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25.04.2006 · IWW-Abrufnummer 061207

Bundesgerichtshof: Urteil vom 14.02.2006 – X ZR 93/04

a) Es ist Aufgabe des Tatrichters festzustellen, ob die wegen Sortenschutzverletzung in Anspruch genommene Partei eine Handlung begangen hat, die vorzunehmen dem Inhaber des Rechts an der jeweiligen Klagesorte vorbehalten ist. Wie sich der Tatrichter im Rahmen der beweisrechtlichen Vorschriften der Zivilprozessordnung seine Überzeugung bildet, kann ihm nicht vorgeschrieben werden.



b) Ein Händler beachtet jedenfalls dann nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, wenn er ein Erzeugnis in den Verkehr bringt, ohne begründetermaßen annehmen zu dürfen, dass die notwendige Prüfung auf die Verletzung absoluter Rechte Dritter zumindest einmal durchgeführt worden ist.



c) Der aus § 242 BGB hergeleitete Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch steht dem Berechtigten auch zur Bezifferung des Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung einer Gemeinschaftssorte zu.


BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

X ZR 93/04

Verkündet am:
14. Februar 2006

in dem Rechtsstreit

Melanie

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. Mai 2004 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Revision fallen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Streithelferinnen, welche diese selbst tragen, der Beklagten zur Last.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt als Inhaber des Sortenschutzes für die deutsche Sorte "Melanie" und die Gemeinschaftssorte "Amethyst" (Klagesorten) die Beklagte wegen Sortenschutzverletzung in Anspruch.

Beide Klagesorten gehören der botanischen Art Besenheide (Calluna vulgaris) an. Die Beklagte, die für den Einkauf der Gartencenter der B. Gruppe zuständig ist, bezog von ihrer in den Niederlanden ansässigen Streithelferin zu 2 Besenheidepflanzen, die der Streithelferin zu 2 wiederum von der in Frankreich ansässigen Streithelferin zu 1 geliefert wurden.

Das Landgericht hat die Beklagte nach Beweisaufnahme antragsgemäß verurteilt; die Berufung ist ohne Erfolg geblieben.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagte und ihre Streithelferin zu 1 den Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in GRUR-RR 2004, 283 veröffentlicht ist, hat den Streitfall im Ergebnis und überwiegend auch in der Begründung zutreffend beurteilt.

I. Es hat die Beklagte für verpflichtet erachtet, das Inverkehrbringen von Pflanzen der Sorten "Melanie" und "Amethyst" zu unterlassen (§ 37 Abs. 1 Nr. 1 SortG, Art. 94 Abs. 1 lit. a GemSortV). Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Die Berufungsbegründung zeige weder eine Rechtsverletzung des erstinstanzlichen Urteils noch konkrete Anhaltspunkte dafür auf, dass die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigten. Das Landgericht habe mit überzeugender Begründung ausgeführt, dass die Beklagte die Sortenschutzrechte des Klägers verletzt habe und diese Überzeugung verfahrensfehlerfrei auf das Gutachten des von ihm beauftragen Sachverständigen gestützt. Der Sachverständige und ihm folgend das Landgericht habe bei der Beurteilung der Verletzungsfrage sachgerecht und rechtsfehlerfrei auf den unmittelbaren Vergleich der äußeren Merkmale des als angegriffene Ausführungsformen vorgelegten Pflanzenmaterials mit den Merkmalen der Klageschutzrechte abgestellt, da die Ausprägung der Merkmale gemäß § 2 Nr. 1 lit. a SortG und Art. 5 Abs. 2 GemSortV die geschützte Sorte definiere. Eine gentechnische Analyse der Erbmerkmale von Pflanzen der geschützten Sorte einerseits und der angegriffenen Ausführungsformen andererseits sei nicht nur nicht angezeigt gewesen, sondern verbiete sich aus Rechtsgründen, weil der Erteilungsbeschluss auf den Phänotypus der beschriebenen Pflanzensorte, nicht auf ihren Genotypus abstelle. Zu dem Vergleich nach morphologisch-physiologischen Kriterien seien auch die zum Vergleich vorgelegten beanstandeten Pflanzen und nicht aus ihnen erzeugtes Vermehrungsgut heranzuziehen gewesen. Der von der Beklagten und ihren Streithelfern verlangte, bei der Beurteilung der Neuheit einer Sorte unerlässliche Vergleichsanbau habe andere Ziele, da es dort darum gehe, die Unterscheidbarkeit und Homogenität einer Sorte festzustellen. Die Beurteilung der Übereinstimmung der Merkmale durch den Sachverständigen sei daher auch nicht an die Grundsätze des Bundessortenamts für die Prüfung auf Unterscheidbarkeit, Homogenität und Beständigkeit oder die Richtlinien des Rates des Internationalen Verbands zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) gebunden, und es sei demgemäß auch unschädlich, dass der Sachverständige nur sieben Pflanzen als Verletzungsfälle der Sorte "Melanie" und nur eine Pflanze als Verletzung der Sorte "Amethyst" und nicht jeweils dreißig Pflanzen untersucht habe.

2. Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe nicht beachtet, dass sich die Beklagte nicht mit der gewerbsmäßigen Erzeugung und dem gewerbsmäßigen Vertrieb von Vermehrungsmaterial befasse. Nach der vom nationalen Gesetzgeber gewählten "Kaskadenlösung" solle der Handel mit aus Vermehrungsmaterial gewonnenen Erzeugnissen jedoch aus dem Streit um etwaige Sortenschutzrechte weitestgehend herausgehalten werden. Es sei jedoch nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger das Schutzrecht nicht schon auf einer der vorhergehenden Entwicklungsstufen habe geltend machen können. Das Gemeinschaftsrecht ordne zwar hinsichtlich der Abgabe von Zierpflanzen an Endverbraucher die "Kaskadenlösung" nicht ausdrücklich an; in der rechtlichen Wertung sei die Abgabe von Zierpflanzen jedoch der Abgabe von Erntegut und sonstigen Erzeugnissen an Endverbraucher ohne weiteres vergleichbar. Im Übrigen habe das Berufungsgericht missachtet, dass bei der Beurteilung einer behaupteten Sortenschutzverletzung nicht auf einen botanischen Vergleich einzelner Pflanzen oder Pflanzenteile abgestellt werden könne. Vielmehr müsse durch den Vergleichsanbau einer hinreichend großen Zahl von Pflanzen sichergestellt werden, dass nicht lediglich die natürliche Schwankungsbreite zu einer Überschneidung zwischen der Merkmalskombination der geschützten Sorte und des im Einzelfall untersuchten Pflanzenmaterials führe. Es müsse ausgeschlossen werden, dass die untersuchten Pflanzen auch nur eines ihrer maßgeblichen Merkmale aufgrund anderer Ursachen (Bedingungen der Aufzucht, sonstige Umwelteinflüsse) ausgeprägt hätten. Daher seien die Prüfungsgrundsätze auch für die Verletzungsprüfung maßgeblich; ihnen genügten die Befunde des gerichtlichen Sachverständigen nicht einmal annähernd.

3. Mit diesen Rügen hat die Revision im Ergebnis keinen Erfolg.

a) Mit Recht bemängelt sie allerdings, dass das Berufungsurteil sich nicht dazu verhält, inwiefern die Vertriebshandlungen der Beklagten das Ausschließlichkeitsrecht des Klägers verletzen. Das Landgericht hat insoweit hinsichtlich der Sorte "Melanie" § 10 Satz 1 Nr. 2 SortG 1985 herangezogen und zur Begründung unter Berufung auf ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 22. Mai 2001 (4 O 228/00) ausgeführt, da der Schutz für die Klagesorte "Melanie" vor dem Inkrafttreten des Artikels 1 des Gesetzes zur Änderung des Sortenschutzgesetzes vom 17. Juli 1997 beantragt und erteilt worden sei, finde die Vorschrift des § 10 Abs. 1 SortG (1997) nach der Übergangsvorschrift des § 41 SortG keine Anwendung.

Das ist, wie die Revision zutreffend ausführt, unrichtig. § 41 Abs. 6 SortG bestimmt lediglich, dass die Vorschrift des § 10 Abs. 1 nicht auf im Wesentlichen abgeleitete Sorten anzuwenden ist, für die bis zum Inkrafttreten des Artikels 1 des Gesetzes zur Änderung des Sortenschutzgesetzes vom 17. Juli 1997 (BGBl. I S. 1854) Sortenschutz beantragt oder erteilt worden ist. Darum geht es im Streitfall nicht. § 10 Abs. 1 SortG ist daher in seiner geltenden Fassung anzuwenden, nach welcher der Sortenschutz vorbehaltlich der §§ 10a und 10b die Wirkung hat, dass allein der Sortenschutzinhaber berechtigt ist,

(1.) Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte zu erzeugen, für Vermehrungszwecke aufzubereiten, in den Verkehr zu bringen, ein- oder auszuführen oder zu einem dieser Zwecke aufzubewahren und

(2.) Handlungen nach Nummer 1 mit sonstigen Pflanzen oder Pflanzenteilen oder hieraus unmittelbar gewonnenen Erzeugnissen vorzunehmen, wenn zu ihrer Erzeugung Vermehrungsmaterial ohne Zustimmung des Sortenschutzinhabers verwendet wurde und der Sortenschutzinhaber keine Gelegenheit hatte, sein Sortenschutzrecht hinsichtlich dieser Verwendung geltend zu machen.

Dass die Beklagte Handlungen im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1 SortG vorgenommen hat, ist nicht festgestellt, denn sie hat kein Vermehrungsmaterial in den Verkehr gebracht; darunter fallen nach der Legaldefinition des § 2 Nr. 2 SortG (nur) Pflanzen und Pflanzenteile einschließlich Samen, die für die Erzeugung von Pflanzen oder sonst zum Anbau bestimmt sind. Die angegriffenen Vertriebshandlungen werden jedoch durch § 10 Abs. 1 Nr. 2 SortG erfasst, denn aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass der Kläger keine Gelegenheit hatte, sein Sortenschutzrecht hinsichtlich der Verwendung des Vermehrungsmaterials der Sorte "Melanie" zur Erzeugung der von der Beklagten vertriebenen Pflanzen geltend zu machen. Da die Erzeugung nämlich durch die Streithelferin zu 2 in Frankreich erfolgt ist, konnte der Kläger hinsichtlich dieser Verwendung - nämlich der Erzeugung der angegriffenen Pflanzen - das in seiner Wirkung auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkte Sortenschutzrecht an der Sorte "Melanie" nicht geltend machen.

Hinsichtlich der Sorte "Amethyst" hat das Landgericht den dem Kläger zugebilligten Unterlassungsanspruch zutreffend aus Art. 94 Abs. 1 lit. a GemSortV hergeleitet. Nach dieser Vorschrift ist zur Unterlassung verpflichtet, wer hinsichtlich einer Sorte, für die ein gemeinschaftlicher Sortenschutz erteilt wurde, eine der in Art. 13 Abs. 2 GemSortV genannten Handlungen vornimmt, ohne dazu berechtigt zu sein. Nach Art. 13 Abs. 2 GemSortV bedürfen das Anbieten zum Verkauf, der Verkauf oder ein sonstiges Inverkehrbringen von Sortenbestandteilen sowie deren Aufbewahrung zu einem der vorgenannten Zwecke der Zustimmung des Sortenschutzinhabers. Solche Handlungen hat die Beklagte vorgenommen, denn Sortenbestandteile sind nach Art. 5 Abs. 3 GemSortV ganze Pflanzen oder Teile von Pflanzen, soweit diese Teile wieder ganze Pflanzen erzeugen können. Entgegen der Auffassung der Revision kommt es bei der Gemeinschaftssorte nicht darauf an, ob der Kläger Gelegenheit hatte, seine Rechte auf der Ebene der Erzeugung der Sortenbestandteile geltend zu machen. Nur für Erntegut gilt nämlich nach Art. 13 Abs. 3 GemSortV die Sonderregelung, dass Absatz 2 nur Anwendung findet, wenn das Erntegut dadurch gewonnen wurde, dass Sortenbestandteile der geschützten Sorte ohne Zustimmung verwendet wurden, und der Inhaber nicht hinreichend Gelegenheit hatte, sein Recht im Zusammenhang mit den genannten Sortenbestandteilen geltend zu machen. Die von der Beklagten vertriebenen vollständigen Pflanzen sind jedoch nicht aus einem auch nur im weitesten Sinne als Ernte qualifizierbaren Vorgang hervorgegangen und daher kein Erntegut. Für die von der Revision verfochtene Gleichstellung der Abgabe von Zierpflanzen an Endverbraucher mit der Abgabe von Erntegut bietet Art. 13 Abs. 3 GemSortV nach seinem klaren Wortlaut keine Grundlage.

b) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte Pflanzen in den Verkehr gebracht hat, die den zugunsten des Klägers geschützten Sorten angehören.

Es ist Aufgabe des Tatrichters festzustellen, ob der Beklagte wenigstens eine Handlung begangen hat, die vorzunehmen dem Inhaber des Rechts an der jeweiligen Klagesorte vorbehalten ist. Das Berufungsgericht hat dabei neue Tatsachen zugrundezulegen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist. Im Übrigen hat es von den vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen auszugehen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 ZPO). Letzteres hat das Berufungsgericht verneint; das hält der Nachprüfung stand.

aa) Das Landgericht hat seine Überzeugung, dass die Beklagte Pflanzen der Sorte "Melanie" vertrieben hat, auf die schriftlichen und mündlichen Ausführungen des von ihm zum gerichtlichen Sachverständigen bestellten Mitglieds des Bundessortenamts gestützt, der die ihm zur Verfügung gestellten Pflanzen - die nach den weiteren Feststellungen des Landgerichts im Rahmen von Testkäufen bei der Beklagten erworben wurden - an der Prüfstelle Rethmar des Bundessortenamts (im November 1998 bzw. 1999) aufgepflanzt hat und deren Merkmale in der Prüfperiode 2001 erfasst hat. Nach seinem Befund entsprachen sieben der eingesandten Pflanzenproben in allen Merkmalen der Sortenbeschreibung für die Sorte "Melanie", während eine Pflanzenprobe abgestorben war und daher nicht beurteilt werden konnte. Drei Proben zeigten eine abweichende Merkmalsausprägung der Triebspitzen, so dass der Sachverständige ein weiteres Prüfjahr für erforderlich gehalten hat. Bei seiner mündlichen Anhörung hat sich der Sachverständige dahin geäußert, dass eine dieser Pflanzen mittlerweile eindeutig als "Melanie" habe identifiziert werden können, während dies bei den beiden weiteren noch nicht mit hinreichender Sicherheit feststehe.

bb) Dass das Berufungsgericht keinen Anlass gesehen hat, an der Richtigkeit der landgerichtlichen Feststellungen zu zweifeln, ist nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung der Revision war es nicht aus Rechtsgründen geboten, der Beurteilung jeweils dreißig angebaute Pflanzen zugrundezulegen, wie dies die UPOV-Prüfungsrichtlinien für Besenheide vorsehen. Diese Richtlinien dienen nicht der Überprüfung, ob der Vertrieb einer konkreten Pflanze sich als Verletzung eines Sortenschutzrechts darstellt, weil die Pflanze einer bestimmten geschützten Sorte angehört. Sie dienen vielmehr der Überprüfung der Sorte selbst auf ihre gesetzlichen Schutzvoraussetzungen, zu denen insbesondere auch Homogenität und Beständigkeit gehören (§ 1 SortG, Art. 6 GemSortV). Die Prüfung kann sich daher nicht auf eine einzelne Pflanze beschränken. Hingegen ist Gegenstand der Beurteilung im Verletzungsprozess notwendigerweise stets die einzelne Pflanze. Um die Verletzung des Sortenschutzrechts festzustellen, muss der Tatrichter hinsichtlich mindestens einer von der als Verletzer in Anspruch genommenen Partei erzeugten oder in den Verkehr gebrachten Pflanze zu der Überzeugung gelangen, dass diese der geschützten Sorte angehört; Feststellungen zu anderen konkreten Pflanzen haben, solange nicht deren gemeinsame Abkunft mit der untersuchten Pflanze feststeht, insoweit notwendigerweise allenfalls indizielle Bedeutung. Anders mag es sich dann verhalten, wenn es um die Frage geht, inwieweit Pflanzen, bei denen hinsichtlich der Ausprägung der Merkmale Abweichungen gegenüber den bei der Erteilung des Sortenschutzes festgestellten Ausprägungen auftreten, gleichwohl in den vom Sortenschutz erfassten Bereich (Schutzbereich) fallen (s. dazu OLG Düsseldorf, InstGE 4, 127; LG Düsseldorf, InstGE 5, 275). Dergleichen steht im Streitfall nicht in Rede.

Hier wäre lediglich in Betracht gekommen, sich bei der Überprüfung der einzelnen Pflanzen einer anderen Methode zu bedienen, als sie der vom Landgericht zugezogene Sachverständige angewandt hat. Zum einen hätte der genetische Code der Pflanzen daraufhin überprüft werden können, ob er mit dem genetischen Code der Sorte in einem Umfang übereinstimmt, der den Schluss auf die Übereinstimmung in den Ausprägungen der die Sorte definierenden Merkmale rechtfertigt. Soweit das Berufungsgericht eine solche Vorgehensweise für aus Rechtsgründen ausgeschlossen gehalten hat, kann ihm nicht beigetreten werden. Zum anderen hätte der Sachverständige aus den ihm überlassenen Pflanzen im Wege der Stecklingsvermehrung eine größere Anzahl von Tochterpflanzen ziehen können und diese sodann auf die morphologische und physiologische Übereinstimmung mit den Merkmalen der Sorte hin untersuchen können.

Der Tatrichter ist jedoch aus Rechtsgründen nicht gezwungen, dem Sachverständigen eine bestimmte Methode der Ermittlung von Anknüpfungstatsachen vorzugeben. Wie sich der Tatrichter im Rahmen der beweisrechtlichen Vorschriften der Zivilprozessordnung seine Überzeugung bildet, kann ihm nicht vorgeschrieben werden. Wenn das Landgericht im vorliegenden Fall aufgrund der von dem gerichtlichen Sachverständigen bei sieben der von ihm angebauten Pflanzen beobachteten Übereinstimmung in den Ausprägungen der Merkmale der Sorte zu der Überzeugung gelangt ist, dass es sich um Pflanzen der Sorte "Melanie" handelt, und das Berufungsgericht keinen Anlass gesehen hat, an der Richtigkeit dieser Feststellung zu zweifeln, ist das revisionsrechtlich hinzunehmen.

Dem kann die Streithelferin zu 1 auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Feststellungen des Landgerichts seien lückenhaft, da der Sachverständige zum Merkmal 19 ("Länge der Blühperiode") keinen Befund erhoben habe. In seinem Ergänzungsgutachten vom 26. August 2002 hat der gerichtliche Sachverständige ausgeführt, das Merkmal "Länge der Blühperiode" sei nicht mehr in den UPOV-Richtlinien enthalten, da es stark umweltabhängig sei und zudem bei Knospenblühern nur ungenau erfasst werden könne. Offenbar hat der Sachverständige aus diesem Grund zu diesem Merkmal keinen Befund erhoben. Der Revision ist zwar zuzugeben, dass Erkenntnisse der vom Sachverständigen geschilderten Art den Gegenstand einer Sorte und den ihr gewährten Schutz nicht verändern können. Ersichtlich ist das Landgericht jedoch im Anschluss an die zitierten Ausführungen des Sachverständigen davon ausgegangen, dass unbeschadet des fehlenden Befunds zur Länge der Blühperiode die sachliche Übereinstimmung hinsichtlich der Gesamtheit der Merkmalsausprägungen nicht zweifelhaft sei. Dass konkrete Umstände zur Länge der Blühperiode vorgetragen worden wären, die solche Zweifel hätten wecken müssen, wird von der Revision nicht dargetan. Ausweislich des Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils hat sich die Beklagte vielmehr mit der Behauptung verteidigt, bei den von ihr vertriebenen Besenheidepflanzen habe es sich um solche der Sorten "X" und "Y" gehandelt, die sich von den Sorten "Melanie" und "Amethyst" nach Wuchs, Blütentrieben und Blühzeit unterschieden.

Eine andere Beurteilung der tatrichterlichen Feststellungen rechtfertigt auch nicht der Einwand der Streithelferin zu 1, die dem Sachverständigengutachten zugrundeliegenden Erhebungen seien "im Auftrag des Klägers" erfolgt. Der Sachverständige ist Mitglied des Bundessortenamts und hat sich aufgrund des Beweisbeschlusses des Landgerichts diesem gegenüber zu den vom Gericht gestellten Fragen geäußert. Dass er bzw. das Bundessortenamt die untersuchten Pflanzen bereits 1998/99 vom Kläger erhalten und sie daraufhin angebaut hat, ist unerheblich.

Soweit sich die Beklagte und ihre Streithelferin in der mündlichen Verhandlung darauf berufen haben, das Berufungsgericht hätte einem Beweisangebot nachgehen müssen, eine Untersuchung des Genotyps der angegriffenen Pflanzen werde die Unrichtigkeit des Befundes des gerichtlichen Sachverständigen erweisen, können sie damit schon deshalb keinen Erfolg haben, weil eine entsprechende Verfahrensrüge innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nicht (ordnungsgemäß) erhoben worden ist (§ 557 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Nr. 2 lit. b ZPO).

cc) Dementsprechend ist es auch nicht zu beanstanden, wenn das Landgericht aufgrund des Befundes des gerichtlichen Sachverständigen zu der Überzeugung gelangt ist, die vom Sachverständigen angebaute Pflanzenprobe Nr. 90 gehöre der Sorte "Amethyst" an, und das Berufungsgericht auch insoweit keinen Anlass zu Zweifeln gesehen hat.

dd) Schließlich kann die Revision auch nicht mit dem Vorbringen der Streithelferin zu 1 durchdringen, sie habe vor der mündlichen Verhandlung im Berufungsrechtszug vorgebracht, eine Besichtigung des Versuchsfelds beim Bundessortenamt habe ergeben, dass es zu einer Mehrfachvergabe einzelner Kontrollnummern gekommen sei, dass außer der vom Kläger eingereichten Pflanzenprobe Nr. 90 keinerlei Vergleichspflanzen dieser Sorte beim Bundessortenamt mehr vorhanden gewesen seien und dass die vom gerichtlichen Sachverständigen der Sorte "Melanie" zugeordnete Pflanzenprobe Nr. 32 rot bzw. rosablühend und nicht weiß blühend gewesen sei.

Anlass zu entscheidungserheblichen Zweifeln musste dieses Vorbringen dem Berufungsgericht nicht geben. Dass die behauptete Mehrfachvergabe einzelner Kontrollnummern die relevanten Feststellungen des Landgerichts berührte, ist nicht vorgetragen worden. Ob zum Zeitpunkt der Besichtigung Vergleichspflanzen der Sorte "Amethyst" angebaut waren, ist unerheblich. Eine Pflanzenprobe Nr. 32 wird im Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen nicht erwähnt. Im Übrigen musste das Berufungsgericht selbst dann, wenn eine einzelne Pflanzenprobe entgegen dem Befund des Sachverständigen der Sorte "Melanie" nicht zugeordnet werden konnte, deswegen nicht die Feststellungen hinsichtlich der übrigen Proben in Zweifel ziehen.

II. Das Berufungsgericht hat wie das Landgericht die Beklagte für verpflichtet erachtet, dem Kläger den durch die Verletzung seiner Sortenschutzrechte entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 37 Abs. 2 SortG; Art. 94 Abs. 2 GemSortV). Es könne dahinstehen, ob sie - wie der Kläger behaupte - von seiner Auseinandersetzung mit der Streithelferin zu 1 Kenntnis gehabt habe. Die Beklagte habe sich nicht damit begnügen dürfen, bei einem erfahrenen Lieferanten einzukaufen, sondern habe die Schutzrechtslage selbst prüfen oder prüfen lassen müssen. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

1. Wer sich als Fachunternehmen mit der Herstellung eines Erzeugnisses befasst, das fremde Schutzrechte verletzen kann, ist verpflichtet, die Schutzrechtslage zu überprüfen und sich auf geeignete Weise zu vergewissern, dass das eigene Erzeugnis nicht mit Rechten Dritter kollidiert (BGH, Urt. v. 14.1.1958 - I ZR 171/56, GRUR 1958, 288, 290 - Dia-Rähmchen I; Urt. v. 27.2.1963 - Ib ZR 131/61, GRUR 1964, 640, 642 - Plastikkorb; Sen.Urt. v. 3.3.1977 - X ZR 22/73, GRUR 1977, 598, 601 - Autoskooter-Halle). Ob diese Verpflichtung in gleichem Umfang für jeden Händler gilt, bedarf im Streitfall keiner Erörterung. Sie gilt jedenfalls für denjenigen, der ein Erzeugnis bezieht, ohne sich bei seinem Lieferanten zu vergewissern, dass die notwendige Überprüfung von diesem oder einem früheren Glied in der Vertriebskette mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt worden ist. Insbesondere gilt dies für denjenigen Händler, der - wie die Beklagte - ein Erzeugnis aus dem Ausland bezieht, da gerade in diesem Fall die Möglichkeit besteht, dass der Hersteller und etwaige weitere Glieder der Vertriebskette zu einer Prüfung des Erzeugnisses im Hinblick auf inländische Schutzrechte keine Veranlassung gesehen haben. Ein Händler darf ein Erzeugnis jedenfalls solange nicht in den Verkehr bringen, wie er nicht begründetermaßen annehmen darf, dass die notwendige Prüfung auf die Verletzung von Rechten Dritter zumindest einmal durchgeführt worden ist.

2. Dass sie diesem Sorgfaltsmaßstab genügt hätte, macht die Beklagte nicht geltend. Sie ist vielmehr der Auffassung, der Einzelhandel könne sich darauf beschränken, bei erfahrenen Lieferanten einzukaufen, und müsse ohne konkrete Verdachtsmomente, die das Berufungsgericht nicht festgestellt habe, keine Vorkehrungen gegen etwaige Schutzrechtsverletzungen treffen. Dem Maßstab erforderlicher und zumutbarer Sorgfalt wird dies nicht gerecht.

III. Das Berufungsgericht hat schließlich angenommen, die Beklagte sei nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, dem Kläger über die begangenen Verletzungshandlungen Rechnung zu legen, damit dieser in die Lage versetzt wird, die ihm zuerkannten Schadensersatzansprüche zu beziffern.

Das steht mit der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung in Einklang (s. nur BGHZ 92, 62, 64 - Dampffrisierstab II) und wird auch von der Revision nicht angegriffen, soweit das Berufungsgericht den Rechnungslegungsanspruch als Hilfsanspruch zu dem Schadensersatzanspruch des Klägers nach § 37 Abs. 2 SortG zugesprochen hat. Die Revision meint jedoch, ein entsprechender Hilfsanspruch zu dem Schadensersatzanspruch des Klägers nach Art. 94 Abs. 2 GemSortV stehe dem Kläger mangels gemeinschaftsrechtlicher Grundlage nicht zu. Auch mit dieser Rüge dringt die Revision nicht durch.

Sie weist zwar zutreffend darauf hin, dass Art. 94 Abs. 2 GemSortV nur den Schadensersatzanspruch des Sortenschutzinhabers regelt. Art. 97 Abs. 3 bestimmt ferner, dass sich die Wirkung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes von den in den Absätzen 1 und 2 vorgesehenen Ausnahmen allein nach dieser Verordnung richtet. Bei der Rechnungslegung über die Grundlagen des Schadensersatzanspruchs geht es indessen nicht um eine zusätzliche, im Gemeinschaftsrecht nicht vorgesehene Wirkung des Sortenschutzes, sondern um die effektive Durchsetzung des gemeinschaftsrechtlichen Schadensersatzanspruchs. Sie muss, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist, das nationale Recht gewährleisten, eben weil das Gemeinschaftsrecht nur den Schadensersatzanspruch des Sortenschutzinhabers regelt, jedoch nicht die - verfahrens- oder materiell-rechtlichen - Instrumente seiner Durchsetzung (s. auch Keukenschrijver, SortG, vor § 37 Rdn. 5). Insoweit bestimmt Art. 93 GemSortV ausdrücklich, dass die Geltendmachung der Rechte aus dem gemeinschaftlichen Sortenschutz (französisch: l'exercice des droits conférés par la protection communautaire des obtentions végétales; englisch: claims under Community plant variety rights) Beschränkungen durch das Recht der Mitgliedstaaten nur insoweit unterliegt, als in dieser Verordnung ausdrücklich darauf Bezug genommen worden ist. Das nationale Recht muss daher zur Durchsetzung der Ansprüche aus einer Gemeinschaftssorte jedenfalls die gleichen Möglichkeiten zur Verfügung stellen, die es zur Durchsetzung nationaler Sortenschutzrechte bereithält. In einigen Mitgliedstaaten sind diese Instrumente prozessualer Natur, so dass sie unzweifelhaft auch auf die Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs aus der Verletzung einer Gemeinschaftssorte anwendbar sind. Der Umstand, dass das deutsche Recht die effektive Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs nicht verfahrensrechtlich, sondern durch einen dem materiellen Recht angehörenden Hilfsanspruch gewährleistet, ist aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht unerheblich. Der aus § 242 BGB hergeleitete Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch steht dem Berechtigten daher auch zur Bezifferung des Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung einer Gemeinschaftssorte zu.

RechtsgebieteSortG, GemSortV, BGBVorschriftenSortG § 10 Abs. 1 SortG § 37 Abs. 2 GemSortV Art. 94 Abs. 2 BGB § 242

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