29.05.2002 · IWW-Abrufnummer 020628
ZWD 06/2002 Seite 14
Controlling in der Zahnarztpraxis, Teil 1: Rückläufige Einnahmen führen zu wesentlich stärker sinkenden Gewinnen!
von Hans-Theo Stadtfeld, Geschäftsführer der Cubico Management Consulting GmbH, Unternehmensberatung, Lüdinghausen
Es ist bereits einige Zeit her, dass sich die Geldinstitute um den Zahnarzt als profitablen Kunden stritten. Mittlerweile sieht das Szenario anders aus: Finanzierungen werden oft von vornherein abgelehnt oder nur unter erschwerten Bedingungen (Bürgschaften oder sonstige Sicherheiten) gewährt. Neuinvestitionen in die Praxis werden dadurch immer schwieriger. Nicht selten wird außerdem ein bisher gewährter Überziehungsbereich des Kontos gekürzt oder ganz gestrichen.
Gründe für die Zurückhaltung der Banken bei Krediten
Ganz global kann gesagt werden, dass sich die Liquidität der Zahnärzte drastisch verschlechtert hat. Vor allem drei Gründe haben dazu geführt:
1. Sinkender Einnahme-Überschuss: Der reale Einnahme-Überschuss, den der Zahnarzt erwirtschaftet, hat sich seit 1976 halbiert. Wenn wir im Jahre 1976 von einem realen Einnahme-Überschuss in Höhe von 200.000 DM ausgehen, so bleibt auf Grund der Erhöhung des allgemeinen Preisindex und der Reduzierung des Geldwertes im Jahre 1999 nur noch ein realer Überschuss von 97.000 DM.
2. Steigende Zahnarztdichte: Im Jahre 1991 waren in den alten Bundesländern 34.000 Zahnärzte an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligt. Diese Zahl ist bis Mitte 2000 auf 43.000 Zahnärzte angestiegen. In den neuen Bundesländern hat es dagegen keine Erhöhung der Zahl niedergelassener Zahnärzte gegeben: Im Jahr 1992 waren dort insgesamt 10.249 Zahnärzte an der zahnärztlichen Versorgung beteiligt, bis Mitte 2000 ist diese Zahl auf 10.030 Zahnärzte gesunken. Geht man daher davon aus, dass die Zunahme der Zahnarztdichte - wie in der Vergangenheit - in erster Linie in den alten Bundesländern erfolgt, wird es vor allem dort zu einem verschärften Kampf um die Patienten kommen. Prognosen gehen nämlich davon aus, dass bereits im Jahre 2010 in Westdeutschland nur noch 1.000 Einwohner auf einen Zahnarzt kommen.
3. Real rückläufige Punktwerte: Als weiterer Grund für die beeinträchtigte Liquidität sind die Punktwerte zu nennen, die real rückläufig sind. Im Bereich Zahnersatz und Kieferorthopädie wurde der Punktwert bereits im Jahre 1993 um 10 Prozent abgesenkt. Zum 1. Januar 1999 wurde erneut eine 5-prozentige Kürzung des Punktwertes für diese Bereiche vorgenommen. Zudem wurden Budgets festgelegt, die es fraglich machen, ob im Nachhinein auch wirklich die Beträge zur Verfügung stehen, die im Vorfeld für die vorläufigen Punktwerte kalkuliert wurden.
Zwar wurden im Bereich der Sachleistungen die Punktwerte in den alten Bundesländern leicht angehoben. Unter Berücksichtigung der Inflationsrate des Jahres 1999 sind sie insgesamt aber real gesunken. Da die Budgetierung weiter fortgesetzt wird, ist auch zukünftig nicht mit einer realen Punktwertsteigerung zu rechnen.
Für den Bereich der GOZ wird es ebenfalls keine Steigerung geben. Steigbügelhalter für die Zementierung des GOZ-Punktwertes war unfreiwillig die Bundeszahnärztekammer, die mit einer Klage, den seit 1988 nicht mehr geänderten GOZ-Punktwert anzuheben, beim Bundesverfassungsgericht gescheitert ist. Damit hat die Bundesregierung auch den höchstrichterlichen Segen, in diesem Bereich vorerst untätig zu bleiben.
Somit steht fest, dass die Einnahmen der Zahnärzte zukünftig nicht steigen, sondern weiter sinken werden. Damit kommt es zu ganz neuen Herausforderungen für den Zahnarzt als Unternehmer. Das bisher florierende Unternehmen Zahnarztpraxis gerät ins Straucheln. Oftmals werden die Auswirkungen von Einnahmeveränderungen auf die Praxis zu spät erkannt. Vor diesem Hintergrund wird es immer wichtiger, zeitnah erkennen zu können, wie es um die Zahnarztpraxis wirtschaftlich steht.
Analyse der Liquiditätssituation anhand eines Beispiels
Um darzustellen, wie sensibel die Zahnarztpraxis auf geringfügige Einnahmerückgänge bzw. Kostensteigerungen reagiert, haben wir in einer hypothetischen Berechnung den gesamten Praxis- und Privatbereich in fünf Liquiditätsstufen unterteilt. Anhand dieser Liquiditätsstufen stellen wir dar, wie sich die Liquidität, die aus der Praxis erwirtschaftet wird, bis in den Privatbereich hinein entwickelt. Ausgewählt haben wir eine Praxis, die im Jahr 2000 einen Umsatz von 765.000 DM erwirtschaftet hat. Im Jahr 2001 geht dieser Umsatz um vier Prozent zurück und gleichzeitig steigen die Kosten um 14.000 DM.
Beispiel
2000 | 2001 | Differenz (gerundet) | |
Einnahmen Gesamt | 765.000 DM | 735.000 DM | 4,0 % |
über KZV | 421.515 DM (55,1 %) | ||
über Privat | 343.485 DM (44,9 %) | ||
Fixkosten | 370.000 DM | 386.000 DM | + 4,0 % |
Variable Kosten | 146.000 DM | 144.000 DM | - 1,0 % |
Abschreibung | 39.000 DM | 39.000 DM | |
Rohertrag | 210.000 DM | 166.000 DM | - 21,0 % |
Steuern | ca. 88.000 DM | ca. 65.000 DM | |
Liquidität I | 122.000 DM | 101.000 DM | - 20,0 % |
Abschreibung | 39.000 DM | 39.000 DM | |
Liquidität II | 161.000 DM | 140.000 DM | - 13,0 % |
Private Vorsorge | 39.000 DM | 39.000 DM | |
Tilgungen | 20.000 DM | 20.000 DM | |
Liquidität III | 102.000 DM | 81.000 DM | - 20,0 % |
Lebenshaltung | 60.000 DM | 60.000 DM | |
Liquidität IV | 42.000 DM | 21.000 DM | - 50,0 % |
Miete bzw. Eigenheimkosten | 24.000 DM | 24.000 DM | |
Liquidität V | 18.000 DM | - 3.000 DM |
Auswertung der bzw. Erläuterungen zur Tabelle
Vom im Jahr 2000 erwirtschafteten Umsatz in Höhe von 765.000 DM wurden etwa 422.000 DM über die KZV vereinnahmt und etwa 343.000 DM privat liquidiert. Diesen Einnahmen stehen im Jahr 2000 umsatzunabhängige, so genannte Fixkosten in Höhe von 370.000 DM gegenüber. Umsatzunabhängig heißt, dass diese Kosten trotz rückläufiger Umsätze relativ konstant bleiben. Dies sind in erster Linie Kosten für Personal, Miete, Zinsen, etc. Die umsatzabhängigen Kosten wie Fremdlabor, Material- und Laborkosten, KZV-Verwaltungskosten und sonstige Praxiskosten sind die so genannten variablen Kosten. Diese Kosten werden durch den Umsatz beeinflusst und betrugen 146.000 DM.
Damit wird deutlich, dass lediglich 28 Prozent der Kosten direkt durch Umsatzschwankungen beeinflusst werden. Der Hauptteil der Kosten wird trotz sinkender Umsätze nicht tangiert.
Die Abschreibungen (AfA) wurden mit 39.000 DM angesetzt, wobei diese Summe keinen Geldabfluss bedeutet, sondern lediglich - als buchhalterische Kostengröße - das steuerliche Ergebnis beeinflusst.
Damit errechnet sich für das Jahr 2000 ein Rohertrag von 210.000 DM. Bei der Berechnung für das Jahr 2001 kommt es auf Grund des um 4 Prozent gesunkenen Umsatzes und durch die Erhöhung der Kosten um 14.000 DM immerhin noch zu einem Rohertrag von 166.000 DM, der damit aber bereits um 21 Prozent niedriger ist als im Vorjahr. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch dieser Überschuss längst nicht in jeder Praxis erzielt wird. Im Jahre 1999 lagen in den alten Bundesländern 50 Prozent der Zahnärzte mit ihrem Einkommen unter 156.000 DM, in den neuen Bundesländern mussten sich 50 Prozent der Zahnärzte sogar mit einem Einkommen unter 135.000 DM zufrieden geben.
Die Steuern sind im Jahr 2000 mit etwa 88.000 DM angesetzt. Zu Grunde gelegt wurde hier die Grundtabelle. Bei Eheleuten würde sich die Steuerlast entsprechend der Splitting-Tabelle reduzieren. Demnach weist die Liquiditätsstufe I noch einen Überschuss von 122.000 DM aus. Auf Grund der geringeren Steuerlast im Jahr 2001 wird in der Liquiditätsstufe I ein Überschuss von 101.000 DM erzielt.
Da die Abschreibungen keinen realen Geldabfluss bedeuten, sondern nur steuerlich relevant sind, ist diese Position wieder zu der Liquiditätsstufe I zu addieren, so dass die Liquiditätsstufe II im Jahre 2000 einen Überschuss von 161.000 DM ausweist. Im Jahre 2001 weist die Liquiditätsstufe II noch einen Überschuss von 140.000 DM aus. Die Liquiditätsstufe II ist eine wichtige Kennzahl, die jedem Zahnarzt bekannt sein sollte. Denn nur dieser Betrag steht zur Verfügung, um alle privaten Verpflichtungen zu bedienen. Damit wird aber auch deutlich, dass alle nachfolgend aufgeführten privaten Verpflichtungen aus versteuertem Einkommen zu erbringen sind.
Wir haben in unserer Beratungstätigkeit oft erlebt, dass gerade die privaten Kostenpositionen unterschätzt werden. Die Ursache ist zum einen, dass nicht bekannt ist, was alles zu den privaten Ausgaben gehört, und zum anderen fehlt es auch an Transparenz hinsichtlich der Beträge, die zur Verfügung stehen, um alle privat bedingten Kosten zu bestreiten.
Zu den privaten Aufwendungen gehört in erster Linie auch die private Vorsorge, das heißt: Beiträge zum zahnärztlichen Versorgungswerk sowie eine individuelle Altersabsicherung, die wir mit 39.000 DM im Jahr angesetzt haben. Auch die Tilgungen oder Tilgungsersatzleistungen wie Lebensversicherungsbeiträge sind aus versteuertem Einkommen zu bestreiten, egal ob für Praxisinvestitionen oder für private Investitionen. Für diese Position wurden 20.000 DM angesetzt.
Damit weist die Liquiditätsstufe III für das Jahr 2000 eine Summe von 102.000 DM aus. Im Jahr 2001 sind dies 81.000 DM. Diese Summe steht zur Verfügung, um die privaten Lebenshaltungskosten wie Kleidung, Urlaub, Essen, private Versicherungen, private Autokosten, Hobby, etc. zu decken. Diesen Betrag haben wir mit 60.000 DM pro Jahr angesetzt.
Somit verbleibt in der Liquiditätsstufe IV noch ein Überschuss von 42.000 DM. Im Jahre 2001 sinkt die Liquidität gegenüber 2000 um 50 Prozent auf 21.000 DM. Dazu fallen noch etwa 24.000 DM für Mietkosten bzw. Kosten für die private Immobilie an. Nach Abzug dieser Kosten verbleibt in der Liquiditätsstufe V noch ein Überschuss von 18.000 DM. Diese 18.000 DM sind als so genannte "eiserne Reserve" für unvorhergesehene Ausgaben anzusehen. Problem: Diese eiserne Reserve ist im Jahr 2001 nicht mehr vorhanden. Es kommt bereits zu einer Unterdeckung von 3.000 DM.
Ergebnis: Schon geringfügige Rückgänge im Bereich der Einnahmen führen zur Unterdeckung
Die Auswertung zeigt, dass es - obwohl wir gerade im Privatbereich von moderaten Annahmen ausgegangen sind - trotzdem bei bereits geringfügigen Rückgängen im Bereich der Einnahmen bzw. geringfügigen Kostenerhöhungen im Jahre 2001 zu einer Unterdeckung kommen kann. Das führt dazu, dass entweder von der Substanz gelebt wird oder die von der Bank eingeräumten Kreditlinien überzogen werden. Dann fängt das bei den ärztlichen Berufen weit verbreitete "Management by Bankkonto" an, das heißt: Erst jetzt wird wahrgenommen, dass etwas im Bereich der Praxiseinnahmen oder -kosten nicht mehr stimmt. Es wird versucht, in erster Linie Kosten einzusparen, was aber auf Grund des hohen Fixkostenanteils in der Praxis schwierig ist. Die Einnahmeseite kann auf Grund der abrechnungstechnischen Rahmenbedingungen ebenfalls nicht beliebig beeinflusst werden.
Um solche Überraschungen zu vermeiden, müssen Kontrollmechanismen angewandt werden, die den Zahnarzt in die Lage versetzen, sofort einzugreifen, wenn sich auf der Einnahme- bzw. Kostenseite etwas ändert. Um diese Transparenz hinsichtlich der Kosten- bzw. Einnahmeseite zu schaffen, ist als Erstes ein interner und externer Praxisvergleich vorzunehmen. Anhand dieser ermittelten Praxiszahlen ist der so genannte "Break-Even-Point" zu ermitteln, das heißt die Ermittlung des Überschusses, der ausreicht, um alle - auch die privaten - Kosten zu decken. Die aus den beiden Bereichen ermittelten Daten sind in eine Unternehmensplanung einzubauen, die es ermöglicht, einen monatlichen Abgleich mit den aktuellen Praxisdaten herzustellen.
Controlling, Teil 2: Controlling durch Gegenüberstellung von Geldbedarf und Geldherkunft
Im ersten Beitragsteil haben wir dargelegt, wie sensibel die Liquidität einer Zahnarztpraxis schon auf geringfügige Einnahmeverluste bzw. Kostensteigerungen reagiert. Meist macht sich der Zahnarzt erst dann Gedanken über Gegenmaßnahmen, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Doch das muss nicht so sein. Durch Praxiscontrolling wird der Praxisinhaber in die Lage versetzt, zu handeln, noch bevor wirtschaftliche Nachteile manifestiert werden. Um dies zu ermöglichen, sind einige Kennzahlen aus dem Praxis- und Privatbereich erforderlich, die später in eine Unternehmensplanung eingearbeitet werden.
Privaten und betrieblichen Geldbedarf ermitteln
In erster Linie ist zu klären, wie viel Geld benötigt wird, um das "Unternehmen Zahnarztpraxis" zu führen und mit dem daraus erwirtschafteten Geld das Privatleben zu finanzieren. Zur Ermittlung des Geldbedarfs für die Praxis gibt es verschiedene Möglichkeiten. Man kann sich zum Beispiel an den Praxiskosten des Vorjahres orientieren. Manchmal ist es aber auch sinnvoll, sich - losgelöst von allen bisherigen Erfahrungen - neue Kostenstrukturen für die Praxis als Ziel zu setzen. Etwas schwieriger ist die Ermittlung des Geldbedarfs im privaten Bereich. Oftmals ist die Höhe der Ausgaben nicht bekannt. Teilweise können hier Zahlen aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung des Vorjahres entnommen werden (Entnahmen etc.), sofern sie entsprechend gegliedert ist. Diese Daten werden dann in eine entsprechende Tabelle übertragen:
Tabelle 1: Geldbedarf in DM
Geldbedarf | Plan in 2001 | Ist in 2001 (kumuliert) | Plan in I/2001 | Ist in I/2001 | Soll/Ist-Abweichung |
a) Privat | |||||
Lebenshaltung | 60.000 | 15.000 | |||
Private Vorsorge | 39.000 | 9.750 | |||
Steuern | 88.000 | 22.000 | |||
Miete/Immobilie | 24.000 | 6.000 | |||
Sonstiges | |||||
Summe | 211.000 | 52.750 | |||
b) Praxis | |||||
Fixkosten | 370.000 | 92.500 | |||
Variable Kosten | 146.000 | 36.500 | |||
Investitionen | |||||
Darlehenstilgung | 20.000 | 5.000 | |||
Sonstiges | |||||
Summe | 536.000 | 134.000 | |||
Gesamt | 747.000 | 186.750 |
Auswertung der bzw. Erläuterungen zur Tabelle
Die Tabelle, die den Geldbedarf ermittelt, gliedert sich nach Privat- und Praxiskosten. Bei den Zahlen für das Jahr 2001 haben wir uns an den Daten aus unserer Liquiditätsberechnung in der letzten Ausgabe orientiert. Sie spiegeln die Struktur einer Durchschnittspraxis wider.
Zuerst ist der private Geldbedarf für 2001 zu erfassen. Größter Kostenfaktor sind die Lebenshaltungskosten. Das sind diejenigen Kosten, die ausschließlich für den privaten Bereich aufgewandt werden, das heißt Kosten für Kleidung, Essen, Hobby, Urlaub, private Versicherungen, privater Kfz-Anteil etc. Mit 5.000 DM pro Monat ist diese Position knapp bemessen. Aus unserer Beratungserfahrung wissen wir, dass hier meist keinerlei Überblick herrscht, welche Summen ausgegeben werden. Wir können daher nur empfehlen, für die oben angesprochene Position einen festen Betrag zu definieren und im "Alltag" zu erproben. Dieser Betrag wird dann in jedem Monat auf ein separates Konto überwiesen, von dem nur diese Kosten zu bezahlen sind. Damit wird Transparenz in diese Kostenposition gebracht.
Die Privatvorsorge setzt sich aus Kosten für das berufsständische Versorgungswerk sowie noch zusätzlicher privater Absicherungen zusammen. Hier haben wir 39.000 DM unterstellt.
Auf Grund der ermittelten Gewinne aus unserer Liquiditätsbetrachtung der letzten Folge haben wir Steuerzahlungen in Höhe von 88.000 DM errechnet. Auch dies ist eine Position, bei der es nicht selten zu großen Überraschungen kommt. Oftmals wird erst lange Zeit nach dem abgelaufenen Geschäftsjahr das steuerliche Praxisergebnis festgestellt, so dass es zu nicht eingeplanten Nachzahlungen kommt, die die Liquidität sehr stark einschränken. Für Miete - respektive Kosten für die Eigenimmobilie - haben wir 24.000 DM angesetzt. Damit beträgt der privat bedingte Geldbedarf 211.000 DM für das Jahr 2001.
Des Weiteren ist der Geldbedarf für die Praxis zu ermitteln. Hier haben wir den Geldbedarf in Fixkosten und variable Kosten unterteilt. Der umsatzunabhängige Fixkostenanteil beträgt 370.000 DM. Die variablen Kosten, die durch schwankende Umsätze beeinflusst werden, betragen 146.000 DM. Hier sind in erster Linie Material- und Laborkosten zu nennen. Die Darlehenstilgung haben wir unter den Praxiskosten subsummiert, obwohl die Tilgungsleistungen aus dem versteuerten Einkommen zu erbringen sind. Die Tilgungsleistungen haben wir mit 20.000 DM angesetzt.
Für das erste Quartal haben wir die Planzahlen in die Tabelle übernommen, indem wir die Planzahlen für das gesamte Jahr geviertelt haben. Dass dies nicht unbedingt zutrifft, dürfte verständlich sein, da bestimmte Positionen nicht quartalsmäßig, sondern zu anderen Zeitpunkten anfallen. In die Ist-Spalte des ersten Quartals 2001 sind nun die tatsächlichen Summen einzusetzen, die für den privaten bzw. Praxisbereich benötigt wurden. In der Spalte "Soll/Ist-Abweichung" ist dann zu ermitteln, wo es zu Differenzen zwischen den Planzahlen und den tatsächlichen Ausgaben gekommen ist. Somit erhält man eine zumindest grobe Übersicht, in welchen Bereichen sich die Differenzen ergeben, und kann sofort nach Gründen dafür forschen. Für die nächsten drei Quartale ist die Tabelle entsprechend fortzuführen.
Ermittlung der vorhandenen Geldmittel
Nachdem nun errechnet wurde, wie viel Geld benötigt wird, ist in einem zweiten Schritt zu klären, wo das benötigte Geld herkommen soll. Auch diese Zahlen sind in einer Tabelle zu erfassen, die nach privaten Einkünften und Praxiseinkünften untergliedert ist.
Tabelle 2: Geldherkunft in DM
Geldherkunft | Plan in 2001 | Ist in 2001 (kumuliert) | Plan in I/2001 | Ist in I/2001 | Soll/Ist-Abweichung |
a) Privat | |||||
Steuererstattungen | |||||
Ehegattengehalt | |||||
Vermietungseinkünfte | |||||
Kapitalerträge | |||||
Sonstige Einkünfte | |||||
Summe | |||||
b) Praxis | |||||
KZV-Abrechnung | 422.000 | 105.500 | |||
Privatliquidation | 343.000 | 85.750 | |||
Darlehen | |||||
Summe | 765.000 | 191.250 | |||
Gesamt | 765.000 | 191.250 |
Auswertung der bzw. Erläuterungen zur Tabelle
Im Privatbereich kann das Geld aus den verschiedensten Quellen kommen. So ist es auf Grund zurückgehender Gewinne zumindest nicht ganz unmöglich, dass Steuervorauszahlungen zu hoch angesetzt wurden und es daher zu Steuererstattungen kommt.
Unter Ehegattengehalt sind alle Einnahmen zu erfassen, die Familienangehörige erwirtschaften. Dies sind Familienangehörige, die entweder in der Praxis mitarbeiten oder in einem sonstigen Arbeitsverhältnis stehen. Vermietungseinkünfte sind ebenfalls zu erfassen. Sollten in diesem Zusammenhang Kosten entstehen, zum Beispiel Finanzierungskosten, so sind diese unter Geldbedarf zu erfassen. Bei den Kapitalerträgen handelt es sich um Einnahmen, die aus Zinserträgen, Dividenden oder sonstigen Beteiligungen stammen. Alle weiteren Einnahmen, die in den bisherigen Kategorien nicht erfasst wurden, sind unter Sonstige Einkünfte zu verbuchen.
Im Normalfall stellt die Praxis die wichtigste Einnahmequelle dar. Bei den Einnahmepositionen haben wir uns wieder an den Zahlen einer durchschnittlichen Zahnarztpraxis orientiert. Die Einnahmen sind in KZV-Abrechnung und Privatliquidation gesplittet, so dass auch hier eine größtmögliche Transparenz gegeben ist. Im Plan für das Jahr 2001 betragen die Einnahmen über die KZV 422.000 DM. Die Einnahmen aus Eigenanteilsrechnungen und reinen Privatrechnungen betragen 343.000 DM. Sollten noch entsprechende Auszahlungen aus aufgenommenen Darlehen erfolgen, so sind diese ebenfalls hier zu erfassen. Insgesamt kommt es damit in der Praxis zu Einnahmen in Höhe von 765.000 DM.
Wie wichtig ein Controlling auf der Einnahmeseite ist, wird deutlich, wenn wir die Differenz zu dem Geldbedarf ermitteln. Es kommt lediglich zu Überschüssen von 18.000 DM. Diese Überschüsse können bei kleinsten Veränderungen innerhalb eines Quartals auf der Einnahme- bzw. Kostenseite aufgebraucht sein.
Um das zu verhindern, ist auch die Einnahmeseite quartalsweise zu kontrollieren. Für den Privatbereich haben wir darauf verzichtet und nur die Haupteinnahmequelle Praxis mit in die Tabelle aufgenommen. Demnach müsste der Plan für das I. Quartal 2001 im Bereich der KZV-Abrechnung Einnahmen von 105.500 DM ausweisen. Dieser Betrag kommt aus einer Viertelung der kalkulierten KZV-Einnahmen zustande.
Dies kann allerdings nur eine grobe Annahme sein, vor allen Dingen unter dem Gesichtspunkt, dass im I. Quartal 2001 im Normalfall das III. Quartal 2000 abgerechnet wird. Dieses Quartal fällt aber in die Urlaubszeit und ist erfahrungsgemäß das schwächste Quartal, so dass es zu geringeren Restzahlungen kommt. Wird dem Rechnung getragen, wäre es für das I. Quartal 2001 angemessen, niedrigere KZV-Einnahmen zu unterstellen, die dann durch die entsprechend höheren Einnahmen in den nächsten drei Quartalen wieder ausgeglichen würden.
Auch bei der Privatliquidation kommt es oftmals in den einzelnen Quartalen zu Verschiebungen. Die meisten Leistungen werden erfahrungsgemäß im II. oder im IV. Quartal abgerechnet. Damit kann auch die von uns angesetzte Zahl von 85.750 DM, die einem Viertel der Einnahmen entspricht, im I. Quartal entsprechend geringer sein. Kalkulatorisch müssten die Einnahmen in den anderen Quartalen entsprechend höher sein. Am Ende des I. Quartals 2001 ist dann abzugleichen, wie hoch die tatsächlichen Einnahmen waren.
Der Soll/Ist-Vergleich offenbart "Deckungslücken"
In der letzten Spalte wird der so genannte Soll/Ist-Vergleich durchgeführt, also die Differenz zwischen tatsächlich vereinnahmten und geplanten Einnahmen erfasst. Mit diesem Soll/Ist-Vergleich werden entscheidende Abweichungen sofort deutlich gemacht. Sollte es bei den tatsächlichen Einnahmen zu gravierenden negativen Abweichungen gegenüber dem Plan kommen, könnte dann entsprechend reagiert werden. Indem wir den Geldbedarf und die Geldherkunft ermittelt haben, ist folglich ein erstes Controlling-Instrument vorhanden, das erlaubt, entsprechende Transparenz in die Einzelbereiche zu bringen.
Fazit: Sicherlich ist die Erfassung der realistischen Zahlen für den Geldbedarf bzw. für die Geldherkunft das Hauptproblem bei der Erstellung einer transparenten tabellarischen Übersicht. Sind es doch vor allen Dingen auch politische Unwägbarkeiten, die gerade die Einnahmeseite sehr schnell beeinflussen können. Beispielhaft sei hier nur die Direktabrechnung mit den Patienten erwähnt, die in der Vergangenheit kurzfristig möglich war. Auch zukünftig gibt es keine verlässlichen Grundlagen für die Praxiseinnahmeseite. Zurzeit steht beispielsweise das Budget mit der Globalhaftung zur Diskussion. Dennoch ist jede noch so grobe Transparenz besser als gar keine. Nur so ist ein zeitnahes Handeln möglich. Ohne das Wissen um diese Kennziffern bleibt es bei einem Stochern im Nebel, wenn es um betriebswirtschaftliche Praxisführung geht.
Controlling, Teil 3: Die Unternehmensplanung als Grundlage des Praxiscontrollings
In den ersten beiden Beitragsteilen haben wir aufgezeigt, wie der "Geldbedarf" und die "Geldherkunft" zu ermitteln sind. Diese Kennziffern sollen nun abschließend in das Kernstück eines effektiven Controllings - die Unternehmensplanung - eingebaut werden. Die Unternehmensplanung gliedert sich in zwei Schritte:
Erster Schritt: Ermittlung des möglichen Praxisgewinns
In einem ersten Schritt wird bei der Unternehmensplanung der mögliche Gewinn aus der Praxis ermittelt. Im Gegensatz zur Ermittlung des Geldbedarfs bzw. der Geldherkunft werden die Geldzu- und -abflüsse des Praxisbereichs monatlich erfasst. Vor allem die Praxisausgaben werden weitestgehend aufgeschlüsselt, so dass ein noch effektiveres Kostencontrolling möglich wird.
Beispielhaft haben wir nachfolgend die Unternehmensplanung für das erste Quartal 2001 erfasst. Die Zahlen sind in der Praxis natürlich für das gesamte Jahr zu erfassen. Bei den geplanten Einnahmen bzw. Ausgaben haben wir uns an der Durchschnittspraxis orientiert, die auch in den vergangenen Beiträgen Gegenstand der Betrachtung war. Im Einzelnen stellen sich die geschätzten Geldzu- und -abflüsse wie folgt dar:
Wie viel Gewinn muss erzielt werden? | Jan 01DM | Feb 01DM | März 01DM | Dez 01DM | SummeDM |
Einnahmen aus KZV-Abrechnung | 41.000 | 34.000 | 34.000 | ||
Einnahmen aus Privatabrechnung | 25.000 | 27.000 | 27.000 | ||
Sonstige Einnahmen | |||||
Summe der Betriebseinnahmen | 66.000 | 61.000 | 64.000 | ||
Personalkosten | 12.000 | 12.000 | 12.000 | ||
Raumkosten | 3.000 | 3.000 | 3.000 | ||
Fremdlabor | 10.500 | 14.000 | 15.000 | ||
Praxis-/Laborbedarf | 3.500 | 3.500 | 3.500 | ||
Finanzierungskosten | 2.500 | 2.500 | 2.500 | ||
Geräte/Einrichtungskosten/Leasing | 1.500 | 1.500 | 1.500 | ||
Pkw (beruflicher Anteil) | 1.000 | 1.000 | 1.000 | ||
Versicherungen/Beiträge/KZV-Verwaltung | 3.500 | 1.500 | 1.500 | ||
Fortbildung, Fachliteratur | 500 | 500 | 500 | ||
Sonstige Kosten (Steuerberater etc.) | 3.700 | 3.700 | 3.700 | ||
GWG | |||||
Summe der Betriebsausgaben | 41.700 | 43.200 | 44.200 | ||
Vorläufiger Gewinn/Verlust | 24.300 | 17.800 | 19.800 |
Auswertung der bzw. Erläuterungen zur Tabelle
Zunächst sind die Einnahmen zu berücksichtigen. Bereits im letzten Beitrag hatten wir ermittelt, dass etwa 191.000 DM im ersten Quartal erwirtschaftet werden müssen. Wir haben bei den Einnahmen dem Umstand Rechnung getragen, dass im Januar die KZV-Restzahlung für das dritte Quartal des Vorjahres ausgezahlt wird und dass im Bereich der Eigenanteils- bzw. Privatrechnungen der Januar oftmals ein schwacher Monat ist, die Umsätze aber im Laufe des ersten Quartals wieder steigen.
Die einzelnen Kostenpositionen sind - wie bereits dargelegt - aus der BWA des Vorjahres zu entnehmen. (Alternativ kann man sich auch neue Ziele setzen und damit die Einnahmen und Kosten neu definieren.) In der Geldbedarfstabelle im letzten Beitrag hatten wir Praxiskosten für das erste Quartal 2001 in Höhe von 129.000 DM ermittelt (ohne Darlehenstilgung). Die Aufteilung der Kosten in den einzelnen Bereichen entspricht ebenfalls den Durchschnittskosten einer Praxis. Sie variieren nur in wenigen Positionen. Dies sind zum einen die Fremdlaborkosten, die direkt mit den Einnahmen korrespondieren. Zum anderen variieren die KZV-Verwaltungskosten, die nur einmal quartalsmäßig anfallen.
Bei den so genannten "Geringwertigen Wirtschaftsgütern" (GWG) handelt es sich um bewegliche materielle Güter, deren Anschaffungskosten nicht mehr als 800 DM netto (also ohne Umsatzsteuer) betragen. Anschaffungen dieser Art haben wir nicht mit einkalkuliert.
Die Summe der Betriebsausgaben ist von der Summe der Betriebseinnahmen zu saldieren. Damit ist dann der vorläufige Monats-Gewinn oder -Verlust aus der Praxis ermittelt.
Zweiter Schritt: Darstellung der Geldverwendung
Im zweiten Schritt wird dann aufgezeigt, welche privat bedingten Kosten - das heißt aus bereits versteuertem Einkommen zu bestreiten - anfallen. Dazu wird der in der ersten Tabelle ermittelte Gewinn bzw. Verlust in die so genannte Geldverwendungstabelle übertragen.
Tabelle 2: Geldverwendung
Wie viel Geld wird benötigt? | Jan 01 DM | Feb 01 DM | März 01 DM | Dez 01 DM | Summe DM |
Vorläufiger Gewinn/Verlust | 24.300 | 17.800 | 19.800 | ||
Investitionen über 800 DM (netto) | |||||
Aufnahme Praxisdarlehen | |||||
Verfügbares Einkommen aus der Praxis | 24.300 | 17.800 | 19.800 | ||
Steuervorauszahlung | 22.000 | ||||
Private Vorsorge | 3.250 | 3.250 | 3.250 | ||
Tilgung Praxisdarlehen | 5.000 | ||||
Lebenshaltung (Ernährung, Urlaub, Hobby) | 5.000 | 5.000 | 5.000 | ||
Privates Wohnen/Nebenkosten | 2.000 | 2.000 | 2.000 | ||
Summe Geldverwendung (privat) | 10.250 | 10.250 | 37.250 | ||
Überschuss/Unterdeckung | 14.050 | 7.550 | -17.450 |
Auswertung der bzw. Erläuterungen zur Tabelle
Mit der Geldverwendungstabelle wird zunächst ermittelt, welche Kosten das monatliche Praxisergebnis noch beeinflussen. Wir haben dabei Abschreibungen oder die Aufnahme von Praxisdarlehen unberücksichtigt gelassen, so dass der Gewinn aus der Praxis von diesen Komponenten nicht mehr beeinflusst wird. Somit ist das verfügbare Einkommen aus der Praxis mit dem vorläufigen Ergebnis aus der vorherigen Tabelle gleichzusetzen. Mit diesem verfügbaren Einkommen sind die Privatausgaben zu saldieren. Auch hier haben wir uns an den Zahlen aus der Geldbedarfstabelle im letzten Beitrag orientiert.
Interessant in diesem Zusammenhang ist der Monat März, in dem Zusatzausgaben - wie die erste Steuervorauszahlung - fällig werden. Oftmals werden auch die Tilgungen für Praxisdarlehen quartalsmäßig berechnet. Berücksichtigt man dies, so sind die Ausgaben mit 37.250 DM deutlich höher als die Einnahmen in Höhe von 19.800 DM. Damit liegt die Unterdeckung im März bei 17.450 DM. Diese Unterdeckung wird nur dadurch aufgefangen, dass in den Monaten Januar und Februar ein Überschuss von 21.600 DM erwirtschaftet wurde. Betrachtet man das erste Quartal insgesamt, so stehen am Ende lediglich 4.150 DM als liquide Mittel - also zur freien Disposition - zur Verfügung.
Die für das gesamte Jahr erfassten Planzahlen können sehr leicht kontrolliert werden, indem man ihnen eine Tabelle mit gleicher Struktur gegenüberstellt, in der die Ist-Zahlen - also die tatsächlichen Einnahmen und die tatsächlichen Kosten - erfasst sind.
Fazit
Mit dem in nunmehr drei Teilen vorgestellten Controlling-System erhält man im Einnahmen- wie auch im Ausgabenbereich sehr schnell eine genaue Übersicht über eventuelle Planabweichungen. Dieses Frühwarnsystem führt dazu, dass nicht erst dann, wenn die Kontokorrentlinie erheblich überschritten ist, fieberhaft nach Lösungen gesucht wird, sondern bereits im Vorfeld Maßnahmen ergriffen werden können.
Die Tabellen sind für jeden, der mit EDV arbeitet, relativ leicht im Excel-Programm nachzubauen. Aber auch manuell dürften sie auf Grund der ausführlichen Vorlagen problemlos zu erstellen sein.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass auch bei einer nicht so gut organisierten Praxis ein Erfassen der Einnahmen- und Ausgabensituation zu erheblichen Wandlungen führt. Der finanzielle "Blindflug" hat ein Ende. Hinzu kommt, dass Zahlen, die einmal verinnerlicht wurden, in Gedanken stringent angestrebt und dann meistens auch erreicht werden. Somit ist Praxiscontrolling nicht nur ein stupides Abgleichen von Zahlen, sondern auch ein Aufbruch zu neuen Ufern in der Praxisführung.
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