15.04.2010 · IWW-Abrufnummer 101164
Amtsgericht Nürnberg: Urteil vom 01.02.2010 – 31 C 5436/09
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Amtsgericht Nürnberg
31 C 5436/09
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit XXX
wegen Schadenersatz
erläßt das Amtsgericht Nürnberg durch Richterin XXX am Amtsgericht Vierheilig im schriftlichen Verfahren gem. § 495aZPO am 1.2.2010 folgendes
ENPURTEIL
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 514,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 162,35 EUR seit 30.12.2008 und aus 352,30 EUR seit 1.10.2008 zu bezahlen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Hohe von 36,40 EUR nebst Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 30.12.2008 zu bezahlen.
IIl. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 514,65 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wurde gemäß § 313 a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zul ässige Klage war im vollen Umfang begründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von restlichen Schadensersatz in Höhe von 514,65 EUR aus §§ 823, 249 BGB, §§ 7, 18 StVG i.V.m. § 115 VVG gegen die Beklagte zu. Sowohl die Haftung der Beklagten dem Grunde nach sowie die Aktivlegitimation des Klägers sind unter den Parteien unstreitig.
a) Auch der Umfang der Beschädigung des klägerischen Pkw steht fest.
Zwar bestreitet die Beklagte, dass der auf dem Foto 7 des Schadensgutachtens des Sachverständigenbüro XXX erkennbare Kratzer aus dem Unfall resultiert und damit kein Neuschaden vorliege. Dieser Einwand ist jedoch zum einen völlig unsubstantiiert. Die Beklagte führt in keiner Weise, aus, warum, dieser Kratzer nicht durch das Unfallgeschehen vom 5.9.2008 entstanden sein soll. Dies gilt umsomehr, als der Sachverständige vorhandene Altschäden-Lackkratzer an der Türe vorne und hinten rechts angegeben hat. Der hier angesprochene Lackkratzer hingegen wurde nicht als Vorschaden eingestuft. Letztlich ist dieser Einwand jedoch auch nicht entscheidungserheblich und bedarf keiner Beweiserhebung. Der von der Beklagten insoweit geltend gemachte Abzug "Neu für alt" findet im vorliegenden Falle nicht statt, da eine messbare Vermögensmehrung im streitgegenständlichen Fall nicht eingetreten ist. Zwar kann in dem Fall, in dem eine gebrauchte Sache durch eine neue ersetzt wird oder eine Reparatur durch den Einbau von Neuteilen erfolgt, dies zu einer Werterhöhung führen. Eine messbare Wertsteigerung ist jedoch in der Regel zu verneinen bei Ersatz von Teilen, die im Allgemeinen in die "Lebensdauer" des Kfz erreichen (vgl. Palandt. Vorbemerkung vor § 249 Rn. 98). Dies ist aber bei einem Fahrzeug, das zum Unfallzeitpunkt gerade erst 14 Monate alt war, hinsichtlich eines Lackschadens am Stoßfänger kaum der Fall. Zudem ist das Gericht der Auffassung, dass hier eine "messbare" Vermögensmehrung nicht anzunehmen ist, wenn im Zuge der Reparatur des Fahrzeugs ein bereits vorhandener Kratzer an der Stoßstange mit ausgebessert wird. Zur Hohe einer derartigen Wertverbesserung macht auch die Beklagtenpartei keine Ausführungen. Auch unter diesem Gesichtspunkt war dieses Vorbringen der Beklagten somit nicht zu berücksichtigen.
b) Im Hinblick auf die Reparaturkosten sind dem Kläger auch die im Wege der fiktiven Schadensabrechnung geltend gemachten Stundenverrechnungssätze, die Kosten der Lackierung, die Verbringungskosten sowie die Kosten der Reinigung in Höhe eines von der Beklagten nicht regulierten Restbetrages in Höhe von 352,31 EUR zu ersetzen.
Dem Kläger sind die sich aus dem Privatgutachten ergebenen Lohnkosten sowie die Lackierungskosten der Markenwerkstatt Citroen auch im Wege der fiktiven Abrechnung zu ersetzen. Nach neuerer Rechtsprechung des BGH vom 20.10.2009 (Az. VI ZR 53/09) sind die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt jedenfalls dann zu erstatten, wenn die Verweisung des Geschädigten auf eine Reparatur in einer "freien Fachwerkstatt" unzumutbar ist. Dabei führt der BGH in seinem Urteil aus, dass bei Fahrzeugen bis zu einem Alter von 3 Jahren es auch unter den Gesichtspunkten der Schadensminderungspflicht unzumutbar wäre, eine Reparaturmöglichkeit in einer freien Werkstatt anstelle in einer markengebundenen Fachwerkstatt in Anspruch zu nehmen. Im vorliegenden Fall war das klägerische Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt 14 Monate alt. Entsprechend der Rechtsprechung des BGH im Urteil vom 20.10.2009 ist jedenfalls davon auszugehen, dass selbst dann, wenn der Kläger grundsätzlich unter Schadensminderungsgesichtspunkten verpflichtet gewesen sein sollte, eine gleichwertige freie Fachwerkstatt in Anspruch zu nehmen, diese Reparaturmöglichkeit für ihn unzumutbar ist. Der BGH begründet dies mit dem schützenswerten Interesse.des Geschädigten auf Erhaltung von Gewährleistungsrechten, eine Herstellergarantie und / oder von Kulanzleistungen, die im Falle einer Reparatur in einer freien Werkstatt möglicherweise nicht gewährleistet sind. Der BGH führt dabei aus, dass im Interesse einer gleichmäßigen und praxisgerechten Regulierung bei Fahrzeugen bis zu einem Alter von 3 Jahren grundsätzlich keine rechtlichen Bedenken gegen eine generelle tatrichterliche Schätzung der erforderlichen Reparaturkosten nach den Stundenverrechnungssätzen einer markengebundenen Fachwerkstatt bestehen.
Insoweit als die Beklagte bestreitet, dass es sich bei den vom Sachverständigen XXX festgestellten Stundenverrechnungssätzen der Höhe nach in der Region Nürnberg/Fürth von Citroen mittlere abgerechnete Stundenverrechnungssätze handelt; ist dieses Bestreiten mangels Substantiiertheit, nicht berücksichtigungsfähig. Die Beklagte trägt in keiner Weise Anhaltspunkte dafür vor, ausweIchen Gründen diese Sätze zu hoch angesetzt sind.
Legt aber der KIäger ein ordnungsgemäßes Gutachten eines Sachverständigen vor wovon hier nach der Darstellung und Umfang des Gutachtens der Sachverständige XXX vom 11.9.2008 auszugehen ist , so hat die Beklagte anhand konkreter Tatsachen die Unwirtschaftlichkeit der Abrechnung darzulegen und zu beweisen (vgI. BGH Urteil vom 29.4.2003, Az. IV ZR 398/02). Hieran fehlt es aber.
C. Der Kläger hat auch bei fiktiver Schadensabrechnung die Verbringungskosten entsprechend dem Sachverständigengutachten zu bezahlen. Der Sachverständige XXX führte in seinem Gutachten vom 11.9.2008 aus, dass Kosten durch die Verbringung des verunfaIlten Fahrzeugs zu einer Lackierwerkstatt anfallen. Hierdurch wird indiziert, dass diese Kosten bei Durchführung einer Reparatur anfallen werden. ,Auch führte die Klagepartei konkret aus, dass im Großraum Nürnberg, Fürth, Erlangen und Schwabach es keine markengebundene (Citroen-Werkstatt gibt, die im eigenen Hause lackieren kann. Auch der Sachverständige XXX führte in seinem Ergänzungsgutachten aus, dass ihm entsprechende Werkstätten nicht bekannt sind.
Dem ist die Beklagte nicht ausreichend entgegengetreten.
Die Beklagte hat hierzu lediglich bestritten, dass es am Wohnsitz des KIägers und in der Umgebung des Wohnsitzes des Klägers keine freie und/oder Citroen-Vertragswerkstatt gibt, die über eine eigene Lackiererei verfügt.
Soweit sich dieses Bestreiten auf freie Werkstätten bezieht, ist der Einwand ohnehin irrelevant, da dem Kläger nach dem Urteil des BGH vom 20.10.2009 eine Reparatur in einer freien Werkstatt unzumutbar ist. Aber auch im Hinblick auf das Bestreiten, auch in der Umgebung des Wohnsitzes des Klägers gäbe es keine Citroen-Fachwerkstatt, die eine eigene Lackiererei hat, ist nicht von Bedeutung. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten Verbringungskosten angesetzt, womit indiziert wird, dass es keine Citroen-Fachwerkstätten im Wohnortbereich des Klägers gibt, die über eine eigene Lackiererei verfügen. Der Beklagten hätte es somit oblegen, konkret auszuführen, in welcher Fachwerkstatt die Möglichkeit für den Kläger bestanden hätte, sein Fahrzeug ohne Anfall von Verbringungskosten zu reparieren. Auch das Bestreiten der Angemessenheit des Betrages von 147, 60 EUR und des Anfalles von 1,5 Stunden für die Verbringung ist völlig unsubstantiiert und wird nicht näher ausgeführt. Es kann somit nicht berücksichtigt werden, zumal der Betrag und die angesetzte Stundenzahl weder zu hoch angesetzt erscheint noch sonst sich Hinweise dafür ergeben, dass der im Gutachten des Sachverständigen XXX angesetzte Betrag überhöht ist.
d) Dem Kläger sind auch die Kosten für die Reinigung des verunfallten Fahrzeugs zu ersetzen. Der Sachverständige hat in seinem Ergänzungsgutachten vom 6.11.2008 ausgeführt, dass vor Beginn der Instandsetzungsarbeiten eine Fahrzeugreinigung erforderlich ist, um weitergehende Beschädigungen in Form von Kratzern oder ähnlichen Schäden in angrenzenden Bereichen auszuschließen. Zudem sei regelmäßig nach durchgeführter Instandsetzung eine Reinigung von Schleifstaub und gegebenenfalls Farbnebel und dergleichen erforderlich. Auch diesen konkreten Ausführungen der Klagepartei tritt die Beklagte nur pauschal entgegen. Gleiches gilt für die geltend gemachten Entsorgungskosten. Auch hierzu hat der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten.konkrete Ausführungen gemacht. Er führte aus, dass eine Rückfrage bei derCitroen Commerce GmbH Niederlassung Nürnberg ergeben hat, dass die relevanten Kunststoffteile nicht kostenlos zurückgegeben werden können, da hier von Seiten Citroen intern eine Rechnung gestellt wird. Auch diesen Vortrag bestreitet die Beklagte nur unsubstantiiert, was nicht zu berücksichtigen ist.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 6.11.2008 in Höhe von 162,35 EUR zu ersetzen. Unstreitig sind im Wege des Schadensersatzes auch die Kosten für ein privat in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten als durch die Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs verursachten Kosten zu ersetzen (vgl. Palandt Grüneberg, § 249 Rn. 56, 58) . Insoweit als die Beklagte geltend macht, die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 6.11.2008 sei nicht erforderlich gewesen, durfte sich der Kläger jedenfalls durch das Verhalten der Beklagten, die das Erstgutachten erheblich in Zweifel gezogen hat, zur Einholung eines ergänzenden Gutachtens bezüglich der maßgeblichen Streitpunkte herausgefordert fühlen, da der Kläger insofern darlegungs- und beweisbelastet ist und eine Ergänzung des Gutachtens im Vergleich zur Einholung eines vollständig neuen Gutachtens auch eine verständliche, angemessene Reaktion des Klägers war.
f) Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 BGB. Als weitere Schadensersatzposition hat die Beklagte dem Kläger auch die nichtanrechenbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in der geltend gemachten Höhe zu erstatten.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.