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24.10.2002 · IWW-Abrufnummer 021282

Finanzgericht Köln: Urteil vom 25.04.2002 – 13 K 7470/98

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Köln
Urteil des 13. Senates
vom 25.04.2002

13 K 7470/98

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte berechtigt war, den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid für 1991 gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu ändern.

Die Kläger sind Miterben nach dem am 17.7.1993 verstorbenen Herrn S. Die Klägerin zu 1. war die Ehefrau des Verstorbenen und wurde mit diesem im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der verstorbene Herr S war seit dem 1.1.1982 (Anstellungsvertrag vom 19.11.1981) Geschäftsführer bei der E-GmbH. Gemäß § 8 des Anstellungsvertrages war das Anstellungsverhältnis zunächst bis zum 31.12.1986 befristet. Es solle sich nach Satz 2 dieser Regelung jeweils um weitere fünf Jahre verlängern, wenn es nicht mindestens zwölf Monate vor Ablauf durch eingeschriebenen Brief gekündigt wird.

Am 28.3.1991 traf der verstorbene Herr S mit der Firma A- AG, ... D, ?als Besitzgesellschaft der Firma E-GmbH? folgende Vereinbarung:

?Werden von der Firma A- AG Anteile der Firma E-GmbH, ... H, ganz oder mehrheitlich an Dritte veräußert, so wird das bestehende Arbeitsverhältnis zwischen den Vertragsparteien zum gleichen Zeitpunkt beendet.
Die Abfindung aus dem bestehenden Arbeitsvertrag, der frühestens zum 31.12.1996 gekündigt werden kann, wird wie folgt geregelt:

a. DM 360.000 (Dreihundertsechzigtausend) zu zahlen drei Monate nach Veräußerung der Anteile.
b. Der dann noch offene Betrag, der sich wie folgt errechnet: Vertragslaufzeit in Monaten x DM 15.000 abzüglich der gezahlten DM 360.000, wird in Teilbeträgen unter Berücksichtigung des für Abfindungen steuerlich möglichen Zeitraums (verminderter Steuersatz) gezahlt.?

Mit Aufhebungsvertrag vom 6.6.1991 zwischen der Gesellschafterversammlung der V-GmbH und dem verstorbenen Herrn S wurde das zwischen Herrn S und der V-GmbH bestehende Geschäftsführerdienstverhältnis ?im gegenseitigen Einvernehmen auf Veranlassung der V-GmbH mit Wirkung zum 31.7.1991? beendet. Als Anlass für die Aufhebung ist im Aufhebungsvertrag der ?Wunsch der V-GmbH zur personellen Umstrukturierung im Managementbereich? benannt worden, ?die Trennung von Herrn S erforderlich mache.? Zum Zeitpunkt des Aufhebungsvertrages war Herr S mit zwei Dritteln am Stammkapital der V-GmbH beteiligt, wobei er allerdings ein Drittel nur treuhänderisch für die Firma P GmbH & Co. KG hielt.

Unter § 2 ? Abfindung ? des Vertrages verpflichtete sich die V-GmbH, Herrn S ?als Entschädigung für den Wegfall des Dienstverhältnisses in entsprechender Anwendung der §§ 9 und 10 des Kündigungsschutzgesetzes eine Abfindung in Höhe von 460.000 DM (brutto) zu zahlen. Die Abfindung war mit der Beendigung des Dienstverhältnisses fällig.

In einem Nachtrag zum vorgenannten Aufhebungsvertrag stellen die Vertragsparteien klar, dass der Aufhebungsvertrag vom 6.6.1991 unter der auflösenden Bedingung steht, dass der Vertrag über den ?Erwerb des Speck- und Covenience-Bereiches mit der Firma E-GmbH zustande kommt, nicht angefochten oder rückabgewickelt wird.? Beim Eintritt einer der vorbezeichneten Bedingungen solle der Vertrag nicht zur Durchführung gelangen.

Darüber hinaus wurde am 10.6.1991 in einer Ergänzungsvereinbarung zur Vereinbarung vom 28.3.1991 zwischen dem verstorbenen Herrn S und der Firma A- AG, als Besitzgesellschaft der Firma E-GmbH, im wesentlichen folgendes geregelt:

?Der Geschäftsbetrieb der Firma E-GmbH, H, wird zum 13.7.1991 veräußert. Zum gleichen Termin werde alle derzeitigen Aktivitäten (Produktion, Vertrieb etc.) eingestellt. Damit wird die Vereinbarung vom 28.3.1991 wirksam....
Die Zahlungsmodalitäten werden wie folgt geändert:
Der Abfindungsbetrag wird zum gleichen Termin (13.7.1991). Es sei denn Herr S wünscht einen anderen Zahlungstermin.?

Der verstorbene Herr S erhielt im Juli von der V-GmbH eine Abfindung von 460.000 DM ausbezahlt.

In ihrer für das Streitjahr eingereichte Einkommensteuererklärung gaben die Eheleute S die Abfindungszahlung in der Vordruckzeile ?Entschädigungen die ermäßigt zu besteuern sind? in Höhe von 436.000 DM an. Mit Ausnahme der Lohnsteuerkarten fügten die Kläger zu diesem Vorgang keine weiteren Unterlagen bei. Der Kläger reichte zwei Lohnsteuerkarten (Steuerklasse3) wurde von der A-AG für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.1991 ein Bruttoarbeitslohn in Höhe von 111.679,40 DM bescheinigt. Auf der zweiten Lohnsteuerkarte (Steuerklasse 6) wurde von der V-GmbH ebenfalls für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.ein Bruttoarbeitslohn in Höhe von 56.000 DM sowie unter der Rubrik ?Ermäßigt besteuerte Entschädigung? ein Betrag in Höhe von 436.000 DM und dafür einbehaltene Lohnsteuer in Höhe von 115.514,50 DM ausgewiesen. Zudem wurde als ?steuerfreie Abfindung? 24.000 DM auf der Lohnsteuerkarte festgehalten.

Die Abfindungsentschädigung wurde nach Abzug des Freibetrags nach § 3 Nr.9 EStG (24.000 DM) zunächst im Einkommensteuerbescheid für 1991 vom 23.1.1995 in Höhe von 436.000 DM gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 EStG ermäßigt besteuert.

Nach einer Prüfung des staatlichen Rechnungsprüfungsamtes für Steuern (RPASt) beim Beklagten wurde der Einkommensteuerbescheid vom 23.1.1995 gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO dahingehend geändert, dass der Abfindungsbetrag in Höhe von 436.000 DM nicht mehr gemäß § 34 Abs.1, Abs. 2 EStG ermäßigt besteuert wurde (Bescheid vom 30.6.1997). Das RPASt vertrat vor dem Hintergrund des o. g. Sachverhaltes die Auffassung, eine Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen gemäß § 24 Nr. 1 a EStG liege nicht vor, weil die Entlassungsentschädigung ihre Rechtsgrundlage bereits im ursprünglichen Arbeitsvertrag bzw. in der nachträglich abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarung vom 28.3.1991 gehabt habe. Der Arbeitgeber habe mit der Entschädigungsleistung keine konkrete Verpflichtung aus dem Aufhebungsvertrag vom 6.6.1991 erfüllt. Die Entlassungsentschädigung aus dem Aufhebungsvertrag vom 6.6.1991 erfüllt. Die Entlassungsentschädigung sei nicht erst bei der Auflösung des Dienstverhältnisses, sondern zeitlich vorab in gesonderter Vereinbarung geregelt worden. Sie beruht daher nicht auf einer neuen Rechts- und Billigkeitsgrundlage. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Ergänzungsvereinbarung vom 28.3.1991 ohne konkreten Bezug auf detaillierte Verkaufsverhandlungen mit namentlichen Interessenten getroffen worden sei. Die Entschädigung sei daher nicht erst bei der Auflösung des Dienstverhältnisses, sondern zeitlich vorab in gesonderter Vereinbarung geregelt worden.

Der Einspruch der Kläger blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 14.9.1998).

Mit der vorliegenden Klage machen die Kläger geltend, die Voraussetzungen für eine ermäßigte Besteuerung der Abfindungszahlung in Höhe von 436.000 DM gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 24 Nr. 1 a EStG lägen im Streitfall vor. Die Vereinbarung zwischen dem verstorbenen Herrn S und der A- AG vom 28.3.1991 sei völlig unabhängig von dem ursprünglichen Anstellungsvertrag mit der Firma E-GmbH zustande gekommen. Dieser Vertrag und somit auch die Abfindung beruhten daher auf einer neuen Rechtsgrundlage. Die Firma A- AG habe als Gesellschafterin das bestehende Arbeitsverhältnis zu dem verstorbenen Herrn S mit der Folge einer Abfindungszahlung nur für den Fall beendet, dass die Geschäftsanteile an der E- GmbH an Dritte veräußert würden.

Da es aber zu einer Veräußerung der Geschäftsanteile letztlich gar nicht gekommen sei, sondern (nur) zur Veräußerung des Geschäftsbetriebs beruhe die Abfindungszahlung letztlich ohnehin nicht auf der Regelung vom 28.3.1991, sondern auf den Vereinbarungen 6.6.1991 und vom 10.6.1991. In dem Aufhebungsvertrag vom 6.6.1991 mit der V-GmbH als Übernehmerin des Geschäftsbetriebs der E-GmbH sei die Abfindung mit 460.000 DM geregelt worden. Anlaß für die Aufhebung sei der Wunsch der V-GmbH zur Umstrukturierung. In der Vereinbarung vom 10.6.1991 sei mit der Firma E-GmbH für den konkreten Fall der Betriebsveräußerung erstmals geklärt worden, dass sie für die Entschädigung des Herrn S aufgrund der Beendigung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer ?einstehe?. Diese Vereinbarung erfolgt vor dem Hintergrund der Aufhebungsvereinbarung vom 6.6.1991 und sollte keine zusätzliche Abfindung zusichern. Im Rahmen der Auflösung des Geschäftsführervertrages des Herrn S mit der Firma E-GmbH sei nur eine Abfindung in Höhe von 460.000 DM an Herrn S gezahlt worden. Die Vertragsparteien hätten im Grunde zwischen der V- und der E-GmbH nicht unterschrieben. Alle Aufhebungs- und Abfindungsvereinbarungen beträfen das Verhältnis E-GmbH-S, das durch die Betriebsveräußerung gemäß § 613a BGB auf die V ?GmbH übergegangen sei.

Im übrigen lägen auch die Änderungsvoraussetzungen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO im Streitfall nicht vor. Die Abfindungszahlung sei dem Beklagten mit Abgabe der Steuererklärung 1991 und Einreichung der Lohnsteuerkarte 1991 mitgeteilt worden und ihm daher bei Erlass des ursprünglichen Steuerbescheides bekannt gewesen.

Die Kläger beantragen,

den nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1991 vom 30.6.1997 ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er im wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung vom 14.9.1998. Ergänzend weist er darauf hin, dass im Streitfall die Änderungsvoraussetzungen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO vorgelegen hätten. Da die für die rechtliche Beurteilung der Abfindungszahlung maßgeblichen Verträge dem Beklagten zum Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen Bescheide nicht bekannt gewesen seien, seien die für die Besteuerung erhebliche Tatsachen und Beweismittel nachträglich bekannt geworden. Selbst wenn eine Ermittlungspflichtverletzung des Beklagten vorgelegen habe sei diese in keinem Fall höher zu bewerten als die Pflichtverletzung des Steuerpflichtigen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte hat im Streitfall zu Unrecht die ermäßigte Besteuerung der Abfindungszahlung gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 EStG im Einkommensteuerbescheid für 1991 vom 30.6.1997 abgelehnt. Bei der Zahlung der V-GmbH an den verstorbenen Herrn S im Juli 1991 in Höhe von 460.000 DM handelt es sich um eine gemäß §§ 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, 24 Nr. 1 a EStG ermäßigt zu besteuernde Entschädigung.

Entschädigungen im Sinne des § 24 Nr. 1 a EStG sind Zahlungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen geleistet werden und an deren Stelle treten (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. BFH-Urteil vom 13.2.1987 VI R 168/83, BFH/NV 1987, 574; vom 14.7.1993 l R 84/92, BFH/NV 1994, 23; BFH-Beschluss vom 15.6.2000 XI B 93/99, BFH/NV 2001, 26 m. w. N.). Zahlungen, die nicht für weggefallene oder wegfallende Einnahmen erbracht werden, sondern bürgerlich-rechtlich Erfüllungsleistungen eines Rechtsverhältnisses sind (die sich der Arbeitnehmer also bereits verdient hat) zählen nicht zu den Entschädigungen. Eine Entschädigung kann daher nur dann angenommen werden, wenn die an die Stelle der bisherigen Einnahmen tretende Ersatzleistung auf einer ?neuen? Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen (BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 23, m. w. N.; vgl. hierzu auch Offerhaus, DB 2000, 396).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall bezüglich der Abfindungszahlung an Herrn S erfüllt. Durch die Zahlung in Höhe von 460.000 DM, die Herr S im Juli 1991 von der V-GmbH als Betriebsnachfolgerin (§ 613a BGH) der E-GmbH erhalten hat, wurde Herrn S ein Ausgleich dafür gewährt, dass seine Einnahmen aus dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 11.1.1982 auf Veranlassung des Arbeitgebers ab August 1991 weggefallen sind, obwohl das Arbeitsverhältnis frühestens zum 31.12.1996 gekündigt werden konnte.

Offen bleiben kann bei dieser Beurteilung, ob die Abfindung ausschließlich auf dem Aufhebungsvertrag vom 6.6.1991 zwischen der V-GmbH und Herrn S beruht, oder ob im Hinblick auf die Ergänzungsvereinbarung vom 10.6.1991 zwischen Herrn S und der Firma der A-AG bereits die Abfindungsvereinbarung vom 28.3.1991 Rechtsgrundlage dieser Zahlung ist. Aus der o. g. BFH-Rechtsprechung, wonach eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 a EStG voraussetzt, dass die Leistung auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht, kann nämlich nicht geschlossen werden, dass eine ermäßigte Besteuerung ausscheidet, wenn die Abfindung für den Fall der Kündigung bereits von Anfang an im Anstellungsvertrag geregelt war oder während des Dienstverhältnisses vereinbart wurde (vgl. Offerhaus, DB 2000, 396). Der BFH verlangt lediglich, dass die bisherige Grundlage für die Einnahme weggefallen ist. Es darf sich also nicht um eine Zahlung in Erfüllung zivilrechtlich bereits entstandener Ansprüche handeln. Eine solche Leistung wäre keine Ersatz- oder Entschädigungszahlung, sondern Erfüllungsleistung im Sinne von § 362 Abs. 1 BGB. Eine Ersatz- oder Entschädigungsleistung setzt dagegen voraus, dass nicht die bisherige Schuld erfüllt wird, sondern vielmehr an die Stelle der bisherigen Rechtsgrundlage eine andere getreten ist (vgl. BFH-Urteil vom 16.3.1993 XI R 52/88, BStBl II 1993, 507; Offerhaus, DB 2000, 396).

Eine Ersatz- oder Entschädigungsleistung ist deshalb dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer anstelle der von ihm ursprünglich für seine Arbeitsleistung erwarteten oder zu erwartenden Einnahmen eine andere Leistung erhält, die nicht für seine Arbeitsleistung gewährt wird. Nur dies ergibt sich aus dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des § 24 Nr. 1 a EStG. Wann die Ersatzleistung vereinbart worden ist, ist hierbei ohne Bedeutung. Ein zeitliches Moment wohnt der Entschädigungsbegriff als solchem nicht inne. Es muss sich lediglich um eine Ersatzleistung für den Wegfall der ursprünglich erwarteten und zu erarbeitenden Gegenleistung des Arbeitgebers handeln (vgl. BFH-Urteil vom 6.2.1987 VI R 229/83, BFH/NV 1987, 572; Jacops-Soyka in: Littmann/Bitz/Hellwig, § 24 EStG, Tz. 12; Offerhaus, DB 2000, 396, 397, Ross, DStZ 1999, 212, 213). Entscheidend ist nur, dass die bisherige Rechtsgrundlage entfällt und durch eine ?neue? ersetzt wird. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn im ursprünglichen Arbeitsvertrag oder in einer Nachtragsvereinbarung für den Fall der Kündigung eine Abfindungszahlung geregelt ist. In diesen Fällen entfällt mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses die bisherige Rechtsgrundlage für die Gehaltszahlungen. An ihre Stelle tritt der Abfindungsanspruch.

In diesem Sinne geht auch das BMF-Schreiben zu ?Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der ertragssteuerlichen Behandlung von Entlassungsentschädigungen? vom 18.12.1998 (BStBI I 1998, 1512) in Rdn. 3 davon aus, dass die Vereinbarung einer Abfindung für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens bereits bei Abschluss des Dienstvertrages oder im Verlauf des Dienstverhältnisses eine Qualifizierung als Entschädigung nicht entgegensteht. Entscheidend sei lediglich, dass der Entschädigungsanspruch - auch wenn er bereits früher vereinbart worden sei - erst als Folge einer vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses entstehe.

Unter Beachtung dieser Grundsätze beruht die Zahlung an Herrn S im Juli 1991 auch dann auf einer ?neuen? Rechtsgrundlage im Sinne der BFH-Rechtsprechung, wenn sie letztlich auf die Vereinbarung vom 28.3.1991 zurückzuführen ist.

Darüber hinaus ist im Streitfall zu berücksichtigen, dass die Vereinbarung vom 28.3.1991 im Hinblick auf konkrete Veräußerungsabsichten und -verhandlungen der Arbeitgeberin bzw. deren Gesellschaften knapp drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffen wurde. Unter diesen Umständen wäre eine ?neue? Rechtsgrundlage für die Abfindungszahlung wohl selbst dann zu bejahen, wenn man die Auffassung verträte, dass eine im Dienstvertrag vereinbarte Abfindung grundsätzlich keine tarifbegünstigte Entschädigung darstellen könne (vgl. Urteil des Finanzgerichts München vom 16.9.1999 16 K 4486/97, EFG 2000, 67). Die Vereinbarung im März 1991 erfolgte zu einem Zeitpunkt, in dem die vorzeitige Auflösung des Anstellungsvertrages auf Veranlassung des Arbeitsgebers, der E-GmbH, unmittelbar bevorstand und hinreichend konkretisiert war. Entgegen der Auffassung des RPASt dürfte es bei dieser Beurteilung keine Rolle spielen, dass die Vereinbarung vom 28.3.1991 keinen Bezug auf konkrete Verkaufsverhandlungen und namentliche Interessenten nimmt.

Da die vorzeitige Aufhebung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages von Herrn S durch den Arbeitgeber veranlasst war ? insoweit war zu berücksichtigen, dass Herr S ein Drittel seiner Beteiligung an der V-GmbH nur treuhänderisch hielt ? und die Zahlung in vollem Umfang in einem Veranlagungszeitraum erfolgte, waren auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, Abs. 2, 24 Abs. 1 a EStG erfüllt.

Der Beklagte hat den Klägern daher zu Unrecht eine Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz verwehrt, so dass der Klage stattzugeben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 FGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

RechtsgebietEinkommensteuerVorschriften§ 34 EStG, § 24 Nr. 1a EStG

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