23.07.2010 · IWW-Abrufnummer 102291
Finanzgericht Bremen: Urteil vom 13.10.2009 – 2 V 115/09
1. Eine von einem Hotel in einem Spiegelzelt veranstaltete, mit einer gehobenen Ansprüchen genügenden Bewirtung verbundene Varieté-/Theatershow „Dinner-Show”), bei der künstlerisch und kulinarisch Interessierten eine Örtlichkeit zur Verf ügung gestellt wird, in der sie künstlerisch und kulinarisch Außergewöhnliches aufeinander abgestimmt und ohne Wartezeit genießen können und bei der die Eintrittskarten für das Gesamtpaket Varieté-/Theatershow und ein 4-Gänge-Menü zwischen 93 und 109 Euro kosten, ist nicht als einheitliche, insgesamt dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung zu beurteilen, wenn die einzelnen künstlerischen und kulinarischen Bausteine einen jeweils eigenständigen Wert für den Gast haben.
2. Folglich ist der Gesamtpreis der Eintrittskarten sachgerecht aufzuteilen, so dass nur hinsichtlich des auf das 4-Gänge-Menü entfallenden Anteils der Regelsteuersatz gem. § 12 Abs. 1 UStG, hinsichtlich der Varieté-/Theatershow einschließlich Garderobe dagegen der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG zur Anwendung kommt.
Gründe
Streitig ist die umsatzsteuerliche Behandlung der Umsätze aus der von dem Hotel X. durchgeführten Veranstaltung „…” in den Jahren 2004 und 2005.
Die Ast. veranstaltete erstmalig im Jahr 2004 in einem vor dem Hotelgebäude speziell hierfür aufgebauten Spiegelzelt eine Varieté-/Theatershow unter gleichzeitiger Bewirtung der Gäste. Diese Veranstaltung wird von ihr auch als „Dinner-Show” bezeichnet. Seit 2004 findet sie jährlich in den Wintermonaten November bis Januar statt.
Der Eintrittskarten kosteten in den Streitjahren zwischen 93,– EUR und 109,– EUR. Darin enthalten waren die Varieté-/Theatershow, das 4-Gänge-Menü und Garderobe. Getränke wurden den Gästen gesondert berechnet.
Während der Veranstaltung sitzen die Gäste nicht in Stuhlreihen, sondern an Tischen und verfolgen von dort die musikalische und künstlerische Unterhaltung. Hierfür werden bekannte Varietékünstler engagiert. Vor und zwischen den verschiedenen Darbietungen werden die einzelnen Gänge des 4-Gänge-Menüs und Getränke serviert. Während der musikalischen und künstlerischen Darbietungen des „Hauptprogramms” werden keine Speisen serviert oder abgeräumt. Zur Unterhaltung während des Essens findet als „Nebenprogramm” eine musikalische Begleitung statt. Die Gesamtdauer der Veranstaltung beträgt rund 4,25 Stunden. Hiervon entfallen 1,5 Stunden auf das 4-Gänge-Menü.
Die Ast. teilte ihre Umsätze aus dem Verkauf der Eintrittskarten für die Veranstaltung in Umsätze zum Regelsteuersatz und Umsätze zum ermäßigten Steuersatz auf. Ein aus dem Kartenerlös herausgerechneter Betrag für das 4-Gänge-Menü wurde dem Regelsteuersatz von 16 % unterworfen und der Restbetrag dem ermäßigten Steuersatz von 7 % gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStG). Zur Berechnung des Anteils des Kartenerlöses, der auf das 4-Gänge-Menü entfiel, addierte die Ast. zu dem von ihr mit … EUR (brutto) angegebenen reinen Materialeinsatz für das Essen einen frei geschätzten Zuschlag für die Einzel- und Gemeinkosten i.H.v. … EUR (brutto) hinzu. Danach entfiel von dem Erlös pro Karte ein Betrag i.H.v. 15,– EUR (brutto) auf das 4-Gänge-Menü. Auf dieser Grundlage nahm die Ast. die Umsatzversteuerung wie folgt vor:
brutto 7 % brutto 16 % brutto
Eintrittspreise 93,00 EUR – 109,00 EUR
davon für das:
4-Gänge-Menü 15,00 EUR 15,00 EUR
Showprogramm 78,00 EUR – 94,00 EUR 78,00 EUR – 94,00 EUR
Getränke Regelsteuersatz
Nach einer in der Zeit vom 12. Februar 2008 bis 7. März 2008 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Antragsgegner (nachfolgend abgekürzt: Ag.) die Auffassung, dass bei der von der Ast. durchgeführten Dinner-Show kulinarische und künstlerische Elemente gleichwertig nebeneinander angeboten würden und daher aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers gerade dieses Kombinationserlebnis im Vordergrund stehe. Es handele sich um eine einheitliche Leistung, die in voller Höhe dem Regelsteuersatz unterliege, der in den Streitjahren 16 % betragen habe. Dies entspreche auch der Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder, wie sie im Schreiben der Senatorin für Finanzen vom 20. Februar 2009 zum Ausdruck komme (inhaltsgleich mit dem z.B. in juris veröffentlichten Schreiben des Finanzministeriums Schleswig-Holstein vom 10. März 2009 S 7238-011).
Am 19. März 2009 erließ der Ag. unter Hinweis auf § 164 Abs. 2 AO Umsatzsteuerbescheide für 2004 und 2005. Von den Nachforderungen i.H.v. … EUR (2004) und … EUR (2005) entfielen … EUR (2004) und … EUR (2005) auf die Eintrittskarten für die Dinner-Show.
Gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide vom 19. März 2009 legte die Ast. am 17. April 2009 Einspruch ein. Außerdem beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids für 2004 i.H.v. … EUR und des Umsatzsteuerbescheids für 2005 i.H.v. … EUR. Zur Begründung trug sie vor:
Die Varieté-/Theatershow und die in den Pausen erbrachten Restaurationsleistungen seien keine einheitliche Leistung, sondern zwei voneinander unabhängige Leistungen. Ihre, der Ast., Restaurationsleistungen seien ebenso zu beurteilen wie Gastronomieumsätze von Theatern. Diese seien nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Mai 1998 V R 85/97 (BFHE 186, 151, BStBl 1999 II S. 145) selbständige und von der Theatervorführung unabhängige Leistungen.
Die künstlerischen und kulinarischen Leistungen stünden sich nicht gleichwertig gegenüber. Motivation für die Teilnahme der Besucher an der Veranstaltung seien in erster Linie die auftretenden internationalen Künstler. Dies werde anhand des zeitlichen Ablaufs der Veranstaltung deutlich. Lediglich rund 1,5 Stunden entfielen auf die Restaurationsleistungen. Die Besucher widmeten ihre gesamte Aufmerksamkeit den künstlerischen Darbietungen, während derer keine Speisen serviert oder abgeräumt würden. Das Servieren von Speisen stelle lediglich eine weitere Leistung dar, die den Besuch der Veranstaltung angenehm gestalten solle. Ginge es den Besuchern im Wesentlichen um den Genuss des 4-Gänge-Menüs, so würden sie das Restaurant des Hotels vorziehen, anstatt in den kalten Wintermonaten in einem Zelt zu sitzen. Dies zeige, dass es ihnen gerade um den Genuss des außergewöhnlichen kulturellen Ereignisses gehe, das durch die Atmosphäre des Spiegelzeltes in Verbindung mit den Auftritten der Künstler geprägt sei. Die von ihr, der Ast., vorgenommene Aufteilung der Umsätze aus dem Verkauf der Eintrittskarten, nach der lediglich rund 20 % auf die Restaurationsleistungen und 80 % auf die Varieté-/Theatershow entfielen, spiegele ebenfalls den Schwerpunkt der Gesamtveranstaltung wieder.
Ob die Restaurationsleistungen von untergeordneter Bedeutung seien, könne nach ihrer, der Ast., Auffassung dahinstehen, da es sich nicht um Nebenleistungen handele. Sie seien weitere Hauptleistungen, die unter Beachtung der Rechtsprechung des EuGH (z.B. Urteil vom 25. Februar 1999 C-349/96, Card Protection Plan Ltd. – CPP –, Slg 1999, I-973) als selbständige Leistungen zu beurteilen seien und dem Regelsteuersatz unterlägen. Ginge man allerdings abweichend hiervon – etwa unter Zugrundlegung des zur Besteuerung von Pauschalreisepaketen ergangenen BFH-Urteils vom 15. Januar 2009 V R 9/06 (BFHE 224, 166, UR 2009, 319) – davon aus, dass es sich im vorliegenden Fall um eine einheitliche Leistung handele, so wäre die Restaurationsleistung als eine Leistung von untergeordneter Bedeutung zu beurteilen. Da die Varieté-/Theatershow eindeutig im Vordergrund stehe, wäre der ermäßigte Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG insgesamt, d.h. sowohl auf die Varieté-/Theatershow als auch auf die Restaurationsleistungen anzuwenden.
Mit Einspruchsentscheidung vom 3. August 2009 wies der Ag. den Einspruch der Ast. als unbegründet zurück. Hierzu berief er sich auf das Schreiben der Senatorin für Finanzen vom 20. Februar 2009, das er in seiner Einspruchsentscheidung auf Seite 7 wörtlich wiedergab. Insoweit wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 3. August 2009 lehnte der Ag. mit im Wesentlichen gleicher Begründung den Antrag der Ast. auf Aussetzung der Vollziehung ab.
Mit Schriftsatz vom 3. September 2009, der am selben Tag beim Gericht eingegangen ist, hat die Ast. Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 3. August 2009 erhoben und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids für 2004 i.H.v. 63.798,90 EUR und des Umsatzsteuerbescheids für 2005 i.H.v. 43.265,05 EUR gestellt. Zur Begründung beruft sie sich auf ihre Ausführungen im Einspruchsverfahren.
Die Ast. beantragt,
die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids für 2004 vom 19. März 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. August 2009 auszusetzen, soweit der Zahlungsbetrag höher als … EUR festgesetzt worden ist, und die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids für 2005 vom 19. März 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. August 2009 auszusetzen, soweit der Zahlungsbetrag höher als … EUR festgesetzt worden ist.
Der Ag. beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Ag. verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.
Gr ünde
II.
Der Antrag der Ast. hat überwiegend Erfolg.
1. Die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts soll auf Antrag ganz oder teilweise ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 FGO).
Eine unbillige Härte i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegt vor, wenn durch die sofortige Vollziehung dem Steuerpflichtigen Nachteile drohen würden, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gutzumachen sind, oder wenn gar die wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen gefährdet wäre (BFH-Beschlüsse vom 31. August 1987 V B 57/86, BFH/NV 1988, 174; vom 21. Februar 1990 II B 98/89, BFHE 160, 61, BStBl 1990 II S. 510). Dazu hat die Ast. weder konkret und substantiiert vorgetragen noch ergeben sich hierfür entsprechende Anhaltspunkte aus den Akten.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Steuerbescheids bestehen dann, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Beschluss vom 30. März 1999 I B 139/98, BFHE 188, 131, BFH/NV 1999, 1145, m.w.N.). Dabei brauchen die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, d.h. ein Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als sein Misserfolg (vgl. BFH-Beschluss vom 5. November 1998 VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468). Das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung soll als summarisches, abgekürztes Verfahren der Eilbedürftigkeit der beantragten Maßnahme gerecht werden. Es ist daher auf der Grundlage des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt, sowie der präsenten Beweismittel zu entscheiden (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Beschluss vom 10. Dezember 2003 VIII B 151/03, BFH/NV 2004, 929, m.w.N.). Dem jeweiligen Antragsteller obliegt es, sämtliche aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen.
Bei summarischer Prüfung anhand der präsenten Beweismittel bestehen im Streitfall nur in der im Tenor genannten Höhe ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerbescheide 2004 und 2005 vom 19. März 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. August 2009. Der Ag. hat die Umsätze aus dem Verkauf der Eintrittskarten für die Dinner-Show zu Unrecht insgesamt dem Regelsteuersatz unterworfen. Die Dinner-Show fällt hinsichtlich der Varieté-/Theatershow unter die Vorschrift zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG. Hinsichtlich des 4-Gänge-Menüs kommt der Regelsteuersatz gemäß § 12 Abs. 1 UStG zur Anwendung. Die Gesamtleistung der Ast. ist nicht als einheitliche sonstige Leistung zu beurteilen, die dem Regelsteuersatz unterliegt. Das 4-Gänge-Menü stellt auch keine Nebenleistung zur Varieté-/Theatershow dar.
a) Besteuerungsgegenstand ist umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich die ausgeführte Leistung. Sie wird bestimmt durch die Art ihrer Ausführung, den Gegenstand, auf den die Ausführung gerichtet ist, durch die Beteiligten (Leistender, Leistungsempfänger) und durch ihre Entgeltlichkeit (vgl. BFH-Urteil vom 3. September 2008 XI R 54/07, BFHE 222, 153, BStBl 2009 II S. 499, m.w.N.).
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und des BFH gelten für die im Streitfall entscheidende Frage, unter welchen Bedingungen mehrere zusammenhängende Leistungen als eine Gesamtleistung zu behandeln sind, folgende Grundsätze (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 17. April 2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712, unter II.2.b, juris Rz 22 ff.; vom 19. Juli 2007 V R 68/05, BFHE 219, 224, BStBl 2008 II S. 208, unter II.2.b.aa, juris Rz 16; BFH-Beschluss vom 24. April 2008 XI B 231-233/07, BFH/NV 2008, 1370, unter 2.a, juris Rz 4; alle m.w.N.):
Jeder Umsatz ist in der Regel als eigenständige, selbständige Leistung zu betrachten. Allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt. Dabei ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Maßgebend ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der Umsatz erfolgt.
Allein der Umstand, dass Leistungen aufgrund einer zivilrechtlichen Vertragsgrundlage erbracht werden, rechtfertigt nicht die Annahme einer einheitlichen Leistung. Eine einheitliche Leistung liegt auch nicht deshalb vor, weil mehrere Leistungen demselben wirtschaftlichen Ziel dienen.
Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen sind, die das steuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
Das Gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
Eine einheitliche Leistung kann nicht allein durch getrennte Aufzeichnung der Leistungsbestandteile oder durch eine kalkulatorische Aufspaltung des Entgelts auf die verschiedenen Leistungsbestandteile in mehrere Einzelleistungen zerlegt werden. Umgekehrt ist ein Gesamtpreis kein zwingendes Beweisanzeichen für eine einheitliche Leistung.
b) Im vorliegenden Fall beschränken sich die streitigen Leistungen nicht auf die Varieté-/Theatershow – die für sich genommen unstreitig unter § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG fiele (vgl. auch BFH-Urteil vom 26. April 1995 XI R 20/94, BFHE 177, 548, BStBl 1995 II S. 519; Abschn. 166 Abs. 2 UStR) –, sondern umfassen auch ein 4-Gänge-Menü als Restaurationsleistung. Das Wesen und der wirtschaftliche Gehalt der gegen Zahlung eines einheitlichen Eintrittspreises erbrachten Leistungen der Ast. besteht in einer Mischung aus Unterhaltung und gutem Essen im Ambiente eines Spiegelzeltes. Die Ast. stellt künstlerisch und kulinarisch Interessierten eine Örtlichkeit zur Verfügung, in der sie k ünstlerisch und kulinarisch Außergewöhnliches aufeinander abgestimmt und ohne Wartezeit genießen können. Varieté-/Theatershow und 4-Gänge-Menüs sind miteinander verbunden und greifen durch die zeitliche Abfolge von künstlerischen Darbietungen und einzelnen Gänge ineinander. Mit dem Erwerb einer Eintrittskarte wird das Recht erworben, dieses Angebot als Ganzes in Anspruch zu nehmen. Angesichts der Höhe des Eintrittspreises ist davon auszugehen, dass die von der Ast. durchgeführten Veranstaltungen nicht ausschließlich wegen der Varieté-/Theatershow oder ausschließlich wegen des 4-Gänge-Menüs besucht werden. Vielmehr prägt gerade die Kombination, durch die etwas selbständiges „Drittes” – eine „Dinner-Show” – geschaffen wird, den Charakter der Veranstaltungen und stellt den besonderen Anreiz für den Besucher dar. Dies spricht für die Auffassung des Ag., dass im Streitfall eine einheitliche, nicht aufteilbare Leistung vorliegt, die den Rahmen des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG überschreitet und deshalb der Regelbesteuerung unterfällt.
Andererseits führt das Recht, zu einem einheitlichen Eintrittspreis künstlerische Leistungen und Restaurationsleistungen in ihrer Gesamtheit in Anspruch zu nehmen, allein nicht zur Annahme einer einheitlichen Leistung. Das Gleiche gilt für den Umstand, dass der Besucher beide Leistungen nur zusammen erwerben kann. Trotz der Bereitstellung des Gesamtpakets aus Varieté-/Theatershow und 4-Gänge-Menü haben die einzelnen künstlerischen und kulinarischen Bausteine einen jeweils eigenständigen Wert für den Gast. Sie treten nicht hinter die Gesamtleistung zurück. Die Varieté-/Theatershow und das 4-Gänge-Menü sind nach Auffassung des Gerichts nicht so eng miteinander verbunden, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Deshalb sind die Restaurationsleistungen und die künstlerischen Leistungen jeweils als eigenständige Leistungen zu beurteilen (vgl. Lange, UR 2009, 294, 296 f.).
c) Zwischen den künstlerischen Leistungen und den Restaurationsleistungen besteht kein Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung. Eine das umsatzsteuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilende Nebenleistung ist gegeben, wenn die Leistung im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit dieser in engem Zusammenhang steht, indem sie diese ermöglicht, abrundet, ergänzt oder verbessert, und üblicherweise in ihrem Gefolge vorkommt (BFH-Urteil vom 1. Juni 1995 V R 90/93, BFHE 178, 248, BStBl 1995 II S. 914, m.w.N.).
Bei dem 4-Gänge-Menü handelt es sich aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nicht um eine im Verhältnis zu der Varieté-/Theatershow steuerlich unselbständige Nebenleistung. Das 4-Gänge-Menü ist kein bloßes Mittel, um die Varieté-/Theatershow unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können. Es erfüllt einen eigenen Zweck, nämlich den Hunger bzw. Appetit auf Essen von gehobener Qualität am Abend zu stillen. Den Besuchern kommt es bei lebensnaher Betrachtung nicht allein auf die künstlerischen Darbietungen an. Vielmehr ist wesentlich für den Erwerb einer Eintrittskarte auch die hiermit einhergehende Möglichkeit zum Genuss der einzelnen Gänge eines von der Küche eines guten Hotels kreierten 4-Gänge-Menüs vor und zwischen den künstlerischen Darbietungen.
Im Zuschauerraum am Sitzplatz mit Tischen servierte 4-Gänge-Menüs kommen zudem nicht üblicherweise „im Gefolge” einer Varieté-/Theatershow vor. Die Besucher einer Varieté-/Theatershow haben meist nur Gelegenheit, in den Pausen außerhalb des Zuschauerraums kleinere „Snacks” an einer Theke zu sich zu nehmen. Auf ein Menü mit mehreren Gängen von gehobener Qualität müssen sie verzichten.
Aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers kann ein von der Küche eines guten Hotels kreiertes 4-Gänge-Menü, das in einem Spiegelzelt am Sitzplatz serviert wird, auch nicht ohne spürbare Auswirkung auf den pauschalen Eintrittspreis bleiben und aus diesem Grund reine Nebenleistung sein. Dass das 4-Gänge-Menü keinen maßgeblichen Einfluss auf die Kalkulation des (Brutto-)Eintrittspreises gehabt hat, hat die Ast. weder behauptet noch glaubhaft gemacht. Insofern sind ihre Angaben zum Materialeinsatz für das Essen i.H.v. … EUR (brutto) und zu dem von ihr frei geschätzten Zuschlag für die Einzel- und Gemeinkosten i.H.v. … EUR (brutto) ohne Aussagekraft. Dass das 4-Gänge-Menü aus der eigenen Sicht der Ast. einen wesentlichen Leistungsbestandteil darstellt, zeigt sich im Übrigen darin, dass sie die Veranstaltung selbst als „Dinner-Show” bezeichnet. Bei dieser mit einem Trennungsstrich verbundenen Wortschöpfung aus „Dinner” und „Show” liegt die Betonung mindestens ebenso stark auf dem vorangestellten Wort „Dinner” wie auf dem nachfolgenden Wort „Show”. Auch nach der eigenen Konzeption der Ast. ist das 4-Gänge-Menü also nicht von einer derart untergeordneten Bedeutung, dass die Varieté-/Theatershow der Gesamtleistung das Gepräge geben könnte. Vielmehr stehen künstlerische und kulinarische Leistung in einem gleichgeordneten Verhältnis.
Nebenleistung zu der nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG begünstigt zu besteuernden künstlerischen Leistung ist nach den o.g. Grundsätzen jedoch die Aufbewahrung der Garderobe (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 1988 X R 11/82, BFHE 153, 459, BStBl 1988 II S. 799, juris Rz 23 f.).
d) Da im Streitfall die Restaurationsleistungen und die im Rahmen der Varieté-/Theatershow dargebotenen künstlerischen Leistungen (einschließlich Garderobe) jeweils als eigenständige Leistungen zu beurteilen sind, die nicht im Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung stehen, ist das von den Besuchern zu entrichtende Gesamtentgelt sachgerecht aufzuteilen (vgl. Lange, UR 2009, 294). Der auf die ermäßigt zu besteuernde Leistung bezogene Teil des Gesamtpreises ist unter Anwendung der einfachstmöglichen Berechnungs- oder Bewertungsmethode herauszurechnen (vgl. BFH-Urteil vom 31. Mai 2001 V R 97/98, BFHE 194, 555, BStBl 2001 II S. 658; Lange, UR 2009, 294).
Für die Berechnung geht das Gericht von einem durchschnittlichen Gesamtpreis pro Eintrittskarte i.H.v. 100,– EUR (brutto) aus. Ausgehend davon, dass die Ast. für aus anderen Anlässen angebotene Menüfolgen mindestens 40,– EUR (brutto) pro 4-Gänge-Menü exkl. Getränke in Rechnung stellt, beläuft sich der auf die ermäßigt zu besteuernden künstlerischen Leistungen (einschließlich Garderobe) entfallende Anteil auf 60,– EUR (brutto). Da die Ast. bereits von sich aus 15,– EUR (brutto) des auf die Restaurationsleistungen entfallenden Anteils von 40,– EUR (brutto) dem Regelsteuersatz unterworfen hat, teilt das Gericht die streitigen Umsatzsteuerbeträge i.H.v. … EUR (2004) und … EUR (2005) im Verhältnis 25/85 (Umsätze zum Regelsteuersatz) und 60/85 (Umsätze zum ermäßigten Steuersatz) auf. Danach sind von dem streitigen Betrag i.H.v. … EUR (2004) … EUR (= 60/85) und von dem streitigen Betrag i.H.v. … EUR (2005) … EUR (= 60/85) von der Vollziehung auszusetzen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.
Die Beschwerde wird gemäß § 128 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 GKG. Der Streitwert beträgt 10 v.H. des Betrags, dessen Vollziehung die Ast. ausgesetzt wissen will.