12.10.2000 · IWW-Abrufnummer 001080
Finanzgericht Brandenburg: Urteil vom 22.05.2000 – 1 K 2155/98 U
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
FINANZGERICHT DES LANDES BRANDENBURG
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Az.: 1 K 2155/98 U
In dem Rechtsstreit
wegen Umsatzsteuer 1991 - 1993
hat das Finanzgericht des Landes Brandenburg - 1. Senat - ohne mündliche Verhandlung am 22. Mai 2000 durch
den Präsidenten des Finanzgerichts Hartig,
die Richterin am Finanzgericht Venus und
den Richter am Finanzgericht Dr. Stapperfend
sowie die ehrenamtlichen Richter Herr Harenburg und Herr Pohl
für Recht erkannt:
Tenor:
Unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1991 und 1992, jeweils vom 09.10.1996 und des Umsatzsteuerbescheides 1993 vom 05.06.1996 sowie unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 08.09.1998 wird die Umsatzsteuer 1991 auf 103.323,00 DM, die Umsatzsteuer 1992 auf 77.821,00 DM und die Umsatzsteuer 1993 auf 231.010,00 DM festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Gründe:
Der Kläger ist X...-Vertragshändler. In dem mit der X... AG abgeschlossenen Händlervertrag heißt es u. a.:
"5.2 Aufwand für Werbung
Der Händler stellt jeweils ein Jahresbudget für Neuwagenwerbung auf. Er verpflichtet sich, für die Werbung mindestens 1 % seines Einzelhandelsumsatzes an Vertragserzeugnissen aufzuwenden und dies der Gesellschaft auf Verlangen nachzuweisen.
5.3 Werbeaktionen der Gesellschaft
Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, für Vertragserzeugnisse im gemeinsamen Interesse des Netzes Werbe- und Verkaufsförderungsaktionen auf nationaler oder lokaler Ebene zu beschließen, zu organisieren und durchzuführen. In diesem Fall wird sich der Händler anteilig an den der Gesellschaft entstehenden Kosten beteiligen. Dabei ist vereinbart, dass die Beteiligung des Händlers an diesen Kosten im Betrag nach Ziff. 5.2 enthalten ist."
Im Falle eines Pkw-Verkaufes mit Finanzierung des Kaufpreises wurde die Abwicklung der von dem Händler zu erbringenden Werbekostenzuschüssen in den Streitjahren wie folgt gehandhabt:
Der Kunde kaufte bei dem Kläger den Pkw und schloss zugleich mit der X...-Bank GmbH einen Darlehensvertrag zur Finanzierung des Kaufpreises ab. Die X...-Bank GmbH zahlte den Kaufpreis an den Kläger aus, allerdings abzüglich eines einprozentigen Werbekostenzuschusses. Diesen einbehaltenen Werbekostenzuschuss zahlte die X...-Bank GmbH an die X... AG aus, die hierüber gegenüber dem Kläger eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erstellte. In den Fällen, in denen der Pkw-Kauf ohne Finanzierung durch die X...-Bank GmbH erfolgte, führte der Kläger den einprozentigen Werbekostenzuschuss unmittelbar an die X... AG ab.
Der Beklagte stellte den vorgeschilderten Sachverhalt anlässlich einer bei dem Kläger durchgeführten Betriebsprüfung fest. Im Prüfungsbericht vertraten die Prüfer die Auffassung, dass zwischen der Leistungsbeziehung zwischen dem Händler und dem Kunden und der Leistungsbeziehung zwischen der Bank und dem Kunden zu unterscheiden sei. Die Gewährung des Kredites durch die Bank an den Kunden stelle eine sonstige Leistung dar, die zwar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz -UStG- umsatzsteuerbar, gemäß § 4 Nr. 8 a UStG aber umsatzsteuerfrei sei. Zum Entgelt gehörten auch Zahlungen, die ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer gewähre. Dies sei hier durch den von dem Autohändler aufgewendeten Finanzierungsanteil, den die Bank unter Abkürzung des Zahlungswegen einbehalte, der Fall. Damit gehöre der Händleranteil zur Bemessungsgrundlage für die von der Bank gegenüber dem Kunden geleistete Kreditgewährung.
Aus diesem Grunde seien die Vorsteuern aus dem von der X... AG erstellten Rechnungen über den Werbekostenzuschuss nicht anzuerkennen, und zwar für das Jahr 1991 in Höhe von 8.625,80 DM, für 1992 in Höhe von 8.916,81 DM und für 1993 in Höhe von 8.272,10 DM.
Der Beklagte folgte der Auffassung der Prüfer und setzte die Umsatzsteuer 1991 bis 1993 durch die angefochtenen Bescheide neu fest.
Der von dem Kläger erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg.
Zur Begründung der Klage beruft sich der Kläger im Wesentlichen darauf, dass er nach dem Händlervertrag zur Abführung des Werbekostenzuschusses verpflichtet sei. Diese Verpflichtung sei auch wirtschaftlich begründet, weil die Maßnahmen der Werbung und Verkaufsförderung, zu deren Zweck der Werbezuschuss letztendlich verwendet werde, auch ihm, dem Kläger, zugute kämen und seinen Umsatz steigerten. Dass als Bemessungsgrundlage für den Werbungskostenzuschuss auf die Kaufpreise der verkauften Fahrzeuge abgestellt werde, sei nicht zu beanstanden. Eine Entgeltauffüllung im Hinblick auf die Kreditgewährung durch die X...-Bank GmbH liege nicht vor. Es bestehe insoweit keine vertragliche Grundlage zwischen der X...-Bank GmbH und ihm, dem Kläger.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1991 und 1992, jeweils vom 09.10.1996 und des Umsatzsteuerbescheides 1993 vom 05.06.1996 sowie Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 08.09.1998 die Umsatzsteuer 1991 auf 103.323,00 DM, die Umsatzsteuer 1992 auf 77.821,00 DM und die Umsatzsteuer 1993 auf 231.010,00 DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er macht geltend, dass die Leistungsbeziehungen zu trennen seien. Zum Einen sei die Leistungsbeziehung zwischen dem Kläger und dem Fahrzeugkäufer zu betrachten. Die Werbekostenzuschüsse minderten das Entgelt für die Lieferung des Fahrzeuges an den Käufer ebenso wenig wie ein ggf. von der finanzierenden Bank einbehaltener Händleranteil. Hinsichtlich der Leistungsbeziehung zwischen dem Kläger und der X... AG und der X...-Bank GmbH stelle der Händleranteil kein Entgelt für eine gesonderte Leistung der X... AG dar. Es gebe keine zwischen der X... AG und dem Kläger vereinbarte Leistung, für die der Kläger als Leistungsempfänger den Händleranteil im Rahmen einer Gegenleistungsverpflichtung aufwende. Die von der X... AG vorgenommene Werbung für X... Fahrzeuge stelle keine derartige Leistung dar, da diese von der X... AG zur Förderung des eigenen Absatzes durchgeführt werde.
Die gleichzeitige Förderung des Absatzes des zwischengeschalteten Händlers sei dabei lediglich ein hingenommener Nebeneffekt und nicht vordergründiges Ziel der Werbung. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass der Kläger nach dem Händlervertrag zur Abführung der Zuschüsse verpflichtet sei. Ein Indiz für die fehlende Leistungsbeziehung sei auch die Berechnung des Werbezuschusses. Dieser werde nur berechnet, wenn ein Darlehensvertrag mit einem konkret bezeichneten Fahrzeugverkäufer abgeschlossen worden sei. Auch die Höhe des Zuschusses richte sich ausschließlich nach der Höhe des Darlehensbetrages. Allein daran sei ersichtlich, dass der Zuschuss untrennbar mit der Leistung der X...-Bank GmbH an den Kunden im Rahmen der Kreditgewährung verbunden sei. Bei der von dem Kläger unterstellten abstrakten Leistung der allgemeinen Absatzförderung werde das Entgelt unabhängig von einem konkreten Darlehensvertrag regelmäßig mit den einzelnen Werbemaßnahmen fällig und nach deren Kosten berechnet werden. Der Werbezuschuss sei nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG als Entgelt für den durch das Darlehen finanzierten Kauf des Neuwagens anzusehen. Darüber hinaus lasse sich aus den von dem Kläger vorgelegten Unterlagen nicht ersehen, dass die X...-Bank GmbH die einbehaltenen Beträge an die X... AG abgeführt habe. Es lasse sich auch nicht ableiten, dass es sich bei den einbehaltenen Beträgen um die von dem Kläger zu tragenden Werbekostenzuschüsse handele. Die Beträge könnten auch Zahlungen eines Dritten (des Klägers) zur finanziellen Beteiligung an dem Darlehensgeschäft sein.
Die Klage ist begründet.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i. S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Diese Voraussetzungen liegen im Hinblick auf die von der X... AG erteilten Rechnungen über die geleisteten Werbekostenzuschüsse vor. Mit der Zahlung der Werbekostenzuschtüsse hat der Kläger ein Entgelt für sonstige Leistungen gezahlt, die die X... AG ihm gegenüber erbracht hat.
Sonstige Leistungen sind nach § 3 Abs. 9 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind. Der Schwerpunkt des Vorgangs besteht bei einer sonstigen Leistung nicht in der Zuwendung eines Gegenstandes, sondern eines anderen wirtschaftlich relevanten Wertes (Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG, § 3 Rdnr. 588). Die von der X... AG vorgenommenen Werbemaßnahmen erfüllen diese Definition. Sie stellen für den Kläger insofern einen wirtschaftlich relevanten Wert dar, als die Bevölkerung durch die Werbemaßnahmen auf die Produkte der X... AG aufmerksam wird und sich möglicherweise daraufhin an den Kläger wendet, um ein Fahrzeug zu erwerben. Dabei ist die Breitenwirkung, die durch diese Werbemaßnahmen erzielt wird, von besonderer Bedeutung. Der Kläger könnte zwar selbst für die von ihm angebotenen Produkte werben.
Da seine finanziellen Möglichkeiten für derartige Werbemaßnahmen jedoch sehr viel geringer sind als diejenigen der X... AG, könnte er keine derartige Breitenwirkung erzielen. Gerade diese kommt aber letztlich auch dem Kläger zugute, weil letztendlich auch sein Umsatz durch die Werbemaßnahmen und die dadurch angeregten Autokäufe gesteigert wird.
Der von dem Kläger gezahlte Werbekostenzuschuss steht auch in einem synallagmatischen Verhältnis zu den Werbeleistungen der X... AG. Zwar führt der Kläger keine Beträge ab, die sich auf eine konkrete Werbemaßnahme beziehen und deren Höhe sich anhand dieser konkreten Werbemaßnahme bemessen. Dies alleine steht der Annahme eines Gegenseitigkeitsverhältnisses zwischen dem Werbekostenzuschuss und der Werbeleistung aber nicht entgegen. Denn der Kläger zahlt den pauschal berechneten Werbekostenzuschuss für eine konkreten Zweck, nämlich die Durchführung von Werbung. Insofern unterscheidet sich der Werbekostenzuschuss von einem an einen Leistenden abzuführenden allgemeinen Beitrag, den dieser nach seinem freien Ermessen für unterschiedliche Zwecke verwenden kann.
Der Annahme einer konkreten Leistungsbeziehung steht nicht entgegen, dass die X... AG durch die von ihr vorgenommene Werbung - wie der Beklagte meint - auch ihren eigenen Umsatz steigert.
Es trifft zwar zu, dass der Konzernumsatz der X... AG durch die vorgenommenen Werbemaßnahmen gesteigert wird. Diese Steigerung ist aber nur dadurch zu erreichen, dass vermehrt Produkte der X... AG über die Vertragshändler abgesetzt werden. Insofern ist der X... AG gerade daran gelegen, dass durch die Werbemaßnahmen die Umsätze der einzelnen Vertragshändler gesteigert werden, weil erst dies zu einer Steigerung der Umsätze des gesamten Konzerns führt. Dies verkennt der Beklagte, wenn er davon ausgeht, dass die Steigerung der Umsätze der einzelnen Händler lediglich in Kauf genommen werde. Denn ohne deren Umsatzsteigerungen ist eine Umsatzsteigerung des X...-Konzerns nicht möglich.
Ohne Auswirkung auf den hier begehrten Vorsteuerabzug ist schließlich, ob die X...-Bank GmbH den einbehaltenen Werbekostenzuschuss tatsächlich an die X... AG abgeführt hat, woran der Senat aufgrund der vorgelegten Unterlagen allerdings keinen Zweifel hat. Denn Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist nach der zitierten Norm des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG die Erbringung einer Leistung und das Vorliegen einer Rechnung im Sinne des § 14 UStG. Beide Tatbestandsmerkmale sind hier erfüllt, da die X... AG - wie dargestellt - eine Leistung gegenüber dem Kläger erbracht und hierüber Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer erstellt hat. Auf die Zahlung des vereinbarten Entgelts kommt es nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 115 FGO nicht vorliegen.