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19.09.2002 · IWW-Abrufnummer 021246

Finanzgericht Münster: Urteil vom 19.04.2002 – 11 K 228/00 E

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Freigabe: 15.05.2002

FINANZGERICHT MÜNSTER
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

11. Senat
11 K 228/00 E

In dem Rechtsstreit der

XXX

wegen Einkommensteuer 1995 bis 1997

hat der 11. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 19.04.2002, an der teilgenommen haben:

1. Vorsitzender Richter am Finanzgericht
2. Richter am Finanzgericht
3. Richter am Finanzgericht
4. Ehrenamtlicher Richter
5. Ehrenamtliche Richterin

auf Grund mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Die Beteiligten streiten darüber, ob wiederkehrende Leistungen als dauernde Lasten im Rahmen der Sonderausgaben zu berücksichtigen sind.

Die verheirateten Kläger (KI.) werden in den Streitjahren zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt. Durch notariellen Vertrag vom 28.01.1980 (Notar ..., A., Urk.Nr. ...) übertrug der Vater des Kl., der Gärtner G. B., das bebaute Grundstück A., ... und den auf diesem Grundstück betriebenen Gärtnereibetrieb mit allen Aktiven und Passiven auf den Kl., der sich im Gegenzug u. a. zur Zahlung eines monatlichen Altenteils in Höhe von 1.200 DM an die Eltern (Beginn 01.01.1980) verpflichtete. Ein überlebender Ehegatte sollte 80 % des Betrages erhalten. Der Baraltenteil würde wertgesichert. Bei Änderung des Lebenshaltungskostenindexes für einen Vier- Personen Arbeitnehmerhaushalt mit mittleren Einkommen nach der Tabelle des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik in Nordrhein- Westfalen für den Monat Januar 1980 um mehr als 10 %, sollte der Bar-Altenteil angepasst und erstmals an dem auf die Indexveröffentlichung folgenden 01.01. gezahlt werden. Darüber hinaus war die Abänderung des Bar-Altenteils nach § 323 ZPO vereinbart.

In den Streitjahren machten die Kl. u. a. die Bar-Altenteilsleistungen in Höhe von 14.400 DM als Sonderausgaben geltend. Zum Nachweis legten sie entsprechende Zahlungsquittungen der Mutter vor.

In den unter Berufung auf § 164 Abs. 2 AO geänderten ESt-Bescheiden 1995 ? 1997, jeweils vom 03.09.1999 berücksichtigte der Beklagte (BekI.) die Bar-Altenteilsleistungen nicht mehr als dauernde Last. Zur Begründung trug er vor, hinsichtlich des Bar-Altenteils könne der Übergabevertrag vom 28.01.1980 steuerlich nicht anerkannt werden, weil die Leistungen nicht wie vereinbart erbracht worden seien. Die im Vertrag vorgesehene Wertsicherungsklausel (§ 3) sei nicht beachtet, eine Anpassung nicht vorgenommen worden.

Der mit Schreiben vom 15.09.1999 gegen die ESt-Änderungsbescheide 1995 ? 1997 erhobene Einspruch blieb erfolglos. Zur Begründung der Einspruchsentscheidung (EE) vom 13.12.1999 trägt der Bekl. vor, die vertraglich vereinbarte Wertsicherungsklausel sei nicht umgesetzt worden. Die wiederkehrenden Leistungen seien nicht entsprechend den Indexsteigerungen angepasst worden. Die Höhe der Versorgungsleistungen gehöre zum wesentlichen Inhalt des Übergabevertrages. Sie sei nicht nominal sondern real d.h. in dem vereinbarten Umfang inflationsbereinigt, vereinbart.

Die KI. könnten sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie hätten aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Gärtnereibetriebes die Möglichkeit gehabt, eine Anpassung der Baraltenteilsleistungen nach § 323 ZPO zu verlangen, durch die indexbedingte Erhöhung im Ergebnis wenigstens ausgeglichen worden wäre. Ein entsprechendes Abänderungsbegehren sei gegenüber den Berechtigten nicht geltend gemacht worden.

Mit Schreiben vom 13.01.2000 erhoben die KI. gegen die EE Klage. Zur Begründung tragen sie vor, zwischen dem Übergabezeitpunkt und 1990 sei die schwierige wirtschaftliche Lage zwischen den KI. und den Eltern immer Diskussionspunkt und auch der Grund für Auseinandersetzungen gewesen. Eine Erhöhung der Baraltenteilsleistungen habe zwischen den Beteiligten zu keiner Zeit zur Debatte gestanden. Andererseits hätte eine Herabsetzung der monatlichen Barleistungen zu finanziellen Problemen der Berechtigten geführt. In diesem Zusammenhang werde auf die notarielle Urkunde vom 29.12.1999 (Notar, A., Urk. Nr. ... ? Bl. 21 FG-Akte) und auf das Schreiben des Sohnes D. B. (Bl. 51 FG-Akte) verwiesen.

Die Entwicklung des Betriebes zwischen 1980 und 1990 habe gezeigt, dass er so, wie ihn der Kl. übernommen habe, nicht lebensfähig gewesen sei. Schon Mitte 1981 habe der Kl. alte und unmoderne Gewächshäuser und Heizungsanlagen abreißen und auf eigene Rechnung moderne Gewächshäuser errichten lassen, um die Rentabilität zu erhalten. Trotzdem sei durch den Strukturwandel Ende der achtziger Jahre eine kritische Schwelle erreicht worden. Der Gewinn sei im schlechtesten Jahr 1990 auf 17.182 DM gesunken. Im Herbst 1990 sei dann eine zusätzliche Gewächsanlage gepachtet worden. Der Kl. sei Genossenschaftsmitglied auf dem Blumengroßmarkt in C. geworden. Nur dort habe er seine ursprüngliche und durch die Pachtung erzielte Mehrproduktion erfolgreich absetzen können.

Die in den Folgejahren erzielten Mehrgewinne seien allein aufgrund der Betriebserweiterung erwirtschaftet worden. Die wirtschaftliche Lage des Betriebes und die durch die Betriebsumstellung verursachten Mehraufwendungen (Monatspacht und Standgebühren auf dem Großmarkt) hätten für eine Erhöhung der Bar-Altenteilsleistungen keinen Raum gelassen. Die Eltern hätten auch nie eine Anhebung verlangt. Wäre dies geschehen, hätten die Kl. im Gegenzug eine Leistungsanpassung nach § 323 ZPO beantragt. Der notarielle Vertrag vom 28.01.1980 sei hinsichtlich der Wertsicherungsklausel nicht durchgeführt worden, weil sich der Kl. geweigert habe, den aufgrund der Indexklausel sich ergebenden Erhöhungsbeitrag zu zahlen.

Die Kl. beantragen,
die EE vom 13.12.1999 aufzuheben, die ESt- Bescheide 1995- 1997 vom 03.09.1999 zu ändern und die ESt 1995 - 1997 unter Berücksichtigung von Sonderausgaben (dauernde Last) in Höhe von jährlich 14.400 DM niedriger festzusetzen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

In Ergänzung zur EE führt er aus, es sei unerheblich, wenn im Jahr 1981 die Voraussetzungen zur Minderung der Wiedererkehrenden Leistung nach § 3 Abs. 3 des Übertragungsvertrages vorgelegen haben sollten. In den Streitjahren 1995 - 1997 seien die gewerblichen Gewinne gegenüber 1980 und 1981 erheblich angestiegen (1995: ... DM; 1996: ... DM; 1997: ... DM; jeweils nicht bereinigt um die Abschreibungsbeträge). Diese Gewinnsteigerung hätte wiederum eine Anpassung der Versorgungsleistungen bedingen müssen, die aber nachweislich nicht durchgeführt worden sei. Insofern sei der Vortrag der Kl. nicht geeignet zu erklären, warum auf die Umsetzung der Wertsicherungsklausel verzichtet worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Steuerakten verwiesen.

Am 25.10.2000 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Der Senat hat am 19.04.2002 mündlich verhandelt. Auf die Protokolle wird Bezug genommen.

Die Klage ist unbegründet.

Der Bekl. hat die geltend gemachten wiederkehrenden Leistungen zu Recht nicht als dauernde Lasten im Rahmen der Sonderausgaben berücksichtigt.

Der notarielle Vertrag vom 28.1.1980 ist seiner Rechtsnatur nach ein Versorgungsvertrag (Übertragung existenzsichernden Vermögens gegen Versorgungsleistungen), den der Gesetzgeber dem Rechtsinstitut der dauernden Last zugeordnet hat. Die Bar-Altenteilsleistungen an die Eltern des Kl. können jedoch nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden, weil der Vertrag insoweit steuerrechtlich nicht anzuerkennen ist. Ein Versorgungsvertrag zwischen nahen Angehörigen kann steuerrechtlich nur anerkannt werden, wenn die gegenseitigen Rechte und Pflichten klar und eindeutig vereinbart und die Vereinbarungen ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt sind. Nach den allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen über die Behandlung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen steht es den Parteien des Übertragungsvertrages nicht frei, ob und in welchem Umfang sie ihren Vertragspflichten nachkommen wollen. Die Leistungen müssen wie vereinbart erbracht werden. Hierzu gehört u. a., dass eine Schuld in der vereinbarten Höhe zu den vertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkten gezahlt wird (BFH, Urteil vom 31. August 1994 X R 79/92, BFH/NV 1995, 382 m. w. N.).

An einer so charakterisierten Durchführung fehlt es im Streitfall. Die Parteien haben die in § 3 des Übertragungsvertrages vom 28.1.1980 vereinbarte Wertsicherungsabrede nicht umgesetzt. Sie haben an die Eltern auch in den Streitjahren die ursprünglich vertraglich vereinbarten Altenteilsleistungen von monatlich 1.200 DM gezahlt, obwohl der Lebenshaltungsindex für einen Vier- Personen-Arbeitnehmerhaushalt mit mittlerem Einkommen nach der Tabelle des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik in Nordrhein-Westfalen zwischen 1980 (100,0 Punkte) und 1994 (138,5 Punkte) um mehr als 10 % angestiegen ist. Dass die Wertsicherungsklausel durch notariellen Vertrag vom 29.12.1999 (BI. 21 FG-Akte) inzwischen aufgehoben und zum Ausgleich für den Verzicht für die Jahre 1995 ? 1999 eine Zahlung an die Eltern in Höhe von 1.500 DM vereinbart worden ist, ist für die Beurteilung der Streitjahre 1995 ? 1997 unerheblich.

Die Höhe der Versorgungsleistungen gehört zum wesentlichen Inhalt des Übergabevertrages. Diese Höhe war nicht normal, sondern real, d. h. in dem vereinbarten Umfang inflationsbereinigt, vereinbart. Da die Indexsteigerung zu einer Erhöhung der wiederkehrenden Leistungen geführt hätte, sind die Leistungen in einem geringeren Umfang als vereinbart gezahlt worden.

Die Nichtbeachtung der Versicherungsklausel ist für die Beurteilung der steuerlichen Wirksamkeit des Versorgungsvertrages nicht unerheblich (ebenso FG Münster, Urteil vom 24. Oktober 2000, 15 K 4938/00 E; a. A. FG Münster, Urteile vom 28. Dezember 2000, K 7481/99 E; vom 26. März 2001, 4 K 7352/99 E, EFG 2001, 1033; Urteil vom 05. Februar 2001, 6 K 6565/99 E, nv.). Zwar ist es nicht die Wertsicherungsabrede, die dazu führt, dass wiederkehrende Leistungen als dauernde Last zu beurteilen sind (BFH Urteil vom 28. Januar 1986 IX R 5/80, BFH/NV 1986, 526). Die Einordnung der wiederkehrenden Leistungen als dauernde Last folgt daraus die getroffene Vereinbarung dem Typus des Versorgungsvertrages vergleichbar, ist der auch ohne Wertsicherungsabrede vereinbart sein kann.

Die Versorgung als Hauptleistungspflicht erfolgt jedoch nicht in der abgesprochenen Höhe, wenn die widerkehrenden Leistungen in dem ursprünglich verabredeten Umfang weitergezahlt werden, ohne die vertraglich bedeutsamen Indexsteigerungen zu beachten, die zur automatischen Anpassung der Versorgungsleistungen führen. Die wertgesicherte wiederkehrende Leistung beziffert die Versorgungshöhe bei gegenüber dem Vertragsabschluss unveränderter Bedürftigkeit des Empfängers und unveränderter Leistungsfähigkeit des Verpflichteten. Dass die wiederkehrende Leistung erst dadurch zur dauernden Last wird, dass die Option zur Abänderung der Höhe bei geänderten Verhältnissen vorhanden ist, betutet daher nicht, dass die Nichtzahlung der vereinbarten wertgesicherten Ausgangsleistung im Rahmen der Beurteilung des Angehörigenvertrages unerheblich ist. Sie hat im Rahmen der Versorgungsabrede eine eigenständige wesentliche Bedeutung. Zum einen ist wertgesicherte Ausgangsleistung die Basis für die Anpassung der Versorgungsleistung bei veränderten Verhältnissen. Zum anderen führt die automatische Anpassung der Ausgangsleistung dazu, dass sich der Versorgungsempfänger im Umfang der Wertsicherung dem Prozessrisiko einer Änderungsklage nicht aussetzen muss und nach dem Willen der Vertragsbeteiligten nicht ausgesetzt werden soll.

Soweit die KI. andeuten, die Wertsicherungsklausel sei wegen fehlender Genehmigung durch die Landeszentralbank möglicherweise nicht wirksam, führt dies schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil der ablehnende Bescheid der zuständigen Genehmigungsbehörde nicht vorgelegt wurde. Auch bei fehlender Genehmigung der Wertsicherungsklausel wären die wiederkehrenden Leistungen im Übrigen nur nominal erbracht worden, obwohl wertbeständige Leistungen vereinbart waren.

Soweit die KI. vortragen, von einer Erhöhung der wiederkehrenden Leistungen aufgrund der Wertsicherungsklausel sei abgesehen worden, weil dem KI. ein Änderungsanspruch aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des übernommenen Betriebes zugestanden hätte, führt das im Ergebnis zu keiner anderen Beurteilung.

Nach § 3 Abs. 4 des notariellen Übertragungsvertrages vom 28.01.1980 gilt als wesentliche Änderung im Sinne des § 323 der Umstand, dass ?sich der in der durch den Erschienenen zu 3. (erg.: KI.) betriebenen Gärtnerei erzielte Gewinn (ohne Berücksichtigung von Abschreibungen für Abnutzung bzw. Sonderabschreibung für Abnutzung) ohne Verschulden des Erschienenen zu 3. auf weniger als 66 2/2 des 1980 erzielten Gewinns? mindert. Danach kommt es in diesem Zusammenhang entgegen der Auffassung der KI. auf den insgesamt erzielten Gewinn aus der Gärtnerei einschließlich der aus Betriebserweiterungen und strukturellen Veränderungen herrührenden Anteile an. Die um die Abschreibungen korrigierten Gewinne haben, soweit sie nachvollziehbar sind (1981, 1989-1997), diese Grenze nur 1981 (64,54 %) und 1990 (65,60 %) geringfügig unterschritten. Eine Verrechnung der Indexsteigerungen mit den Anpassungsmöglichkeiten nach § 323 ZPO würde im Übrigen nur dann zu einer vertragsgemäßen Zahlung der wiederkehrenden Leistungen führen, wenn sie im Umfang einander entsprechen würden. Darüber hinaus wäre bei einer Minderung der wiederkehrenden Leistungen aufgrund des Gewinns 1981 bei wieder steigenden Gewinnen in den Folgejahren ein entsprechender Anpassungsanspruch der Eltern anzunehmen, wenn davon ausgegangen wird, dass die Ausgangsleistung das Versorgungsbedürfnis der Eltern bei gleich bleibenden Verhältnissen beziffert.

Die KI. haben nicht vorgetragen, geschweige denn entsprechende Nachweise vorgelegt, dass ein konkreter Abgleich des Umfanges indexbezogen und auf § 323 ZPO gestützter Anpassungen vorgenommen worden ist. Selbst wenn eine nicht nur überschlägige Gegenüberstellung vorgenommen worden sein sollte, könnte sie schon deshalb nicht zu vertragsgerechten Versorgungsleistungen führen, weil die KI. entgegen den vertraglichen Absprachen (s. o.) davon ausgingen, die Änderungsmöglichkeit aufgrund gegenüber dem Ausgangswert gesunkenen betrieblichen Gewinns sei von der Entwicklung des Betriebsgewinns ohne Berücksichtigung der auf die unternehmerischen Entscheidungen des KI. zurückzuführenden Gewinnanteile abhängig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 FGO.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr.1 FGO zugelassen.

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