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19.11.2002 · IWW-Abrufnummer 021576

Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Beschluss vom 23.09.2002 – 1 K 1626/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


In dem Finanzrechtsstreit des Herrn XXX ? Kläger ?

Prozessbevollmächtigt: XXX

gegen den Herrn XXX ? Beklagter ?

wegen Lohnsteuerkarte ?Berichtigung-

hat der 1. Senat durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht XXX
die Richterin am Finanzgericht XXX
den Richter am Finanzgericht XXX

Am 23. September 2002 beschlossen:

1. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit wird für unzulässig erklärt.
2. Der Rechtsstreit wird an das Arbeitsgericht XXX verwiesen.

Gründe:

I.
Der Kläger war beim Beklagten als CAD-Techniker beschäftigt. Die Parteien haben das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2001 beendet.

Der Kläger hatte vor dem XXX in de Verfahren 4 Ca 1986/01 gegen den Beklagten u.a. auf Herausgabe der Lohnsteuerkarte geklagt. Nachdem ihm die Lohnsteuerkarte ausgehändigt worden war, wurde er in der öffentlichen Sitzung des Arbeitsgerichts Trier am 27. Februar 2002 von der Vorsitzenden darauf hingewiesen, dass er, soweit er nunmehr Berichtigungen der Lohnsteuerkarte begehre, den Finanzrechtsweg beschreiten müsse (bgl. Bl. 21 Prozessakte).

Der Kläger hat daraufhin am 29. April 2002 vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz Klage gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber, den Beklagen, erhoben, mit dem Ziel, die Lohnsteuerkarte zu berichtigen.

Mit Schreiben vom 8. Mai 2002 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass nach Ansicht des Finanzgerichts Bedenken an der Zulässigkeit des Finanzrechtswegs beständen.

Der Kläger hat hierzu im Schreiben vom 10. Juni 2002 dahingehend Stellung genommen, dass in der arbeitsgerichtlichen Literatur der Standpunkt vertreten werde, dass Streitigkeiten auf Berichtigung der Lohnsteuerkarte vor den Finanzgerichten auszutragen seien. Der Beklagte hat hierzu nicht Stellung genommen.

II.
Der zu dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz beschrittene Rechtsweg ist unzulässig, da für den Rechtsstreit des Klägers auf Berichtigung der Lohnsteuerkarte der Finanzrechtsweg nicht eröffnet ist.

Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung ?FGO- ist der Finanzrechtsweg in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten gegeben. Um eine solche handelt es sich im Streitfall nicht. Denn solche Abgabenangelegenheiten sind nur die mit der Verwaltung der Abgaben oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten im Spannungsfeld der Eingriffsverwaltung zwischen Bürgern und Staat, nicht dagegen Rechtsstreitigkeiten, die wie hier, das bürgerlich-rechtliche Verhältnis zwischen Rechtspersonen des Privatrechts betreffen und in denen es um bloße Reflexwirkungen von Abgabevorschriften in den Bereich des Privatrechts geht. Die Pflicht des Arbeitgebers zur Eintragung auf der Lohnsteuerkarte und zu ihrer Aushändigung ist nämlich eine in einem Steuergesetz geregelte Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis. Deshalb geht es bei dem Streit um korrekte Eintragung von Daten auf der Lohnsteuerkarte um einen bürgerlichen Rechtsstreit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über Arbeitspapiere, für den die finanzgerichtliche Rechtsprechung und die steuerrechtliche Literatur ausschließlich die Gerichte für Arbeitssachen für zuständig hält (vgl. Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 11. November 1987, EFG 1988, 245; Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 2. Februar 1995, EFG 1995, 578; Finanzgericht Brandenburg, urteil vom 3. Dezember 1996, EFG 1997, 358; Gräber/Koch, Kommentar zur FGO, § 33 Rz. 30 ?Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis?; Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, FGO § 33 Rz.14; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO, FGO § 33 FGO Rz.101; van Beckerath in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht § 33 FGO Rz.126; Schwarz, Kommentar zur FGO § 33 Rz.13; so auch Müller Deutsche Steuerzeitung 1993, 307, 310).
Zwischen Aushändigung, Eintragung und Berichtigung der Lohnsteuerkarte besteht insofern kein Unterschied, weswegen die von den Arbeitsgerichten vorgenommene Differenzierung zwischen Erteilung der Lohnsteuerkarte einerseits und Berichtigung der Lohnsteuerkarte andererseits ? diese Differenzierung ist auch aus der Niederschrift des Arbeitsgerichts Trier vom 27. Februar 2002 ersichtlich ? abgelehnt wird (vgl. auch Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 2. Februar 1995 a.a.O.).

Soweit in der Arbeitsgerichtsbarkeit dagegen der Standpunkt vertreten wird, dass bezüglich der Richtigkeit der Ausfüllung (Berichtigung) der Arbeitspapiere eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliege, da die Ausfüllung auf Grund öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen des Arbeitgebers zu erfolgen habe (vgl. Ostrowicz/Künzl/Schäfer, Der Arbeitsgerichtsprozess 1. Aufl., Rdnr. 14; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Schaub 2. Aufl., § 2 ArbGG Rdnr. 30), kann dem nicht gefolgt werden. Bei der Eintragung auf der Lohnsteuerkarte sind nämlich keine steuerrechtlichen Fragen zu entscheiden, worauf bereits Müller (Direktor des Arbeitsgerichts Wetzlar a.a.O.) zutreffend hingewiesen hat.

Der Rechtsstreit war daher nach Anhörung der Parteien gem. §§ 33 Abs. 1 FGO i.V.m. 17 a Abs. 2 GVG an das zuständige Arbeitsgericht XXX zu verweisen.

Gegen diesen Beschluss wird die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (vgl. § 17 a Abs. 4 GVG).

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen den Beschluss ist die Beschwerde an den Bundesfinanzhof in München gegeben. Sie ist innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung des Beschlusses durch einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Steuerbevollmächtigten, einen Steuerberater, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz in Neustadt an der Weinstraße einzulegen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellt mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bundesfinanzhof eingeholt wird.

RechtsgebieteArbeitsrecht, Lohnsteuer, RechtswegVorschriften§ 33 FGO § 2 ArbGG § 17a GVG

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