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14.08.2009 · IWW-Abrufnummer 092637

Amtsgericht Kerpen: Urteil vom 19.12.2008 – 24 C 103/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Kerpen

24 C 103/08

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Pkw Fiat Berlinetta LS mit dem amtlichen Kennzeichen XXX, der bei einem unstreitig allein vom Erstbeklagten mit einem bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten Pkw verschuldeten Verkehrsunfall vom 2. September 2007 in Kerpen beschädigt wurde. Die volle Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien streiten lediglich noch darum, ob der Kläger auf der Basis fiktiver Reparaturkosten abrechnen kann oder sich auf den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) seines unfallbeschädigten Fahrzeugs verweisen lassen muß. Nach dem vom Kläger eingeholten Schadengutachten des Kfz-Sachverständigen-Ingeneirubüros XXX GmbH vom 5. April 2008 belaufen sich die Reparaturkosten auf netto 4.968,11 EUR entsprechend 5.912;05 EUR brutto, der Wiederbeschaffungswert auf 4.300,- EUR und der Restwert auf 7.500,- EUR. Unter Zugrundelegung dieser Daten zahlte die Zweitbeklagte gemäß Abrechnung auf Totalschadenbasis vorprozessual an den Kläger auf den Sachschaden 3.550,- EUR.

Der Kläger meint, Anspruch auf Zahlung der gesamten Reparaturkosten zu haben. Dazu behauptet er, an seinem Fahrzeug bestehe ein besonderes Erhaltungsinteresse, weil es sich um einen seltenen Oldtimer handle. Er wolle den Pkw reparieren lassen, sobald er Gewißheit über die Einstandspflicht der Beklagten und einen geeigneten Reparaturbetrieb gefunden habe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.418,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. September 2007sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 41,18 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. August 2008 (Erstbeklagter) bzw. seit dem 14. August 2008 (Zweitbeklagte) zu zahlen,

hilfsweise,

festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, ihm im Falle einer nachgewiesenen fachgerechten Reparatur des aus dem Verkehrsunfallereignis vom 02.09.2007 an seinem Fahrzeug Fiat Berlinetta LS, amtliches Kennzeichen XXX, entstandenen Sachschadens Schadenersatz zu leisten auf Basis der Nettoreparaturkosten gem. dem Gutachten des Büros XXX GmbH vom 05.04.2008 bzw. auf Basis nachgewiesener höherer Bruttoreparaturkosten.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie meinen, eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis könne nicht verlangt werden, da die Brutto-Reparaturkosten mit 5.912,05 EUR den Wiederbeschaffungswert von 4.300,- EUR um ca. 40 % übersteigen. Daher komme es auf die Frage, ob es sich um einen Oldtimer handle und ob der Kläger das Fahrzeug reparieren lassen wolle, nicht mehr an.

Wegen des beiderseitigen Vorbringens im übrigen wird auf die gewechselten -Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der .Schadenersatzanspruch des Klägers wegen der Beschädigung seines. Fahrzeugs durch den Verkehrsunfall vom 2. September2007 ist-durch die Zahlung der Zweitbeklagten von 3.550,- EUR in vollem Umfang erfüllt und damit erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB). Der gezahlte Betrag entspricht der Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert von 4.300,- EUR und dem Restwert von 750,- EUR. Beide Werte sind als solche unstreitig.

Der Kläger kann wegen der Beschädigung seines Kraftfahrzeugs von den Beklagten Schadenersatz gemäß den §§ 7 StVG, 3 PflVersG verlangen. Der Schaden ist zwar grundsätzlich durch Wiederherstellung, d.h. durch Reparatur, auszugleichen, § 249 Abs. 1 BGB. Die Reparaturkosten müssen sich jedoch im Rahmen des "Erforderlichen" halten. Sind sie unverhältnismäßig im Sinne des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB, so darf der Ersatzpflichtige den Geschädigten in Geld entschädigen. Im Streitfall sind die Beklagten berechtigt, auf Totalschadenbasis abzurechnen.

Nach allgemeiner Rechtsprechung kann der Geschädigte, der nach einem Unfall sein Kraftfahrzeug reparieren läßt oder dies beabsichtigt und damit sein Interesse an dessen Erhalt bekundet, gemäß § 249 Satz 2 BGB vom Schädiger den zur Instandsetzung erforderlichen Geldbetrag verlangen, sofern sich die Reparaturkosten auf nicht mehr als 130 % des Wiederbeschaffungswerts belaufen (vgl. statt aller BGH NJW 1992, 302 bis 305; BGH NJW 2005, 1108, 1109; OLG Düsseldorf, OLGR Düsseldorf 1992, 85, 86). Die vom Kläger ermittelten Brutto-Reparaturkosten von 5.912,05 ,EUR liegen im Streitfall bei fast 138 % des Wiederbeschaffungswerts und überschreiten damit die erwähnte 130 %-Grenze (hier 5.590,- EUR) deutlich. Daß der vom Kläger beauftragte Sachverständige XXX fachlich fehlerhaft gearbeitet hätte, ist weder von einer der Parteien behauptet noch sonst ersichtlich.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. nur BGHZ 115, 375 ff) ist eine Instandsetzung in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur - wie hier - mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen. Läßt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen Teil und in einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil, aufgespalten werden. In einem solchen Fall kann der Geschädigte nur die Wiederbeschaffungskosten verlangen. So liegt der Fall hier.

Die 130%-Grenze ist zwar keine „starre Grenze“, sondern läßt die Berücksichtigung der „Besonderheiten des Einzelfalls“ zu (vgl. BGHZ 115, 364 ff). Derartige Besonderheiten sind hier indes nicht feststellbar. Daß der beschädigte Fiat Berlinetta im Jahr 1977 erstzugelassen wurde und jetzt nur noch vergleichsweise wenige Fahrzeuge dieses Typs zugelassen sind, begründet kein besonders schutzwürdiges oder gesteigertes Integritätsinteresse. lm Gegensatz zu Oldtimern, für die ein eigenständiger Markt besteht und deren Liebhaberwert sich auch in objektiv hohen Marktpreisen niederschlägt, hat das Fahrzeug des Klägers offenbar keinen aufgrund seines Alters erhöhten Marktwert. Dies wird schon aus der Kurzbewertung nach dem Classic Data System vom 28. Oktober 1999 deutlich, die einen geschätzten Marktwert von 7.000,- DM ergeben hat. Dies entspricht den Erkenntnissen des vom Kläger beauftragten Sachverständigen XXX. Alter und Seltenheit des Fahrzeugtyps haben ausweislich seines Gutachtens bei der Wertermittlung Berücksichtigung gefunden, ohne daß sich ein 4.300,- EUR übersteigender Wiederbeschaffungswert ergeben hätte. Auch hier ist daher die aus Gründen der Praktikabilität im Massengeschäft der Kraftfahrzeugunfälle maßgebliche 130 %-Grenze anzuwenden.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 11. Dezember 2008 hat dem Gericht keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Ziff. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert: 1.418,11 EUR

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