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22.02.2010 · IWW-Abrufnummer 100352

Oberlandesgericht Köln: Beschluss vom 23.12.2009 – 82 Ss-OWi 113/09

Die gesetzliche Höchstgrenze für die Festsetzung einer Geldbuße für fahrlässiges Handeln gilt auch dann, wenn das Gericht von einem im Bußgeldbescheid festgesetzten Fahrverbot absieht oder dieses herabsetzt.


82 Ss-OWi 113/09
OBERLANDESGERICHT KÖLN
BESCHLUSS
In der Bußgeldsache
gegen pp.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Köln auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 3. September 2009 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 79 Abs. 3, 5 OWiG in der Besetzung gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schröders am 23. Dezember 2009 beschlossen:
Unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels wird das an- gefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch teilweise dahin abgeändert, dass die Geldbuße auf 1,000,00 €
festgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens vor dem Beschwerdegericht werden dem Betroffenen auferlegt, Allerdings wird die Gebühr um ein Viertel ermäßigt. Die dem Betroffenen im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen werden zu einem Vierteil der Staatskasse auferlegt.
Gründe
Die Entscheidung entspricht dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, der dem Verteidiger mitgeteilt und wie folgt begründet worden ist:
„I.
Mit Bußgeldbescheid vom 04.05.2009, dem Betroffenen zugestellt am 09.05.2009, hat der Oberbürgermeister der Stadt Köln gegen den Betroffenen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 77 km/h gemäß §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, §§. 24. 25 StVG, 11.3.10 BKat, § 4 Abs. 115KatV eine Geldbuße in Höhe von 600,00 Euro festgesetzt. Ferner hat die Behörde ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten angeordnet (BI. 3 f,, 19 d. Bußgeldvorgangs).
Mit Urteil vorn 03.09.2009 - 807 OWi 172109 - (BI. 27 ff. d. A.). dem Verteidiger zugestellt am 15.09.2009 (BI. 43 d. A.). hat das Amtsgericht Köln gegen den Betroffenen wegen der im Bußgeldbescheid aufgeführten, fahrlässigen Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße in Höhe von 1.800,00 Euro festgesetzt und ihm für die Dauer von einem Monat das Führen von Kraftfahrzeugen aller Art untersagt. Das Fahrverbot sollte erst dann wirksam werden, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten nach Eintritt der Rechtskraft.
Mit am 09.09.2009 beim Amtsgericht Köln eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers hat der Betroffene Rechtsbeschwerde gegen das Urteil eingelegt (BI. 26 d. A.) und diese mit weiterem, am•23_09.2009 beim Amtsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz unter Erhebung der allgemeinen Sachrüge begründet (BI. 44 f. d. A.).
1. Die Feststellung des Tatrichters, der Betroffene habe die im Urteilstenor aufgeführte Ordnungswidrigkeit begangen, lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Rechtsbeschwerdeführers erkennen.
Das Amtsgericht hat festgestellt, dass die Geschwindigkeitsmessungen durch Nachfahren mit einem Messfahrzeug unter Verwendung einer VideoVerkehrsüberwachungsanlage ProViDa vorgenommen worden sind. Die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren ist als sog. standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 39, 291 = NZV 1993, 485; NJW 1992, 321 NZV 1998, 120) anerkannt (so ausdrücklich für die ProViDa-Anlage; SenE. vom 03,04.2005 - 81 Ss-OWi 24/06 - 61 - ;OLG Gelle VRS 92, 435 f. = NZV 1997, 188; vgl. ferner zum "Police-Pilot-System". OLG Braunschweig NZV 1995, 367; OLG Celle VRS 77, 464 = NZV 1990,. 39 f. -= DAR 1989, 469; KG VRS 88, 473 = NZV 1995, 37; OLG Stuttgart VRS 79, 379 - DAR 1990, 392; KG [12.04,01] VRS 100, 471 [472] NStZ-RR 2002, 116 [117]; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40, Auf1_, § 3 StVO Rdnr. 62a; SenE v. 30.07.1999 - Ss 343/99 B - = DAR 1999, 516 = NZV 2000, 97 [98] = VRS 97, 442 [445]; vgl. a. Hentschel NJW 2000, 697 f.; OLG Düsseldorf VRS 99, 297; OLG Hamm DAR 2004, 42 = VRS 106, 64; OLG Hamm DAR 2001, 85 NZV 2001, 90 -= VRS 100, 61; OLG Zweibrücken DAR 2001, 327). Zum Ausgleich systemimmanenter Messungenauigkeiten reicht ein Toleranzabzug von 5°/0 der gemessenen Geschwindigkeit aus BayObLG DAR 2004, 37 -= VRS 105. 444 .= NZV 2004, 49; OLG Düsseldorf VRS 99, 133 [135] = NStZ-RR 2000, 279 L. -= DAR 2001, 374 L.; OLG Hamm [22.09.03] DAR 2004, 42 = VRS 106, 64). Dabei genügt es in der Regel, wenn sich die Verurteilung wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf die Mitteilung des Messverfahrens und der nach Abzug der Messtoleranz ermittelten Geschwindigkeit stützt (SenE. vom 03.04.2005 - 81 Ss-OWi 24/06 - 61 ; BayObLG DAR 2004, 37 = VRS 105, 444 NZV 2004, 49; König, 2.2.0.). Angaben zur Nachfahrstrecke und den ermittelten Messergebnissen zu Zeit und Weg sind nicht erforderlich. Der Tatrichter ist nur dann gehalten, die Zuverlässigkeit von Messungen, die mit einem anerkannten und weitgehend standardisierten Messverfahren gewonnen worden sind, zu überprüfen und sich damit in den Urteilsgründen zu befassen, wenn konkrete Anhaltpunkte für Messfehler bestehen (vgl, u. a. SenE. vom 03.04.2005 - 81 Ss-OWi 24/06 - 61 - OLG Köln, DAR 1999, 516 m, w. N.).
Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil gerecht. Insbesondere werden das Messverfahren, die gemessene Geschwindigkeit sowie der vorgenommene Toleranzabzug in Höhe von 5 % in den Urteilsgründen mitgeteilt. Konkrete Umstände, die Zweifel an der fehlerfreien Bedienung der ProViDaÜberwachungsanlage oder dessen ordnungsgemäßer Funktion begründen könnten, sind nicht geltend gemacht worden.
2. Hinsichtlich der festgesetzten Rechtsfolgen kann das angefochtene Urteil dagegen keinen Bestand haben.
Die erkannte Geldbuße in Höhe von 1.800,00 Euro überschreitet den gemäß § 24 Abs. 2 StVG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 OWG für eine Verkehrsordnungswidrigkeit zulässigen Höchstbetrag der Geldbuße. Nach § 24 Abs. 2 StVG kann eine Verkehrsordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 2.000,00 Euro geahndet werden. Für die Fälle, in denen - wie hier - das Gesetz für vorsätzliches und fahrlässiges Handeln eine Geldbuße androht, ohne im Höchstmaß zu unterscheiden, kann fahrlässiges Handeln im Höchstmaß nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße geahndet werden. Mithin betrug die Höchstgeldbuße 1.000,00 Euro. Diese gesetzliche Höchstgrenze gilt auch dann, wenn das Gericht von dem im Bußgeldbescheid festgesetzten Fahrverbot absieht oder dieses herabsetzt (OLG Düsseldorf VRS 65, 51; Mitsch, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 3. Auflage, § 17 Rdnr. 145).
Da das Amtsgericht ausreichende Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen, zu den Voreintragungen im Verkehrszentralregister sowie den übrigen für die Festlegung der Sanktion bedeutsamen Umstände getroffen hat (vgl. zu dieser Voraussetzung einer eigenen Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts Senge. In: Karlsruher Kommentar, a.a.O., § 79 Rdnr. 153), bedarf es einer Zurückverweisung an. das Amtsgericht nicht. Vielmehr kann das Rechtsbeschwerdegericht über die Angemessenheit der Geldbuße und die Berechtigung des angeordneten Fahrverbots gemäß § 79 Abs. 6 OWiG in der Sache selbst entscheiden (Senge, a.a.O., Rdnr. 159).
Im Rahmen der nunmehr festzusetzenden Sanktion ist zu berücksichtigen, dass der Senat aufgrund des Verschlechterungsverbots daran gehindert ist, die vom Amtsgericht Köln in dem angefochtenen Urteil angeordnete Dauer des Fahrverbots von einem Monat, die von dem in § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 BKatV, 11.3.10 BKat vorgesehenen Regelfahrverbot von 3 Monaten erheblich abweicht, zu verlängern. Die Verhängung eines Fahrverbots nach § 25 StVG stellt gegenüber der Geldbuße die höhere und härtere Sanktion dar. Da dessen Gewicht im Rahmen der gebotenen Gesamtschau auch durch eine nachhaltige Ermäßigung der erkannten Geldbuße nicht ausgeglichen werden kann, verstößt nicht nur seine erstmalige Verhängung (vgl, hierzu OLG Karlsruhe, VRS 86, 137; OLG Stuttgart, VRS 70, 288), sondern auch eine Verlängerung des Fahrverbots in einem nur von dem Betroffenen betriebenen Rechtsmittelverfahren gegen das Verschlechterungsverbot.
In Anbetracht dessen, dass es somit bei. dem vom Amtsgericht angeordneten Fahrverbot von einem Monat sein Bewenden haben muss, ist im Rahmen der gemäß § 17 Abs. 3 OWiG vorzunehmenden Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls auch unter Berücksichtigung der sich nur auf 1.200,00 Euro netto belaufenden Einkünfte und der Unterhaltsverpflichtungen zur Erzielung einer nachhaltigen erzieherischen Wirkung auf den teilweise einschlägig vorbelasteten Betroffenen die Verhängung der Höchstgeldbuße in Höhe von 1.000,00 Euro erforderlich.
Gemäß § 25 Abs. 2a StVG wird das einmonatige Fahrverbot erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft."
Dem stimmt der Senat zu.
Die Rechtsbeschwerde ist uneingeschränkt eingelegt worden. Ein konkreter Antrag, dem eine Beschränkung entnommen werden könnte, ist nicht gestellt worden. Auch der Begründung lässt sich ein entsprechender Wille nicht eindeutig entnehmen; vielmehr wird darauf verwiesen, dass die allgemeine Sachrüge erhoben wird, „ohne diese auf die nachstehenden Ausführungen zu beschränken". Daher war die Rechtsbeschwerde zu verwerfen, soweit es den Schuldspruch und den nicht abgeänderten Teil des Rechtsfolgenausspruchs betrifft.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung für das Rechtsmittelverfahren beruht auf § 473 Abs. 4 StPO in Verbindung mit § 45 Abs. 1 OWiG.

RechtsgebieteOwi, Fahrverbot Vorschriften§§ 41 Abs. 2, 49 StVO; 24 Abs. 2 StVG; 17 Abs. 2 OWiG

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