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02.11.2010 · IWW-Abrufnummer 111705

Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 29.09.2009 – 2 K 784/2009

Als vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer gilt bereits, wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben und erste Investitionsausgaben für diesen Zweck tätigt. Der Betrieb einer Photovoltaikanlage erfüllt die Voraussetzungen einer unternehmerischen Tätigkeit, wenn er als Nutzung eines Gegenstandes der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dient.


Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger der Vorsteuerabzug aus Rechnungen u.a. für das Umdecken eines Daches und einer Dacherweiterung im Zusammenhang mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage zusteht.
Der Kläger errichtete im Streitjahr in 1 auf dem Dach eines ehemalig landwirtschaftlich genutzten Stallgebäudes eine Photovoltaikanlage. Die Anlage bedeckt gänzlich die nach Südosten geneigte Dachfläche. Die Fertigstellung/Inbetriebnahme erfolgte am 03.07.2008. Bereits in den Vorjahren war der Kläger mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage auf einem anderen Gebäude unternehmerisch tätig.
Im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 3. Kalendervierteljahr 2008 machte er aus dieser Anschaffung Vorsteuern i.H.v. 14.395,78 € geltend, die sich wie folgt zusammensetzten:

Rechnung Fa. A vom 11.07.2008 (Photovoltaikanlage) 7.447,99 €
Rechnung Fa. B vom 10.07.2008 42,75 €
Rechnung Fa. B vom 10.07.2008 74,48 €
Rechnung Fa. C vom 12.08.2008 4,78 €
Rechnung Fa. D vom 15.07.2008 89,66 €
Rechnung Fa. E vom 18.08.2008 (Raumbeleuchtung) 90,51 €
Rechnung Fa. F vom 30.09.2008 (Dachumdeckung) 6.623,04 €
Rechnung Fa. G vom 14.08.2008 22,57 €
14.395,78 €
Die Rechnung der Firma Fa. F betraf das Umdecken des Stallgebäudes mit der Abnahme und Entsorgung asbesthaltiger Eternitplatten sowie der Neueindeckung des Daches. Außerdem wurde der West- und Ostgiebel um ca. 1 m verlängert und das Dach nach Süden hin erweitert. In der Rechnung waren ferner Kranstunden und Facharbeiterstunden für das Ausschneiden von Bäumen enthalten. Die Rechnung der Fa. E betraf die Installation der Beleuchtung im Wechselrichterraum und die Rechnung der Fa. G einen Regenwasserablauf.
Mit Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 3. Kalendervierteljahr 2008 vom 06.11.2008 hat das Finanzamt die Umsatzsteuer i.H.v. ./.6.909,35 € festgesetzt. Vorsteuern wurden i.H.v. 7.659,66 € berücksichtigt. Nicht zum Abzug zugelassen wurden die geltend gemachten Vorsteuern aus den Rechnungen der Firmen Fa. F, Fa. E und Fa. G. In den Erläuterungen zum Bescheid teilte das Finanzamt hierzu mit, es bestehe kein Zusammenhang mit der Betriebsvorrichtung Photovoltaikanlage und es hätten somit Veränderungen am Stallgebäude stattgefunden.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 07.11.2008 Einspruch ein.
Während des Rechtsbehelfsverfahrens reichte er am 31.03.2009 die Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2008 ein, in der er Vorsteuern von insgesamt 39.922,99 € geltend machte. Darin waren in vollem Umfang die Vorsteuern enthalten, die er bereits im Voranmeldungszeitraum für das 3.Kalendervierteljahr 2008 wegen der Errichtung der Photovoltaikanlage angegeben hatte.
Am 27.05.2009 hat er beim Finanzgericht Nürnberg Untätigkeitsklage erhoben.
Im Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2008 vom 11.08.2009 hat das Finanzamt die geltend gemachten Vorsteuern im Umfang von 33.427,48 € anerkannt. Nicht berücksichtigt wurden Vorsteuern i.H.v. 6.495,51 €, die sich wie folgt zusammensetzten:
Vorsteuer aus der Rechnung Fa. F vom 30.09.2008 für die
Umdeckung und Erweiterung des Stallgebäudes: erklärt6.623,04 €
anerkannt wurden für Ausschneiden der Bäume 19 v.H. von 790 €
(400 € für Kranstunden und 390 € für Kranfahrer)- 150,10 €
6.472,94 €
Vorsteuer aus der Rechnung der Fa. G vom 14.08.2008 22,57 €
6.495,51 €
Die Vorsteuer aus der Rechnung der Firma Fa. E i.H.v. 90,51 € hat das Finanzamt im Umsatzsteuerjahresbescheid für 2008 anerkannt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 13.08.2009 hat das Finanzamt den Einspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.
Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt, den Umsatzsteuerbescheid 2008 vom 11.08.2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 13.08.2009 dahin zu ändern, dass weitere Vorsteuern i.H.v. 6.495,51 € zum Abzug zugelassen werden, d.h. die Umsatzsteuer wie erklärt i.H.v. ./. 35.199,78 € festgesetzt wird.
Unter Bezugnahme auf die Einspruchsbegründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor:
Die Dachkosten seien in vollem Umfang der Photovoltaikanlage zuzuordnen. Die vom Finanzamt nicht anerkannten Rechnungen stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit der Errichtung der Photovoltaikanlage. Das Umdecken des Daches sei nur erforderlich gewesen, weil der Gesetzgeber die Installation von Photovoltaikanlagen auf Wellasbestzementplatten verbiete. Hierzu verweise er auf ein Schreiben der Regierung von 2 vom 06.09.2005. Ansonsten hätte das Dach noch 30 Jahre seine Funktion erfüllt und wäre keineswegs ausgetauscht worden. Außerdem enthalte die Rechnung der Firma Fa. F zum großen Teil Kosten welche selbst dann der Photovoltaikanlage zuzuordnen seien, wenn das Umdecken nicht anerkannt würde. So sei die Dachfläche um 100 m erweitert worden, um mehr Leistung installieren zu können.
Das Finanzamt beantragt die Klage abzuweisen.
Unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung vom 13.08.2009 trägt es im Wesentlichen Folgendes vor:
Der Unternehmer könne nur die Vorsteuer aus der Errichtung der Photovoltaikanlage selbst abziehen. Zu den Anschaffungskosten der Photovoltaikanlage gehörten nicht die Kosten einer Dachsanierung, auch wenn die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Errichtung der Photovoltaikanlage entstanden seien. Die Kosten der Dachsanierung würden grundsätzlich nicht durch die Installation der Photovoltaikanlage verursacht. Dies gelte auch dann, wenn die bisherige Dacheindeckung asbesthaltig sei und darauf keine Photovoltaikanlage montiert werden dürfe. In der Regel dürfte es sich um Erhaltungsaufwand für das Gebäude handeln; ein Vorsteuerabzug aus der Dachsanierung sei daher nicht möglich. Bei einer Dachsanierung würden die bezogenen Werklieferungen unselbständige Bestandteile des Gebäudes. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 13.08.2009 erwiesen.
Gründe
Die Klage hat Erfolg.
Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Recht auf Vorsteuerabzug aus § 15 UStG. Die Umsatzsteuererstattung ist in der vom Kläger beantragten Höhe festzusetzen (§ 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 FGO).
Dem Kläger steht aus der Rechnung der Firma Fa. F vom 30.09.2008 wegen der Dachsanierung und -erweiterung und aus der Rechnung der Firma Fa. G vom 14.08.2008 betreffend den Ablauf von Regenwasser jeweils der Vorsteuerabzug in der Höhe der gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer zu, denn er hat die Leistungen für sein Unternehmen der Stromgewinnung aus der Photovoltaikanlage auf dem Anwesen 1 bezogen.
Die vom Kläger am 27.05.2009 beim Finanzgericht vor Abschluss des Vorverfahrens erhobene Klage war als Untätigkeitsklage (§ 46 FGO) zulässig, da seit Einspruchseinlegung beim Finanzamt am 07.11.2008 eine Frist von sechs Monaten verstrichen war (Gräber/von Groll, § 46 FGO Rz 10). Darüber hinaus ist die Klage jedenfalls mit der Einspruchsentscheidung vom 13.08.2009 zulässig geworden (BFH-Urteil vom 17.05.1985 III R 213/82, BStBl II 1985, 521). Streitgegenstand ist der Umsatzsteuerjahresbescheid 2008 vom 11.08.2009 (BFH-Urteil vom 04.11.1999 V R 35/98, BStBl II 2000,454).
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG 2005 kann der Unternehmer als Vorsteuerbeträge die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist.
Als vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer gilt bereits, wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben und erste Investitionsausgaben für diesen Zweck tätigt (ständige Rspr. vgl. BFH-Urteil vom 08.03.2001 V R 24/98, BStBl. II 2003, 430 und BFH-Beschluss vom 21.04.2008 V B 231/07, BFH/NV 2008, 1358). Der Betrieb einer Photovoltaikanlage erfüllt die Voraussetzungen einer unternehmerischen Tätigkeit, wenn er als Nutzung eines Gegenstandes der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dient (vgl. BFH-Urteil vom 11.04.2008 V R 10/07, BStBl II 2009,741).
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger, der bereits seit Jahren auf einem anderen Gebäude eine Photovoltaikanlage betrieb, im Streitjahr als Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG den Betrieb einer weiteren Photovoltaikanlage beabsichtigte und Investitionsmaßnahmen ergriffen hat. Weiter besteht kein Streit darüber, dass die Rechnungen, aus denen er den Vorsteuerabzug begehrt, den in §§ 14, 14a UStG genannten Voraussetzungen genügen. Unstreitig ist auch, dass die Rechnungen bezahlt und die in den Rechnungen dargestellten Leistungen ausgeführt wurden. Auch der Senat hat nach den Umständen des Streitfalls an diesen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug keine Zweifel. Die Beteiligten stimmen weiter darin überein, dass die Leistungen der Firma Fa. G aus der Rechnung vom 14.08.2008 im Zusammenhang mit der Dachsanierung entstanden sind.
Die streitbefangenen Leistungen wurden für das Unternehmen des Klägers, nämlich den Betrieb der Photovoltaikanlage, ausgeführt. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steht dem Kläger somit der Vorsteuerabzug aus den ausgestellten Rechnungen zu. Die darin abgerechneten Leistungen sind ausschließlich dem Unternehmen des Klägers zuzuordnen.
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG verlangt als Voraussetzung für das Recht auf den Vorsteuerabzug eine gegenstandsbezogene Zuordnung der empfangenen Leistung zum Unternehmen. Die für das deutsche Umsatzsteuergesetz maßgebliche Richtlinienregelung bestimmt in Art. 168 Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie -MwSystRL- (in Kraft getreten am 01.01.2007, BMF-Schreiben vom 11.01.2007 IV A 2 - S 7056 - 6/07, UR 2007, 178) eine tätigkeitsbezogene Zuordnung des Leistungsbezuges.
Art 168 a) MwSystRL trifft folgende Regelung:
Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen: die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden.
Die für die Entscheidung maßgebliche Rechtsprechung des BFH und des EuGH kommt jedoch hinsichtlich der Kriterien, nach denen eine Zuordnung des Leistungsbezuges zum Unternehmen zu beurteilen ist, zu gleichen Ergebnissen (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, UStG-Kommentar, § 15 Rz. 232 m.w.N.). So ist nach dem BFH-Beschluss vom 10.03.2006 (V B 81/05, BFH/NV 2006, 1364) bereits geklärt, „dass ein Unternehmer einen Gegenstand seinem Unternehmen zuordnen darf, wenn der Gegenstand im Umfang des vorgesehenen Einsatzes für unternehmerische Zwecke in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen und beruflichen Tätigkeit steht und diese fördern soll. Maßgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmers im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Er muss in Zweifelsfällen darlegen, dass die bezogene Leistung seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit hat fördern sollen.” Entscheidend ist also hinsichtlich des Leistungsbezuges auf den objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit abzustellen. Auf eine Notwendigkeit dafür kommt es grundsätzlich nicht an (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb; a.a.O., § 15 Rz. 259 m.w.N.).
Erwirbt der Unternehmer Investitionsgüter, die er sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke verwenden kann, so ist er berechtigt, diese Gegenstände in vollem Umfang seinem Unternehmen zuzuordnen und die beim Erwerb geschuldete Umsatzsteuer ebenso in vollem Umfange zum Abzug zu bringen (vgl. BFH-Urteile vom 17.12.2008 XI R 64/06, BFH/NV 2009, 798 und vom 31.01.2002 V R 61/96, BStBl. II 2003, 813; Wagner in Sölch/Ringleb; a.a.O., § 15 Rz. 267).
Werden von einem Unternehmer Gegenstände als Teil des Privatvermögens erworben und verwendet er diese Gegenstände des Privatvermögens für sein Unternehmen, so können gleichwohl die Aufwendungen für den unternehmerischen Gebrauch zum Vorsteuerabzug führen. Das Recht auf Abzug der Vorsteuer aus den laufenden Aufwendungen hängt dabei von dem Zusammenhang mit den besteuerten Umsätzen des Unternehmers ab, auch wenn der Gegenstand selbst Privatvermögen bleibt (vgl. BFH-Urteil vom 17.12.2008 XI R 64/06, a.a.O.; vgl. Wagner in Sölch/Ringleb; a.a.O., § 15 Rz. 268).
Gemessen an vorstehenden Grundsätzen ist dem Kläger der Vorsteuerabzug aus der Rechnung der Firma Fa. F vom 30.09.2008 in vollem Umfang zu gewähren. Die gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen der Firma, die Dachsanierung und -erweiterung und die damit zusammenhängenden Arbeiten standen in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Unternehmung der Stromerzeugung. So ergibt sich aus dem Schreiben der Regierung der 2 vom 06.09.2005 an den Elektroinstallateurmeister A , von dem der Kläger die Photovoltaikanlage bezogen hat, dass die Installierung von Photovoltaikanlagen auf Asbestzementdächern grundsätzlich verboten ist und ein Verstoß gegen dieses Verwendungsverbot eine Straftat darstellt. Auch in dem von der Regierung der 2 -Gewerbeaufsichtsamt- herausgegebenen Merkblatt wird darauf hingewiesen, dass die Montage von Photovoltaik- oder Thermosolaranlagen auf Asbestzementdächern grundsätzlich verboten ist und Verstöße strafbar sind. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass Privatpersonen diese Sanierungs- und Montagearbeiten nicht ausführen dürfen, sondern eine Fachfirma zu beauftragen ist. Unter diesen Umständen war die Dachsanierung, d.h. die Entfernung der asbesthaltigen Eternitplatten, deren Entsorgung und die Neueindeckung des Daches zwingende Voraussetzung für die Errichtung und den Betrieb der Photovoltaikanlage. Bei diesem Sachverhalt ergeben sich nach Auffassung des Senats keine Anhaltspunkte für einen nur teilweisen Vorsteuerabzug, z.B. nur für die voll mit Solarmodulen bedeckte Südostseite. Darüber hinaus zieht der Senat für eine unternehmerische Nutzung ergänzend den Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung in Betracht, wonach er in Zukunft beabsichtige, auch die Nordwestseite des Daches zur Stromgewinnung nutzen zu wollen.
Auch die Vergrößerung der Dachfläche zur Leistungssteigerung der Photovoltaikanlage diente dem unternehmerischen Zweck des Klägers. Das gleiche gilt für die Rechnung der Fa. G für den Regenwasserablauf. Ohne die Errichtung der Photovoltaikanlage wären die durchgeführten Maßnahmen nicht notwendig gewesen. Die hieraus entstandenen Kosten sind aufgrund ihres wirtschaftlichen Zusammenhanges dem Unternehmen des Klägers zuzuordnen. Eine private Veranlassung für die Dachsanierung ist -wie vom Kläger glaubhaft dargelegt- nicht erkennbar, denn durch die Dachsanierung und -erweiterung auf dem Stallgebäude ist kein z.B. für den Kläger neuer Wohn-, Nutz- oder Abstellraum entstanden und es wäre die Dachsanierung ohne die Errichtung der Photovoltaikanlage nicht notwendig gewesen. Dies ergibt sich auch aus der Bestätigung der Firma Fa. F vom 15.09.2009 zur Haltbarkeit des Eternitdaches auf dem Stallgebäude 1 .
Der Senat folgt der Argumentation des Finanzamtes nicht, wenn es den Vorsteuerabzug versagt, weil es sich bei den Kosten der Dachsanierung einschließlich der Spenglerarbeiten um Kosten handele, die in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude stünden und somit nicht den Anschaffungskosten der Photovoltaikanlage, sondern dem Gebäude selbst zuzurechnen seien und in der Regel Erhaltungsaufwand darstellten. Auch seien die bei der Dachsanierung bezogenen Werklieferungen unselbständige Bestandteile des Gebäudes geworden. Entgegen der Auffassung des Finanzamts bleibt nämlich der objektiv gegebene wirtschaftliche Zusammenhang des Leistungsbezuges mit der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers entscheidend.
Der Abzug von Vorsteuerbeträgen ist tragendes Merkmal des europarechtlichen Mehrwertsteuersystems. Als Grundprinzip zur Gewährleistung der Neutralität der Mehrwertsteuer in der Unternehmerkette (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb; a.a.O., § 15 Rz. 21 ff, 26) kann er nicht durch spezielle deutsche Regelungen der Abgabenordnung (z.B. § 39 Abs. 1 AO), des Bilanzsteuerrechts oder des Zivilrechts (z.B. § 94 BGB) verlustig gehen. Bei der Entscheidung über die Zuordnung eines Investitionsgutes zum Unternehmen des Steuerpflichtigen oder über die Berechtigung des Vorsteuerabzugs ist nämlich auf den Regelungszweck des Mehrwertsteuerrechts abzustellen, wobei den Vorschriften des Gemeinschaftsrechts Vorrang vor dem nationalen Recht einzuräumen ist (vgl. EuGH-Urteil vom 15.07.1964 Rs. 6/64 - Costa -, NJW 1964, 2371; vgl. Klenk in Sölch/Ringleb; a.a.O., vor § 1 Rz. 13) und damit nationale Rechtsvorschriften so auszulegen sind, dass sie nicht in Widerspruch zu Vorschriften in Richtlinien der EU stehen (vgl. BFH-Urteil vom 24.07.2003 V R 39/99 - Seeling -, BStBl. II 2004, 371).
Somit kann es bei der Frage über die Berechtigung zum Vorsteuerabzug keine Rolle spielen, ob das für die unternehmerische Tätigkeit bezogene Investitionsgut ertragsteuerlich gemäß § 6 Abs. 1 EStG zu einem Betriebsvermögen des Klägers zu rechnen oder ob es ihm steuerrechtlich nach § 39 AO zuzurechnen ist oder ob es eigentumsrechtlich nach § 94 BGB wesentlicher Bestandteil eines privaten Wohngebäudes oder landwirtschaftlich genutzten Gebäudes geworden ist.
Somit konnte der Auffassung des Finanzamtes nicht gefolgt werden.
Das Finanzamt hat als der unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen (§§ 135 Abs. 1 FGO).
Die Revision war zuzulassen (§ 115 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Ob bzw. in welchem Umfang der Vorsteuerabzug für die Kosten der -wohl zwingenden- Sanierung asbesthaltiger Dächer bei der Errichtung einer Photovoltaikanlage zuzulassen ist, ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden und war bislang -soweit kenntlich- auch nicht Gegenstand erstinstanzlicher Entscheidungen. Die Verwaltung hat hierzu unterschiedliche Rechtsauffassungen. So bejaht die OFD Karlsruhe den Vorsteuerabzug wegen erforderlicher Dachsanierung bei asbesthaltigem Dach, ggf. sei eine nichtunternehmerische Nutzung als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG steuerbar. (Verfügung der OFD Karlsruhe vom 28.01.2009 Az. S 7104, unter 5., juris). Dagegen lässt die OFD Frankfurt den Vorsteuerabzug für eine Dachsanierung nicht zu, auch wenn die Sanierung deswegen erfolgt ist, weil die bisherige Dacheindeckung asbesthaltig war (aber z.B. bejahend betreffend Dachverstärkung aus statischen Gründen; vgl. Verfügung der OFD Frankfurt vom 10.07.2008 S 7300 A-156-St 111, juris). Nach Auskunft des Finanzamts und auch aus eigener Kenntnis des Senats sind eine Vielzahl von Fällen von der Klärung der Rechtsfrage betroffen.

VorschriftenUStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, UStG § 14, UStG § 14a

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