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25.09.2002 · IWW-Abrufnummer 021284

Zahnärzte-Wirtschaftsdienst 10/2002

Bei Forderung von Schadenersatz: Der Zahnarzt hat ein Nachbesserungsrecht



von Rechtsanwälten Dr. Karl-Heinz Schnieder, Fachanwalt für Sozialrecht und Johannes Jaklin, Münster


Immer häufiger sieht sich der Zahnarzt der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen ausgesetzt. Die mit Abstand häufigsten Beanstandungen betreffen den prothetischen Bereich. Beim Zahnersatz wird im Normalfall ein Teil der Kosten von der Krankenkasse und der andere Teil in Form des Eigenanteils vom Patienten getragen. Hierdurch besteht nicht nur für den Patienten, sondern auch für die betroffene Krankenkasse die Möglichkeit, den Zahnarzt auf Ersatz der Kosten in Anspruch zu nehmen, die durch eine fehlerhafte Behandlung entstanden sind.



Vier Voraussetzungen für Schadenersatzansprüche

Zwischen den Ansprüchen des Patienten und der Krankenkasse besteht - trotz unterschiedlicher rechtlicher Grundlage - weitgehende Parallelität. Die Voraussetzungen für Schadenersatzansprüche können deshalb wie folgt zusammengefasst werden:


  1. Es muss eine Pflichtverletzung des Zahnarztes vorliegen. Hierbei ist genau darauf zu achten (was bedauerlicherweise häufig unterbleibt), ob ein festgestellter Mangel der Arbeit auch auf einem Sorgfaltspflichtverstoß beruht, da nur dann die erste Anspruchsvoraussetzung - das Vorliegen einer Pflichtverletzung - erfüllt ist.


  2. Die Pflichtverletzung muss schuldhaft - also vorsätzlich oder fahrlässig - erfolgt sein.


  3. Zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden - das heißt den Kosten, die für die Behebung der Fehlbehandlung angefallen sind - muss ein Kausalzusammenhang bestehen.


  4. Der Zahnarzt hat sein Nachbesserungsrecht verloren, da eine solche nicht möglich oder dem Patienten nicht zumutbar ist.



Entscheidung eines Landessozialgerichts zum Nachbesserungsrecht

Gerade die letztgenannte Voraussetzung wird häufig von den entsprechenden Prüfgremien bzw. den Gerichten nicht hinreichend berücksichtigt. Dabei ist doch gerade dies häufig ein durchgreifender Einwand gegen die Ansprüche von Seiten des Patienten bzw. der Krankenkasse. In einem Urteil vom 24. Februar 1999 hat das Bayerische Landessozialgericht gerade wieder die Bedeutung des Nachbesserungsrechts herausgestellt (Az: L 12 KA 522/97).



In dem zu berurteilenden Fall hatte der Zahnarzt eine Brücke von Zahn 34 bis 36 mit 36 als Brückenglied angefertigt. Nach einer Fraktur des Zahnes 34 stellte ein Gutachter sodann fest, dass eine zu konische Präparation des Zahnes 35 zur Überbelastung und Fraktur des Zahnes 34 geführt habe. Deshalb müsse eine Brücke bei Zahn 33 bis 35 neu angefertigt werden. Da sich die Patientin beim Zahnarzt nicht mehr vorgestellt hatte, verweigerte dieser den Ausgleich des von der Krankenkasse geltend gemachten Schadenersatzanspruchs - laut der Entscheidung des Landessozialgerichts zu Recht. Hierzu führen die Richter aus:



"Ein Schadenersatzanspruch der Krankenkasse gegen den Zahnarzt wegen mangelhafter Prothetik setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts neben dem Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung des Zahnarztes, die adäquat kausal zu einem Schaden geführt hat, voraus, dass sich der Patient berechtigterweise aus dem Behandlungsverhältnis mit dem erstbehandelnden Zahnarzt lösen durfte. Der Zahnarzt darf demnach nicht berechtigt sein, den Schaden durch eine eigene Nachbesserung zu beheben.

Schadenersatz kann deshalb vom Patienten bzw. der Krankenkasse erst dann beansprucht werden, wenn eine Nachbesserung nicht möglich oder dem Patienten nicht zumutbar ist. Selbst wenn man im vorliegenden Fall unterstellt, dass das Arbeitsergebnis des Klägers auf Grund des Bruches des Zahnes 34 völlig unbrauchbar war, so war doch eine Nachbesserung durch eine unentgeltliche Neuanfertigung möglich."


Nachbesserungsrecht bleibt auch erhalten, wenn der Zahnarzt die Mängel anzweifelt

Selbst wenn der Zahnarzt im Rahmen einer Auseinandersetzung zum Ausdruck bringt, dass er die vorliegenden Mängel anzweifelt und somit die Berechtigung der Beanstandungen in Frage stellt, so führt dies noch nicht zwingend zum Verlust des Nachbesserungsrechts. Wenn sich der Patient nach Feststellung der Mängel durch ein Gutachten beim Zahnarzt nicht wieder vorgestellt hat, bleibt das Nachbesserungsrecht auch in einem solchen Fall erhalten. Hierzu heißt es im Urteil:



"Diese Zweifel sind jedoch kein Nachweis dafür, dass dem Kläger im vorliegenden Fall die unentgeltliche Nachbesserungsbereitschaft gefehlt hat. Eine fehlende Bereitschaft zur kostenlosen Nachbesserung hätte nur dann festgestellt werden können, wenn die Versicherte nach Erstellung der Gutachten nochmals beim Kläger vorgesprochen hätte. Dieses hat sie jedoch, wie den Akten zu entnehmen ist, nicht getan. Dass bei der Versicherten das für die weitere Behandlung erforderliche Vertrauen nicht mehr vorhanden gewesen sei, reicht für die Annahme eines wichtigen Grundes bzw. einer unzumutbaren Fortsetzung des Behandlungsverhältnisses jedenfalls nicht aus."



Resümee

Berufen Sie sich bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen von Seiten des Patienten oder der Krankenkasse konsequent auf Ihr Nachbesserungsrecht. Dieses kann - so die vorliegende Entscheidung des Landessozialgerichts - auch in einer unentgeltlichen Neuanfertigung liegen. Allein das Fehlschlagen der Behandlung reicht für die Annahme der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Behandlungsverhältnisses noch nicht aus.


Wichtiger Hinweis: Der Inhalt ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden.

Die Komplexität und der ständige Wandel der in ihm behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.



Stichworte:Gerichtsverfahren bei Haftungsfällen

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