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28.09.2010 · IWW-Abrufnummer 101778

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen: Beschluss vom 18.12.2009 – L 9 B 49/09 SO ER

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


L 9 B 49/09 SO ER
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 09.07.2009 geändert. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 20.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2009 wird angeordnet. Der Antragsgegner hat die Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zu erstatten. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt I Prozesskostenhilfe bewilligt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für die private Kranken-/ Pflegeversicherung des Antragstellers in voller Höhe im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
Der 1939 geborene Antragsteller bezieht seit dem 01.02.2007 ergänzende Leistung nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuches 12. Buch (SGB XII). Der Antragsteller ist bei der D Krankenversicherung AG privat kranken- und pflegeversichert. Mit Bescheid vom 19.02.2009 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller monatliche Leistung in Höhe von 725,18 EUR für die Zeit vom 01.03.2009 bis zum 28.02.2010. Hierin enthalten waren Kosten für die private Krankenversicherung des Antragstellers in Höhe von 280,80 EUR und die private Pflegeversicherung in Höhe von 53,02 EUR.
Mit Schreiben vom 03.03.2009 forderte der Antragsgegner den Antragsteller auf, zu überprüfen, ob er bereits im reduzierten Basistarif versichert sei. Er wies darauf hin, dass der Beitrag, der sozialrechtlich für eine private Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt werden könne, auf die Beiträge begrenzt sei, die für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen seien.
Die D Krankversicherung AG teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 25.03.2009 mit, dass der Beitrag im reduzierten Basistarif in der Krankenversicherung 284,82 EUR und in der Pflegeversicherung 35,83 EUR betrüge. Der Antragsteller beantragte die Aufnahme in den Basistarif.
Mit Änderungsbescheid vom 20.03.2009 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsgegner ab dem 01.04.2009 Leistungen in monatlicher Höhe von 538,69 EUR. Dabei berücksichtigte er jetzt nur noch Leistungen der Krankenversicherung des Antragstellers in Höhe von 129,54 EUR und für die Pflegeversicherung in Höhe von 17,79 EUR. Mit Schreiben vom 07.04.2009 ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung des Änderungsbescheides an. Es liege im öffentlichen Interesse, Sozialhilfeleistungen nur in einem Umfang zu erbringen, in dem sie gesetzlich vorgeschrieben seien. Außerdem liege es auch nicht im Interesse des Antragstellers, zu hohe Leistungen im noch laufenden Bewilligungszeitraum weiter zu beziehen. Es bestünde für den Antragsteller sonst die Pflicht zur Rückzahlung der zu viel geleisteten Sozialhilfe, wenn nach Unanfechtbarkeit des Bescheides feststehe, dass der Änderungsbescheid zu Recht erlassen worden sei.
Im Widerspruchsverfahren trug der Antragsteller vor, dass ihm bei der Berechnungsweise des Antragsgegners eine monatliche Unterdeckung in Höhe von 173,32 EUR entstünde. Er werde daher von Amts wegen in die Schuldenfalle verabschiedet. Dies könne der Gesetzgeber mit der Reform des Krankenversicherungsrechts nicht gewollt haben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2009 wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück. Zur Begründung verwies er darauf, dass er gemäß § 12 Abs. 1c S. 6 VAG als Zuschuss zu den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen nur den Betrag zahlen könne, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen sei. Sofern die vom Antragsteller tatsächlich zu zahlenden Versicherungsbeiträge höher seien, sei durch das Entstehen von Beitragsrückständen seine Versorgung im Krankheitsfall nicht gefährdet. Denn das Versicherungsunternehmen dürfe bei Leistungsempfängern nach dem SGB XII den Versicherungsvertrag nicht ruhend stellen, so dass es weiterhin die volle vertragliche Leistung beim Krankenschutz schulde.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 06.05.2009 Klage erhoben und gleichzeitig um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht mit dem Antrag, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 25.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2009 anzuordnen. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass er keine Möglichkeit habe, seine Versicherungsbeiträge weiter zu reduzieren. Solange ihm auch der Antragsgegner keinen Weg aufzeige, wie er zu günstigeren Konditionen versichert werden könne, müsse er die tatsächlich anfallenden Beiträge übernehmen.
Mit Beschluss vom 09.07.2009 hat das Sozialgericht Duisburg den Antrag abgelehnt. Zwar liege ein Anordnungsanspruch vor. Gemäß § 32 Abs. 5 S. 1, S. 4 SGB XII habe der Antragsgegner die Aufwendungen für eine Kranken- und Pflegeversicherung zu übernehmen, soweit diese angemessen seien und Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 19 Abs. 1 SGB XII vorliege. Der Angemessenheitsbegriff des § 32 Abs. 5 SGB XII sei dahingehend auszulegen, dass dem Antragsteller derselbe Krankenversicherungsschutz zuteil werde, welchen er auch über die gesetzliche Krankenversicherung oder über die Krankenhilfe gemäß § 48 SGB V erhalten würde. Hierzu gehöre auch, dass die Beiträge für den reduzierten Basistarif in der Kranken- und Pflegeversicherung vom Antragsgegner vollständig übernommen würden. Dieser Auslegung stehe auch nicht § 26 Abs. 2 SGB II entgegen, der auf § 12 Abs. 1c S. 5 und 6 VAG verweise. § 32 Abs. 5 SGB XII enthalte keinen Verweis auf das VAG und unterscheide sich insofern von der Regelung in § 26 Abs. 2 SGB II. Es fehle aber an einem Anordnungsgrund. Denn durch die Verweisung des Antragstellers auf das Hauptsacheverfahren entstünden diesem keinerlei Nachteile. Vielmehr sei sein Versicherungsschutz trotz der nur teilweisen Zahlung seiner Beiträge nicht gefährdet. Trotz der Zahlungsrückstände könne das Versicherungsunternehmen nach § 193 Abs. 6 VVG den Versicherungsvertrag nicht rechtswirksam kündigen, sofern eine Versicherung im Basistarif vorliege. Das Versicherungsunternehmen könne noch nicht einmal das Ruhen der Leistungen, das mit einer Begrenzung auf Leistungen im Notfall einhergehe, feststellen, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des SGB XII werde. Es bestehe daher keine Gefahr, dass der Antragsteller seinen umfassenden Krankenversicherungsschutz verliere. Auch die Gefahr einer Aufrechnung mit Beitragsrückständen bestehe nicht, da eine solche Aufrechnung unzulässig sei. Gegebenenfalls habe der Antragsteller diesbezüglich ein Verfahren vor den hierfür zuständigen Zivilgerichten anzustrengen.
Hiergegen richtet sich die am 28.07.2009 eingelegte Beschwerde. Der Antragsteller ist der Auffassung, dass ein Anordnungsgrund gegeben sei. Er könne insbesondere nicht auf die Zivilgerichtsbarkeit verwiesen werden. Vielmehr müsse die Sozialgerichtsbarkeit in derartigen sozialrechtlichen Fragestellungen Klarheit schaffen. Ein entsprechendes gerichtliches Verfahren könnte sich eventuell über Monate oder gar Jahre hinziehen. Bereits diese zu erwartende zeitliche Verzögerung bei der Abwicklung der Angelegenheit durch Inanspruchnahme von Zivilgerichten begründe die besondere Eilbedürftigkeit.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 09.07.2009 abzuändern und den Antragsgegner zu verpflichten, ihm vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache die monatlichen Beiträge zu seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung in der D Krankenversicherung AG in tatsächlicher Höhe zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass keine Eilbedürftigkeit vorliege. Die D Krankversicherung sei grundsätzlich bereit, auf die Einleitung eines (angedrohten) Ordnungswidrigkeitsverfahrens zu verzichten, soweit der Antragsteller ihr gegenüber Erklärungen abgebe, die die Abwicklung des Leistungsfalles im Falle des Obsiegens in der Hauptsache regelten. Daher habe es der Antragsteller selbst in der Hand, die angedrohten Maßnahmen nicht eintreten zu lassen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit der Begründung abgelehnt, dass es an einem Anordnungsgrund fehle. Auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes kommt es nicht an, da es sich bei dem vom Antragsteller gestellten Antrag nicht um einen Antrag auf Erlass einer Regelungsanordung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG handelt, sondern um einen vom Antragsteller auch ausdrücklich gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG. Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung liegen vor.
Gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage außer in den in § 86a Abs. 2 genannten Fällen aufschiebende Wirkung. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Der Antragsgegner hat mit "Bescheid" vom 07.04.2009 die sofortige Vollziehung des Teilaufhebungsbescheides vom 25.03.2009 angeordnet, so dass dem Widerspruch und auch der Klage des Antragstellers keine aufschiebende Wirkung zukommt. Gemäß § 86b Abs. 2 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Bei einem Antrag nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG entscheidet das Gericht aufgrund einer Interessenabwägung. Dabei sind im Rahmen einer summarischen Prüfung die öffentlichen und privaten Interessen sowie die Erfolgsaussichten der Hauptsache zu berücksichtigen. Die offensichtliche Rechtmäßigkeit spricht im Regelfall gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, die offensichtliche Rechtswidrigkeit dafür. Liegt nach summarischer Prüfung ein offener Ausgang des Hauptsacheverfahrens vor, sind im Rahmen der Interessenabwägung das öffentliche Interesse an einer Vollziehung des Verwaltungsaktes sowie das private Interesse an der Wiederherstellung des Suspensiveffektes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles miteinander abzuwägen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86b, Rn. 12 ff.).
Darüber hinaus ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung formal rechtmäßig getroffen worden ist. Gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG bedarf die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer schriftlichen Begründung. Dabei ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde mit einer auf den konkreten Einzelfall abstellenden und nicht einer lediglich formelhaften Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes zu versehen. Die Begründung muss erkennen lassen, aus welchen Gründen das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das Interesse des Betroffenen im konkreten Fall überwiegt und warum die Anordnung der sofortigen Vollziehung dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht. Dabei sind an die Begründung im Hinblick auf die mit ihr verbundene Warnfunktion für die Behörde sowie die dadurch bezweckte Transparenz und Rechtsklarheit hohe Anforderungen zu stellen. Die Begründung darf sich nicht in einer bloß allgemeinen Wendung oder Wiederholung des Gesetzestextes erschöpfen (Keller a.a.O., § 86a Rn. 21b m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe trägt die vom Antragsgegner mit Schreiben vom 07.04.2009 gegebene Begründung die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht. Die Begründung des Antragsgegners lässt nicht erkennen, aus welchen besonderen Gründen des Einzelfalls entgegen dem vom Gesetzgeber als Regelfall angeordneten Überwiegen des Aussetzungsinteresses eine sofortige Vollziehung erforderlich sein soll. Die Begründung beschränkt sich vielmehr auf allgemeine Wendungen, die weder den Einzelfall überhaupt nocht dessen Besonderheiten aufgreifen und ihnen daher auch nicht gerecht werden. Der Antragsgegner hat zur Begründung zum einen lediglich darauf hingewiesen, dass es im öffentlichen Interesse liege, öffentliche Mittel nur in dem Umfang zu erbringen in dem sie gesetzlich vorgeschrieben seien. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um ein Eingehen auf den Einzelfall, sondern nur um die Wiederholung eines allgemein geltenden Grundsatzes des öffentlich-rechtlichen Verwaltungshandelns. Soweit der Antragsgegner zur Begründung darüber hinaus noch ausgeführt hat, er wolle den Antragsteller vor einer Rückzahlungsverpflichtung schützen, lässt auch dies nicht erkennen, warum dies gerade im konkreten Fall ein Überwiegen des Vollziehungsinteresses begründen soll. Denn auch bei diesem Argument handelt es sich um eine jeden Leistungsfall betreffende Selbstverständlichkeit, da eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung grundsätzlich jeden Bezieher von SGB XII-Leistungen betrifft, der zu Unrecht Leistungen bezieht bzw. bezogen hat. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung war daher rechtswidrig und die aufschiebende Wirkung des Widerspruches anzuordnen.
Dem Antragsgegner bleibt daher nur die Möglichkeit, gegebenenfalls erneut die sofortige Vollziehung anzuordnen und sich dabei dann einer Begründung zu bedienen, die den Anforderungen des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG entspricht.
Vorbeugend weist der Senat allerdings darauf hin, dass auch bei einer mit hinreichenden Gründen versehenen erneuten Anordnung der sofortigen Vollziehung diese voraussichtlich dennoch keinen Bestand haben könnte. Unter Beachtung des im Eilverfahren gebotenen Prüfungsumfanges bestehen nämlich auch im Übrigen an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ernsthafte Zweifel.
Die Voraussetzungen für eine teilweise Aufhebung des den Zeitraum vom 01.03.2009 bis zum 28.02.2010 regelnden Bewilligungsbescheides vom 19.02.2009 dergestalt, dass die Antragsgegnerin dort die Beiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung als Bedarf des Antragstellers nur noch in Höhe der für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu tragenden Beiträge anerkannt hat (129,54 EUR für die private Krankenversicherung und 17,79 EUR für die private Pflegevesicherung), liegen nicht vor. Der Bewilligungsbescheid vom 19.02.2009 stellt sich bei summarischer Prüfung vielmehr insoweit als rechtmäßig dar, als der Antragsgegner hierin zumindest einen Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 280,80 EUR und einen Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von 53,02 EUR als Bedarf anerkannt hat.
Gemäß § 32 Abs. 5 S. 1 SGB XII werden bei Bestehen einer Krankenversicherung bei einem Versicherungsunternehmen die Aufwendungen übernommen, soweit sie angemessen und die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 SGB XII erfüllt sind. Gemäß § 32 Abs. 5 S. 4 SGB XII werden auch die Aufwendungen für eine Pflegeversicherung übernommen, soweit die Aufwendungen für die Krankenversicherung übernommen werden. § 12 Abs. 1c S. 6 Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) in der ab dem 01.01.2009 gültigen Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) v. 26.03.2007 (BGBl I, 378) bestimmt allerdings, dass der zuständige Träger nur den Betrag zu zahlen hat, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist, wenn unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II oder dem SGB XII besteht. Nach Auffassung des Senats findet § 12 Abs. 1c S. 6 VAG auf das unmittelbare Leistungsverhältnis zwischen Hilfebedürftigem und Grundsicherungsträger im Bereich des SGB XII jedoch keine Anwendung. Vielmehr ist der Begriff der Angemessenheit in § 32 Abs. 5 SGB XII so auszulegen, dass die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge als angemessen im Sinne des SGB XII anzusehen sind, die im ermäßigten Basistarif anfallen (so auch LSG Bad.-Württ. Beschl. v. 30.06.2009 Az. L 2 SO 2529/09 ER-B und Beschl. v. 08.07.2009, Az. L 7 SO 2453/09 ER-B; SG Karlsruhe, Beschl. v. 29.10.2009, Az. S 1 SO 3118/09; SG Freiburg, Beschl. v. 11.05.2009, Az. S 12 SO 1917/09 ER; wohl a. A. im Ergebnis aber letztlich offen gelassen LSG NRW, Beschl. v. 16.10.2009, Az. L 20 B 56/09 SO ER). Der Senat schließt sich damit auch der Auffassung des Sozialgerichts an und verweist zunächst auf die insoweit zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss.
Ergänzend weist der Senat noch darauf hin, dass für dieses Ergebnis auch spricht, dass das Leistungsverhältnis zwischen dem Leistungsempfänger und dem Sozialleistungsträger durch die Bestimmungen des SGB XII abschließend geregelt wird und demgegenüber das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) grundsätzlich nur die staatliche Aufsicht über die privaten Versicherungsunternehmen regelt, die nicht Träger der Sozialversicherung sind. Nach Auffassung des Senats hat sich hieran auch durch § 12 Abs. 1c VAG in der Fassung des GKV-WSG nichts geändert. Gegen die unmittelbare Einbeziehung von Empfängern von Leistungen nach dem SGB XII in den Anwendungsbereich von § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG lässt sich schon anführen, dass ansonsten nicht ersichtlich ist, warum es der Gesetzgeber für erforderlich gehalten hat, im Bereich des SGB II ausdrücklich eine entsprechende Geltungsanordnung in das Gesetz (dort § 26 Abs. 2 SGB II) aufzunehmen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Anordnung der Geltung des VAG im SGB II für erforderlich gehalten hat, weil auch er davon ausgegangen ist, dass das Leistungsverhältnis im Verhältnis vom Hilfebedürftigen zum jeweiligen Leistungsträger grundsätzlich im entsprechenden Leistungsgesetz, d. h. dem SGB II beziehungsweise dem SGB XII, abschließend geregelt ist. Wenn nun aber die Geltung von § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG für den Bereich des SGB II durch § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB ausdrücklich angeordnet wurde, dies aber im Bereich des SGB XII unterlassen wurde, spricht dies dafür, dass der Gesetzgeber zumindest im Bereich des SGB XII die mit einer Anwendung von § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG einhergehenden, erkannten Konsequenzen nicht eintreten lassen wollte.
Für dieses Ergebnis spricht zudem ein ansonsten auftretender Wertungswiderspruch in der Behandlung der Gruppe von Hilfeempfängern, die bereits ohne Berücksichtigung der Beiträge für die private Krankenversicherung hilfebedürftig sind einerseits, und der Gruppe der Hilfeempfänger, bei denen Hilfebedürftigkeit erst unter Berücksichtigung entsprechender Beiträge gegeben ist, andererseits. Nur auf erstere Gruppe von Hilfebedürftigen bezieht sich § 12 Abs. 1c S. 6 VAG, was dazu führen würde, dass nur für diese Gruppe ein Anspruch nur in Höhe der Beiträge in Höhe der für einen gesetzlich Krankenversicherten aufzubringenden Beiträge bestünde. Eine entsprechende Beschränkung wäre hingegen für die andere Gruppe der Hilfebedürftigen nicht vorgesehen. Für diese gälte § 12 Abs. 1 S. 5 VAG, wonach sich der zuständige Träger nach dem SGB II oder SGB XII im erforderlichen Umfang beteiligt, soweit dadurch Hilfebedürftigkeit vermieden wird. Damit erfolgt hier keine Beschränkung auf die für einen gesetzlich Krankenversicherten aufzuwendenden Beträge. Danach hätte z. B. ein Hilfebedürftiger, der über ein geringes Einkommen verfügte, mit dem er seinen sozialhilferechtlich relevanten Bedarf ohne Berücksichtigung seiner Krankenversicherungsbeiträge gerade noch abdecken könnte, der aber bereits bei Berücksichtigung minimaler Krankenversicherungsbeiträge hilfebedürftig würde, gemäß § 12 Abs. 1c Satz 5 VAG Anspruch auf die volle Übernahme der ihm entstehenden Beiträge im halbierten Basistarif. Es ist aber kein Grund ersichtlich, warum ein Hilfebedürftiger, der möglicherweise nur einen ganz geringen Teil seiner Krankenversicherungsbeiträge aus eigenem Einkommen selbst abdecken kann, einen Anspruch gegenüber dem Grundsicherungsträger in Höhe des halbierten Basistarifes haben soll, nicht hingegen ein bereits auch ohne die Berücksichtigung der Krankenversicherungsbeiträge Hilfebedürftiger. Es würde sich zwischen den genannten Gruppen bei der Berechnung des sozialhilferechtlich zu berücksichtigenden Bedarfes im Bereich der Krankenversicherung ein Unterschied von monatlich rund 155 EUR (284,82 EUR - 129,54 EUR) ergeben. Dieser Betrag in Höhe von mehr als 40 % des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand stünde für die Gruppe der bereits auch ohne Berücksichtigung der Krankenversicherungsbeiträge Hilfebedürftigen entweder zur Bedarfsdeckung nicht mehr zur Verfügung oder er liefe jeden Monat als Schulden gegenüber dem Versicherungsunternehmen auf.
Danach dürften von der Antragsgegnerin die angemessenen Beiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung des Antragstellers zu übernehmen sein. Als günstigste Möglichkeit einer privaten Kranken-/Pflegeversicherung besteht für den Antragsteller gemäß § 12 Absatz 1c S. 4 VAG die Verpflichtung zur Zahlung des halbierten Beitrags im Basistarif. Eine günstigere Versicherung kann der Antragsteller auch durch Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung nicht erlangen, da ihm als privat Vorversichertem eine Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung nicht (mehr) möglich ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 13, Abs. 8a Satz 2 SGB V). Ergänzend weist der Senat noch darauf hin, dass der Antragsteller sogar noch Anspruch auf geringfügig höhere Leistungen, als die vom Antragsgegner mit Bescheid vom 19.02.2009 festgestellten hat. Denn der Antragsgegner hat in diesem Bescheid nicht die anfallenden Beiträge für den reduzierten Basistarif in Höhe von 284,82 EUR für die Krankenversicherung bzw. 35,83 EUR für die Pflegeversicherung berücksichtigt, sondern die Beiträge für die vor der Umstellung des Antragstellers in den Basistarif anfallenden Beiträge in einem Versicherungstarif mit Selbstbeteiligung (280,80 EUR Krankenversicherung, 53,02 EUR Pflegeversicherung).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Dem Antragsteller war für das Beschwerdeverfahren im Hinblick auf die aus den obigen Erwägungen bestehenden hinreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung ratenfreie Prozesskostenhilfe zu bewilligung und Rechtsanwalt I beizuordnen.

RechtsgebietSGB XIIVorschriften§ 32 Abs. 5 SGB XII

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