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25.11.2009 · IWW-Abrufnummer 093353

Finanzgericht Köln: Urteil vom 24.06.2009 – 4 K 4802/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


4 K 4802/06

Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anrechnung fiktiver Quellensteuer auf Stückzinsen.

Der Kläger ist von Beruf selbständiger Rechtsanwalt. In der Anlage KSO zur Einkommensteuererklärung 2000 erklärten der Kläger und die mit ihm zusammenveranlagte Ehefrau Einnahmen des Ehemannes aus Kapitalvermögen i. H. v. 307.669,00 DM. In diesen Einnahmen waren ausländische Kapitalerträge aus einem bei der Bank T unterhaltenen Wertpapierdepot i. H. v. 259.329,05 DM enthalten. In der Anlage AUS zur Einkommensteuererklärung 2000 erklärte der Kläger hierzu die folgenden steuerpflichtigen ausländischen Einkünfte aus Kapitalvermögen:

Kapitalvermögen Argentinien Brasilien Türkei
Einnahmen 94.630 DM 81.534 DM 37.161 DM
Werbungskosten 0 0 0
Anzurechnende ausländische Steuer 14.194 16.307 3.716

Die erklärte anzurechnende ausländische Steuer betrug danach insgesamt 34.217,00 DM.

Das Finanzamt (FA) erließ den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 27.05.2002 mit dem es zunächst keinerlei ausländische Steuer anrechnete. Dieser Bescheid wurde durch Bescheide vom 11.07.2002, 28.03.2003, 29.07.2003, 31.03.2005, 01.06.2005 und 19.07.2005 geändert. Sämtliche Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Bereits in dem Bescheid vom 11.07.2002 hatte das FA ausländische Steuer i. H. v. 33.065,00 DM angerechnet. Die Höhe dieser Anrechnung änderte sich in den nachfolgenden Bescheiden nicht.

Die Differenz zwischen der erklärten und der veranlagten Anrechnung ausländischer Steuer beruhte darauf, dass das FA für die Einnahmen aus Brasilien lediglich eine Steueranrechnung von 20 % auf 75.775,00 DM i. H. v. 15.155,00 DM gewährt hatte. Bei dem Differenzbetrag von 81.534,00 DM (laut Erklärung) und dem Betrag von 75.775,00 DM (laut Veranlagung) handelte es sich um vereinnahmte Stückzinsen i. H. v. 5.759,00 DM. Erstmals mit einem Einspruch vom 04.05.2005, der sich gegen den Änderungsbescheid vom 31.03.2005 richtete, machte der Kläger geltend, es sei für ihn nicht nachvollziehbar, warum die abzugsfähige ausländische Steuer um 1.152,00 DM gekürzt worden sei. Der Steuerabzug für ausländische Einkünfte betrage 34.217,00 DM und nicht wie vom FA angesetzt 33.065,00 DM.

Am 12.05.2005 rief der Kläger den Sachbearbeiter des Beklagten an. Ausweislich eines Aktenvermerks des Sachbearbeiters des Beklagten teilte der Kläger mit, die ausländische Quellensteuer, die auf die brasilianischen Einnahmen entfalle, sei nicht in vollem Umfang abgezogen worden. Ein Betrag von 1.152,00 DM sei unberücksichtigt geblieben. Der Grund hierfür liege darin, dass Quellensteuer i. H. dieses Betrages nicht (z. B. durch die Erträgnisaufstellung der Bank) nachgewiesen worden sei. Die Bank sei auch nicht bereit gewesen, eine solche (fiktive) Quellensteuer zu bescheinigen. Denn bei den Zinsen, auf die diese Quellensteuer entfallen sei, handele es sich um Stückzinsen, die beim Verkauf der Anleihen durch den Kläger vereinnahmt worden seien. Der Kläger vertrat in dem Telefonat die Auffassung, es könne steuerlich keinen Unterschied machen, ob jemand Zinserträge aus der Einlösung eines Coupons oder aus der Vereinnahmung von anteiligen Stückzinsen (bei Verkauf) erziele. Fiktive Quellensteuer stehe auch dem Verkäufer, nicht nur dem Einlöser des Coupons zu.

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. In der abweisenden Einspruchsentscheidung führte das FA u. a. aus, nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG gehörten zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch Einnahmen aus der Veräußerung von Zinsscheinen und Zinsforderungen, wenn die dazugehörigen Schuldverschreibungen mitveräußert würden und dass Entgelt für die auf den Zeitraum bis zur Veräußerung der Schuldverschreibung entfallenden Zinsen des laufenden Zahlungszeitraums (Stückzinsen) besonders in Rechnung gestellt sei.

Der Kläger habe im Laufe des Jahres 2000 ausländische - hier brasilianische - Anleihen veräußert und damit Einnahmen einschließlich Stückzinsen erzielt, worauf fiktive ausländische Quellensteuer i. H. v. 1.152,00 DM entfallen sei. Diese fiktive Quellensteuer sei jedoch seitens der Bank T nicht ausgewiesen worden, da die Anleihen vor dem Fälligkeitszeitpunkt veräußert worden seien. Erst bei Einlösung des Zinscoupons am Fälligkeitstermin könne dem Einlöser (Inhaber) der gesamte Zinsertrag sowie die darauf entfallende Quellensteuer bescheinigt werden. Nach dem BMF-Schreiben vom 08.10.1996, IV C 6-S1301-41/96, BStBl I 1996, 1190 könne bei mehrfacher Veräußerung innerhalb eines Besteuerungszeitraumes nur derjenige die Anrechnung fiktiver Quellensteuer geltend machen, der zur Zeit der Zinsfälligkeit Inhaber der Schuldverschreibung sei. Nach diesen eindeutigen Regelungen, an die das FA gebunden sei, komme eine Anrechnung der in Rede stehenden 1.152,00 DM nicht in Betracht.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Der Kläger vertritt die Ansicht, bei Versteuerung von Stückzinsen, die bei der Veräußerung brasilianischer Anleihen anfielen, sei entgegen der Auffassung des Beklagten die fiktive brasilianische Quellensteuer anzurechnen. Zu Unrecht berufe sich der Beklagte auf das BMF-Schreiben vom 8.10.1996, IV C 6 - S 1301 - 41/96, BStBl I 1996, 1190. Die dort geäußerte Ansicht, dass dem Steuerpflichtigen kein fiktives Anrechnungsvolumen zustehe, weil die Zahlung vor dem Zinsfälligkeitszeitpunkt und durch einen Dritten erfolgt sei, sei unzutreffend. Wirtschaftlich erhalte er die Zinsen, weil er Inhaber einer ausländischen Anleihe sei. Auch der Erlass regele, dass es sich bei den gezahlten Stückzinsen wirtschaftlich um ausländische Einkünfte handele.

Die Unrichtigkeit der Auffassung des FA ergebe sich auch daraus, dass dadurch dem Erwerber häufig ebenfalls keine oder nur eine geringe fiktive Quellensteuer zustehe.

Auch in der Literatur werde überwiegend die Auffassung vertreten, dass demjenigen, der die Stückzinsen erhalte, auch die fiktive Quellensteuer zu gewähren sei. Wegen der von dem Kläger genannten Literaturstellen wird auf die Klageschrift vom 11.12.2006 Bezug genommen.

Die fiktive Quellensteuer sei deshalb zu gewähren, weil das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) selbst die Steueranrechnung dem Grunde und der Methode nach in Art. 24 DBA Brasilien regele. Da Grund und Methode im DBA selbst geregelt seien, könne auf die Anrechnungsmethode nach § 34 c Abs. 6 EStG i. V. m. § 34 c Abs. 1 EStG nicht zurückgegriffen werden. Dies ergebe sich aus § 2 der AO, wonach völkerrechtliche Verträge den deutschen Gesetzen vorgingen. Aus diesem Grund greife auch das Verbot der Abzugsmethode nicht.

Es träfe auch nicht zu, dass auf Stückzinsen keine Quellensteuer erhoben werde. Denn aus § 43 Abs. 1 Nr. 8 EStG ergebe sich, dass Stückzinsen dem Kapitalertragsteuerabzug unterlägen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten zu verurteilen, die Einkommensteuerschuld gemäß dem Einkommensteueränderungsbescheid vom 19.07.2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.11.2006 um 1.152,00 DM sog. fiktive Quellensteuer zu reduzieren; hilfsweise, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Ansicht, die Anrechnung fiktiver Quellensteuer i. H. v. 1.152,00 DM auf brasilianische Stückzinsen könne nicht gewährt werden. Gleiches gelte auch für die alternativ begehrte Anwendung der Abzugsmethode.

Eine Anrechnung von fiktiver Quellensteuer erfolge nur bei dem Steuerpflichtigen, der im Zeitpunkt der Fälligkeit Gläubiger der Zinsen gewesen sei (vgl. BMF-Schreiben vom 8.10.1996, IV C 6 - S 1301 - 41/96, BStBl I 1996, 1190). Dies ergebe sich aus der Überlegung, dass die fiktive Anrechnung nur ein Ersatz für eine tatsächlich erhobene ausländische Quellensteuer sei. Die fiktive Steueranrechnung solle - wie die Anrechnung einer tatsächlich erhobenen Quellensteuer - nur demjenigen zustehen, der zum Zeitpunkt der Zahlung der Zinsen durch den Schuldner der Forderung Eigentümer des Wertpapiers sei. Da auf Stückzinsen keine Quellensteuer erhoben werde, sei die Anrechnung fiktiver Quellensteuer auf Stückzinsen ebenfalls ausgeschlossen. Auch ein Abzug fiktiver Quellensteuer bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers sei nicht möglich (§ 34 c Abs. 6 Satz 2, 2. Halbsatz EStG).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann für die ihm zugeflossenen Stückzinsen keine Anrechung fiktiver brasilianischer Quellensteuer auf seine Einkommensteuer verlangen. Es steht ihm auch kein Abzug dieser Steuer bei der Ermittlung seiner Einkünfte zu.

1. Zwar flossen dem Kläger im Streitjahr Stückzinsen zu.

a) Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch Einnahmen aus der Veräußerung von Zinsscheinen und Zinsforderungen, wenn die dazugehörigen Schuldverschreibungen mitveräußert werden und das Entgelt für die auf den Zeitraum bis zur Veräußerung der Schuldverschreibung entfallenden Zinsen des laufenden Zinszahlungszeitraums (Stückzinsen) besonders in Rechnung gestellt ist.

Der Kläger erhielt im Streitjahr Stückzinsen i. H. v. 5.759,00 DM aus der Veräußerung brasilianischer Anleihen, denn in dieser Höhe entfiel das besonders in Rechnung gestellte Entgelt auf die auf den Zeitraum bis zur Veräußerung der Schuldverschreibung entfallenden Zinsen.

2. Dem Kläger steht aber keine Anrechnung brasilianischer Quellensteuer zu.

a) Denn bei den dem Kläger zugeflossenen Stückzinsen handelte es sich nicht um aus Brasilien stammende Einkünfte (Einnahmen).

aa) Art. 24 Abs. 2 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Republik Brasilien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet vom Einkommen und vom Vermögen (DBA Brasilien) bestimmt, dass soweit nicht Art. 24 Abs. 1 DBA Brasilien anzuwenden ist, auf die von den aus Brasilien stammenden Einkünften zu erhebende deutsche Einkommensteuer und Körperschaftsteuer einschließlich der Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer die brasilianische Steuer angerechnet wird, die nach brasilianischem Recht und in Übereinstimmung mit diesem Abkommen gezahlt worden ist. Der anzurechnende Betrag darf jedoch nicht den Teil der vor der Anrechnung ermittelten deutschen Steuer übersteigen, der auf diese Einkünfte entfällt (Art. 24 Abs. 2 Satz 2 DBA Brasilien). Für die Zwecke der in Art. 24 Abs. 2 DBA Brasilien erwähnten Anrechnung wird davon ausgegangen, dass die brasilianische Steuer bei Zinsen im Sinne des Artikels 11 Absatz 4 DBA Brasilien 20 vom Hundert der Zinsen beträgt (Art. 24 Abs. 3b DBA Brasilien).

bb) Eine Anrechnung fiktiver brasilianischer Quellensteuer für die dem Kläger zugeflossenen Stückzinsen gemäß Art 24 Abs. 2 und 3b DBA Brasilien kommt im Streitfall nicht in Betracht. Zwar ist Art 24 Abs. 2 DBA Brasilien für den Quellensteuerabzug von Zinsen dem Grunde nach einschlägig, da Zinsen nicht unter die Vorschrift des Art. 24 Abs. 1 DBA Brasilien fallen. Eine Anrechnung fiktiver brasilianischer Quellensteuer scheidet jedoch aus, da die dem Kläger zugeflossenen Stückzinsen keine aus Brasilien stammenden Einnahmen i. S. d. Art 24 DBA Brasilien darstellen (gegen BMF-Schreiben vom 8.10.1996, IV C 6 - S 1301 - 41/96, BStBl I 1996, 1190).

b) Vielmehr waren die dem Kläger zugeflossenen Stückzinsen ein Teil des vom Anleihekäufer aufgewandten Kaufpreises.

Diese Stückzinseinnahmen stammten nicht aus dem ausländischen Vertragsstaat (im Streitfall Brasilien) sondern von dem Konto des Anleihekäufers. Der erhaltene Stückzins war kein Ertrag der verkauften Anleihen, sondern der Gegenwert aus der Veräußerung noch nicht fälliger Zinsforderungen. Für diese Beurteilung spricht nicht nur der eindeutige Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG sondern auch die Tatsache, dass seit dem Wegfall des Satzes 2 in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 1994 durch das "Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz" (BGBl I, 1993, 2310) die Papierbezogenheit gezahlter Stückzinsen abgeschafft ist. Während vorher der Stückzinsaufwand nur mit der Versteuerung des Zinsertrags als Aufwand geltend gemacht werden konnte, werden ab 1994 bezahlte Stückzinsen im Jahr der Zahlung abgezogen, auch wenn der Zinsertrag erst im nächsten Jahr anfällt. Diese Handhabung spricht dafür, zu- und abgeflossene Stückzinsen losgelöst vom Ertrag der Anleihe zu beurteilen. Aus dieser Beurteilung folgt weiter, dass der Nettoertrag der einzelnen Anleihe nicht die Besteuerungsgrundlage des Anleihezinses ist. Er beeinflusst daher auch nicht die Höhe der anrechenbaren fiktiven Quellensteuer. Bemessungsgrundlage für Anleihezinsen und fiktive Quellensteuer ist der volle Jahreszins der Anleihe (vgl. Wellmann, Vorgezogener Stückzinsaufwand und fiktiven Quellensteuer beim Erwerb von Auslandsanleihen während des Zinsjahres, DStZ 1997, 842).

Das entspricht auch dem Sinn und Zweck der fiktiven Quellensteuer. Sie sind erfüllt, wenn dem Inhaber der Jahreszinsabrechnung die fiktive Quellensteuer für das volle Zinsjahr auf seine Einkommensteuer angerechnet wird. Die völkerrechtliche Vereinbarung einer fiktiven Quellensteuer in einem DBA ist Entwicklungshilfe. Der Vorteil der fehlenden ausländischen Besteuerung soll ausnahmsweise dem deutschen Investor zugute kommen. Für ihn hat dieser Vorteil den Charakter einer Risikoprämie. Das Risiko trägt, wer die Anleihe im Zeitpunkt der Fälligkeit von Zins und Kapital besitzt. Wer sie vorher verkauft, und sei es kurz vor Fälligkeit, reicht das Risiko weiter. Der Erwerber trägt das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des ausländischen Schuldners nicht zeitanteilig, sondern voll (vgl. Wellmann, Vorgezogener Stückzinsaufwand und fiktiven Quellensteuer beim Erwerb von Auslandsanleihen während des Zinsjahres, DStZ 1997, 842). Wird der ausländische Staat, etwa infolge politischer Unruhen, unmittelbar vor dem Fälligkeitstermin von Zins und Kapital zahlungsunfähig und kommt es nicht zu einer Bedienung der Anleihe, ist für eine Anrechnung fiktiver Quellensteuer kein Raum.

c) Es ist unerheblich, dass im Streitjahr auch Stückzinsen gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 8 EStG dem Kapitalerstragsteuerabzug unterlagen. Denn zwischen der Verpflichtung zum Einbehalt deutscher Kapitalertragsteuer und der Befugnis fiktive ausländische Quellensteuer anzurechnen besteht kein Zusammenhang.

d) Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg einwenden, dass bei Zugrundelegen der Verwaltungsauffassung dem Erwerber der Anleihe ebenfalls keine oder nur eine geringe Quellensteueranrechnung zustehe. Da der Erwerber die gezahlten Stückzinsen als negative Einnahmen ansetzen müsse, erhalte er folglich nicht die komplette 20 %ige Anrechnung auf die Einnahmen, da die Stückzinsen die Einkünfte verringerten. Blieben in diesem Fall dann auch noch die Einkünfte, was häufig der Fall sei, unter dem Freibetrag, habe der Erwerber keine Einkünfte und könne demzufolge auch keine fiktive Quellensteuer anrechnen. Da ab 1994 grundsätzlich nur das Anrechnungsverfahren nach § 34 c Abs. 1 EStG gelte, laufe deshalb im Falle der Veräußerung von Anleihen die Quellensteuer leer. Dies widerspreche dem Sinn und Zweck und der Intention der fiktiven Steueranrechnung. Sinn und Zweck der fiktiven Quellensteuer seien erfüllt, wenn dem Inhaber der Jahresabrechnung die fiktive Quellensteuer für das volle Zinsjahr auf seine Einkommensteuer angerechnet werde.

Auf diese von dem Kläger vorgetragenen Einwendungen ist zu erwidern, dass die von ihm geschilderten Folgen nicht zwingend sind. In welchem Umfang die Anrechnung fiktiver Quellensteuer dem Erwerber einer Anleihe nutzt, hängt entscheidend davon ab, welche sonstigen Einkünfte der Erwerber der Anleihe im Jahr der Fälligkeit hatte. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die bezahlten Stückzinsen bereits im Jahr der Zahlung negative Einnahmen darstellen, auch wenn der Zinsertrag erst im nächsten Jahr anfällt. Ebenso ist es nicht zwingend, dass dem Veräußerer der Anleihe die fiktive Quellensteuer, falls sie ihm zustehen würde, einen Vorteil bringen würde. Denn auch bei Ihm hängt dieser Vorteil entscheidend davon ab, welche sonstigen Einkünfte ihm im Jahr der Veräußerung zufließen.

e) Selbst wenn man die Beurteilung des Senats nicht teilen würde, sondern wie die Finanzverwaltung sie Stückzinsen ausländischer Anleihen als ausländische Einnahmen ansehen würde, stünde dem Kläger keine Anrechnung der fiktiven brasilianischen Quellensteuer zu. Denn es ist kein einleuchtender Grund erkennbar, weshalb die fiktive Quellensteuer als Ersatz für eine tatsächlich erhobene ausländische Quellensteuer anders behandelt werden sollte als Letzere.

3. Dem Kläger steht auch kein Abzug brasilianischer Quellensteuer bei der Ermittlung seiner Einkünfte zu. Dieser scheitert ebenso wie die Anrechnung brasilianischer Quellensteuer bereits daran, dass es sich bei den Stückzinsen der veräußerten brasilianischen Anleihen nicht um aus Brasilien stammende Einnahmen handelte.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

RechtsgebieteEStG, DBA BR VorschriftenEStG § 20 Abs. 2 EStG § 34c Abs. 1 EStG § 43 Abs. 1 DBA BR Art. 24 Abs. 2

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