktivwert bis auf Null zu erfolgen und erst danach sei ein noch verbleibender zu erwartender Verlust durch den Ausweis einer Rückstellung zu berücksichtigen. Eine ausschließliche Berücksichtigung des zu erwartenden Verlust als Rückstellung würde zu einem unzulässigen überhöhten Wertansatz der aktivierten auftragbezogenen Vermögensgegenstände führen.

Daneben werde durch die Auffassung des Beklagten die Beachtung des strengen Niederstwert unzulässigerweise davon abhängig gemacht, ob die ausgewiesenen Vermögensgegenstände mit einem schwebenden Geschäft in Verbindung stünden oder nicht. Die Vorgehensweise, zunächst den Aktivwert zu reduzieren und für übersteigende drohende Verluste einen Passivposten (Rückstellung) zu bilden, sei durch Art. 20 Abs. 3 der 4. EU-Richtlinie (Jahresabschlussrichtlinie) zwingend vorgeschrieben. Danach dürften Rückstellungen keine Wertberichtigungen zu Aktivposten darstellen.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG gelte grundsätzlich die Maßgeblichkeit der Handelsbilanzen für die Steuerbilanz. Zudem bestehe Einigkeit darüber, dass durch § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch die handelsrechtlichen Vorschriften zur Gliederung des Jahresabschlusses in das Steuerrecht transformiert würden. Der Ansatz der unfertigen Bauten im handelsrechtlichen Jahresabschluss als Vorratsvermögen führe also dazu, dass in der Steuerbilanz nach den Grundsätzen, die für das Vorratsvermögen gelten, zu verfahren sei. Eine Ausnahme in Form eines Passivierungsverbotes sei jedoch in § 5 Abs. 4 a EStG für Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften in allen nach dem 31. Dezember 1996 endenden Wirtschaftsjahren zu beachten. Von dem in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG normierten Maßgeblichkeitsgrundsatz würden auch die handelsrechtlichen Bewertungsregeln in das Steuerrecht transformiert, es sei denn, dass Steuerrecht sehe eine spezielle Bewertungsvorschrift (§ 5 Abs. 6 i. V. m. §§ 6 ff. EStG). Eine solche abweichende Bewertungsnorm für das Steuerrecht sei, hier nicht gegeben. Gegenstand der Bilanzierung sei handelsrechtlich bei der Position ?unfertige Bauaufträge? das gesamte Bauwerk in seinem noch unfertigen Zustand.
Im Urteil des BFH vom 28. November 1974 (a. a. O., Punkt 4) werde explizit dass für die Bilanzierung und Bewertung der zum Umlaufvermögen gehörenden ?unfertigen Bauaufträge? eine Trennung zwischen dem unfertigen Bauwerk selbst und einem schwebenden Geschäft nicht möglich sei. Ein Wirtschaftsgut könne in der Bilanz nur einmal seinen Niederschlag finden. Einheitlicher Gegenstand der Bilanzierung sei demnach auch steuerlich das gesamte Bauwerk in seinem noch unfertigen Zustand. Gemäß dem BMF-Schreiben vom 14. November 2000 stellten halbfertige Bauten auf fremdem Grund und Boden ?handels- und einkommensteuerrechtlich? Forderungen von Bauunternehmen gegen Bauherren und damit Umlaufvermögen im Sinne des § 266 Abs. 2 HGB dar. Dieser Ansicht sei zu widersprechen. Zum einen sei handelsrechtlich mittlerweile einhellige Meinung, dass es sich bei unfertigen Bauten um Vorratsvermögen handle. Zum anderen kollidiere diese Auffassung mit dem gesetzlichen Maßgeblichkeitsgrundsatz nach § 5 Abs. 1 EStG.

Selbst die Einordnung von unfertigen Bauten in die Bilanzpositionsforderung führe jedoch nicht zu einem anderen Ergebnis, da für verschiedene Bilanzpositionen grundsätzlich keine unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe gelten würden. Solche seien weder aus § 6 Abs. ! EStG.

Selbst die Einordnung von unfertigen Bauten in die Bilanzpositionsforderung führe jedoch nicht zu einem anderen Ergebnis, da für verschiedene Bilanzpositionen grundsätzlich keine unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe gelten würden. Solche seien weder aus § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG noch aus § 253 HGB ersichtlich.

Unabhängig davon, ob die unfertigen Bauaufträge als unfertige Erzeugnisse oder forderungsähnlich eingeordnet würden, handle es sich um Gegenstände des Umlaufvermögens, da sie nicht auf Dauer dem Betrieb zu dienen bestimmt seien (§ 247 Abs. 2 HGB), sondern einem Umsatzgeschäft zugeführt werden sollten. Für unfertige Bauaufträge seien folglich in § 6 EStG die Regelung zur Bewertung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG einschlägig. Nach dieser Norm seien Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten anzusetzen. Nach Satz 2 der Vorschrift sei es gestattet, anstelle der Anschaffungs- und Herstellungskosten einen Teilwert des Wirtschaftsgutes anzusetzen, wenn dieser niedriger sei. Zwar werde seit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 zusätzlich verlangt, dass die Wertminderung voraussichtlich dauerhaft sein werde; doch sei im vorliegenden Fall dieses Gesetz nicht anzuwenden. Unabhängig davon handle es sich auch bei dem vorliegenden Sachverhalt um eine dauerhafte Wertminderung.

Unzutreffend und mit den deutschen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung unvereinbar sei auch die in den genannten BMF- Schreiben vertretene Auffassung, dass für die Bewertung ausschließlich Verluste, die tatsächlich bis zum Bilanzstichtag eingetreten seien, bei der Bewertung zu berücksichtigen seien, jedoch nicht ?künftige? weitere Verluste. Selbst wenn man von der Qualifizierung der unfertigen Bauten als Forderung ausgehe, dürfe nicht verkannt werden, dass der Auftrag im Ganzen zu betrachten und noch nicht abgeschlossen sei; die Grundsätze der Bilanzierung von schwebenden Geschäften unter Beachtung des Vorsichts-, Imparitäts ? und Niederstwertprinzips stünden jeglicher Teilrealisierung oder Teilbetrachtung entgegen. Auch werde vom Beklagten verkannt, dass ein gedachter Erwerber des Unternehmens auch den ?künftigen? anteiligen Verlust bereits am Bilanzstichtag entsprechend der retrograden Methode von den Herstellungskosten abziehe, da nach dem Imparitäts- und Niederstwertprinzip der gesamte Verlust bereits bei Auftragsannahme realisiert worden sei. Der Teilwert sei definiert als der Wert, den ein gedachter Erwerber des Unternehmens am Bilanzstichtag für den entsprechenden Vermögensgegenstand zu zahlen bereit sei. Nach der retrograden Methode lasse sich dieser Teilwert eines Bauwerks ermitteln, in dem von dem insgesamt fest vereinbarten Erlös die nach dem Bilanzstichtag noch anfallenden Kosten abgezogen würden. Bei Verlustaufträgen der Bauwirtschaft überstiegen die gesamten Kosten des Auftrages den vereinbarten Erlös. Die Durchführung eines retrograden Niederstwerttests mit dem Ziel der Sicherstellung der verlustfreien Bewertung des Vermögensgegenstandes ?unfertiger Bauauftrag? führe daher regelmäßig zu einem unter den bisher aktivierten Anschaffungs- und Herstellungskosten liegenden Wert am Bilanzstichtag. Eine Bewertung mit dem niedrigen Teilwert am Bilanzstichtag sei bei solchen Aufträgen zwingend geboten. Zu diesem Ergebnis komme auch ein wissenschaftliches Privatgutachten von ....

Die zur Bewertung der ?unfertigen Bauaufträge? vertretene Auffassung des Beklagten stehe in eindeutigem Widerspruch zu europäischen Rechtvorschriften, nämlich Art. 20 Abs. 3 der 4 EU-Richtlinie. In diesem Zusammenhang werde angeregt, diese Frage dem Gerichtshof der europäischen Gemeinschaft zur Entscheidung vorzulegen gem. Art. 77 Abs. 2 EGV.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Änderung der Einspruchsentscheidung vom 19.02.2001 und der Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1995 bis 1998 von 18.08.2000 die Einkünfte für 1995 auf 5.972.738,00 DM, für 1996 auf 4.833.985.00 DM, für 1997 auf 9.484.602,00 DM und für 1998 auf 7.768.010,00 DM festzusetzen.
2. unter Änderung der Einspruchsentscheidung vom 19.02.2001 und der Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 1995 bis 1998 vom 18.08.2000 den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für 1995 mit 330.512,00 DM, für 1996 mit 270.570,00DM, für 1997 mit 521.618,00 DM und für 1998 mit 390.662,00 DM festzusetzen.
3. unter Änderung der Einspruchsentscheidung vom 19.02.2001 und dem Einheitswertbescheides vom 18.08.2000 den Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 01.01.1997 auf 18.913.000,00 DM festzusetzen.
4. hilfsweise, für den Fall des Unterliegens in der Hauptsache, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte tritt der Klage entgegen und führt zur Begründung aus:
1. Hinsichtlich der Gewährleistungsrückstellung und Entgeltminderungen habe der Beklagte die zitterte EuGH-Rechtsprechung beachtet. Hiernach seien die Erfahrungen zu berücksichtigen, die die betoffene Gesellschaft oder andere in der selben Branche tätigen Unternehmen gemacht hätten. Jedoch dürfe das betreffende Unternehmen solche Rückstellungen nicht höher festsetzen, als es in Anbetracht des jeweiligen Risikos angemessen erscheine (Tz. 39 des EuGH-Urteils). Die Klägerin habe lediglich allgemein behauptet, ihre nachweisbaren Erfahrungen würden einen längeren Vergleichszeitraum bedingen, ohne das konkret dazulegen und nachzuweisen, Hierdurch könnten die konkreten Feststellungen des Beklagten nicht erschüttert werden. Ein längerer Vergleichszeitraum würde Tz. 39 des EuGH-Urteils widersprechen. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass bei Klagestattgabe in diesen beiden Punkten die Gewinne der Jahre 1995 und 1998 vermindert würden, die der Jahre 1996 und 1997 jedoch erhöht.

2. Die Klägerin sei der Ansicht, es handele sich nicht um nichtabzugsfähige Drohverlustrückstellungen im Sinne des § 5 Abs. 4 a EStG, sondern um eine Teilwertabschreibung der halbfertigen Arbeiten. Hierbei müsse das ?Gesamtwerk? betrachtet werden und nicht nur die bis zum jeweiligen Bilanzstichtag erbrachten Teilleistungen.

Das Verbot Drohverlustrückstellung des § 5 Abs. 4 a EStG könne nicht durch Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG begangen werden. Denn der Gesetzgeber habe drohende Verluste aus schwebenden (nicht abgeschlossenen) Geschäften handelsrechtlich als rückstellungsfähig (§ 249 Abs. 1 HGB) angesehen, nicht aber als (teilwert-)abschreibungsfähig gem. § 253 Abs. 3 HGB. Schwebende Geschäfte könnten daher nicht dem Teilwertbegriff zugeordnet werden. Das Maßgeblichkeitsprinzip der Handelsbilanz habe der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden 1997 und 1998 nicht verletzt. Denn das Maßgeblichkeitsprinzip gelte nur insoweit, als steuerrechtlich keine Sondervorschriften ? wie hier § 5 Abs. 4 a EStG ? bestünden.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

I.

Der Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden die pauschalen Gewährleistungsansprüche dem Grunde und der Höhe nach zu Recht gekürzt.

Gewährleistungsrückstellungen sind als Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gemäß § 5 Abs. 1 EStG i. V. m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB für Gewährleistungsverpflichtungen bilden, die dem Grunde und bzw. oder der Höhe nach ungewiss sind, wenn und soweit eine Inanspruchnahme wahrscheinlich ist. Sie geben das Risiko künftiger Erlösminderungen an, das einzeln, pauschal oder gemischt erfaßt werden kann. Für die Einstellung von Gewährleistungsverpflichtungen in die streitbefangenen Rückstellungen bedeutet dies, dass an den Bilanzstichtagen bereits erhobene Mängelrügen zu berücksichtigen sind. Außerdem sind noch nicht gerügte Mängel zu berücksichtigen, wenn nach den Erfahrungen der Vergangenheit mit einer Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist. Derartige Gewährleistungsrückstellungen für ungewisse Schulden setzen in tatsächlicher Hinsicht voraus, dass die Verbindlichkeiten, für die die Rückstellungen gebildet werden sollen, mit einiger Wahrscheinlichkeit bestehen oder entstehen werden und der Steuerpflichtige demgemäss ernsthaft damit rechnen muss, in Anspruch genommen zu werden. Ob derartige Verbindlichkeit bestehen oder entstehen werden, ist nach objektiven, am Bilanzstichtag vorliegenden und spätestens bei Aufstellung der Bilanz erkennbaren Tatsachen zu prüfen. Hierbei darf steuerrechtlich nicht über den Maßstab vernünftiger kaufmännischer Beurteilung hinausgegangen werden. Eine solche Beurteilung gebietet die Erfassung des rückstellungsbegründenden Sachverhalts nicht nur in seinen negativen Aspekten. Auch die positiven Merkmale, ´die die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme mindern oder günstigstenfalls aufheben, weil der Kaufmann insoweit wirtschaftlich und rechtlich nicht belastet ist, sind zu berücksichtigen. Hierbei können beispielsweise die Risikominderung infolge einer zu erwartenden Regreßforderung gegenüber einem Dritten oder der Ausschluss oder die Minderung der Gewährleistungspflichten durch eine Produkthaftpflichtversicherung gehören (BFH vom 17.2.1993 X R 60/89, BFHE 170, 397, BStBI II 1993, 437 m. w. N. und vom 30.6.1983 IV R 41/81, BFHE 140, 30, BStBI II 1984, 263 m. w. N).

Für die im Klageverfahren streitigen Pauschalrückstellungen sind in erster Linie die Erfahrungen im Betrieb der Klägerin in der Vergangenheit maßgebend. Danach ist zu schätzen, in welchem Umfang die ausgeführten Umsätze mit Kosten für Garantieleistungen belastet sein werden. Die Beurteilung durch die Klägerin ist nur maßgebend, wenn sie diesen Erfahrungen entspricht. Die bloße Möglichkeit, dass die Klägerin künftig auf Garantieleistungen in Anspruch genommen werden könnte, reicht nicht aus (BFH vom 7.10.1982 IV R 39/80, BFHE 137, 25, BStBI II 1983, 104 m. w. N. und BFH vom 13.12.1972 I R 7 ? 87/70, BFHE 107, 521, BStBI II 1973, 217 m. w. N; zum ganzen auch FG Baden-Württemberg vom 27.10.1994 6 K 121/90, EFG 1995, 303).

Nach diesen Rechtsgrundsätzen, denen der Senat folgt, hat der Beklagte zu Recht einen Vergleichszeitraum von zehn Jahren zugrunde gelegt. Soweit die Klägerin demgegenüber zur Berechnung der pauschalen Gewährleistungsrückstellungen einen Vergleichszeitraum von 17 Jahren angenommen hat mit der Begründung, ihre nachweisbaren Erfahrungen würden einen längeren Zeitraum bedingen, hat sie diesen Sachvortrag weder konkretisiert noch entsprechend belegt. Ihr allgemeiner Hinweis darauf, dass eine Ausdehnung des Vergleichszeitraumes aufgrund der damit verbundenen verbreiterten Berechnungsbasis das Einwirken von Zufallsschwankungen abmildere, kann ? obgleich im Ansatz zutreffend ? jedenfalls nicht zu einer Ausdehnung des Vergleichszeitraumes in der von der Klägerin angenommenen Weise führen. Zwar weist die Klägerin insoweit zu Recht darauf hin, dass in dem BFH-Urteil vom 7.10.1982 (IV R 39/80, aaO) zugrunde liegenden Fall die klagende Unternehmerin für ihre Arbeiten eine Garantie von 10 Jahren gewährt hatte.

Im vorliegenden Streitfall hat die Klägerin allerdings nach den ihr geschlossenen Verträgen nicht einmal eine Garantiezeit gewährt (zur Übernahme einer Garantieverpflichtung s. Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., Vor § 633 Rz. 6 ff.; zur Berechnung von Garantierückstellungen bei mehrjähriger Garantiefrist Christiansen, StBP 1985, 166 und Gläßner, StBP 1982, 12). Der Geschäftsführer der Klägerin hat dies im übrigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

Die mithin einschlägige gesetzliche Gewährleistungspflicht bei Bauwerken beträgt fünf Jahre bei Bauwerken und beginnt mit der Abnahme (§ 638 Sätze 1 und 2 BGB a. F., § 634 a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 n. F.). Betroffene von der Gewährleistung sind die Verpflichtung zu kostenlosen Nacharbeiten, Ersatzlieferung, Minderungen oder Schadenersatzleistungen Nichterfüllung (BFH vom 30.6.1983 IV R 41/81, BStBI. II 1984, 263; Clemm/Erle in Beck?scher Bilanzkommentar, 4. Aufl. § 249 Rz. 100 ?Gewährleistung). Nach den zutreffenden Feststellungen des Prüfers, die ihren Niederschlag gefunden haben in den dem Senat von der Klägerin und dem Prüfer vorgelegten Aufstellungen, die in der mündlichen Verhandlung erörtert wurden und dabei unstrittig waren, sind die Aufwendungen der Klägerin für Gewährleistungsarbeiten in den letzten Jahre immer weiter zurück gegangen. Die Klägerin muss danach nur bis maximal neun Jahren nach der Abnahme mit Gewährleistungen rechnen.

Diese Feststellung des Prüfers sind durch das Ergebnis der mündlichen Verhandlung bestätigt worden. Nach den gemachten Ausführungen der Klägerin haben vor allem Qualitätsverbesserungen und die Durchführung von Arbeiten im Rahmen von sog. Arbeitsgemeinschaften dazu geführt, dass der Gewährleistungsaufwand zum Teil deutlich zurückgegangen ist. Nach Darstellung des Geschäftsführers der Klägerin, die vom Prüfer bestätigt worden sind, hat die Klägerin ab Mitte der neunziger Jahre etwa 1/3 bis 40 v. H. der betrieblichen Leistungen über die Beteiligung an Arbeitsgemeinschaften (ARGE) erbracht. Nach glaubhafter Darstellung des Geschäftsführers wurden bei dieser Art der betrieblichen Betätigung Gewährleistungsarbeiten von der ARGE erbracht und sodann dem verursachenden Unternehmen von der Gemeinschaft bei der Ergebniszuweisung in Abzug gebracht. Die auf diese ARGE-Umsätze entfallen Gewährleistungsansprüche wurden demzufolge bei der Klägerin nicht mehr beim Gewährleistungsaufwand verbucht.

Diese besonderen vorgenannten Faktoren können bei der Bemessung des Berechnungszeitraums nicht ohne Berücksichtigung bleiben. Der Hinweis der Klägerin auf die 30-jährige Verjährungsfrist für sog. verdeckte Mängel ist allgemeiner Art und führt mangels Konkretisierung nicht zu einer Ausdehnung des Berechnungszeitraums; die Richtigkeit dieser Annahme unterstellt, müsste immer ein Zeitraum von (mindestens) dreißig Jahren in Ansatz gebracht werden ? ein nach Auffassung des Senats schlechthin untragbares Ergebnis.

Nichts anderes ergibt sich aus der Rspr. des Europäischen Gerichtshofes zu der Vierten Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25.7.1978. In seinem Urteil vom 14.9.1999 (Rs. C-275/97, DStR 1999, 1645) hält der EuGH Pauschalrückstellungen für zulässig, soweit sie notwendig sind und ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln. Dabei muss die Pauschalrückstellung dem Grundsatz der Bilanzwahrheit entsprechen (vgl. Urt. anm. Weber-Grellet, DStR 1999, 1648). Er führt dort unter Ziff. 37-39 aus:

?37. Die von den nationalen Stellen festgelegten Kriterien für die Bewertung der Pauschalrückstellung müssen es daher zulassen, die Erfahrungen zu berücksichtigen, die die betroffene Gesellschaft oder andere in derselben Branche tätige Unternehmen mit der Inanspruchnahme auf Gewährleistung aus ähnlichen Verträgen gemacht haben. Die in diesem Zusammenhang erheblichen Kriterien können u. a. die Art des betreffenden Bauvorhabens, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Risikos, die sich daraus wahrscheinlich ergebenden Kosten, die Möglichkeit und der Umfang von Regressansprüchen gegen Subunternehmer und schließlich alle sonstigen für die bestmögliche Bewertung der Risiken sachdienlichen Kriterien sein.
38. Die Bildung einer Pauschalrückstellung für Gewährleistungskosten kann daher von der Verwaltung nicht von vorneherein abstrakt auf einen festen Prozentsatz des garantiebehafteten Umsatzes beschränkt werden.
39. Andererseits darf das betreffende Unternehmen eine solche Pauschalrückstellung auch nicht höher festsetzen als in Anbetracht des jeweiligen Risikos angemessen erscheint.?

Der Senat ist von diesen Grundsätzen nicht abgewichen. Der Europäische Gerichtshof hat zu der Frage, welcher (zurückliegende) Vergleichszeitraum für die konkrete Bemessung der pauschalen Gewährleistungsrückstellung angemessen ist, zwar keine Stellung genommen. Er hat aber an die Erfahrungen des betroffenen Unternehmens in der Vergangenheit angeknüpft und auf das konkret in Betracht kommende Risiko abgehoben. Auf der Grundlage dieser Rspr. ist bei Bemessung eines Vergleichszeitraumes einerseits eine ausreichende zeitliche Dimensionierung zwingend erforderlich, um Zufallsschwankungen, die unvermeidlich sind, angemessen begegnen zu können. Andererseits dürfen solche weit zurück liegenden Zeiträume nicht mehr einbezogen werden, die im Hinblick auf danach eingetretene neuere Entwicklungen kein reales Erfahrungsbild für die Zukunft mehr widerspiegeln und damit für die Bemessung der Höhe des Risikos nicht angemessen sind. Der Prüfer hat daher zu Recht hier lediglich einen zehnjährigen Vergleichszeitraum zugrunde gelegt und damit insbesondere die Jahre 1982 und 1985 mit ihren besonders hohen Rückstellungsaufwand außer Acht gelassen. Der Senat betont dabei ausdrücklich, dass er den vorliegend zugrunde gelegten Berechnungszeitraum nicht für eine unabänderliche Größe hält, weder in Bezug auf das Unternehmen der Klägerin selbst noch in Bezug auf branchengleiche oder -verwandte Unternehmen. Das kann für das Unternehmen der Klägerin z. B. bedeuten, dass in späteren Veranlagungszeiträumen ein längerer Vergleichzeitraum zugrunde zu legen ist, wenn sich die entscheidenden Rahmenbedingungen wesentlich ändern.

II.

Aus den zu I. genannten Gründen führt die Klage hinsichtlich der pauschalen Entgeltminderung nicht zum Erfolg.

III.

Die Klage führt auch hinsichtlich der geltend gemachten Teilwertabschreibung nicht zum Erfolg.

Ausgangspunkt der Zulässigkeit und des Umfangs der geltend gemachten Teilwertabschreibungen ist das Verhältnis von Drohverlustrückstellungen zu den Teilwertabschreibungen.

1. Nach § 5 Abs. 4 a EStG dürfen Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nicht gebildet werden. Die Gesetzesfassung ist erstmals für das Wirtschaftsjahr an zuwenden, das nach dem 31. Dezember 1996 endet (§ 52 Abs. 6 a EStG in der Fassung des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerform). Hiervon abweichend ist die handelsrechtliche Behandlung eine andere. Zwar werden Ansprüche und Verpflichtungen aus schwebenden Geschäften grundsätzlich nicht bilanziert (Einzelheiten vgl. etwa Crezelius in Kirchhhoff, Kompakt-Kommentar EStG, 2. Aufl., § 5 Rz. 81 f.). Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft dürfen in der Handelsbilanz grundsätzlich deswegen nicht berücksichtigt werden, weil während des Schwebezustandes die (widerlegbare) Vernutung besteht, dass sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag wertmäßig ausgleichen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BFH vom 26. August 1992 I R 24/91, BStBI II 1992, 977). Ein Bilanzausweis ist geboten, wenn und soweit das Gleichgewicht solcher Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstande eines Vertragspartners gestört ist oder aus diesem Geschäft ein Verlust droht (BFH vom 25. Oktober 1994 VIII R 65/91, BStBI II 1995, 312). Diese Bilanzierungsgrundsätze gelten nicht nur für gegenseitige Verträge, die auf einen einmaligen Leistungsaustausch gerichtet sind, sondern auch für Dauerschuldverhältnisse (BFH vom 11. Februar 1988 IV R 191/85, BStBI II 1988, 661). Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze müssen nach § 249 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative HGB für Drohverluste aus einem schwebenden Geschäft Rückstellungen gebildet werden. Die drohende Verluste sind auf Grund der Imparitätsgrundsatzes zu antizipieren.

In der Steuerbilanz durften Rückstellungen drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gegenüber, wie dargestellt, gem. § 5 Abs. 4 a EStG generell nicht mehr gebildet werden; im Ergebnis wird mit diesem steuerrechtlichen Passivierungsverbot der Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG eingeschränkt.

Im vorliegenden Fall hat ein schwebendes Geschäft vorgelegen, aus dem Verluste gedroht haben.

Schwebende Geschäfte sind gegenseitige auf Leistungsaustausch gerichtete Verträge im Sinne der §§ 320 ff. BGB (BFH vom 25. Januar 1984 I R 7/80, BStBl II 1992, 177), die hinsichtlich der vereinbarten Sach- oder Dienstleistungspflicht ? abgesehen von unwesentlichen Nebenpflichten ? noch nicht voll erfüllt sind (BFH vom 3. Februar 1993 I R 37/91, BStBI II 1993, 441, m. w. N.). Wann eine vertragliche Verpflichtung in diesem Sinn erfüllt und Schwebezustand beendet ist, bestimmt sich bei Dauerschuldverhältnissen nicht entscheidend nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, sondern nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Sachleistung (BFH Großer Senat vom 23. Juni 1997 GrS 2/93, BStBI II 1997, 735). Der Schwebezustand beginnt also mit Abschluss des Vertrages und endet mit der Erfüllung. Eine Verbuchung des ?Geschäftes? erfolgt nicht etwa beim Vertragsabschluss, sondern erst bei Beendigung des Vertrages, also bei Erbringung der bedungenen Leistung. Ein Werkvertrag zur Errichtung eines Bauwerks führt also erst dann zur Bilanzierung, wenn die Werkleistung erbracht, d. h. das Werk abgenommen worden ist (vgl. dazu etwa auch Hoffmann in Littmann/Blitz/Pust, EStG, §§ 4, 5 Rz. 890).

Ein Verlust ?droht?, wenn konkrete Anzeichen dafür vorliegen, dass der Wert der Eigenverpflichtung aus dem Geschäft den Wert des Anspruchs auf die Gegenleistung übersteigt (sog. Verpflichtungs- oder Aufwendungsüberschuss). Entscheidend hierfür sind die objektiven Wertverhältnisse am Bilanzstichtag (BFH vom 8. März 1995 II R 10/92, BFHE 177, 132, m. w. N.).

Die unterschiedliche Behandlung der Drohverlustrückstellung in der Handelsbilanz einerseits und der Steuerbilanz andererseits resultieren aus dem für den Bereich des HGB geltende Imparitätsprinzip. Das Imparitätsprinzip zielt darauf ab, im Interesse der Kapitalerhaltung und des Gläubigerschutzes künftige Rechnungsperioden von vorhersehbaren Risiken und Verlusten freizuhalten, die am Bilanzstichtag zwar noch nicht realisiert, aber (z. B. durch den Abschluss nachteiliger Verträge) bereits verursacht sind. Die als Verlust ermittelten Beträge sollen mit Hilfe der Rückstellung von der Gewinnerteilung ausgenommen und für einen späteren Bedarf bereitgehalten werden (vgl. Großer Senat des BFH vom 23. Juni 1997 GrS 2/93, BStBI II 1997, 735). Diese Wertung ist handelsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. auch Weber-Grellet, DB 1997, 2233, 2235). Denn die Handelsbilanz ist vom Gläubigerschutz und vom Schutz des Gesellschafters geprägt. Das Leistungsfähigkeitsprinzip wie es im Bereich des Einkommensteuergesetzes gilt, ist für die Handelsbilanz ohne Belang.

Daraus folgt zugleich, dass die steuerrechtliche Sicht eine andere ist:
?Die Besteuerung richtet sich in erster Linie nach der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Damit unvereinbar ist das handelsrechtliche Imparitätsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) und damit auch das Niederstwertprinzip (§ 253 Abs. 2 Satz 3 , Abs. 3 HGB). Grundsätzlich ist erst die Realisation des Verlustes steuerlich zu berücksichtigen. Handelsrechtliche Erwägungen, die eine möglichst periodengerechte Zuordnung von Erträgen und Aufwendungen anstreben, sind aus steuerlicher Sicht nicht von Bedeutung? (Bundestagsdrucksache 14/23 vom 9. November 1998). Die ursprüngliche Absicht des Gesetzgebers, dieser Maxime auch die steuerliche Teilwertabschreibung zu opfern, wurde zu Gunsten des Wertaufholungsgebots nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG fallen gelassen (vgl. dazu auch Klingelhöfer, stBP 2000 364, 365).

Das Passivierungsverbot für Drohverlustrückstellungen durchbricht damit den Maßgeblichkeitsgrundsatz nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG. Das Maßgeblichkeitsprinzip muss dort seine Grenze haben, wo die Handelsbilanz und die Steuerbilanz von unterschiedlichen oder sogar gegensätzlichen Prinzipien ausgehen. Das Leistungsfähigkeitsprinzip muss im Ergebnis Vorrang haben vor dem Maßgeblichkeitsprinzip. Insoweit ist der Gesetzgeber zutreffend davon ausgegangen, dass die Drohverlustrückstellungen dem Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechen. Die Verlustrückstellung führt nur zu einer Verschiebung der Steuerzahlung. Die Gesamthöhe der Steuerbelastung wird nicht berührt. Im Jahr des drohenden Verlustes in dem ? idealtypisch ? noch Geld vorhanden wäre, werden weniger steuern bezahlt; im Jahr des Verlusteintritts wird die Verlustrückstellung in voller Höhe gewinnerhöhend aufgelöst und der frühere Abzug wird rückabgewickelt. Die Neureglung des § 5 Abs. 4 a EStG verhindert eine derartige Rückstellung, die nicht im Einklang mit den Grundsätzen des Leistungsfähigkeitsprinzip steht. Ob dabei, wie verschiedentlich vertreten, die steuerliche Verlustrückstellung insgesamt ein ? systemwidriger Fremdkörper? ist (vgl. so etwa Weber-Grellet, DB 1997, 2233, 2235; so im Ergebnis auch Duralt, DB 1998, 1357, 1358), kann dabei im Ergebnis dahinstehen.

Die Regelung des § 5 Abs. 4 a EStG ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. dazu etwa Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 21. Aufl., § 5 Rz. 450 am Ende). Insbesondere liegt in der unterschiedlichen Handlung von Verlustrückstellungen einerseits und den hiervon abzugrenzenden Verbindlichkeitsrückstellung andererseits kein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz. Zum einen unterscheiden sich beide Rückstellungsarten aus konstruktiver Sicht zwar grundsätzlich hinsichtlich des Grades der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen beeinträchtigenden Vermögensminderung. Während nämlich die Verlustrückstellung grundsätzlich Verluste abbildet, deren Realisierung erst droht (Imparitätsprinzip), bildet die Verbindlichkeitsrückstellung Verluste ab, die bereits realisiert sind (Realisatonsprinzip). Zum anderen unterscheiden sich beide Rückstellungsarten vor allen hinsichtlich des Grades der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten, die sie der Besteuerungspraxis bereiten. Unter diesem Gesichtspunkt war der Steuergesetzgeber auch insbesondere aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Vereinfachung der Besteuerung legitimiert, das Imparitätsprinzip und damit den Maßgeblichkeitsgrundsatz im Bereich der Drohverlustrückstellungen einzuschränken zumal der Gesetzgeber auch fiskalpolitische Gesichtspunkte berücksichtigen durfte (Gegenfinanzierung der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer, zum Ganzen Schreiber in Blümich, § 5 EStG Rz. 883 b).

2. Nach Auffassung des Senats steht das steuerliche Passivierungsverbot für Drohverluste der Anerkennung von Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz EStG grundsätzlich nicht entgegen.

Der Drohverlustrückstellung gebührt handelsrechtlich nicht der Vorzug vor der Teilwertabschreibung mit der Folge, dass auf Grund der Geltung des Maßgeblichkeitsprinzip nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG nach dem Verbot der steuerlichen Drohverlustrückstellung durch § 5 Abs. 4 a EStG auch steuerlich eine Teilwertabschreibung dem Grunde nach zu versagen ist.

In der Literatur (vgl. etwa Hoffmann, DStR 2000, 1338) wird eine Bilanzierungskonkurrenz zwischen Drohverlustrückstellung und Teilwert-Abschreibung angenommen, die in der Weise zu lösen sei, dass der drohende Verlust zunächst am Teilwert der unfertigen Leistungen abzuschreiben sei und nur, soweit kein Aktivwert verbleibe, ggf. eine Drohverlustrückstellung zu bilden sei. Dies entspreche dem Grundgedanken der Drohverlustrückstellung, wonach sie in erster Linie die Verluste aus nicht bilanzierten schwebenden Geschäften (z. B. Mietverträgen) erfassen solle. Im Ergebnis läuft diese Auffassung darauf hinaus, dass die Drohverlustrückstellungen gegenüber der Teilwertabschreibung bei Aktivposten in einem Subsidiaritätsverhältnis steht. Der Senat vermag dieser Auffassung nicht zu folgen; Teilwertabschreibung und Drohverlustrückstellung stehen nicht in einem Über-Unterordnungsverhältnis (so i. E. Klingelhöfer, stBP 2000, 364, 366 unter Hinweis auf Lück/Klaas, DStR 1997, 519, 595). Unabhängig davon wird jedenfalls in zutreffender Weise weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur die Auffassung vertreten, dass - umgekehrt - der Drohverlustrückstellung handelsrechtlich der Vorzug vor der Teilwertabschreibung gebührt. Daraus folgt zugleich, dass das steuerliche Passivierungsverbot für Drohverlustrückstellungen eine Teilwertabschreibung weder nach der Handels ? noch nach der Steuerbilanz grundsätzlich ausschließt (so etwa i. E. auch Thiel. StbJb 1997/98, 309, 323).

3. Gleichwohl führt die Klage insoweit nicht zum Erfolg. Eine Teilwertabschreibung gem. § 6 Abs.1 Nr. 2 Satz 2 EStG war im Streitfall nur entsprechend dem Grad der Baufertigstellung auf den jeweils maßgeblichen Zeitpunkt 31. Dezember möglich. Eine entsprechende Teilwertabschreibung ist vom Beklagten in den angefochtenen Bescheiden vorgenommen worden. Der Beklagte hat daher zu Recht die darüber hinausgehenden Beträge jeweils außerhalb der Handelsbilanz für steuerliche Zwecke dem Gewinn hinzugerechnet.

a. Nach der Gliederungsvorschrift für Handelsbilanzen (§ 266 Abs. 2 HGB) ist auf der Aktivseite unter der Position ?Umlaufvermögen? bei den Vorräten u. a. die Position ?unfertige Leistungen? zu aktivieren. Die Bilanzposition ?unfertige Leistungen? ist einer Teilwertabschreibung zugängig . Allerdings ist streitig, was konkret Inhalt der Bilanzposition unfertige Leistungen ist. Teilwertbegriff und Teilwertabschreibung setzen das Vorliegen eines Wirtschaftgutes voraus, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG. Entgegen der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung (OFD Kiel vom 30. März 2000, DStR 2000, 1143) handelt es sich bei dem bilanziellen Aktivposten unfertige Leistungen nicht um ein Wirtschaftsgut im zivilrechtlichen Sinne. Wird ein Bauwerk oder eine Anlage auf fremden Grund und Boden des Auftraggebers errichtet, so gehen die nach dem Einbau mit dem Grundstück festverbundenen Baumaterialien und Betriebsvorrichtungen nach den §§ 946, 94 BGB in das Eigentum des Auftragsgebers über. Dingliche Rechte des Auftragnehmers an den verwendeten Materialien gehen mithin unter. Auch eine schuldrechtliche Position des bilanzierenden Auftragnehmers existiert bis zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen nicht. Einem vertraglichen Anspruch des Auftragsnehmers steht zunächst die Einrede der Nichterfüllung des Auftragsgebers entgegen. Auf Seiten des Auftragsnehmers entsteht vor Vollendung auch kein gesetzlicher, als Wirtschaftsgut in Betracht kommender Entschädigungsanspruch nach § 951 BGB, denn er leistet im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses und damit nicht ohne rechtlichen Grund. Eine Rechtsposition im zivilrechtlichen Sinne ist mithin nicht gegeben (wie hier Klingelhöfer, stBP 2000, 364, 365). Soweit die OFD Kiel (vom 30. März 2000, a. a. O.) unfertige Leistungen unter Bezug auf eine ältere Entscheidung des BFH vom 28. November 1974 V R 36/74 BStBI II 1975, 398) den Forderungen zurechnet, ist diese Sichtweise mit der geltende Rechtslage nicht mehr zu vereinbaren. Die vorgenannte Rechtsauffassung des BFH war zurückzuführen auf die damalige Geltung des Aktiengesetzes 1965. Dieses kannte zwar unfertige Erzeugnisse (§ 151 Abs. 1 III A. Nr. 2 Aktiengesetz 1965), aber noch keine Bilanzposition ?unfertige Leistungen?. Mit dem Bilanzrichtliniegesetz 1985 und der Einfügung der Bilanzierungsvorschriften in das HGB wurde die Position ?unter Leistungen? in juristisch zutreffender Differenzierung gegenüber den Forderungen in § 266 HGB gesondert ausgewiesen (wie hier Hoffmann, DStR 2000, 1338). Halbfertige Bauten eines Bauunternehmers auf fremden Grund und Boden sind daher handels- und steuerrechtlich nicht als Forderungen zu behandeln (so jetzt aber auch ohne nähere Begründung BFH v. 10. Juli 2002 I R 79/01, DStR 2002, 1810 unter Hinweis auf BFH v. 28. November 1974 V R 36/74, aaO).

Richtigerweis handelt es sich bei der Bilanzposition ?unfertige Leistungen? um eine periodengerechte Aufwandsabgrenzung, die eine Verwandtschaft zu Rechnungsabgrenzungsposten aufweist (Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 21. Aufl. § 5 Rz. 270 zu ?unfertige- Erzeugnisse?). Der bilanzielle Ausweis dieser Position stellt eine Ausnahme vom Grundsatz der Nichtbilanzierbarkeit schwebender Geschäfte dar und wird begründet u. a. mit dem Vorsichtsprinzip bzw. Ausgeglichenheitsvermutung. Der Gesetzgeber will auf diese Weise bereits unterhalb der Grenze, ab der durch die Erfüllung eine Forderung auch im bilanzrechtlichen Sinne entsteht, dem Umstand Rechnung tragen, dass eine Minderung des Vermögens des Kaufmanns durch einseitige Vorleistung im Rahmen langfristiger Auftragserfüllung nicht gegeben ist, wenn er andererseits eine Anwartschaft auf die anteilige Vergütung erwirbt. Auf der anderen Seite beschränkt sich aber bei unfertigen Leistungen die Aktivierungspflicht auf den bis zum Bilanzstichtag angefallenen Herstellungsaufwand, der damit storniert wird (Klingelhöfer, stBP 2000, 364, 365).

Daraus folgt freilich nicht, dass kein Wirtschaftsgut im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG vorläge. Der Begriff des Wirtschaftsguts geht über Sachen und Rechte hinaus; Wirtschaftsgüter in diesem Sinne sind auch tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten lässt und die nach der Verkehrsanschauung einer besonderen Verwertung zugänglich sind (BFH vom 30. Juni 1972 III R 23/71, BStBI II 1972, 752). Das Einkommensteuerrecht geht damit von einem sehr weiten Begriff des Wirtschaftsgutes aus, für dessen Begriffsbestimmung weniger zivilrechtliche als steuerrechtliche (wirtschaftliche) Gesichtspunkte maßgeblich sind (vgl. weitere Einzelheiten bei Weber-Grellet in Schmidt, EStG,21. Aufl. § 5 Rz. 94 m. w. N.). Auch die Bilanzposition ?unfertige Leistungen unterfällt diesem Wirtschaftsgutbegriff.

b. Nach Auffassung des Senats kann im Zusammenhang mit einem Verlustgeschäft eine Teilwert-Abschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG bei halbfertigen Bauten auf fremden Grund und Boden nur insoweit erfolgen, als sich die Unterdeckung zum Bilanzstichtag bereits (anteilig) realisiert hat. Die Unterdeckung als Maßstab der Teilwert-Abschreibung bemisst sich nach dem jeweiligen Stand der teilfertigen Arbeiten, also dem Grad der Baufertigstellung; dies schließt nicht die Berücksichtigung besonderer verlustbringender Umstände im Einzelfall aus.

Der Senat folgt damit im Ergebnis ? gegen eine in der Literatur verbreitete Auffassung (dazu etwa Hoffmann, DStR 2000, 1339) ? der Auffassung des Beklagten, die sich an die Verfügung OFD Kiel (v. 30.3.2000, DStR 2000, 1143) und das BMF-Schreiben vom 14.11.2000 (BStBl. I 2000, 1514) anschließt. Die Gesamtleistung des Bauunternehmers, die sich über zwei oder mehrere Veranlagungszeiträume erstreckt, ist für die Zwecke der Bilanzierung aufzuteilen, einerseits in die bis zum Bilanzstichtag bereits erbrachte Bauleistungen und auf der anderen Seite in die danach noch zu erbringenden Teilleistungen. Nur insoweit sich entsprechend der bereits erbrachten Bauleistungen eine Unterdeckung zum Bilanzstichtag realisiert hat, kann eine Teilwert-Abschreibung erfolgen. Die Einbeziehung auch künftiger Verluste in die Teilwert-Abschreibung stellt eine dem § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB zuwider laufende Verlustantizipation dar; auf Grund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG gilt dies auch für die Steuerbilanz. Die Einbeziehung zukünftiger Verluste widerspräche auch dem Sinn und Zweck des Teilwertbegriffs, den er - bezogen auf die streitige Rechtsfrage ? in Abgrenzung zur Drohverlustrückstellung erfährt; für bilanzielle Erfassung künftiger Verluste aus schwebenden Geschäfte kommt alleine Drohverlustrückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB in Betracht die auf Grund der spezialgesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 4a ESTG in der Steuerbilanz nicht möglich ist.

Nach zutreffender herrschender Meinung sind, wie bereits dargestellt, unfertige Bauleistungen in der Handelsbilanz nicht unter den ?Forderungen aus Lieferungen und Leistungen? zu erfassen, weil hierunter nur Forderungen aus fertigen Leistungen mit Gewinnrealisierung fallen (Hoffmann, DStR 2000, 1338); die bilanzielle Erfassung hat daher im Rahmen des Umlaufsvermögens bei den Vorräten und dort wiederum bei ?unfertige Erzeugnissen, unfertige Leistungen? zu erfolgen (Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6 Aufl., § 266 HGB Rn. 109; Herrmann/Heuer/Raupach, ESt und KStG, 21. Aufl., § 5 EStG Anm. 964 m. w. N.). Die bilanzielle Behandlung gilt mithin unabhängig von ihrer zivilrechtlichen Qualifikation als entstehende Forderung (vgl. auch Wulf/Roessle, DB 2001, 393 und 395).

Der bilanzielle Ausweis als gesonderter Posten im Vorratsvermögen beantwortet allerdings nicht die Frage nach der Bewertung verlustbehafteter halbfertiger Bauten. Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 5 EStG i. V. m. § 253 Abs. 1 und 3 HGB mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten (Herrmann/Heuer/Raupach a.a. O, § 5 EStG Anm. 964), namentlich sind auch die halbfertigen Arbeiten mit den Herstellungskosten zu aktivieren (Paus, BHZ 2001, 81 unter Hinweis auf das Realisationsprinzip). Der Ansatz eines niedrigeren Teilwerts ist zwingend.

Teilwert eines Wirtschaftsgutes ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für dieses ansetzen würde, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Der Teilwert ist ein ausschließlich objektiver Wert, der von der Marktlage am Bilanzstichtag bestimmt wird (BFH v. 31.1.1991 IV R 31/90, BStBI II 1991, 627). Bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens entspricht der Teilwert grundsätzlich den Wiederbeschaffungskosten; er hängt jedoch bei zum Absatz bestimmten Waren auch vor deren voraussichtlichem Veräußerungserlös (Börsen- und Marktpreis) ab (BFH vom 27.10.1983 IV R 143/80, BStBI. II 1984, 35).

Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze ist in Fällen der vorliegenden Art zunächst zu klären, was ein Erwerber des gesamten Unternehmers für ein unfertiges (verlustbehaftetes) Wirtschaftsgut des Vorratsvermögens im Rahmen des Gesamtkaufpreises unter der Voraussetzung der Fortführung des Betriebes zahlen würde. Im Streitfall hätte der gedachte Erwerber zum einen die Möglichkeit, den Bau fertig zu stellen in der Gewissheit, dass der Einsatz weiterer Kosten ihm keinen Gewinn, sondern einen weiteren Verlust bringen wird. Zum anderen könnte er sich wegen des entstandenen und voraussehbaren Verlustes dazu entschließen, die weitere Fertigstellung sofort einzustellen (vgl. zu den Möglichkeiten des Erwerbers auch Heinemann, StBP 2001, 200, 202); da sich der Unternehmer aber zivilrechtlich zur Fertigstellung verpflichtet hat und die sofortige Baueinstellung Ansprüche des Vertragspartners nach sich ziehen würde, begegnet diese Alternative Bedenken. Unter Berücksichtigung dessen neigt der Senat der Auffassung zu, dass ein gedachter Erwerber in der Mehrzahl der Fälle auch den (anteiligen) künftigen Verlust im Rahmen eines Gesamtkaufpreises in Ansatz bringen würde (wie hier Heihemann, StBP 2001, 2002, 202); eine andere Betrachtungsweise kann nur dann geboten sein, wenn die Verlustproduktion einen Sinn macht (vgl. dazu BFH v. 29.04.1999 IV R 14/98, BStBl. II 1999, 681).

Dem mithin im Grundsatz zu erfolgenden Einbezug künftiger Verluste in die Teilwert- Abschreibung steht allerdings nach Auffassung des Senats die erforderliche einschränkende Auslegung des Teilwertbegriffs in Bereich schwebender Rechtsgeschäfte entgegen. Da es sich um einen gedachten Erwerb des Betriebes handelt, ist die Bewertung mit dem Teilwert eine Schätzung (vgl. nur Schmidt/Glanegger, aaO, § 6 Rz. 216). Diese Schätzung hat sich, ausgehend von den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs.1 Nr. 1 Satz 3 EStG, am Sinn und Zweck des Teilwertgedankens zu orientieren. Der Teilwertgedanke, der auf den gedachten Erwerber abstellt, gibt keine Antwort auf die Frage nach der Zuordnung zu einem bestimmten Bilanzierungszeitraum . Dass ein gedachter Erwerber einen bestimmten Umstand berücksichtigt hat, lässt keinen Rückschluss darauf zu, wann er ihn zu berücksichtigen hat. Der Teilwertbegriff ist ? wie auch der Wertbegriff der Anschaffung- und Herstellungskosten ? zeitlos; dem Teilwertbegriff fehlt die zeitliche Dimension (Weber-Grellet, DB 2002, 2180, 2183). Nach Maßgabe dessen war im Streitfall zu prüfen, ob die jeweils nach dem Bilanzstichtag drohenden Verluste bereits in die vorhergehende Teilwertabschreibung einzubeziehen war; dies ist nach Auffassung des Senats zu verneinen.

Teilwertabschreibung und der Drohverlustrückstellung stehen nach Auffassung des Senats im Bereich der schwebenden Rechtsgeschäfte nicht beziehungslos nebeneinander. Teilwertabschreibung und Drohverlustrückstellung stehen allerdings auch nicht in einem wie auch immer gearteten Subordinations- bzw. Vorrangigkeitsverhältnis zueinander, sondern sie ergänzen sich in der zeitlicher Hinsicht in der Weise, dass Verluste, die aus einem schwebenden Rechtsgeschäft erst nach dem Bilanzstichtag drohen, allein Gegenstand einer handelsbilanziellen Drohverlustrückstellung sein können. Ziel der Drohverlustrückstellung ist die Verlustantizipation (vgl. nur Clemm/Erle in Beck?scher Bilanzkommentar, 4. Aufl. § 249 Rz. 51). Das Handelsbilanzrecht steht hier im Dienste des dem Gläubigerschutz verpflichteten gesellschaftsrechtlichen Prinzips der Kapitalerhaltung: Der in der Periode ermittelte Gewinn soll der Gesellschaft unbedenklich entzogen werden können. Das ist der Fall, wenn auch bei vollständiger Ausschüttung noch alle bereits verursachten Verluste abgedeckt sind. Nach Maßgabe dieses Normzwecks hat der Gesetzgeber mit Statuierung der Drohverlustrückstellung in § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB nach seiner legislativen Grundentscheidung zu erkennen gegeben, dass für eine Rückstellung drohender Verluste im Bereich schwebender Rechtsgeschäfte der Sache nach ein Bedarf zum bilanziellen Ausweis mit entsprechender Gewinnauswirkung besteht; ein solcher Bedarf hätte freilich nicht bestanden, wenn schon die Teilwertabschreibung nach § 253 Abs. 3 HGB im Ergebnis zu demselben Ziel geführt hätte. Einer spezialgesetzlichen Regelung für Drohverlustrückstellungen hatte es dann nicht bedurft.

Der Senat sieht sich mit dieser Auslegung bestätigt durch die Gründe, die für eine Bilanzierung der halbfertigen Bauten unter dem Vorratsvermögen ausschlaggebend sind. Der bilanzielle Ausweis der halbfertigen Bauten unter der Bilanzposition stellt, wie dargelegt, eine Ausnahme vom Grundsatz der Nichtbilanzierbarkeit schwebender Geschäfte dar. Gesetzgeberische Intention war es, bereits unterhalb der Grenze, ab der durch die Erfüllung eine Forderung auch im bilanzrechtlichen Sinne entsteht, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass eine Minderung des Vermögens des Kaufmanns durch einseitige Vorleistung im Rahmen langfristiger Auftragserfüllung nicht gegeben ist, wenn er andererseits eine Anwartschaft auf die anteilige Vergütung erwirbt. Auf der anderen Seite beschränkt sich aber bei unfertigen Leistungen die Aktivierungspflicht auf den bis zum Bilanzstichtag angefallenen Herstellungsaufwand der damit storniert wird (Klingelhöfer, stBP 2000, 364, 365). Hieraus folgt nach Auffassung des Senats zwingend, dass werbestimmende Faktoren im Rahmen der Teilwertfindung solche Verluste nicht sein können, die ? nach Fortführung des Auftrages ? erst nach dem Bilanzstichtag ?drohen?; hier schließt sich vielmehr der Anwendungsbereich der Drohverlustrückstellung an. Für die zutreffende zeitliche Zuordnung wertbestimmenden Faktoren im Rahmen der Teilwertermittlung kommt es mithin darauf an, inwieweit die stornierten Betriebsausgaben die Grundlage für die Bilanzposition ?unfertige Leistung? sind, am jeweiligen Bilanzstichtag durch eine Anwartschaft auf einen entsprechenden Anteil an der vereinbarten Gesamtvergütung gedeckt sind. Eine darüber hinaus gehende Einbeziehung drohender Verluste ist mit dem Sinn und Zweck der Teilwertabschreibung im Bereich halbfertiger Bauten nicht zu vereinbaren.

Nichts anderes folgt aus der Rspr. des Bundesfinanzhofes zu den bewusst verlustbringend abgeschlossenen Rechtsgeschäften. Zwar hat der Bundesfinanzhof im Urteil v. 29. April 1999 (IV R 14/98, BStBl. II 1999, 681) ein Teilwertabschreibung versagt, weil ein bewusst als Verlustprodukt gefertigtes Wirtschaftsgut nur in Verbindung mit seinem Erfolgsbeitrag für das Unternehmen zu bewerten sei. Daraus kann freilich nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass ein nicht bewusst verlustbringendes Geschäft vor der Verlustrealisation bereits teilwertmindernd auf die Wirtschaftsgüter, die mit dem Geschäft im Zusammenhang stehen, durchschlägt (Klingelhöfer, StBP 2000, 364, 366). Weder ist ein derartiger Umkehrschluss denknotwendig noch haben sich in der zitierten Entscheidung entsprechende Hinweise ergeben.

Im Ergebnis ist damit für Zwecke der Teilwertabschreibung der Anteil an der Gesamtvergütung, der auf die unfertige Leistung entfällt, den bis dahin angefallen Herstellungskosten gegenüber zu stellen; nur in Höhe dieser (anteiligen) Unterdeckung ist eine Teilwertabschreibung zulässig. Zur Ermittlung der (anteiligen) Unterdeckung hält es der Senat im Grundsatz für gerechtfertigt, diese entsprechend dem Grad des Baufortschritts festzusetzen. Der Verlust ?realisiert? sich demnach entsprechend dem Baufortschritt. Eine hiervon abweichende Zuordnung ist dann geboten, wenn im Einzelfall besondere verlustbringende Umstände dem Veranlagungszeitraum zugeordnet werden können, für den die Teilwertabschreibung begehrt wird.

4. Der Senat sieht sich in seiner Rechtsauffassung bestätigt durch die neuere Rspr. des Bundesfinanzhofes zum Teilwert Einbringung halbfertiger Arbeiten (BFH v. 10.7.2002 I R 79/01, DStR 2002, 1810). Danach gehören zum Teilwert nach allgemeinen bilanzrechtlichen Bewertungsgrundsätzen bei halbfertigen Bauarbeiten eines Bauunternehmers ?die bislang aufgewendeten Selbstkosten (= die Reproduktionswerte mit den Vollkosten)?, nicht aber auch ?die in solchen Arbeiten ruhenden, im laufenden Geschäftsbetrieb noch nicht aufzudeckenden Gewinnanteile?. Der erkennende Senat sieht keine Gründe dafür, warum die in solchen halbfertigen Arbeiten ruhenden, im laufenden Geschäftsbetrieb noch nicht aufzudeckenden Verlustanteile eine andere Behandlung erfahren sollten.

5. Der Senat hat von der von der Klägerin angeregten Vorlage der Rechtsfrage zur Vorabentscheidung an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäss Art. 177 EGV abgesehen (zum Wahlrecht des Finanzgerichts vgl. nur Tipke/Lang, Steuerrecht, 16. Aufl., § 23 Rz. 293 m. w. N.). Nach der vom Senat vertretenen Auffassung tritt eine Kollision zum Gemeinschaftsrecht, insbesondere zu Art. 20 Abs. 3 der Vierten EU-Richtlinie vom 25.7.1978 nicht auf.

IV.

Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO als unbegründet abzuweisen.

V.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

RechtsgebietHGBund EStGVorschriften§ 249 Abs. 1 S.1 HGB § 5 Abs. 1 S. 2 EStG

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