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01.10.2010 · IWW-Abrufnummer 103160

Oberlandesgericht Thüringen: Beschluss vom 22.06.2010 – 6 W 30/10

Die Verwendung des Namens einer fiktiven Person, der in der Firma einer GmbH enthalten ist, ist nicht irreführend im Sinne des § 18 Abs. 2 HGB. Zwar ist bei der Verwendung des Namens einer fiktiven Person die Firma ersichtlich unwahr, jedoch sind die Namen der Gesellschafter einer GmbH (beschränkte Haftung!) für den maßgeblichen Durchschnittsadressaten nicht von wesentlicher Bedeutung für seine wirtschaftliche Entscheidung. Die fiktive Person hat für die angesprochenen Verkehrskreise keine Relevanz. Wenn die betroffenen Verkehrskreise den verwendeten Namen nicht einer bestimmten Person zuordnen können, ist es für ihre wirtschaftliche Entscheidung auch ohne Bedeutung, ob es sich bei der Personenfirma um den Namen einer existenten oder einer fiktiven Person handelt.


6 W 30/10

Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 18.12.2009 wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Jena vom 08.12.2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur weiteren Behandlung der Handelsregisteranmeldung vom 27.11.2009 unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senates an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe
I. Am 27.11.2009 hat die Antragstellerin die - geänderte - Firma "Obermüller ... mbH" zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet.

Mit Zwischenverfügung vom 08.12.2009 hat das Registergericht diese Firma beanstandet, da sie irreführend im Sinne des § 18 Abs. 2 HGB sei. Im Übrigen hat das Registergericht Bezug genommen auf die Ausführungen der IHK Erfurt in der Stellungnahme vom 19.10.2009 (Bl. 4 d.A.): Der in der Firma enthaltene Begriff "Obermüller" sei ein nicht selten vorkommender Nachname. Ein Zusammenhang mit den Namen der Gesellschafter (O. und M.) sei nicht erkennbar. Somit sei eine Firmenklarheit nicht gegeben.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 18.12.2009, mit der sie die Auffassung vertritt, bei der von ihr angemeldeten Firma liege die Irreführungsgefahr fern, weil es sich bei dem fremden Namen um einen Drittnamen handele, der ohne Weiteres als Fantasiename erkennbar sei. Wegen der Beschwerdebegründung im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Verfahrensbevollmächtigten vom 18.12.2009 und 13.01.2010.

Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde ist statthaft (§§ 382 Abs. 4 Satz 2, 58 FamFG) und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (vgl. §§ 63, 64 FamFG).

Das Thüringer Oberlandesgericht ist nach § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG, § 374 Nr. 1 FamFG zuständig.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Die am 27.11.2009 zur Eintragung angemeldete (geänderte) Firma ist - entgegen der Auffassung des Registergerichts - nicht zu beanstanden.

Die Firma "Obermüller ... mbH" verstößt nicht gegen § 4 GmbHG, wonach die Firma der Gesellschaft die Bezeichnung "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" oder eine allgemein verständliche Abkürzung enthalten muss. Diese Voraussetzung liegt hier vor und weitere Anforderungen stellt § 4 GmbHG nicht; die Personenfirma einer GmbH ohne Gesellschafterbezug ist nicht - mehr (vgl. § 4 Abs. 1 GmbHG in der bis zum 30.06.1998 geltenden Fassung) - gesetzlich ausgeschlossen.

Die Verwendung des Namens "Obermüller", der in der Firma "Obermüller ... mbH" enthalten ist, verstößt auch nicht gegen § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB, wonach die Firma keine Angaben enthalten darf, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Nach § 18 Abs. 2 Satz 2 HGB wird im Verfahren vor dem Registergericht die Eignung zur Irreführung nur berücksichtigt, wenn sie ersichtlich ist.

Zur Irreführung geeignet im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB sind solche Angaben, die bei einem Angehörigen der angesprochenen Verkehrskreise Fehlvorstellungen hervorrufen können. Ob eine Eignung zur Irreführung gegeben ist, ist vom Standpunkt der beteiligten Verkehrskreise, z. B. Käuferschaft, branchenkundige Kaufleute, Lieferanten und Kreditgeber, zu beurteilen. Als Maßstab in § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB dient - objektiviert - die Sicht des durchschnittlichen Angehörigen des betroffenen Personenkreises bei verständiger Würdigung. Maßgebend ist also auf den "durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher" abzustellen. Die Irreführungseignung ist daher in der Regel normativ festzustellen (OLG München, Beschluss vom 28.04.2010, Az. 31 Wx 117/09, juris).

Eindeutig irreführend wäre die Verwendung des Namens einer jedermann bekannten Person des öffentlichen Lebens (Beispiele: "Claudia Schiffer Kosmetik GmbH" oder "Beckenbauer Fußballartikel GmbH), sofern die betreffende Person nicht an der Gesellschaft beteiligt ist. Das Verbot der Irreführung setzt bereits dann ein, wenn die in der Firma bezeichnete Person für die angesprochenen Verkehrskreise eine wenn auch geringfügige Relevanz hat und deshalb der durch die Verwendung des Personennamens begründete Schluss auf eine maßgebliche Beteiligung des Namensträgers von wesentlicher Bedeutung für die wirtschaftliche Entscheidung ist (OLG Brandenburg, Beschluss vom 21.10.2002, Az. 8 Wx 23/02, juris; LG München, Beschluss vom 26.10.2006, Az. 17 HK T 16920/06, juris; vgl. LG Limburg, Beschluss vom 15.09.2005, Az. 6 T 2/05, GmbHR 2006, 261-262). Eine besondere Bedeutung des Personennamens ist vor allem dann gegeben, wenn der Person im Zusammenhang mit einem bestimmten Tätigkeitsbereich ein gewisses Vertrauen entgegengebracht wird, d.h. wenn die Person für die angesprochenen Fachkreise ein "bekannter Name" ist (OLG Brandenburg, Beschluss vom 21.10.2002, aaO.; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Auflage 2009, § 4 Rn. 35; vgl. LG Wiesbaden, Beschluss vom 07.04.2004, Az. 12 T 3/04, NJW-RR 2004, 1106).

Ob auch - wie hier - die Verwendung des Namens einer fiktiven Person eindeutig irreführend ist, ist in der Rechtsprechung umstritten.

Das LG Frankfurt (Oder) vertritt die Auffassung, dass, wenn die Firma aus einem Personennamen gebildet, der eine reale Person dieses Namens vermuten lässt, diese Person aber nicht existiert, grundsätzlich von einer Irreführung der betroffenen Verkehrskreise auszugehen ist. Denn die Verkehrskreise, die mit diesem Unternehmen geschäftlich verkehren, würden im Regelfall davon ausgehen, die namentlich genannte Person bestimme die Geschicke der Gesellschaft an maßgeblicher Stelle, sei es als Geschäftsführer oder Gesellschafter (LG Frankfurt [Oder], Beschluss vom 16.05.2002, Az. 32 T 3/02 = GmbHR 2002, 966-967).

Diese Auffassung verkennt aber, dass die betroffenen Verkehrskreise gerade kein Vertrauen in die Gesellschaftereigenschaft des Namensgebers oder dessen Einfluss haben dürfen. Bereits nach früherem Recht (vgl. § 4 Abs. 1 GmbHG in der bis zum 30.06.1998 geltenden Fassung) war die Gesellschaftereigenschaft des Namensträgers nicht zwingend erforderlich. Dies galt im Fall des Ausscheides des namengebenden Gesellschafters wie auch in den Fällen der Firmenfortführung (§ 22 HGB). Hinzu kam, dass für die Gesellschaftereigenschaft des Namensgebers jede auch noch so geringfügige und einflusslose Beteiligung genügte (vgl. Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Auflage 2010, § 4 Rn. 12 m.w.N.).

Das LG München vertritt demgegenüber die Auffassung, für die angesprochenen Verkehrskreise habe es keine Relevanz, ob der Name einer fiktiven Person verwendet werde. Den Kunden der Gesellschaft werde es im Regelfall gleichgültig sein, wer als Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist. Ihm werde es im Regelfall auch gleichgültig sein, ob der Name ein reiner Fantasiename ist, der auch nach § 4 GmbHG zulässig wäre, oder der Name einer tatsächlich existierenden Person, die in irgendeiner Form an der Gesellschaft beteiligt ist (LG München, Beschluss vom 26.10.2006, aaO.; vgl. Steitz in Ernsthaler, HGB, 7. Auflage 2007, § 18 Rn. 31).

Der Senat hält diese Auffassung für zutreffend. Zwar ist bei der Verwendung des Namens einer fiktiven Person die Firma ersichtlich unwahr, jedoch sind die Namen der Gesellschafter einer GmbH (beschränkte Haftung!) für den maßgeblichen Durchschnittsadressaten nicht von wesentlicher Bedeutung für seine wirtschaftliche Entscheidung (Bayer in Lutter/Hommelhoff, aaO., § 4 Rn. 34; Heinrich in Ulmer, GmbHG, 2005, § 4 Rn. 18). Die fiktive Person hat für die angesprochenen Verkehrskreise keine Relevanz. Wenn die betroffenen Verkehrskreise den verwendeten Namen nicht einer bestimmten Person zuordnen können, ist es für ihre wirtschaftliche Entscheidung auch ohne Bedeutung, ob es sich bei der Personenfirma um den Namen einer existenten oder einer fiktiven Person handelt.

Nach alledem ist es nicht irreführend im Sinne des § 18 Abs. 2 HGB, wenn die Antragstellerin in ihrer Firma den Namen der fiktiven Person "Obermüller" verwendet. Der Name Obermüller ist zwar nicht als Fantasiebezeichnung erkennbar, vielmehr handelt es sich um einen tatsächlich existierenden und nicht selten vorkommenden Nachnamen. Dass es sich im vorliegenden Fall um ein Konstrukt aus den Namen der Gesellschafter handelt, ist dem Außenstehenden nicht ersichtlich. Der Name Obermüller ist aber im Geschäftsfeld der Antragstellerin nicht von hervorgehobener Bedeutung, wie unter anderem die Recherche mit einer Internetsuchmaschine augenfällig zum Vorschein bringt.

Eine Entscheidung über die Kosten ist nicht veranlasst (vgl. § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 30. Auflage 2009, § 81 Rn. 2).

RechtsgebieteHGB, GmbHGVorschriften§ 18 Abs. 2 HGB, § 4 GmbHG

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