22.06.2009 · IWW-Abrufnummer 092066
Landgericht Augsburg: Urteil vom 08.04.2009 – 9 O 86/09
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Augsburg
Endurteil
IM NAMEN DES VOLKES
in dem Rechtsstreit
wegen Schadenersatz
hat das Landgericht Augsburg – 9. Zivilkammer – Einzelrichter durch den Richter am Landgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.3.2009 für Recht erkannt:
I. Die Beklagten werden, als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2 658,69 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.2.2009 zu bezahlen.
II. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 230,51 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.2.2009 zu Zahlen.
III.
Der Rechtsstreit ist in Höhe eines Teilbetrages von 86,63 Euro übereinstimmend für erledigt erklärt.
IV.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
V.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 50 % und die Beklagten als
Gesamtschuldner 50 % zu tragen.
VI.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Schadensersatz aus einem Unfall, der sich am 30.10.2008 im
Kreuzungsbereich Donaustraße/Blücherstraße in Augsburg ereignete.
Der Kläger war Halter und Eigentümer des PKW Ford Galaxy mit dem amtlichen
Kennzeichen …. Am 30.10.2008 gegen 15.20 Uhr fuhr die Ehefrau des Klägers, die Zeugin …, mit diesem Fahrzeug auf der Donaustraße und wollte nach links in die Blücherstraße einbiegen. Der Beklagte befuhr zur gleichen Zeit die Blücherstraße in Richtung Nordwest.
Die Beklagte zu 2) zahlte an den Kläger auf den Schaden einen Betrag in Höhe von 2 658,71 Euro und erstattete dem Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe
von 316,18 Euro.
Das Fahrzeug des Beklagten zu 1) der Marke VW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen ADX 271 war bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert. Der Kläger erlitt durch den Unfall einen Gesamtschaden in Höhe von 7 976,10 Euro (Reparaturkosten netto
6 367,10 Euro, Kosten Sachverständigengutachten 729,32 Euro, Abschlepp- und
Verwahrungskosten 377,83 Euro, Umsatzsteueranteil Ersatzteilrechnung 176,85 Euro, merkantiler Minderwert laut Gutachten 300,00 Euro, Telefon und Portopauschale 25,00 Euro).
Der Kläger trägt vor, dass der Beklagte zu 1) bei der Annäherung an die Einmündung Donaustraße den rechten Blinker gesetzt, seine Geschwindigkeit verlangsamt, sich leicht rechts eingeordnet und mit einer eindeutig erkennbaren Lenkbewegung zum Einfahren in die Donaustraße angesetzt habe. Gerade als die Zeugin … von der Donaustraße nach links in die Blücherstraße einbiegen wollte, habe der Beklagte zu 1) das Steuer nach links
gerissen und den begonnenen Abbiegevorgang unvermittelt abgebrochen, um die Fahrt
auf der Blücherstraße fortzusetzen.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Klageantrag Ziffer 2 in Höhe eines Teilbetrages von 86,63 Euro für erledigt erklärt und insoweit nunmehr 344,98 Euro gefordert. Die Beklagten haben sich der teilweisen Erledigterklärung angeschlossen.
Der Kläger beantragt zuletzt:
I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 5 317,39 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
II. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner weiterhin verurteilt, restliche Kosten der außergerichtlichen Beauftragung von Rechtsanwalt … zu dessen Aktenzeichen 1113/08 AD in Höhe von 344,90 Euro zu tragen und an den Kläger nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten tragen vor, dass es zwar richtig sei, dass der Beklagte zu 1) den Blinker nach rechts gesetzt hatte, er diesen jedoch ca. 30 m vor der Einmündung Donaustraße herausgenommen hätte. Zudem sei der Beklagte zu 1) nicht langsamer geworden, sondern hätte sich noch in der Beschleunigungsphase befunden.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme der Zeugen 3… und … im Termin vom 18.3.2009. Im Übrigen wird verwiesen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig aber nur teilweise begründet.
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagten, als Gesamtschuldner einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 2 658,69 Euro gemäß §§ 7, 17 StVG in Verbindung mit §§ 249 ff. BGB in Verbindung mit § 115 VVG n.F.
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner unstreitig einen Anspruch gemäß § 7 Abs. 1 StVG.
Der Kläger muss sich jedoch gemäß § 17 Abs. 1 StVG einen Mitverursachungsbeitrag, den das Gericht mit einem Drittel ansetzt, entgegenhalten lassen.
a)
Die Anspruchskürzung gemäß § 17 Abs. 1 StVG ist vorliegend nicht gemäß Absatz 3 ausgeschlossen, da der Unfall für die das klägerische Fahrzeug steuernde Zeugin … kein
unabwendbares Ereignis darstellt. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 StVG gilt ein Ereignis nur dann als unabwendbar, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Dies ist nach
Überzeugung des Gerichtes, auch nach Einvernahme der Zeugen … und Kreisi bei der Zeugin … nicht der Fall gewesen. Abzustellen ist insoweit auf den Idealfahrer. Ein Idealfahrer hätte in Kenntnis des Umstandes, dass sich der Beklagte zu 1) mit seinem Fahrzeug auf der vorfahrtsberechtigten Fahrbahn befand, vor Einleiten des Abbiegevorgangs auf die Blücherstraße abgewartet, bis jegliche Gefährdung durch den vorfahrtsberechtigten Beklagten zu 1) ausgeschlossen gewesen wäre.
b)
Als Mitverursachungsbeitrag beim Beklagten zu 1) ist der Umstand heranzuziehen; dass er nach rechts geblinkt hat, sich nach rechts eingeordnet und seine Geschwindigkeit
insoweit verringert hatte. Von diesen Tatsachen ist das Gericht aufgrund der Aussagen der Zeugin … und in dem Termin vom 18.3.2009 überzeugt. Beide Zeugen haben glaubhafte Angaben getätigt. Das Gericht hat auch keine Zweifel im Hinblick auf die
Glaubwürdigkeit der Zeugen. Dies gilt insbesondere für den Zeugen … der als
unbeteiligter Unfallzeuge nicht einem der Lager zuzuordnen ist. Der Zeuge … hat geschildert, dass der rote Golf (das Fahrzeug des Beklagten zu 1) nach rechte geblinkt hat. Der Zeuge … konnte auch nicht die Einlassung des Beklagten zu 1) bestätigen, dass er den Blinker ca. 30 m vor der Einmündung herausgenommen habe. Vielmehr hat der Zeuge … angegeben, dass er dies nicht bemerkt habe, obwohl er extra darauf geschaut habe. Der Zeuge … hat dies auch nahvollziehbar damit begründet, dass er darauf
geachtet habe, da er evt. auch gleich mit hinausfahren wollte. Ebenso haben beide Zeugen übereinstimmend angegeben, dass der Beklagte zu 1) mit seinem Fahrzeug langsamer geworden war.
c)
Auf Seiten des Klägers ist als Mitverursachungsbeitrag zu werten, dass die Zeugin … als Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs den Verkehr auf der Blücherstraße Vorfahrt zu
gewähren hatte.
d)
Bei beiden Beteiligten tet zudem die allgemeine Betriebsgefahr eines PKW's zu berücksichtigen.
e)
Eine Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungsberträge führt dazu, dass dem Kläger ein Mitverursachungsbeitrag von einem Drittel und dem Beklagten von zwei Dritteln zuzuordnen ist. Das Gericht verkennt nicht, dass auch im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs. 1 StVG sich eine volle Haftung oder eine völlige Haftungsfreistellung des Schädigers ergeben kann (vgl. Jagow/Burmann/Heß, 20. Aufl. § 17 Randnr. 13).
Vorliegend darf aber nicht verkannt werden, dass die Zeugin … durch die Missachtung der Vorfahrt des Beklagten zu 1) einen nicht unerheblichen Verkehrsverstoß begangen
hat.
Das vom Gericht gefundene Ergebnis steht auch im Einklang mit den Entscheidungen anderer Gerichte (vgl. Grüneberg, 11. Aufl., Unfälle zwischen Kfz und Kfz, Geradeausfahrt trotz eingeschaltetem Blinker mit Verweis auf OLG Dresden, Versicherungsrecht 1995, 234; OLG Hamm, Urteil vom 29.9.2003, Aktenzeichen 6 O 95/03 ).
3.
Der Kläger kann daher unter Berücksichtigung der Haftungsquote noch einen Betrag in Höhe von 2 658,69 Euro beanspruchen. Unstreitig betrug der Gesamtschaden beim Kläger 7 976,10 Euro. Aufgrund der vorstehend ausgeführten Haftungsquote bestand
ursprünglich ein Schadenseratzanspruch gegen die Beklagten als Gesamtschuldner in
Höhe von 5 317,39 Euro. Auf diesen Schadensersatzanspruch hat die Beklagten zu 2) bereits unstreitig einen Betrag in Höhe von 2 658,71 Euro bezahlt, so dass sich der
Restanspruch in Höhe von 2 658,69 Euro errechnet.
4.
Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB i.V. mit § 288 Abs. 1 BGB.
II.
Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ferner einen Anspruch auf Ausgleich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Aufgrund der Ausführungen unter I. hatte der Kläger einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 5 317,40 Euro. Der Kläger hat daher einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in
Höhe einer 1,3 Gebühr aus einem Gegenstandswert bis zu 6 000,00 Euro zuzüglich Pauschale für Porto und Telefon und zuzüglich Umsatzsteuer. Auf den sich daraus errechnenden Betrag von 546,69 Euro hat die Beklagte zu 2) unstreitig einen Betrag in
Höhe von 316,18 Euro bezahlt, so dass sich der ausgeurteilte Restbetrag ergibt.
Der Zinsanspruch folgt auch insoweit gemäß § 291,288 Abs. 1 BGB.
III.
Soweit die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, ist dies deklaratorisch in den Tenor aufgenommen worden.
IV.
Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
Dem Kläger steht auch aus anderen Anspruchsgrundlagen kein höherer
Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zu.
V.
Die Kostenentscheidung erging gemäß § 92 ZPO und entspricht dem Obsiegen und Unterliegen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.