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18.06.2002 · IWW-Abrufnummer 020713

PIStB 07/2002

Auftraggeber schuldet Steuer für Umsatz des ausländischen Subunternehmers


Der Jahreswechsel 2001/2002 hat es für Bauunternehmen wahrlich in sich. Der 15-prozentige Steuerabzug nach § 48 Einkommensteuergesetz ist nämlich bei weitem nicht die einzige einschneidende Änderung. Mindestens genauso gravierend ? zumindest für Bauunternehmen, die ausländische Subunternehmer beschäftigen ? sind die Änderungen, die das kurz vor Jahresultimo verabschiedete Steueränderungsgesetz 2001 enthält (Bundesgesetzblatt 2001, 3794).



Die wichtigste Neuerung: Das Umsatzsteuer-Abzugsverfahren und die Null-Regelung nach §§ 51 ff. Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) sind zum 1. Januar 2002 ersatzlos weggefallen. An deren Stelle sind jede Menge neuer Verpflichtungen und Vorschriften zur Rechnungslegung des Ausländers getreten. Diplom-Finanzwirt Bernhard Köstler, Konzernbetriebsprüfer für in- und ausländische Werkvertragsfirmen, hat das Einführungsschreiben aus dem Bundesfinanzministerium (vom 5.12.2001, Az: IV D 1 ? S 7279 ? 5/01; Abruf-Nr. 020061) analysiert und gibt Tipps zur Umsetzung in die Praxis.



Die neuen Spielregeln auf einen Blick

Erhält ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts im Jahr 2002 von einem im Ausland ansässigen Unternehmer eine Rechnung, in der über umsatzsteuerpflichtige Werklieferungen oder sonstige Leistungen abgerechnet wird, kommt es zu einer "gesetzlichen Übertragung der Umsatzsteuerschuld?. Im Klartext bedeutet das: Nicht der ausländische Unternehmer schuldet die Umsatzsteuer, sondern dessen Auftraggeber. Meldet der Auftraggeber die Umsatzsteuer beim Finanzamt an, kann er in gleicher Höhe Vorsteuern geltend machen. Der ausländische Subunternehmer darf in seiner Rechnung keine Umsatzsteuer mehr ausweisen und muss darauf hinweisen, dass der Auftraggeber Schuldner der auf den abgerechneten Umsatz entfallenden Umsatzsteuer ist. Das regelt § 13b Umsatzsteuergesetz (UStG) 2002.



Antwort auf neun wichtige Fragen

Um Ihnen die komplizierte Regelung möglichst praxisnah zu erläutern, beantworten wir nachfolgend neun wichtige Fragen zur Umsatzbesteuerung bei der Zusammenarbeit mit ausländischen Subunternehmern.



1. Welche Auftraggeber werden zum Steuerschuldner?

Zum Steuerschuldner für Leistungen einer im Ausland ansässigen Firma werden Unternehmer und juristische Personen des öffentlichen Rechts, die eine Rechnung über Werklieferungen oder sonstige Leistungen erhalten. Diese "Übertragung der Steuerschuldnerschaft? trifft auch Kleinunternehmer (§ 19 UStG), pauschalierende Land- und Forstwirte (§ 24 UStG) und Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie Umsätze erbringen. Ob der Auftraggeber seinen Geschäftssitz im In- oder Ausland hat, spielt keine Rolle. So schulden auch im Ausland ansässige Unternehmer, die in Deutschland andere ausländische Subunternehmer einsetzen, die auf die abgerechnete Leistung entfallende Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer und die Vorsteuer müssen bei dem Finanzamt angemeldet werden, bei dem der Auftraggeber steuerlich erfasst ist. Bei juristischen Personen ist es das Finanzamt, in dessen Bezirk diese ihren Sitz haben.



Beispiel


Die Baufirma XY GmbH mit Sitz in Nürnberg erhält im Jahr 2002 von einer polnischen Firma eine Rechnung über 30.000 Euro. Da über eine Werklieferung abgerechnet wird, greift die neue Regelung. Die XY GmbH schuldet dem Finanzamt 4.800 Euro Umsatzsteuer (16% von 30.000 Euro).

Variante: Die ungarische Firma AB Kft bekommt den Zuschlag für ein Bauvorhaben in Deutschland. Hierzu engagiert die Firma eine weitere Firma aus Polen. Der polnische Subunternehmer stellt eine Rechnung über 60.000 Euro. Kurios: Obwohl die ungarische Firma keine Umsatzsteuer-Erklärung abgeben müsste (Auftraggeber muss ja Umsatzsteuer abführen), greift die Übertragung der Steuerschuldnerschaft. Die ungarische Firma schuldet also die Umsatzsteuer für die Leistung der polnischen Firma.



Beachten Sie: Die neue Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG 2002 erstreckt sich sowohl auf die Umsätze für den unternehmerischen als auch für den nichtunternehmerischen Bereich des Auftraggebers (Hoheitsbereich, Privatbereich).



2. Bei welchen Subunternehmern greift die Neuregelung?

Auftraggeber schulden die Umsatzsteuer für ihren Geschäftspartner, wenn es sich bei diesem um einen "im Ausland ansässigen Unternehmer? handelt. Das ist der Fall, wenn der Subunternehmer weder im Inland noch auf der Insel Helgoland einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine ins Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung hat (§ 13b Absatz 4 Satz 1 UStG 2002). Für die Frage, ob es sich um ein im Ausland ansässiges Unternehmen handelt, kommt es auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung durch den Subunternehmer an. Lassen Sie sich von Ihrem Vertragspartner eine Ansässigkeitsbescheinigung des für ihn zuständigen deutschen Finanzamts vorlegen (sehen Sie dazu Punkt 4. auf der nächsten Seite), wenn Sie Zweifel an der Ansässigkeit haben.



3. Wann werden Auftraggeber zum Steuerschuldner?

Der Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Auftraggeber kommt in Betracht, wenn der im Ausland ansässige Unternehmer über eine umsatzsteuerpflichtige Werklieferung oder eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung abrechnet. Der Auftraggeber wird also nur zum Steuerschuldner, wenn die Werklieferung oder die sonstige Leistung in Deutschland überhaupt umsatzsteuerpflichtig ist. Die Steuerschuldnerschaft wird außerdem auf den Leistungsempfänger (Auftraggeber, Käufer) übertragen bei Lieferungen

  • von sicherungsübereigneten Gegenständen und
  • Grundstücken im Rahmen der Zwangsversteigerung.



Beispiel


Ein kroatisches Bauunternehmen stellt an einen Bauunternehmer aus Stuttgart eine Rechnung über in Deutschland erbrachte Werklieferungen. Da die Werklieferungen umsatzsteuerpflichtig sind (§ 3 Absatz 1 und 4 UStG), schuldet der Auftraggeber die Umsatzsteuer.

Variante 1: Ein Architekt aus der Schweiz plant ein Gebäude, das in München errichtet werden soll. Diese Planungsleistung ist umsatzsteuerpflichtig (§ 3a Absatz 2 Nummer 1 UStG). Der Auftraggeber wird deshalb zum Schuldner der Umsatzsteuer.

Variante 2: Ein in Italien ansässiges Unternehmen stellt in Italien eine Rolltreppe her und versendet diese nach Frankfurt, wo sie von Monteuren des Käufers eingebaut wird. Es liegt in diesem Fall keine Werklieferung vor, sondern lediglich ein innergemeinschaftlicher Erwerb (= keine Übertragung der Steuerschuldnerschaft).



4. Wann wird die Steuerschuldnerschaft nicht übertragen?

Der Auftraggeber wird nicht zum Steuerschuldner, wenn der beauftragte Unternehmer eine "Ansässigkeitsbescheinigung nach § 13b UStG? vorlegt. Darin bestätigt ein deutsches Finanzamt, dass der Unternehmer in Deutschland ansässig ist. Die Bescheinigung muss im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung gültig sein.



Beachten Sie: Die steuerliche Erfassung bei einem deutschen Finanzamt, eine zugeteilte deutsche Steuernummer, eine Freistellungsbescheinigung nach § 48 Einkommensteuergesetz (EStG) oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für Aufträge mit öffentlichen Auftraggebern reichen nicht. Bei der Bescheinigung muss es sich um eine Ansässigkeitsbescheinigung nach § 13b UStG handeln.



5. Wie muss die Rechnung aussehen?

Rechnet ein im Ausland ansässiger Unternehmer über eine umsatzsteuerpflichtige Werklieferung oder über eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung ab, darf seine Rechnung seit dem 1. Januar 2002 keine Umsatzsteuer mehr ausweisen (§ 14a Absatz 4 Satz 3 UStG 2002). Zusätzlich muss die Rechnung den Hinweis enthalten, dass der Auftraggeber die Umsatzsteuer schuldet. Wird die Umsatzsteuer dennoch ausgewiesen, schuldet der Auftraggeber die Umsatzsteuer nach § 13b UStG 2002 und der Subunternehmer nach § 14 Absatz 2 UStG.



Beispiel


Eine ungarische Firma erteilt am 1. Februar 2002 eine Rechnung über Bauausführungen in Deutschland. Der Rechnungsbetrag lautet über 100.000 Euro plus 16.000 Euro Umsatzsteuer. In diesem Fall wird der Auftraggeber Schuldner der Umsatzsteuer. Da die Umsatzsteuer jedoch unzulässigerweise offen ausgewiesen ist, wird auch der ausländische Subunternehmer in Höhe von 16.000 Euro zur Kasse gebeten.



6. Wann muss die Umsatzsteuer angemeldet werden?

Je nachdem, ob eine Rechnung zeitnah erteilt wurde oder ob es sich um eine Rechnung aus 2001 handelt, die erst im Jahr 2002 beglichen wird, gibt es unterschiedliche Varianten zu beachten:

  • Mit Rechnung: Die Steuer entsteht mit Erhalt der Rechnung (Beispiel: Ausländischer Unternehmer erteilt im Juni 2002 eine Rechnung. Der Auftraggeber muss die Umsatzsteuer im Voranmeldungszeitraum Juni 2002 anmelden).
  • Ohne Rechnung: Wird keine Rechnung erteilt oder wird die Rechnung erst Monate nach Ausführung der Leistung gestellt, entsteht die Umsatzsteuer spätestens mit Ablauf des Kalendermonats, der der Ausführung der Leistung folgt (Beispiel: Ausländischer Unternehmer erbringt im April 2002 eine Leistung, über die er nicht bzw. erst im August 2002 abrechnet. Der Auftraggeber muss die Umsatzsteuer im Voranmeldungszeitraum Mai 2002 anmelden).
  • Teilleistungen: Wenn Sie dem ausländischen Unternehmen das Entgelt ganz oder teilweise bereits vor Ausführung der Leistung zahlen, müssen Sie die Umsatzsteuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums anmelden, in dem der Auftragnehmer das Entgelt vereinnahmt hat (Beispiel: Überweisung der Abschlagszahlung im März 2002, Anmeldung der Umsatzsteuer im Voranmeldungszeitraum März 2002).
  • Rechnung aus 2001: Wird eine Rechnung aus dem Jahr 2001 erst im Jahr 2002 beglichen, greifen die Vorschriften zur Steuerschuldnerschaft ebenfalls. Der Auftraggeber schuldet die Steuer für den Monat, in dem das Entgelt gezahlt wurde (Beispiel: Rechnung vom 30. November 2001 wird am 7. Februar 2002 bezahlt. Der Auftraggeber muss die Umsatzsteuer im Februar 2002 anmelden).



7. Wie wird die anzumeldende Steuer ermittelt?

Der Auftraggeber muss bei der Steuerberechnung den Steuersatz zu Grunde legen, der sich für den Umsatz nach § 12 UStG ergibt. Die Basis für diese Ermittlung ist der in der Rechnung ausgewiesene Betrag ohne Umsatzsteuer. Die anzumeldende Umsatzsteuer ist also selbst dann vom Nettobetrag zu ermitteln, wenn der Ausländer versehentlich Umsatzsteuer ausweist.



8. Wie funktioniert der Vorsteuerabzug?

Der Auftraggeber kann in der Umsatzsteuer-Voranmeldung, in der er die Umsatzsteuer nach § 13b UStG 2002 mitteilt, in gleicher Höhe Vor-steuern geltend machen. Voraussetzung ist natürlich, dass er hinsichtlich der bezogenen Leistung zum Abzug der Vorsteuer berechtigt ist.



9. Überschneidung mit dem Umsatzsteuer-Abzugsverfahren?

Wurde eine Rechnung im Jahr 2001 gestellt und teilweise im Jahr 2001, teilweise im Jahr 2002 beglichen, müssen Sie für die Zahlung im Jahr 2001 noch das Umsatzsteuer-Abzugsverfahren nach §§ 51 ff. UStDV anwenden. Für die Zahlungen ab 2002 gilt die Umkehr der Steuerschuldnerschaft. Eine Berichtigung der Rechnung für den erst im Jahr 2002 beglichenen Teilbetrag ist nicht notwendig. Die ausgewiesene Umsatzsteuer wird in diesem Fall ausnahmsweise nicht zusätzlich vom Ausländer geschuldet.



Wichtiger Hinweis: Der Inhalt ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden.

Die Komplexität und der ständige Wandel der in ihm behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

Stichworte:Umsatzsteuer

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