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22.08.2000 · IWW-Abrufnummer 000963

Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 07.12.1999 – 6 K 655/96

Stichwort: Bildung von Rückstellungen für den Anspruch eines Handelsvertreters nach Beendigung des Vertragsverhältnisses bei vertraglicher Modifizierung der Entstehungs-voraussetzungen


NIEDERSÄCHSISCHES FINANZGERICHT
Az.: 6 K 655/96
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit



Klägerin,
Proz.-Bev.:

gegen
Finanzamt
Beklagter,
wegen
Körperschaftsteuer 1987 und 1988
ges. Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG zum 30.06.1987 und 30.06.1988

hat das Niedersächsische Finanzgericht - 6. Senat - nach mündlicher Verhandlung am 07. Dezember 1999 durch
den Präsidenten des Finanzgerichts
den Richter am Finanzgericht und
die Richterin am Finanzgericht
sowie die ehrenamtlichen Richter Herr und Herr
für Recht erkannt:

Die Bescheide über Körperschaftsteuer 1987 und 1988 und über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 KStG zum 30. Juni 1987 und zum 30. Juni 1988 vom 24. September 1990 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 15. Oktober 1996 werden geändert und die Steuer sowie die Besteuerungs-grundlagen nach einem im Wirtschaftsjahr 1986/1987 um 730.000,00 DM und im Wirtschaftsjahr 1987/1988 um 83.000,00 DM verminderten Gewinn festgesetzt. Die Berechnung der Steuer und der Besteuerungsgrundlagen wird dem Beklagten übertragen.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden Kosten abwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil ist die R e v i s i o n zugelassen worden.
Die Revision ist durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer einzule-gen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte, welche die Befähigung zum Richteramt besitzen, vertreten las-sen. Die Revision muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich beim Niedersächsischen Finanzgericht in Hannover, Hermann-Guthe-Str. 3, eingegangen sein und spätestens innerhalb eines weiteren Monats begründet werden. In der Revision ist das angefochtene Urteil anzugeben. Die Revision oder die Revisionsbe-gründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Die Frist für die Revisionsbegründung kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag durch den Vorsitzenden des zuständigen Senats des Bundesfinanzhofs verlängert wer-den. Im Übrigen wird auf die Vorschriften der §§ 118 bis 121 Finanzgerichtsordnung (FGO) und Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs verwiesen.

Anschrift des Finanzgerichts:
Hausadresse: Niedersächsisches Finanzgericht
Hermann-Guthe-Str. 3
30519 Hannover

T a t b e s t a n d :

Die Beteiligten streiten um die Bildung einer Rückstellung für eine Verpflichtung gegen-über einem Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses.
Gegenstand der 1946 gegründeten Klägerin ist die Zucht und der Handel mit Garten- und Futtersamen, Bäumen und Sträuchern, Pflanzen und ähnlichem Gartenbedarf. An dem Stammkapital von 1.000.000 DM waren in den Streitjahren 1987 und 1988 beteiligt, R und H B mit je 300.000 DM sowie die K GmbH & Co. KG mit 400.000 DM. Das Wirtschaftsjahr läuft vom 1. Juli bis 30. Juni eines jeden Kalenderjahres. Die Klägerin ermittelt den Gewinn nach § 5 EStG.
Mit Vertrag vom 8. August 1963 übernahm der Handelsvertreter W die Vertretung der Klägerin in Norddeutschland. Unter Nr. 14 des Vertrages trafen die Klägerin und der Handelsvertreter Bestimmungen über Ansprüche nach Beendigung des Vertragsverhält-nisses. Die Vereinbarung lautet:
?Nach Beendigung der Zusammenarbeit erhält Herr W auf den die Summe von 500.000 DM im Verbandsgebiet übersteigenden letzten Jahresumsatz der Firma B noch weiterhin Provision nach Ziffer 12 (1) und zwar auf die Dauer von zwei Jahren. Sie gilt als Entschädigung für das Wettbewerbsverbot gemäß Ziffer 8 (2). Die Zahlung erfolgt in zwölf gleichen Monatsraten, zu je 1/12 des geschuldeten Jahresbetrags.
Hat die Zusammenarbeit nach diesem Vertrag ununterbrochen mindestens zehn Jahre bestanden, so steht Herrn W ein Ausgleichsanspruch dergestalt zu, dass Provision nach Absatz 1 auch noch über die genannte zweijährige Frist hinaus ge-zahlt wird. Für jedes über das zehnte hinausgehende Jahr ununterbrochener Zu-sammenarbeit verlängert sich der Provisionsanspruch nach Absatz 1 um zwei Mo-natsraten.
Wenn Herr W vor Beendigung der Provisionspflicht sterben sollte, so erlischt der Anspruch mit der Einschränkung, dass er von der Witwe in den restlichen Mo-naten noch zur Hälfte geltend gemacht werden kann. Sollten unter den Hinterblie-benen keine Witwe, wohl aber unmündige Kinder sein, so können diese statt deren für die restlichen Monate den halben Provisionsanspruch anteilig geltend machen.?
Die Klägerin sah den Anspruch des Handelsvertreters als einen Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB an und bildete zum 30. Juni 1987 und zum 30. Juni 1988 Rückstellungen in Höhe von 730.000 DM und 813.000 DM. Die jeweiligen Zuführungen zu der Rückstellung wurden gewinnmindernd behandelt. Die ursprünglichen Steuerbescheide beruhten auf den Angaben in den Steuererklärungen und standen unter dem Vorbehalt der Nachprü-fung.
Nach einer Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt (FA) die Bildung der Rückstellung unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 20. Januar 1983 (BStBl II 1983, 375) nicht an. Es vertrat die Auffassung, eine Rückstellung könne erst bilanziert werden, wenn der Ver-trag mit dem Handelsvertreter beendet werde. Eine Passivierungspflicht bestehe nicht, weil der Ausgleichsanspruch wirtschaftlich nicht während der Tätigkeit des Handelsvertre-ters verursacht werde, sondern die nach Beendigung des Vertrags entstehenden Vorteile abgelten solle. Das FA erhöhte die Gewinne um die Zuführungen zur Rückstellung (730.000 DM in 1987 und 83.000 DM in 1988) und erließ unter dem 24. September 1990 geänderte Bescheide. Für deren Inhalt, insbesondere für die Teilbeträge des verwendba-ren Eigenkapitals, wird auf diese Bescheide verwiesen.
Mit dem Einspruch machte die Klägerin geltend, für den Ausgleichsanspruch als ungewis-se Verbindlichkeit bestehe ein handelsrechtliches Passivierungsgebot, das steuerlich zu beachten sei. Die Auffassung des BFH, dass ein Passivierungsgebot nicht bestehe, wer-de von weiten Teilen des Schrifttums nicht geteilt. Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung seien zum einen die künftige Entstehung einer Verbindlichkeit und die Inan-spruchnahme des Kaufmanns sowie zum anderen die Verursachung der zur Tilgung der Verbindlichkeit zu leistenden Ausgaben im wesentlichen im laufenden Wirtschaftsjahr. Das gelte nach neuerer Rechtsprechung auch bei Dauerrechtsverhältnissen. Bestehe ein Erfüllungsrückstand, müsse die Rückstellung bilanziert werden (BFH-Urteil vom 5. Februar 1987, BStBl II 1987, 845 zu Jubiläumszuwendungen; BFH-Beschluss vom 16. August 1989, BFH/NV 1990, 188). So liege es auch hier. Zwar entstehe der Anspruch des Handelsvertreters erst bei Vertragsbeendigung, der Grund für den Anspruch sei aber wie bei den Jubiläumszuwendungen im laufenden Vertragsverhältnis begründet. Die In-anspruchnahme der Klägerin sei auch wahrscheinlich, zumal im Todesfall Ansprüche der Hinterbliebenen bestünden. Auch handele es sich hier nicht nur um den gesetzlichen An-spruch aus § 89 b HGB, vielmehr sei er vergleichbar mit einem Pensionsanspruch. Das FA wies den Einspruch mit Bescheid vom 15. Oktober 1996 zurück.
Zur Begründung ihrer Klage wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen im Einspruchsverfah-ren und weist ergänzend darauf hin, dass die Voraussetzungen für den streitigen Aus-gleichsanspruch nach § 89 b HGB durch den Vertrag vom 9. August 1963 im einzelnen bestimmt worden sind. Danach sei es hier für das Entstehen des Ausgleichsanspruchs nicht erforderlich, dass die Klägerin nach Beendigung der vertraglichen Beziehungen noch Vorteile aus dem vom Handelsvertreter aufgebauten Kundenstamm habe und die Zahlung eines Ausgleichs billig sei.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über Körperschaftsteuer 1987 und 1988 und über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 30.06.1987 und 30.06.1988 vom 24.09.1990 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 15.10.1996 zu än-dern und die Steuer sowie die Besteuerungsgrundlagen nach einem im Wirt-schaftsjahr 1986/1987 um 730.000 DM und im Wirtschaftsjahr 1987/1988 um 83.000 DM verminderten Gewinn festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hält an seiner Rechtsauffassung fest.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Die begehrte Rückstellung ist zulässig.
Die Klägerin ist eine im Inland ansässige Kapitalgesellschaft und unterliegt deshalb der Körperschaftsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG). Die Körperschaftsteuer bemißt sich nach dem Einkommen (§ 7 KStG). Für die Ermittlung des Einkommens verweist § 8 Abs. 1 KStG u.a. auf die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuergesetzes. Nach § 5 Abs. 1 EStG ist bei Gewerbetreibenden, zu denen die Klägerin nach § 8 Abs. 2 KStG ge-hört, und die als Kaufleute Bücher führen (§ 6 Abs. 1; HGB § 13 Abs. 3, § 42 GmbHG), der Gewinn (§ 4 Abs. 1 EStG), der ich nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ord-nungsmäßiger Buchführung (GoB) ergibt, auszuweisen. Die Bilanzierungsvorschriften des Handelsgesetzbuchs (§§ 238, 242 ff HGB), sind, jedenfalls soweit sie die Bildung von Rückstellungen betreffen (§ 249 HGB), GoB.
Nach § 249 Abs. 1 HGB sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Eine ungewisse Verbindlichkeit in diesem Sinne ist gegeben, wenn aus betrieblicher Ver-anlassung eine Verbindlichkeit einem anderen gegenüber entstehen kann (sog. Unge-wissheit dem Grunde nach) oder zwar besteht, aber die Höhe oder Fälligkeit ungewiss ist (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG 18. Aufl., § 5 Rz 361 mwN; Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl., § 249 Rz 2 mwN). Die Inanspruchnahme muß wahrscheinlich sein.
Die sich aus dem Vertrag vom 8. August 1963 ergebende Zahlungsverpflichtung der Klä-gerin gegenüber ihrem früheren, Ende des Jahres 1999 ausgeschiedenen Handelsvertre-ter W , erfüllt die Voraussetzungen des § 249 HGB, da sie hinsichtlich der Höhe und der Fälligkeit ungewiss ist; die Höhe des 500.000 DM übersteigenden Umsatzes (Mehr-umsatz) und damit die Provisionshöhe kann erst am Ende des Jahres nach seinem Aus-scheiden ermittelt werden. Die Zahlungsverpflichtung ist auch ungewiß insoweit als von der Lebensdauer des Herrn W abhängt, ob die Zahlungen für seine Witwe bzw. Kinder zur Hälfte fortzusetzen sein werden.
Der Bildung der Rückstellung steht nicht entgegen, dass die Beteiligten den Vertrag vom 8. August 1963 übereinstimmend als die Regelung einer Ausgleichsforderung nach § 89 b HGB auffassen; träfe diese Einschätzung der Beteiligten zu, dürfte eine Rückstellung nicht gebildet werden, weil Verpflichtungen im Sinne des § 89 b HGB nach der Recht-sprechung des BFH künftigen Aufwand darstellen (vgl. BFH/NV 99, 1076; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 18. Aufl., § 5 Rz 550 Handelsvertreter). Rechtsauffassun-gen der Beteiligten, auch wenn sie darin übereinstimmen, binden das Gericht indes nicht. Der Vertrag vom 8. August 1963 entspricht nicht § 89 b HGB; denn die Vorschrift setzt voraus, dass die Vorteile des Unternehmers aus vom Handelsvertreter geworbenen Kun-den oder vermittelten Geschäften herrühren (vgl. § 89 b Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HGB). Darauf ist in dem Vertrag vom 8. August 1963 aber nicht abgestellt, sondern lediglich auf einen 500.000 DM überschreitenden Umsatz, ohne dass ein Zusammenhang mit Kunden bzw. Geschäftsbeziehungen vorausgesetzt ist, die auf Herrn W zurückgehen. Als Grund der Zahlungsverpflichtung wird vielmehr das von Herrn W einzuhaltende Wett-bewerbsverbot genannt.
Es kann auch dahinstehen, ob das sich aus § 6 a Abs. 4 EStG ergebende Nachholverbot der Rückstellungsbildung entgegen stünde, weil die Klägerin die Rückstellungen erst im Streitjahr bilden will; denn die Zahlungsverpflichtung aus dem Vertrag vom 8. August 1993 ist nicht als Pensionszusage im Sinne des § 6 a Abs. 1 EStG zu qualifizieren. Die Ver-pflichtung wird in Absatz 1 der Nr. 14 des Vertrages vom 9. August 1963 als Entschädi-gung für das Herrn W treffende Wettbewerbsverbot bezeichnet. An dieser Beurteilung ändert sich im Ergebnis nichts dadurch, dass auch die Witwe und Kinder des Herrn W im Falle seines vorzeitigen Ablebens Anspruch auf die Hälfte des ?Provisionsan-spruchs? haben sollen. Insoweit hat die Entschädigungsabrede zwar auch Versorgungs-charakter. Dieser steht aber unter Berücksichtigung aller Umstände des Streitfalles nicht im Vordergrund; vielmehr handelt es sich bei der Regelung in Nr. 14 des Vertrages vom 9. August 1993 um einen typengemischten Vertrag sui generis, der nach § 305 BGB zu-lässig ist. Seine entscheidende Prägung erfährt die Zahlungsverpflichtung der Klägerin durch die im Vertrag genannte Gegenleistung, nämlich die Verpflichtung des Herrn W zur Unterlassung von Wettbewerb.
Die Berechnung der Steuer und der Besteuerungsgrundlagen wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Finanzamt übertragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
gez. gez. gez.

NIEDERSÄCHSISCHES FINANZGERICHT
Az.: 6 K 655/96
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit



Klägerin,
Proz.-Bev.:

gegen
Finanzamt
Beklagter,
wegen
Körperschaftsteuer 1987 und 1988
ges. Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG zum 30.06.1987 und 30.06.1988

hat das Niedersächsische Finanzgericht - 6. Senat - nach mündlicher Verhandlung am 07. Dezember 1999 durch
den Präsidenten des Finanzgerichts
den Richter am Finanzgericht und
die Richterin am Finanzgericht
sowie die ehrenamtlichen Richter Herr und Herr
für Recht erkannt:

Die Bescheide über Körperschaftsteuer 1987 und 1988 und über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 KStG zum 30. Juni 1987 und zum 30. Juni 1988 vom 24. September 1990 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 15. Oktober 1996 werden geändert und die Steuer sowie die Besteuerungs-grundlagen nach einem im Wirtschaftsjahr 1986/1987 um 730.000,00 DM und im Wirtschaftsjahr 1987/1988 um 83.000,00 DM verminderten Gewinn festgesetzt. Die Berechnung der Steuer und der Besteuerungsgrundlagen wird dem Beklagten übertragen.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden Kosten abwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil ist die R e v i s i o n zugelassen worden.
Die Revision ist durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer einzule-gen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte, welche die Befähigung zum Richteramt besitzen, vertreten las-sen. Die Revision muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich beim Niedersächsischen Finanzgericht in Hannover, Hermann-Guthe-Str. 3, eingegangen sein und spätestens innerhalb eines weiteren Monats begründet werden. In der Revision ist das angefochtene Urteil anzugeben. Die Revision oder die Revisionsbe-gründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Die Frist für die Revisionsbegründung kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag durch den Vorsitzenden des zuständigen Senats des Bundesfinanzhofs verlängert wer-den. Im Übrigen wird auf die Vorschriften der §§ 118 bis 121 Finanzgerichtsordnung (FGO) und Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs verwiesen.

Anschrift des Finanzgerichts:
Hausadresse: Niedersächsisches Finanzgericht
Hermann-Guthe-Str. 3
30519 Hannover

T a t b e s t a n d :

Die Beteiligten streiten um die Bildung einer Rückstellung für eine Verpflichtung gegen-über einem Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses.
Gegenstand der 1946 gegründeten Klägerin ist die Zucht und der Handel mit Garten- und Futtersamen, Bäumen und Sträuchern, Pflanzen und ähnlichem Gartenbedarf. An dem Stammkapital von 1.000.000 DM waren in den Streitjahren 1987 und 1988 beteiligt, R und H B mit je 300.000 DM sowie die K GmbH & Co. KG mit 400.000 DM. Das Wirtschaftsjahr läuft vom 1. Juli bis 30. Juni eines jeden Kalenderjahres. Die Klägerin ermittelt den Gewinn nach § 5 EStG.
Mit Vertrag vom 8. August 1963 übernahm der Handelsvertreter W die Vertretung der Klägerin in Norddeutschland. Unter Nr. 14 des Vertrages trafen die Klägerin und der Handelsvertreter Bestimmungen über Ansprüche nach Beendigung des Vertragsverhält-nisses. Die Vereinbarung lautet:
?Nach Beendigung der Zusammenarbeit erhält Herr W auf den die Summe von 500.000 DM im Verbandsgebiet übersteigenden letzten Jahresumsatz der Firma B noch weiterhin Provision nach Ziffer 12 (1) und zwar auf die Dauer von zwei Jahren. Sie gilt als Entschädigung für das Wettbewerbsverbot gemäß Ziffer 8 (2). Die Zahlung erfolgt in zwölf gleichen Monatsraten, zu je 1/12 des geschuldeten Jahresbetrags.
Hat die Zusammenarbeit nach diesem Vertrag ununterbrochen mindestens zehn Jahre bestanden, so steht Herrn W ein Ausgleichsanspruch dergestalt zu, dass Provision nach Absatz 1 auch noch über die genannte zweijährige Frist hinaus ge-zahlt wird. Für jedes über das zehnte hinausgehende Jahr ununterbrochener Zu-sammenarbeit verlängert sich der Provisionsanspruch nach Absatz 1 um zwei Mo-natsraten.
Wenn Herr W vor Beendigung der Provisionspflicht sterben sollte, so erlischt der Anspruch mit der Einschränkung, dass er von der Witwe in den restlichen Mo-naten noch zur Hälfte geltend gemacht werden kann. Sollten unter den Hinterblie-benen keine Witwe, wohl aber unmündige Kinder sein, so können diese statt deren für die restlichen Monate den halben Provisionsanspruch anteilig geltend machen.?
Die Klägerin sah den Anspruch des Handelsvertreters als einen Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB an und bildete zum 30. Juni 1987 und zum 30. Juni 1988 Rückstellungen in Höhe von 730.000 DM und 813.000 DM. Die jeweiligen Zuführungen zu der Rückstellung wurden gewinnmindernd behandelt. Die ursprünglichen Steuerbescheide beruhten auf den Angaben in den Steuererklärungen und standen unter dem Vorbehalt der Nachprü-fung.
Nach einer Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt (FA) die Bildung der Rückstellung unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 20. Januar 1983 (BStBl II 1983, 375) nicht an. Es vertrat die Auffassung, eine Rückstellung könne erst bilanziert werden, wenn der Ver-trag mit dem Handelsvertreter beendet werde. Eine Passivierungspflicht bestehe nicht, weil der Ausgleichsanspruch wirtschaftlich nicht während der Tätigkeit des Handelsvertre-ters verursacht werde, sondern die nach Beendigung des Vertrags entstehenden Vorteile abgelten solle. Das FA erhöhte die Gewinne um die Zuführungen zur Rückstellung (730.000 DM in 1987 und 83.000 DM in 1988) und erließ unter dem 24. September 1990 geänderte Bescheide. Für deren Inhalt, insbesondere für die Teilbeträge des verwendba-ren Eigenkapitals, wird auf diese Bescheide verwiesen.
Mit dem Einspruch machte die Klägerin geltend, für den Ausgleichsanspruch als ungewis-se Verbindlichkeit bestehe ein handelsrechtliches Passivierungsgebot, das steuerlich zu beachten sei. Die Auffassung des BFH, dass ein Passivierungsgebot nicht bestehe, wer-de von weiten Teilen des Schrifttums nicht geteilt. Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung seien zum einen die künftige Entstehung einer Verbindlichkeit und die Inan-spruchnahme des Kaufmanns sowie zum anderen die Verursachung der zur Tilgung der Verbindlichkeit zu leistenden Ausgaben im wesentlichen im laufenden Wirtschaftsjahr. Das gelte nach neuerer Rechtsprechung auch bei Dauerrechtsverhältnissen. Bestehe ein Erfüllungsrückstand, müsse die Rückstellung bilanziert werden (BFH-Urteil vom 5. Februar 1987, BStBl II 1987, 845 zu Jubiläumszuwendungen; BFH-Beschluss vom 16. August 1989, BFH/NV 1990, 188). So liege es auch hier. Zwar entstehe der Anspruch des Handelsvertreters erst bei Vertragsbeendigung, der Grund für den Anspruch sei aber wie bei den Jubiläumszuwendungen im laufenden Vertragsverhältnis begründet. Die In-anspruchnahme der Klägerin sei auch wahrscheinlich, zumal im Todesfall Ansprüche der Hinterbliebenen bestünden. Auch handele es sich hier nicht nur um den gesetzlichen An-spruch aus § 89 b HGB, vielmehr sei er vergleichbar mit einem Pensionsanspruch. Das FA wies den Einspruch mit Bescheid vom 15. Oktober 1996 zurück.
Zur Begründung ihrer Klage wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen im Einspruchsverfah-ren und weist ergänzend darauf hin, dass die Voraussetzungen für den streitigen Aus-gleichsanspruch nach § 89 b HGB durch den Vertrag vom 9. August 1963 im einzelnen bestimmt worden sind. Danach sei es hier für das Entstehen des Ausgleichsanspruchs nicht erforderlich, dass die Klägerin nach Beendigung der vertraglichen Beziehungen noch Vorteile aus dem vom Handelsvertreter aufgebauten Kundenstamm habe und die Zahlung eines Ausgleichs billig sei.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über Körperschaftsteuer 1987 und 1988 und über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 30.06.1987 und 30.06.1988 vom 24.09.1990 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 15.10.1996 zu än-dern und die Steuer sowie die Besteuerungsgrundlagen nach einem im Wirt-schaftsjahr 1986/1987 um 730.000 DM und im Wirtschaftsjahr 1987/1988 um 83.000 DM verminderten Gewinn festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hält an seiner Rechtsauffassung fest.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Die begehrte Rückstellung ist zulässig.
Die Klägerin ist eine im Inland ansässige Kapitalgesellschaft und unterliegt deshalb der Körperschaftsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG). Die Körperschaftsteuer bemißt sich nach dem Einkommen (§ 7 KStG). Für die Ermittlung des Einkommens verweist § 8 Abs. 1 KStG u.a. auf die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuergesetzes. Nach § 5 Abs. 1 EStG ist bei Gewerbetreibenden, zu denen die Klägerin nach § 8 Abs. 2 KStG ge-hört, und die als Kaufleute Bücher führen (§ 6 Abs. 1; HGB § 13 Abs. 3, § 42 GmbHG), der Gewinn (§ 4 Abs. 1 EStG), der ich nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ord-nungsmäßiger Buchführung (GoB) ergibt, auszuweisen. Die Bilanzierungsvorschriften des Handelsgesetzbuchs (§§ 238, 242 ff HGB), sind, jedenfalls soweit sie die Bildung von Rückstellungen betreffen (§ 249 HGB), GoB.
Nach § 249 Abs. 1 HGB sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Eine ungewisse Verbindlichkeit in diesem Sinne ist gegeben, wenn aus betrieblicher Ver-anlassung eine Verbindlichkeit einem anderen gegenüber entstehen kann (sog. Unge-wissheit dem Grunde nach) oder zwar besteht, aber die Höhe oder Fälligkeit ungewiss ist (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG 18. Aufl., § 5 Rz 361 mwN; Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl., § 249 Rz 2 mwN). Die Inanspruchnahme muß wahrscheinlich sein.
Die sich aus dem Vertrag vom 8. August 1963 ergebende Zahlungsverpflichtung der Klä-gerin gegenüber ihrem früheren, Ende des Jahres 1999 ausgeschiedenen Handelsvertre-ter W , erfüllt die Voraussetzungen des § 249 HGB, da sie hinsichtlich der Höhe und der Fälligkeit ungewiss ist; die Höhe des 500.000 DM übersteigenden Umsatzes (Mehr-umsatz) und damit die Provisionshöhe kann erst am Ende des Jahres nach seinem Aus-scheiden ermittelt werden. Die Zahlungsverpflichtung ist auch ungewiß insoweit als von der Lebensdauer des Herrn W abhängt, ob die Zahlungen für seine Witwe bzw. Kinder zur Hälfte fortzusetzen sein werden.
Der Bildung der Rückstellung steht nicht entgegen, dass die Beteiligten den Vertrag vom 8. August 1963 übereinstimmend als die Regelung einer Ausgleichsforderung nach § 89 b HGB auffassen; träfe diese Einschätzung der Beteiligten zu, dürfte eine Rückstellung nicht gebildet werden, weil Verpflichtungen im Sinne des § 89 b HGB nach der Recht-sprechung des BFH künftigen Aufwand darstellen (vgl. BFH/NV 99, 1076; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 18. Aufl., § 5 Rz 550 Handelsvertreter). Rechtsauffassun-gen der Beteiligten, auch wenn sie darin übereinstimmen, binden das Gericht indes nicht. Der Vertrag vom 8. August 1963 entspricht nicht § 89 b HGB; denn die Vorschrift setzt voraus, dass die Vorteile des Unternehmers aus vom Handelsvertreter geworbenen Kun-den oder vermittelten Geschäften herrühren (vgl. § 89 b Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HGB). Darauf ist in dem Vertrag vom 8. August 1963 aber nicht abgestellt, sondern lediglich auf einen 500.000 DM überschreitenden Umsatz, ohne dass ein Zusammenhang mit Kunden bzw. Geschäftsbeziehungen vorausgesetzt ist, die auf Herrn W zurückgehen. Als Grund der Zahlungsverpflichtung wird vielmehr das von Herrn W einzuhaltende Wett-bewerbsverbot genannt.
Es kann auch dahinstehen, ob das sich aus § 6 a Abs. 4 EStG ergebende Nachholverbot der Rückstellungsbildung entgegen stünde, weil die Klägerin die Rückstellungen erst im Streitjahr bilden will; denn die Zahlungsverpflichtung aus dem Vertrag vom 8. August 1993 ist nicht als Pensionszusage im Sinne des § 6 a Abs. 1 EStG zu qualifizieren. Die Ver-pflichtung wird in Absatz 1 der Nr. 14 des Vertrages vom 9. August 1963 als Entschädi-gung für das Herrn W treffende Wettbewerbsverbot bezeichnet. An dieser Beurteilung ändert sich im Ergebnis nichts dadurch, dass auch die Witwe und Kinder des Herrn W im Falle seines vorzeitigen Ablebens Anspruch auf die Hälfte des ?Provisionsan-spruchs? haben sollen. Insoweit hat die Entschädigungsabrede zwar auch Versorgungs-charakter. Dieser steht aber unter Berücksichtigung aller Umstände des Streitfalles nicht im Vordergrund; vielmehr handelt es sich bei der Regelung in Nr. 14 des Vertrages vom 9. August 1993 um einen typengemischten Vertrag sui generis, der nach § 305 BGB zu-lässig ist. Seine entscheidende Prägung erfährt die Zahlungsverpflichtung der Klägerin durch die im Vertrag genannte Gegenleistung, nämlich die Verpflichtung des Herrn W zur Unterlassung von Wettbewerb.
Die Berechnung der Steuer und der Besteuerungsgrundlagen wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Finanzamt übertragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
gez. gez. gez.

NIEDERSÄCHSISCHES FINANZGERICHT
Az.: 6 K 655/96
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit



Klägerin,
Proz.-Bev.:

gegen
Finanzamt
Beklagter,
wegen
Körperschaftsteuer 1987 und 1988
ges. Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG zum 30.06.1987 und 30.06.1988

hat das Niedersächsische Finanzgericht - 6. Senat - nach mündlicher Verhandlung am 07. Dezember 1999 durch
den Präsidenten des Finanzgerichts
den Richter am Finanzgericht und
die Richterin am Finanzgericht
sowie die ehrenamtlichen Richter Herr und Herr
für Recht erkannt:

Die Bescheide über Körperschaftsteuer 1987 und 1988 und über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 KStG zum 30. Juni 1987 und zum 30. Juni 1988 vom 24. September 1990 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 15. Oktober 1996 werden geändert und die Steuer sowie die Besteuerungs-grundlagen nach einem im Wirtschaftsjahr 1986/1987 um 730.000,00 DM und im Wirtschaftsjahr 1987/1988 um 83.000,00 DM verminderten Gewinn festgesetzt. Die Berechnung der Steuer und der Besteuerungsgrundlagen wird dem Beklagten übertragen.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden Kosten abwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil ist die R e v i s i o n zugelassen worden.
Die Revision ist durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer einzule-gen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte, welche die Befähigung zum Richteramt besitzen, vertreten las-sen. Die Revision muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich beim Niedersächsischen Finanzgericht in Hannover, Hermann-Guthe-Str. 3, eingegangen sein und spätestens innerhalb eines weiteren Monats begründet werden. In der Revision ist das angefochtene Urteil anzugeben. Die Revision oder die Revisionsbe-gründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Die Frist für die Revisionsbegründung kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag durch den Vorsitzenden des zuständigen Senats des Bundesfinanzhofs verlängert wer-den. Im Übrigen wird auf die Vorschriften der §§ 118 bis 121 Finanzgerichtsordnung (FGO) und Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs verwiesen.

Anschrift des Finanzgerichts:
Hausadresse: Niedersächsisches Finanzgericht
Hermann-Guthe-Str. 3
30519 Hannover

T a t b e s t a n d :

Die Beteiligten streiten um die Bildung einer Rückstellung für eine Verpflichtung gegen-über einem Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses.
Gegenstand der 1946 gegründeten Klägerin ist die Zucht und der Handel mit Garten- und Futtersamen, Bäumen und Sträuchern, Pflanzen und ähnlichem Gartenbedarf. An dem Stammkapital von 1.000.000 DM waren in den Streitjahren 1987 und 1988 beteiligt, R und H B mit je 300.000 DM sowie die K GmbH & Co. KG mit 400.000 DM. Das Wirtschaftsjahr läuft vom 1. Juli bis 30. Juni eines jeden Kalenderjahres. Die Klägerin ermittelt den Gewinn nach § 5 EStG.
Mit Vertrag vom 8. August 1963 übernahm der Handelsvertreter W die Vertretung der Klägerin in Norddeutschland. Unter Nr. 14 des Vertrages trafen die Klägerin und der Handelsvertreter Bestimmungen über Ansprüche nach Beendigung des Vertragsverhält-nisses. Die Vereinbarung lautet:
?Nach Beendigung der Zusammenarbeit erhält Herr W auf den die Summe von 500.000 DM im Verbandsgebiet übersteigenden letzten Jahresumsatz der Firma B noch weiterhin Provision nach Ziffer 12 (1) und zwar auf die Dauer von zwei Jahren. Sie gilt als Entschädigung für das Wettbewerbsverbot gemäß Ziffer 8 (2). Die Zahlung erfolgt in zwölf gleichen Monatsraten, zu je 1/12 des geschuldeten Jahresbetrags.
Hat die Zusammenarbeit nach diesem Vertrag ununterbrochen mindestens zehn Jahre bestanden, so steht Herrn W ein Ausgleichsanspruch dergestalt zu, dass Provision nach Absatz 1 auch noch über die genannte zweijährige Frist hinaus ge-zahlt wird. Für jedes über das zehnte hinausgehende Jahr ununterbrochener Zu-sammenarbeit verlängert sich der Provisionsanspruch nach Absatz 1 um zwei Mo-natsraten.
Wenn Herr W vor Beendigung der Provisionspflicht sterben sollte, so erlischt der Anspruch mit der Einschränkung, dass er von der Witwe in den restlichen Mo-naten noch zur Hälfte geltend gemacht werden kann. Sollten unter den Hinterblie-benen keine Witwe, wohl aber unmündige Kinder sein, so können diese statt deren für die restlichen Monate den halben Provisionsanspruch anteilig geltend machen.?
Die Klägerin sah den Anspruch des Handelsvertreters als einen Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB an und bildete zum 30. Juni 1987 und zum 30. Juni 1988 Rückstellungen in Höhe von 730.000 DM und 813.000 DM. Die jeweiligen Zuführungen zu der Rückstellung wurden gewinnmindernd behandelt. Die ursprünglichen Steuerbescheide beruhten auf den Angaben in den Steuererklärungen und standen unter dem Vorbehalt der Nachprü-fung.
Nach einer Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt (FA) die Bildung der Rückstellung unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 20. Januar 1983 (BStBl II 1983, 375) nicht an. Es vertrat die Auffassung, eine Rückstellung könne erst bilanziert werden, wenn der Ver-trag mit dem Handelsvertreter beendet werde. Eine Passivierungspflicht bestehe nicht, weil der Ausgleichsanspruch wirtschaftlich nicht während der Tätigkeit des Handelsvertre-ters verursacht werde, sondern die nach Beendigung des Vertrags entstehenden Vorteile abgelten solle. Das FA erhöhte die Gewinne um die Zuführungen zur Rückstellung (730.000 DM in 1987 und 83.000 DM in 1988) und erließ unter dem 24. September 1990 geänderte Bescheide. Für deren Inhalt, insbesondere für die Teilbeträge des verwendba-ren Eigenkapitals, wird auf diese Bescheide verwiesen.
Mit dem Einspruch machte die Klägerin geltend, für den Ausgleichsanspruch als ungewis-se Verbindlichkeit bestehe ein handelsrechtliches Passivierungsgebot, das steuerlich zu beachten sei. Die Auffassung des BFH, dass ein Passivierungsgebot nicht bestehe, wer-de von weiten Teilen des Schrifttums nicht geteilt. Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung seien zum einen die künftige Entstehung einer Verbindlichkeit und die Inan-spruchnahme des Kaufmanns sowie zum anderen die Verursachung der zur Tilgung der Verbindlichkeit zu leistenden Ausgaben im wesentlichen im laufenden Wirtschaftsjahr. Das gelte nach neuerer Rechtsprechung auch bei Dauerrechtsverhältnissen. Bestehe ein Erfüllungsrückstand, müsse die Rückstellung bilanziert werden (BFH-Urteil vom 5. Februar 1987, BStBl II 1987, 845 zu Jubiläumszuwendungen; BFH-Beschluss vom 16. August 1989, BFH/NV 1990, 188). So liege es auch hier. Zwar entstehe der Anspruch des Handelsvertreters erst bei Vertragsbeendigung, der Grund für den Anspruch sei aber wie bei den Jubiläumszuwendungen im laufenden Vertragsverhältnis begründet. Die In-anspruchnahme der Klägerin sei auch wahrscheinlich, zumal im Todesfall Ansprüche der Hinterbliebenen bestünden. Auch handele es sich hier nicht nur um den gesetzlichen An-spruch aus § 89 b HGB, vielmehr sei er vergleichbar mit einem Pensionsanspruch. Das FA wies den Einspruch mit Bescheid vom 15. Oktober 1996 zurück.
Zur Begründung ihrer Klage wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen im Einspruchsverfah-ren und weist ergänzend darauf hin, dass die Voraussetzungen für den streitigen Aus-gleichsanspruch nach § 89 b HGB durch den Vertrag vom 9. August 1963 im einzelnen bestimmt worden sind. Danach sei es hier für das Entstehen des Ausgleichsanspruchs nicht erforderlich, dass die Klägerin nach Beendigung der vertraglichen Beziehungen noch Vorteile aus dem vom Handelsvertreter aufgebauten Kundenstamm habe und die Zahlung eines Ausgleichs billig sei.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über Körperschaftsteuer 1987 und 1988 und über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 30.06.1987 und 30.06.1988 vom 24.09.1990 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 15.10.1996 zu än-dern und die Steuer sowie die Besteuerungsgrundlagen nach einem im Wirt-schaftsjahr 1986/1987 um 730.000 DM und im Wirtschaftsjahr 1987/1988 um 83.000 DM verminderten Gewinn festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hält an seiner Rechtsauffassung fest.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Die begehrte Rückstellung ist zulässig.
Die Klägerin ist eine im Inland ansässige Kapitalgesellschaft und unterliegt deshalb der Körperschaftsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG). Die Körperschaftsteuer bemißt sich nach dem Einkommen (§ 7 KStG). Für die Ermittlung des Einkommens verweist § 8 Abs. 1 KStG u.a. auf die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuergesetzes. Nach § 5 Abs. 1 EStG ist bei Gewerbetreibenden, zu denen die Klägerin nach § 8 Abs. 2 KStG ge-hört, und die als Kaufleute Bücher führen (§ 6 Abs. 1; HGB § 13 Abs. 3, § 42 GmbHG), der Gewinn (§ 4 Abs. 1 EStG), der ich nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ord-nungsmäßiger Buchführung (GoB) ergibt, auszuweisen. Die Bilanzierungsvorschriften des Handelsgesetzbuchs (§§ 238, 242 ff HGB), sind, jedenfalls soweit sie die Bildung von Rückstellungen betreffen (§ 249 HGB), GoB.
Nach § 249 Abs. 1 HGB sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Eine ungewisse Verbindlichkeit in diesem Sinne ist gegeben, wenn aus betrieblicher Ver-anlassung eine Verbindlichkeit einem anderen gegenüber entstehen kann (sog. Unge-wissheit dem Grunde nach) oder zwar besteht, aber die Höhe oder Fälligkeit ungewiss ist (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG 18. Aufl., § 5 Rz 361 mwN; Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl., § 249 Rz 2 mwN). Die Inanspruchnahme muß wahrscheinlich sein.
Die sich aus dem Vertrag vom 8. August 1963 ergebende Zahlungsverpflichtung der Klä-gerin gegenüber ihrem früheren, Ende des Jahres 1999 ausgeschiedenen Handelsvertre-ter W , erfüllt die Voraussetzungen des § 249 HGB, da sie hinsichtlich der Höhe und der Fälligkeit ungewiss ist; die Höhe des 500.000 DM übersteigenden Umsatzes (Mehr-umsatz) und damit die Provisionshöhe kann erst am Ende des Jahres nach seinem Aus-scheiden ermittelt werden. Die Zahlungsverpflichtung ist auch ungewiß insoweit als von der Lebensdauer des Herrn W abhängt, ob die Zahlungen für seine Witwe bzw. Kinder zur Hälfte fortzusetzen sein werden.
Der Bildung der Rückstellung steht nicht entgegen, dass die Beteiligten den Vertrag vom 8. August 1963 übereinstimmend als die Regelung einer Ausgleichsforderung nach § 89 b HGB auffassen; träfe diese Einschätzung der Beteiligten zu, dürfte eine Rückstellung nicht gebildet werden, weil Verpflichtungen im Sinne des § 89 b HGB nach der Recht-sprechung des BFH künftigen Aufwand darstellen (vgl. BFH/NV 99, 1076; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 18. Aufl., § 5 Rz 550 Handelsvertreter). Rechtsauffassun-gen der Beteiligten, auch wenn sie darin übereinstimmen, binden das Gericht indes nicht. Der Vertrag vom 8. August 1963 entspricht nicht § 89 b HGB; denn die Vorschrift setzt voraus, dass die Vorteile des Unternehmers aus vom Handelsvertreter geworbenen Kun-den oder vermittelten Geschäften herrühren (vgl. § 89 b Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HGB). Darauf ist in dem Vertrag vom 8. August 1963 aber nicht abgestellt, sondern lediglich auf einen 500.000 DM überschreitenden Umsatz, ohne dass ein Zusammenhang mit Kunden bzw. Geschäftsbeziehungen vorausgesetzt ist, die auf Herrn W zurückgehen. Als Grund der Zahlungsverpflichtung wird vielmehr das von Herrn W einzuhaltende Wett-bewerbsverbot genannt.
Es kann auch dahinstehen, ob das sich aus § 6 a Abs. 4 EStG ergebende Nachholverbot der Rückstellungsbildung entgegen stünde, weil die Klägerin die Rückstellungen erst im Streitjahr bilden will; denn die Zahlungsverpflichtung aus dem Vertrag vom 8. August 1993 ist nicht als Pensionszusage im Sinne des § 6 a Abs. 1 EStG zu qualifizieren. Die Ver-pflichtung wird in Absatz 1 der Nr. 14 des Vertrages vom 9. August 1963 als Entschädi-gung für das Herrn W treffende Wettbewerbsverbot bezeichnet. An dieser Beurteilung ändert sich im Ergebnis nichts dadurch, dass auch die Witwe und Kinder des Herrn W im Falle seines vorzeitigen Ablebens Anspruch auf die Hälfte des ?Provisionsan-spruchs? haben sollen. Insoweit hat die Entschädigungsabrede zwar auch Versorgungs-charakter. Dieser steht aber unter Berücksichtigung aller Umstände des Streitfalles nicht im Vordergrund; vielmehr handelt es sich bei der Regelung in Nr. 14 des Vertrages vom 9. August 1993 um einen typengemischten Vertrag sui generis, der nach § 305 BGB zu-lässig ist. Seine entscheidende Prägung erfährt die Zahlungsverpflichtung der Klägerin durch die im Vertrag genannte Gegenleistung, nämlich die Verpflichtung des Herrn W zur Unterlassung von Wettbewerb.
Die Berechnung der Steuer und der Besteuerungsgrundlagen wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Finanzamt übertragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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